Notariatsreform in Baden-Württemberg

  • Jetzt haben sie dort offenbar völlig den (rechtlichen) Verstand verloren.


    Auf was bezieht sich diese Bemerkung?
    Dass man keine Dienstaufsichtsbeschwerde und sonstige Anträge sowie Klagen per E-Mail einreichen kann?
    Was ist daran bitte falsch? Wenn er elektronische Rechtsverkehr flächendeckend eröffnet worden wäre, hätte ich dies vermutlich mitbekommen :gruebel:.

    Man kann nicht einerseits großspurig dem elektronischen Grundbuch und der digitalisierten Akte das Wort reden und sich andererseits normalem E-Mail-Verkehr verweigern. Das ist ein Widerspruch in sich.

    Richtig ist allerdings, dass es für Prozess- und Verfahrnshandlungen einer Zulassung für den elektronischen Rechtsverkehr bedarf. Dienstaufsichtsbeschwerden gehören aber nicht in diesen Bereich und ich glaube daher nicht, dass sich diese aus gerichtlicher Sicht "bequeme" Beschränkung im Zweifel rechtlich halten lässt.


    Die Detailprobleme des elektronischen Rechtsverkehrs gehören hier nicht her, aber das personenbezogene Daten - insbesondere so ggfs. "pikante" wie in einer DAB - nicht per E-Mail versandt werden sollten, ist offensichtlich. Insofern ist es nur richtig und konsequent, dass DAB nicht per E-Mail eingereicht werden dürfen. Alles andere wäre "den rechtlichen Verstand verloren".
    E-Mail ist nun mal kein sicherer Kommunikationsweg und deshalb für personenbezogene/vertrauliche Daten ungeeignet. Deshalb ist es auch kein Widerspruch, sondern folgerichtig.

    Man kann über das Thema sogar ganze Aufsätze schreiben:

    Schmitz: Einlegung einer Petition durch E-Mail?NVwZ 2003, 1437
  • Ich hab irgendwo mal gelernt, dass alles formfrei ist, solange nicht explizit eine Form vorgeschrieben ist. Wenn ein Gericht oder eine Behörde auf ihrer Homepage eine eMail Adresse veröffentlicht, dann eröffnet sie jedem einen Zugang diesen zu nutzen; also kann ich alle Anträge, Beschwerden oder sonstiges an diese eMail Adresse richten (außer es gibt eine Formvorschrift); insbesondere Dienstaufsichtsbeschwerden. Ob besagte Behörde dann auch per eMail antwortet, ist eine andere Frage.

  • @uschi

    ...sagte die württ. Bezirksnotarin :D

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Sonst geht's noch gut?


    Ja, Danke der Nachfrage. Eine Gewisse Anspannung ob des letzten Spieltages der 2. Bundesliga kommenden Sonntag kann ich nicht leugnen, aber ansonsten ist alles prima.

    Wenn ich meinem Rechtsanwalt schreibe, gegen wen und warum er eine (nur als Beispiel) Zahlungsklage, Vaterschaftsanfechtung oder auch Dienstaufsichtsbeschwerde schreiben soll, darf ich ihm die Daten nicht per Mail schicken?


    Diese Frage hat AndreasH dankenswerterweise bereits beantwortet.


    Ich hab irgendwo mal gelernt, dass alles formfrei ist, solange nicht explizit eine Form vorgeschrieben ist. Wenn ein Gericht oder eine Behörde auf ihrer Homepage eine eMail Adresse veröffentlicht, dann eröffnet sie jedem einen Zugang diesen zu nutzen; also kann ich alle Anträge, Beschwerden oder sonstiges an diese eMail Adresse richten (außer es gibt eine Formvorschrift); insbesondere Dienstaufsichtsbeschwerden. Ob besagte Behörde dann auch per eMail antwortet, ist eine andere Frage.


    Zur Dienstaufsichtsbeschwerde habe ich gefunden: Formlos schriftlich oder mündlich zur Niederschrift, siehe hier. Schriftlich heißt (für mich) nicht E-Mail. Man bezieht sich hierbei auf Art. 17 GG, in dem auch die Rede von "schriftlich" ist.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Das Schriftformerfordernis des Art. 17 GG bedeutet nur, dass Petitionen, die ohne Wahrung dieser Form eingereicht werden, keinen Grundrechtsschutz genießen. Im Übrigen ist diese Schriftform auch bei Übermittlung per Mail ohne qualifizierte Signatur gewahrt (Schmitz NVwZ 2003, 1437). Gleiches sehen unter Nr. 4 die Grundsätze des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages vor, sofern das im Internet bereitgestellte Formular verwendet wird:

    http://www.bundestag.de/bundestag/auss…ndsaetze/260564

    Langer Rede kurzer Sinn: Die von hiro verlinkten Nachweise besagen überhaupt nichts darüber, wie die Schriftform zu wahren ist, sondern nur, dass sie einzuhalten ist. Wenn man feststellen will, was "Schriftform" im Einzelnen bedeutet, muss man also schon etwas tiefer schürfen und dieses Schürfen ergibt im vorliegenden Fall, dass der strittige Passus auf der Homepage des AG Emmedingen, wonach Dienstaufsichtsbeschwerden angeblich nicht per Mail eingelegt werden können, glatter Unsinn ist.

  • @uschi

    ...sagte die württ. Bezirksnotarin :D


    Und wo sie recht hat, hat sie recht :teufel:

    Und auch in unserem Landesteil gibt es Rechtsverhinderungsstellen.

    Ich kenne da Grundbuchämter, da dauern Eigentumsänderungen immer mehr als 1 Jahr. Zitat des Notars: Beurkundungen sind (mir)wichtiger.


  • Zitat des Notars: Beurkundungen sind (mir)wichtiger.

    Tja, da befolgt er nur den Rat unseres Justizministers, der uns riet, bis zur Reform ein Polster anzuschaffen. Und was der Herr Minister rät, das muss man tun!

    Der baden-württembergische Justizminister ahnt wohl jetzt schon, wie es den meisten der baden-württembergischen Nurnotaren nach der Reform finanziell gehen wird. Deshalb der gut gemeinte Rat, jetzt schon Polster zu schaffen (spare unguten Zeiten, dann hast du in der Not).


  • Zitat des Notars: Beurkundungen sind (mir)wichtiger.

    Tja, da befolgt er nur den Rat unseres Justizministers, der uns riet, bis zur Reform ein Polster anzuschaffen. Und was der Herr Minister rät, das muss man tun!

    Der baden-württembergische Justizminister ahnt wohl jetzt schon, wie es den meisten der baden-württembergischen Nurnotaren nach der Reform finanziell gehen wird. Deshalb der gut gemeinte Rat, jetzt schon Polster zu schaffen (spare unguten Zeiten, dann hast du in der Not).

    Nein, Professor. Er hatte dabei diejenigen im Blick, die weiterhin vom Staat alimentiert werden. Um die anderen macht er sich glaub keine Sorgen.

  • Das Schriftformerfordernis des Art. 17 GG bedeutet nur, dass Petitionen, die ohne Wahrung dieser Form eingereicht werden, keinen Grundrechtsschutz genießen. Im Übrigen ist diese Schriftform auch bei Übermittlung per Mail ohne qualifizierte Signatur gewahrt (Schmitz NVwZ 2003, 1437). Gleiches sehen unter Nr. 4 die Grundsätze des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages vor, sofern das im Internet bereitgestellte Formular verwendet wird:

    http://www.bundestag.de/bundestag/auss…ndsaetze/260564

    Langer Rede kurzer Sinn: Die von hiro verlinkten Nachweise besagen überhaupt nichts darüber, wie die Schriftform zu wahren ist, sondern nur, dass sie einzuhalten ist. Wenn man feststellen will, was "Schriftform" im Einzelnen bedeutet, muss man also schon etwas tiefer schürfen und dieses Schürfen ergibt im vorliegenden Fall, dass der strittige Passus auf der Homepage des AG Emmedingen, wonach Dienstaufsichtsbeschwerden angeblich nicht per Mail eingelegt werden können, glatter Unsinn ist.


    Nein ist es nicht.
    Aktuell habe ich keine Gelegenheit, den genannten Aufsatz zu lesen, was ich nachholen werde, sobald ich die Gelegenheit dazu habe, aber schon alleine die verlinkte Fundstelle des Petitionsausschusses bestätigt deine Auffassung nicht.

    Zitat:
    4. Schriftform
    (1) Petitionen sind schriftlich einzureichen. Die Schriftform ist bei Namensunterschrift gewahrt.
    Bei elektronisch übermittelten Petitionen ist die Schriftlichkeit gewahrt, wenn der Urheber und dessen Postanschrift ersichtlich sind und das im Internet für elektronische Petitionen zur Verfügung gestellte Formular verwendet wird (elektronischer Ersatz der Unterschrift).
    (2) Ein Recht, Petitionen mündlich vorzubringen oder persönlich zu überreichen, besteht nicht.

    Zum einen ist die elektronische Übermittlung explizit zugelassen (was bei DABs nicht der Fall ist), zum anderen muss dafür ein besonderes Formular verwendet werden (gibts für DABs auch nicht).
    Das heißt: Bei einer Petition, die per E-Mail eingereicht wird, ist die Schriftlichkeit nicht gewahrt.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!


  • Zitat des Notars: Beurkundungen sind (mir)wichtiger.

    Tja, da befolgt er nur den Rat unseres Justizministers, der uns riet, bis zur Reform ein Polster anzuschaffen. Und was der Herr Minister rät, das muss man tun!

    Und die Rechtspfleger an den Notariaten dürfen dann die amtlichen, liegen gebliebenen Vorgänge "erledigen"? [size=-2]Man verzeihe mir den leichten Zynismus.[/size] ;)

  • Naja, Fakt ist, dass ich einen solchen Vermerk im gerichtlichen Bereich bislang nur beim AG Emmendingen gesehen habe und man kann vermuten, dass es dafür einen Grund gibt.
    Fakt ist übrigens auch, dass man z.B. im Justizministerium BW auf per EMail eingereichte DAB mit dem üblichen Brimborium (großer Dienstweg über OLG und LG) reagiert und diese nicht einfach als unzulässig verwirft. P.S.: Genannte DAB betraf natürlich nicht den Verfasser.


  • Zitat des Notars: Beurkundungen sind (mir)wichtiger.

    Tja, da befolgt er nur den Rat unseres Justizministers, der uns riet, bis zur Reform ein Polster anzuschaffen. Und was der Herr Minister rät, das muss man tun!

    Der baden-württembergische Justizminister ahnt wohl jetzt schon, wie es den meisten der baden-württembergischen Nurnotaren nach der Reform finanziell gehen wird. Deshalb der gut gemeinte Rat, jetzt schon Polster zu schaffen (spare unguten Zeiten, dann hast du in der Not).

    Nein, Professor. Er hatte dabei diejenigen im Blick, die weiterhin vom Staat alimentiert werden. Um die anderen macht er sich glaub keine Sorgen.

    Sorgen macht er sich um die Nurnotare klar nicht. Er ist sie ja los. Sie haben ja jetzt schon ihre unwiderrufliche Kündigung vorlegen müssen. Einbahnstraße Freiberuflichkeit. Egal was kommt. Egal was Europa zu den Notaren noch so alles einfällt. Egal Beurkundungspflichten fallen. Egal was mit dem Notariat in Europa passiert. Bestandsgarantien gibt es für die Ausscheider nicht. Nicht einmal bis Ende 2017.

    Aber ich frag mich auch, weshalb bisher kein württembergischer Nurnotar den Mumm gehabt hat, seinen Amtssitz aufs flache Land zu verlegen. Alle tummeln sich in den großen Städten in alteingesessenen Kanzleien (zwei Ausnahmen bestätigen die Regel).

    Diejenigen, die beim Staat verbleiben behalten zumindest ihre Besoldung. Rückstufungen sind m.E. nicht zulässig und nicht vorgesehen. Und mit A 13 oder A 14 beim Amtsgericht Testamente zu verwahren oder dieselben eröffnen bzw. Erbscheine zu erteilen bzw. bei einem GBA Eintragungen vorzunehmen ist dann so schlecht nicht besoldet. Der Job könnte zwar besser sein, aber die Besoldung ist gesichert. Sicherheitsdenken.

    Die Einkünfte der künftigen Nurnotare sind bislang nur geschätzt. Und ich denke da so an die Anfangszeiten der Nurnotare in den neuen Bundesländern zurück. Hab die Zeit damals hautnah miterlebt. Ich glaube da wäre manch ein Nurnotar froh gewesen, ein großes Polster gehabt zu haben. Und manch einer hätte Anspruch auf Gehaltssicherung über die Ländenotarkasse gehabt. Der eine oder andere hat auch aufgegeben. Die Anzahl der Notare wurde massiv reduziert.

    Wollen hoffen, dass das Justizministerium um Stuttgart besser gerechnet hat und nicht vom Wunschergebnis her argumentiert.

  • Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass die Einhaltung der Schriftform - gleich, wie man sie definiert - nur für den verfassungsrechtlichen Schutz des Petitionsrechts Bedeutung hat, nicht aber dafür, ob man sich unabhängig davon, ob man damit ein Grundrecht wahrnimmt, auch formlos an die zuständigen Stellen wenden kann. Auf die Frage, ob eine Dienstaufsichtsbeschwerde überhaupt unter den verfassungsrechtlichen Petitionsbegriff des Art. 17 GG subsumiert werden könnte, kommt es daher im Ergebnis nicht an.

    Gleichwohl habe ich Verständnis dafür, dass Personen, die der Verwaltung etwas näher stehen, mitunter dazu neigen, deren Maßnahmen auch dann zu verteidigen, wenn sie nicht gerechtfertigt sind.

    Im Ergebnis baut das AG Emmendingen Zugangserschwernisse auf, die vom geltenden Recht nicht gedeckt sind.


  • Vor der Grundbuchreform haben die Dinge jedenfalls - seit Jahrzehnten - problemlos funktioniert.

    Das traf auf große Teile Badens leider nicht zu und beschleunigte die Grundbuchreform.

    Da hat die Frau Kollegin wohl recht. Die einzige Frage ist, ob die bessere Situation in Württemberg an den Bezirksnotaren oder an den schon immer in Württemberg in ausreichender Zahl vorhandenen freien Notaren lag. Auch haben die Gemeinden in Baden, die heute so am jammern sind, nach Kräften mitgeholfen, in dem sie teilweise völlig unzureichendes Personal auf den Grundbuchämtern eingesetzt haben.

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