Notariatsreform in Baden-Württemberg

  • Astaroth: Das wurde irgendwo weiter vorne diskutiert. Theoretisch sind die Abläufe klar. Wie das praktisch (also richtig praktisch) laufen soll, stellt sich uns schlichten Gemütern noch ziemlich rätselhaft dar, wenn man kurz innehält und überlegt, wie oft man Unterlagen aus den Akten braucht. Wir können es Dir derzeit leider nicht sagen.



    Von der Theorie (= Org.Handbuch) her sind alle drei von Astaroth genannten Möglichkeiten gegeben.
    Ich wage aber die Prognose, dass der GB-Sachbearbeiter (= Rpfl) in der Regel den Aktenversand wählen wird.



    Woher soll er/sie aber wissen, welche Akte er denn bestellen soll? Ich kenne eine ganze Menge von Grundbuchämtern, die im elektronischen Grundbuch keine Aktenseite vermerken. Das Verweisblatt hat man ja gerade nicht mehr vor sich. Woher soll ich wissen, welche Grundbücher bei der damaligen Eintragung noch beteiligt waren? Es kann ja sein, dass der Hauptvertrag ein Kaufvertrag zu einem ganz anderen Grundbuch war und in dem vorliegenden EGB nur eine Dienstbarkeit einzutragen war. Die Dienstbakeitsbewilligung ist im Kaufvertrag enthalten, der sich in einer ganz anderen Akte befindet. Und man darf nicht vergessen, dass ein durchschnittliches AG-GBA künftig für so an die 600.000 Grundbücher zuständig ist.:gruebel:

  • Das bedeutet, Ihr fangt mit dem Blatt an, das Ihr gerade bearbeitet, und hangelt Euch dann von Verweis zu Verweis durch, bis Ihr die Urkunde habt. Immer in der Hoffnung, dass überhaupt ein Verweis da oder der vorhandene Verweis richtig ist.

    Oder Ihr fordert die Urkunde an und lasst das Archiv hangeln ... in der Hoffnung, dann auch die richtige Urkunde zu bekommen, wenn die URNr. - wie früher häufig - im Grundbuch nicht ersichtlich ist.

    Effizientes Arbeiten sieht vermutlich anders aus. Haben wir ja schon diskutiert. Aber tröstet Euch, das Chaos ließe sich noch steigern ...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Nachtrag:
    Und dort wo -vermeintlich- eine Aktenseite steht, wird man nach Erhalt der Grundakte mit großen Augen feststellen, dass die Aktenseite nur auf das Erledigungsprotokoll für die Freigabe im Rahmen der Erstdatenerfasseung verweist. :teufel:

  • Das bedeutet, Ihr fangt mit dem Blatt an, das Ihr gerade bearbeitet, und hangelt Euch dann von Verweis zu Verweis durch, bis Ihr die Urkunde habt. Immer in der Hoffnung, dass überhaupt ein Verweis da oder der vorhandene Verweis richtig ist.

    Oder Ihr fordert die Urkunde an und lasst das Archiv hangeln ... in der Hoffnung, dann auch die richtige Urkunde zu bekommen, wenn die URNr. - wie früher häufig - im Grundbuch nicht ersichtlich ist.

    Effizientes Arbeiten sieht vermutlich anders aus. Haben wir ja schon diskutiert. Aber tröstet Euch, das Chaos ließe sich noch steigern ...



    Du darfst nicht vergessen, dass im Moment viele GBÄ in BW sehr klein sind im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet. Ich kenne viele altgediente Ratschreiber, die haben es schlicht und ergreifend im Gedächtnis, die wissen, ach der Herr Mayer, der hat doch vor zwei Jahren einen Nießbrauch für die Tochter bestellt, das Ganze ist in er Grundakte des Schwiegersohns. So läuft das hier vielfach.

  • ...

    Effizientes Arbeiten sieht vermutlich anders aus. Haben wir ja schon diskutiert. ...



    Du darfst nicht vergessen, dass im Moment viele GBÄ in BW sehr klein sind im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet. Ich kenne viele altgediente Ratschreiber, die haben es schlicht und ergreifend im Gedächtnis, die wissen, ach der Herr Mayer, der hat doch vor zwei Jahren einen Nießbrauch für die Tochter bestellt, das Ganze ist in er Grundakte des Schwiegersohns. So läuft das hier vielfach.



    ... und wenn der "altgediente" Ratschreiber in Ruhestand geht, weiß es keiner mehr?
    Solches 'Einzelwissen' ist auch nicht optimal.
    Das neue System zwingt ein anderes Arbeiten auf (ggf. ein solches Arbeiten, wie man es eigentlich auch in Papierform hätte pflegen müssen).

  • #505:

    Das ist genau das Problem. Dann ist das Wissen dahin. Ich habe jedenfalls in Grundbuchämtern mit so um die 5.000 GBüchern schon stundenlange Suchaktionen nach Bewilligungen erlebt und zwar durchaus auch vergebliche. Und da vor 1994 keine Angabe des Notars erfolgen musste, kann man sich dann auch im Notfall nicht mal an diesen wenden.

  • Heute war sogar in meinem Käseblättchen ( daher kein Link :( ) zu lesen, dass die Anzahl der Grundbuchämter sich wohl noch geringfügig erhöhen wird.
    Insbesondere wird möglicherweise doch die Kurpfalz "beschenkt".

    War ja bekanntlich der größte Kritikpunkt bei Festlegung der 11 Standorte.

  • Ob das GBA für -geschätzt- eine halbe Million Bewohner eines Bezirks im weit über 100 km entfernten TBB Sinn macht, wurde bereits ausgiebig erörtert.
    Eine Aufstockung der Zahl der GBA's und die Errichtung eines GBA "Rhein - Neckar" mit Sitz in Mannheim oder drum herum macht Sinn.
    Das wäre keine Kosmetik, das wäre bereits eine Schönheitsoperation gewaltigen Umfangs.
    Und richtig!:daumenrau

  • Das sehe ich nicht so! Freuen darf sich der eine oder andere Rechtspfleger in Mannheim, der nun nicht nach Tauberbischofsheim bzw. auf eine neue Stelle in einem anderen Fachgebiet wechseln muss. Bereits beim Unterbau wird die Freude nicht ganz so groß sein. Denn, wenn sich an der künftigen geplanten Organisation nichts ändert, werden diese Mitarbeiter auch in Mannheim nur in geringer Zahl benötigt. Für wen sich nach der Standortentscheidung nichts verändert, ist der Bürger. Den der bleibt, falls die Reform lediglich hinsichtlich der Standorte eine Änderung erfährt, der große Verlierer. Goll hatte ja schon kundgetan, dass die neuen Grundbuchämter Behörden ohne Publikumsverkehr sein sollen. Warum sollte dies in Mannheim anders sein. Zusätzliches Personal soll es ja wohl auch dort nicht geben. Und auch der neue Justizminister Stickelberger hält an der unsäglichen Archivbehörde in Kornwestheim fest. Der Bürger wird daher auch in Mannheim keine Einsicht in die Grundakten nehmen können, soweit es um Inhalte geht, die zeitlich vor der Reform liegen. Den Weg zum Grundbuchamt Mannheim kann er sich daher sparen. Es bleibt dabei, die Reform ist bürgerfeindlich, sie verteuert und erschwert den Grundbuchverkehr für den Bürger und sie wird den Grundbuchvollzug zeitlich deutlich verlängern. Bürgernähe und Bürgerservice werden nach der Reform auf der Strecke bleiben. Leider ist auch der neue Justizminister, der sich vor der Wahl in BW noch als erbitterter Gegner der Reform hervorgetan hat, nicht ehrlich genug, dies dem Bürger so zu vermitteln!

  • Ich denke nicht, dass man dies vergleichen kann. Bei der Handelsregisterreform sind Firmen und Kaufleute betroffen. Bei der Grundbuchreform sind tausende von Eigentümern in jedem Ort Baden-Württembergs betroffen, die zudem als Laien von der Materie keine Ahnung haben.

  • Mal ganz ketzerisch:
    Schien die Welt nicht auch vor der Zentralisierung des Handelsregisters unterzugehen?



    Dem ist 100%ig zuzustimmen. Denn während der Normalbürger so gut wie nie in seinem Leben selbst einen beglaubigten Grundbuchauszug benötigt sieht es beim beglaubigten HR-Auszug schon anders aus. Den braucht so mancher Kaufmann oft und holt in aus Beschleunigungsgründen gerne selbst beim Gericht ab. Und das geht nach der Konzentration der Gerichte nicht schlechter als vorher.

    Das Gejammer um Mannheim ist doch rein politisch. Und wie ich schon vor der Wahl sagte: diejenigen, die dachten, unter grün-rot würde sich etwas verbessern werden sich noch sehr wundern.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Wäre ich der für die Umstrukturierung verantwortliche Minister und würde ich im Hinblick auf die bundesweit voranschreitende Elektronisierung die Standortkonzentration -wenn nun wohl auch mit mehr als 11 GBÄ- beibehalten wollen, würde ich zunächst in einem Pilotbetrieb von vielleicht einem Jahr bei der kleinsten vorgesehenen Einheit die Funktionsfähigkeit der vorgesehenen Einheiten -insbesondere auch in Bezug auf den Aktenumlauf von und zum das Zentralarchiv und die berechneten Pensenschlüssel- testen wollen.

    Dabei käme es mir darauf an, dass die in diese Einheit integrierten GBÄ bereits zu 100 % über elektronische Grundbücher verfügen und die Räumlichkeiten im Eigentum des Landes stehen. Letzteres, damit nicht bestehende Mietverträge gekündigt werden müssen, ohne dass feststeht, ob die Räumlichkeiten nicht doch noch benötigt werden. Schließlich verfügt keines der anderen Bundesländer über Erfahrungen mit einer Bearbeitungsweise, bei der die Grundakten in der bisherigen Form nicht bzw. nur mit zeitlicher Verzögerung zur Verfügung stehen, insbesondere, wenn sie im Zentralarchiv mit seinen 182-Grundaktenkilometern „verschütt“ gegangen sind.

    Aus dem Ergebnis ließen sich dann zum einen Konsequenzen für die Mietverträge zu den Standorten anderer GBÄ, zum anderen für die angenommenen Pensenschlüssel und insbesondere hinsichtlich des reibungslosen Ablaufs der GB-Verfahren im Hinblick darauf, dass die Grundakten noch über einen langen Zeitraum nicht in elektronischer Form zur Verfügung stehen werden, ziehen. Ein Blick über die Grenzen hinaus zeigt, dass etwa in Polen die Grundakten unberührt bei den Grundbuchgerichten verbleiben; lediglich die Grundbücher werden stufenweise an die Migrationsstelle zur elektronischen Erfassung übergeben; von der Migration ausgeschlossen sind die Grundakten samt allen dort aufbewahrten Dokumenten, die auch für aktuellen Eintragungen maßgeblich sind (s. Wudarski: Polen: Auf dem Weg zum EDV-Grundbuch – Teil 1 (WiRO 2011, 139).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich stimme Prinz in #515 vollinhaltlich und aus vollem Herzen zu.

    Als HR-Sachbearbeiter bei einem der vier HR-Gerichte kann ich sagen, dass der Unterschied HR zu GBA gewaltig ist.
    Bei "uns" waren alle Registerstände umfänglich aus den Din-A3-Karten ersichtlich und konnten ohne "großen" Aufwand in das elektronische Register übertragen werden.
    Zudem wurden die Akten der bisherigen Registergerichte an uns abgegeben und lagern bei uns, dh. wir haben unmittelbaren und sofortigen Zugriff darauf.

    Beim elektronischen GBA wird dies grundlegend anders sein:
    Die Akten werden nicht vor Ort sein; die Bezugnahme in den Grundbucheinträgen auf Bewilligungen und Verträge usw., die sich in den Akten befinden, sind dort gang und gäbe.
    Aus meiner Zeit als ZVG-Rpfl kann ich sagen, dass ich bei Anordnung des Verfahrens immer Kopien der Bewilligungen zu allen Rechten der Abteilungen II und III aus den Grundbüchern angefordert habe, um z.B. den Zinsbeginn, die Fälligkeit usw. daraus zu entnehmen - im Grundbuch standen lediglich der Prozentsatz der Zinsen und einmalige Leistungen, eingetragen "unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom ...".
    Und bei Rechten der Abteilung II oder gar bei Wohnungs- oder Teileigentum ist das noch viel ausgeprägter ...

    Wie schon einmal gesagt: Ich als GB-Sachbearbeiter würde mich -schon aus haftungsrechtlichen Gründen- nie auf eine telefonische Auskunft verlassen, sondern über das "DMS" immer Scan-Auftrag erteilen oder die Akte anfordern.

  • Stimme Prinz ebenfalls zu! Guter Vorschlag.

    Was das Übersenden von Bewilligungen anbetrifft, muss ich als Bereiser allerdings dem Bereiser-Kollegen Marmota24 zustimmen, die Kollegen gehen da immer zu sehr vom Erstdatenerfassungszustand der Staatlichen aus. Angeblich soll das künftige GBA für den LG-Bezirk Freiburg (mag jetzt mal dahingestellt sein, wo sich das dann schlussendlich befinden wird) für an die 600.000 Grundbücher zuständig sein, das Staatliche in Freiburg führt derzeit an die 100.000 GB, d.h. die Mehrheit von 500.000 GB kommen aus den ländlicheren Gegenden (wobei da durchaus auch nochmal Städte mit 50.000 Einwohnern dabei sein können). Jedenfalls was nützt es mir, wenn ich mir was scannen lassen könnte, wenn ich nicht weiß, wo sich das Teil, das ich gescannt haben möchte denn befindet. Man darf sich die Realität da nicht allzu sehr schön denken, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.


  • Was das Übersenden von Bewilligungen anbetrifft, muss ich als Bereiser allerdings dem Bereiser-Kollegen Marmota24 zustimmen, kann,......



    Magst Du der außer-baden-württembergischen Welt erläutern, was sich unter diesem Begriff verbirgt ? :gruebel: ;):)

  • Schau mal hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post707185

    In Baden gibt es derzeit elf staatliche Grundbuchämter (z.. B. in Mannheim, Karlsruhe, Freiburg...), bei denen die Aufgaben, die ansonsten der Notar im Landesdienst als Grundbuchbeamter wahrnimmt, von Rechtspflegern erledigt werden; sie sind dem staatlichen Notariat zugewiesen (s. § 35 RPflG). Der Unterbau besteht bei diesen 11 staatl. GBÄ aus staatlichen Bediensteten, also Beamten im mttleren Dienst oder entspr. profilierten Angestellten, den sog. Beschlussfertigern, die bei Vollzugsreife die Eintragungen vorbereiten, über Einsichtsanträge entscheiden und als Kostenbeamte etc. tätig sind. Ansonsten bestehen die Grundbuchämter (derzeit noch) bei den Gemeinden. Dort ist im Unterbau der Ratschreiber vorbereitend tätig. Grundbuchbeamter ist -wie ansonsten auch- grundsätzlich der Notar, der seine Gemeinden bereist, dort zwar auch beurkundet, aber auch die vom Ratschreiber vorbereiteten Eintragungen als Grundbuchbeamter unterschreibt. Dessen Aufgaben als Grundbuchbeamter werden z. T. jedoch ebenfalls von –zugewiesenen- Rechtspflegern erledigt, die die Gemeinden zu den sog. Grundbuchtagen bereisen. Schau dazu z. B. mal hier.:

    http://www.service-bw.de/zfinder-bw-web….do?beid=786550

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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