Notariatsreform in Baden-Württemberg

  • Danke auch für Dein Interesse an unserem rein landesrechtlichen Thema.:daumenrau

    Es konnte hier ja auch nicht erwartet werden , dass ein Kollege aus Hessen antwortet.;)

  • Tja, ich weiß, das hier ist keine Vorstellungsrunde. Wollte aber einmal meine Gefühle als Betroffener (das JuM führt uns Ratschreiber ja nicht einmal als von der Reform betroffene Berufsgruppe :daumenrun) schildern, bin 38 Jahre, seit Studienabschluss ausschließlich als Ratschreiber im Grundbuchwesen tätig (ausschließlich Grundbuch, keine weiteren Zuständigkeiten) als Beamter des gehobenen Dienstes, ich bin in einer Außenstelle ca. 10 km vom Rathaus des Hauptortes tätig, in der Außenstelle ist nur das GBA mit seinen drei Mitarbeitern untergebracht. Die Kommune hat ca. 12.000 EW. Alle anderen Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die sich im gehobenen Dienst oder vergleichbarer Angestelltenposition befinden sind, entweder sogar jünger als ich oder nur ein zwei Jahre älter als ich. Bei uns ist ein Notar Grundbuchbeamter, der im wege der Bereisung selten einmal länger als höchstens eine Stunde pro Woche sich um Grundbuchsachen kümmert. Sodass ich de facto die Aufgaben des UdG + Rpfl. erledigen musste. Wir haben bis Ende 2013 100% EGB und die Stadt will 2014 abgeben. Was wird aus uns den Mitarbeitern des GBA, im Rathaus des Hauptortes gäbe es noch nicht einmal ein leeres Büro für mich und meine Mitarbeiter, wir müssten schon jemanden auf den Schoss sitzen. Eine Aufgabe ist laut Bürgermeister nicht vorhanden. Frei werdende Stellen nicht in Sicht. Bei anderen kommunalen Fachgebieten habe ich nach fast 20 Jahren GB den fachlichen Anschluss verloren Als Beamter auf Lebenszeit zu einer anderen Kommune zu wechseln ist so gut wie illusorisch, da die nur ungern jemanden nehmen, der keine Probezeit mehr zu durchlaufen hat. Da ich kein Rechtspfleger bin kann ich auch nicht ans Amtsgericht wechseln und Grundbuch habe ich wahnsinnig gerne gemacht. Hatten als eine der ersten Gemeinden EGB eingeführt und nun das. Tja da fühlt man sich so richtig gut als nicht von der Reform Betroffener.
    Vielleicht verständlich, dass ich manches, was ich in diesem Thread lese für Luxusprobleme halte.

  • Eigentlich ist es nicht so sehr dein Problem, sondern ein Problem für den Bürgermeister. Er muß dir ja, wenn es so weit ist, eine andere Tätigkeit zuweisen. Als Beamter kannst du ja nicht entlassen werden!
    Aber mir ist es unverständlich, daß das Justizministerium sich nicht dazu aufgerafft hat, die in Grundbuchsachen erfahrenen Ratschreiber auf die neuen zentralen Grundbuchämter zu übernehmen. Da bilden sie lieber neue Leute aus, die ja zumindest in der ersten Zeit unerfahren sind und bestimmt nicht sehr effektiv arbeiten können!

  • Eigentlich ist es nicht so sehr dein Problem, sondern ein Problem für den Bürgermeister.



    Ich muss noch 29 Jahre arbeiten. Es ist mir daher nicht egal, was ich in dieser Zeit arbeite, mein Berufsziel hieß nie: Irgendetwas bei einer Gemeinde. Mir ging es immer um die Aufgabe und nicht darum, dass ich bei einer Kommune arbeite, das ist mir komplett egal. Der Beruf ist mir wichtig. Tatsache ist es gibt noch nicht einmal ein Büro für mich im Rathaus und schon gar keinen Aufgabenbereich, wir sind leider eher üppig mit Personal ausgestattet. Soll ich dann alleine im 10 km entfernten Ortsteilrathaus sitzen und 8,2 Std. die Wand anstarren. Ich weiß also nicht, warum das das Problem meines Bürgermeisters sein soll, der hat ne Aufgabe. Außerdem hilft das meinen beiden Mitarbeitern auch nicht, sie sind nicht verbeamtet und nach dem TVöD auch noch nicht unkündbar.

  • zu Beitrag 243: in der Außenstelle ist nur das GBA mit seinen drei Mitarbeitern untergebracht. Die Kommune hat ca. 12.000 EW.

    Mit einem solchen Personalbestand muss in Württemberg ein komplettes Notariat mit Grundbuchamt, Betreuungsgericht und Nachlassgericht betrieben werden. Wieso die Badener bei einer solchen traumhaften Personalausstattung mit aller Vehemenz die Auflösung des Notariats und Grundbuchamts betrieben haben, wird für immer ein Rätsel bleiben.

  • zu Beitrag 243: in der Außenstelle ist nur das GBA mit seinen drei Mitarbeitern untergebracht. Die Kommune hat ca. 12.000 EW.

    Mit einem solchen Personalbestand muss in Württemberg ein komplettes Notariat mit Grundbuchamt, Betreuungsgericht und Nachlassgericht betrieben werden. Wieso die Badener bei einer solchen traumhaften Personalausstattung mit aller Vehemenz die Auflösung des Notariats und Grundbuchamts betrieben haben, wird für immer ein Rätsel bleiben.



    Das ist tatsächlich so, würde ich die Arbeitsbelastung mit einem staatlichen GBA vergleichen, wäre unser GBA erstens nur mit einer Kraft und diese nur mit ca. 1/5 AKA-Anteil beschäftigt. (Die 2 weiteren Mitarbeiter sind allerdings Teilzeitkräfte, insgesamt also 1,9 AKA nicht 3,0) Ich bin mir dessen sehr wohl bewusst, dass wir hier im Luxus gelebt haben (häufig auch in einer sehr viel besseren Besoldungsgruppe). Leider gibt es daher jetzt von Rpfl.-Seite auch die verstohlene Schadenfreude, die sollen jetzt ruhig auch mal Probleme habe. Ich selbst bin leider kein Diplom-Verwaltungswirt, habe zwar einen Fachhochschulabschluss als Dipl.-XY aber leider keinerlei Verwaltungsausbildung und habe daher keine Ahnung, was man außer Grundbuch auf dem Rathaus macht, daher ist die Situation halt sehr schwer für mich.

  • Das Land sollte sich lieber mal an den Stellenschlüssel der Kommunen annährern als umgekehrt. :)
    Aber richtig ist weder die Beschäftigten beim Land noch bei der Kommune können etwas für die jeweilige Personalausstattung, es gibt aber Leute, die sehr wohl dafür zuständig sind. Halten wir uns also an diese Leute.

    Betroffen macht mich, dass es doch viele Einzelschicksale gibt und auch hier ist zu beobachten, wenn es nicht Tausende trifft, ist es den meisten egal, wenn da ein Einzelner betroffen ist. Es wird mit den Achseln gezuckt (Pech gehabt).
    Wirklich schlimm, das :mad:

  • Ich suche dringend Kontakt zu Rechtspflegern in Ba-Wü, die an einem Zusammenarbeiten mit dem Forum der Deutschen Rechtsfachwirte für Fortbildungen im Mai 2011 in Konstanz interessiert sind. (Siehe auch meine Vorstellung heute), D.Dralle

  • Beim Vergleich der Stellen der Staatlichen mit dem Kommunalen Grundbuchämtern vergleicht man aber "Äpfel mit Birnen".
    Auf unserem Grundbuchamt werden gemacht:
    a) Grundbuchsachen
    b) Notarstermine (wöchentlich ca. 10 Beurkundungen, die sämtlich vorher auf dem Grundbuchamt vorbereitet (geschrieben) werden
    c) Liegenschaftsangelegenheiten für die Gemeinde (z.B. Vorbereitung und Abschluß von Kauf- und Tauschverträgen für die Gemeinde; Dienstbarkeiten für die Gemeinde usw.
    Mit b) und c) haben die Staatlichen Grundbuchämter doch gar nichts zu tun. Diese kriegen nur fertige Anträge auf den Tisch, ohne sich vorher um diese Vorgänge kümmern zu müssen.
    Bi den meistern kommunalen Grundbuchämtern ist es wie bei uns. Da ist doch nur logisch, daß das Personal auf den Kommunalen Grundbuchämtern mehr sein muß !

  • zu Beitrag 243: in der Außenstelle ist nur das GBA mit seinen drei Mitarbeitern untergebracht. Die Kommune hat ca. 12.000 EW.

    Mit einem solchen Personalbestand muss in Württemberg ein komplettes Notariat mit Grundbuchamt, Betreuungsgericht und Nachlassgericht betrieben werden. Wieso die Badener bei einer solchen traumhaften Personalausstattung mit aller Vehemenz die Auflösung des Notariats und Grundbuchamts betrieben haben, wird für immer ein Rätsel bleiben.



    #250: Wie Du siehst macht das, das württembergische GBA alles auch + Vormundschaft.
    Ich denke Metropolis geht's auch nicht um Stellenschlüssel, das ist doch auch egal jetzt, sondern um seine Zukunft und da kann ich ihn gut verstehen. Den Bürgermeistern meines Bezirks ist leider auch ziemlich egal, was mit ihrem Personal passiert. Das Land sagt das ist kommunales Personal, interessiert uns nicht und die Kommunen sagen naja die gehören eigentlich mehr zum Notariat kümmert uns auch net so sehr. Die erste Lesung im Landtag letzte Woche ohne jedes Presseecho, das macht das Ministerium wirklich sehr geschickt, das muss man ihm lassen.

    Ich hab auch noch nie vom Widerstand von Ratschreibern gehört, in Presse oder Ähnlichem ist das den Ratschreibern (mit Ausnahme von Metropolis u. Radler) eigentlich egal? Ich wundere mich darüber seit langem, habe eigentlich noch nie erlebt, dass ein Berufsstand, den es in Baden seit über 100 Jahren gibt, sich so still und geräuschlos entsorgen lässt.

  • Das geschickte geräuschlose Handeln des Ministeriums - abseits von viel Öffentlichkeit - ist ganz zu verstehen.
    Wenn ich den Leuten, die mich besuchen, erzähle, daß das gemeindliche Grundbuchamt in ca. 2 Jahren aufgelöst werden wird und eine neue Mammutbehörde weit weit weg von hier entstehen wird, ernte ich jedesmal Reaktionen von Unverständnis und Unmut über ein solches Vorhaben der Regierung. Ich habe noch niemand erlebt, der das für gut geheißen hat.
    Und das weiß anscheinend das Ministerium genau und versucht, die Reform ein wenig abseits der Öffentlichkeit durchzuziehen!

  • Das geschickte geräuschlose Handeln des Ministeriums - abseits von viel Öffentlichkeit - ist ganz zu verstehen.
    Wenn ich den Leuten, die mich besuchen, erzähle, daß das gemeindliche Grundbuchamt in ca. 2 Jahren aufgelöst werden wird und eine neue Mammutbehörde weit weit weg von hier entstehen wird, ernte ich jedesmal Reaktionen von Unverständnis und Unmut über ein solches Vorhaben der Regierung. Ich habe noch niemand erlebt, der das für gut geheißen hat.
    Und das weiß anscheinend das Ministerium genau und versucht, die Reform ein wenig abseits der Öffentlichkeit durchzuziehen!

    Ja, aber warum habt ihr Ratschreiber nicht mal etwas getan, es gibt doch auch hier Verbände und ihr habt doch einen viel engeren Draht zur Politik über Bürgermeister und Gemeinderäte und die sind doch in Baden-Württemberg eine Macht. Und auch in meinem Bezirk haben die Gemeinden das Personalproblem weitgehend verdrängt, die wenigsten Ratschreiber hier sind Beamte auf Lebenszeit, die könnten durchaus auch auf der Straße stehen. Viele kleine bis mittlere Gemeinden haben ja nicht gerade eine hohe Personalfluktuation. Fast bei jedem Amtsantritt eines Ratschreibers gibt's nen Artikel mit Foto im Lokalteil, warum hat man beispielsweise nicht die Presse informiert, 2007 hätte die Bevölkerung durchaus noch mobilisiert werden können, jetzt ist es dafür natürlich viel zu spät. Ich habe von einem "meiner"Ratschreiber gehört (die machen jedes Jahr ein Treffen, dass den halben LG-Bezirk umfasst), er sagt er schneidet dort seit Jahren das Thema an und schlug vor, mal gemeinsam etwas zu machen, und er sagt, die anderen rollen dann immer mit den Augen (im Sinne der schon wieder mit seiner Reform). Ich verstehe dieses Verhalten ähnlich wie Farnon auch nicht, wenn man sich heute nicht wehrt, erreicht man nichts...

  • Das war alles irgendwie eine abgekartete Sache:
    In den ganzen Stellungnahmen und Voruntersuchungen des Ministeriums ist nie auch nur mit einem Wort erwähnt worden, daß die kommunalen Grundbuchämter gleichzeitig sog Außenstellen des Notariats sind mit zum Teil umfangreichen Beurkundungen vor Ort und gleichzeitig auch weitgehend das Liegenschaftsamt der Gemeinde wahrnehmen - mit Vollmacht des Bürgermeisters für die Beurkundungen der gemeindlichen Verträge.
    Unter Verschweigung dieser Tätigkeiten konnte man leicht darstellen, daß die Kommunalen Grundbuchämter im Vergleich mit den Staatlichen Grundbuchämter "ineffektiver" arbeiten.
    Entweder wußte das Ministerium das nicht (was ich schlimm finden würde) oder es wollte das einfach nicht wissen (was ich noch viel schlimmer finden würde)!!!

  • Morgen, 22. Juli 2010, wird nun das Reformgesetz im Ständigen Ausschuss des Landtages beraten und zwar - nomen est omen - unter TOP 13 als letzten TOP der Sitzung, die um 13.00 Uhr beginnt, da haben die Damen und Herren sicherlich noch viel Zeit und Lust um fach- und sachkundig das Gesetz bis auf seine Verästelung zu analysieren. Am 28. Juli steht dann die 2. Lesung und der Gesetzesbeschluss im Plenum an. Und dann geht's so richtig looos.

    Ansonsten frohes Schwitzen laut Innenraum Thermometer bei mir gerade 31,5 C im Büro, wer also wie ich schwitzen muss...
    :schwitz:

  • Sehr interessant, besonders dass der SPD-Redner von der CDU !! Applaus bekommt und der FDP_redner von CDU-Parlamentariern unterbrochen und ihm von der CDU widersprochen wird. :teufel:

  • Habs auch gelesen.

    Insbesondere der FDP-Vertreter hat da ein Armutszeugnis abgeliefert.
    Und seltsamerweise wird immer auf dem armen künftigen Grundbuchamt in Tauberbischofsheim herumgeritten.:teufel:
    Um es mal so zu sagen: TBB ist in aller Munde.;)

  • Insbesondere der FDP-Vertreter hat da ein Armutszeugnis abgeliefert.
    Und seltsamerweise wird immer auf dem armen künftigen Grundbuchamt in Tauberbischofsheim herumgeritten.:teufel:
    Um es mal so zu sagen: TBB ist in aller Munde.;)



    Also ich fand insbesondere die Ausführungen des FDP-Abgeordneten sehr stringent und überzeugend. Der Beitrag zu Tauberbischofsheim

    trifft doch wirklich den Nagel auf den Kopf.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Also ich guck jeden Tag zig Mal in die Grundakten, ohne das könnte ich sogut wie keinen Antrag bearbeiten. Zum Beispiel wenn ich bei einer Abtretung, den Zeitpunkt des zulässigen Zinsabtretungszeitpunkt überprüfen muss oder die Vollmacht für die Notariatsmitarbeiterin, die bei der Auflassung handelt.

    Heute war einmal die Polizei bei uns wollte die Grundakten einsehen, 2 Makler waren, da und wollten was in der Teilungserklärung einsehen. Und zwei Eigentümer wollten den genauen Inhalt der Dienstbarkeit einsehen.

    Aber Forderungsmanager, FDP-Abgeordnete etc. wissen das natürlich viel besser als Grundbuchbeamte, da muss ich ehrlich gesagt nur noch laut :wechlach:

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