96 Abs. 1 Nr. 1 InsO

  • Soweit ich weiß, schließt § [FONT=&amp]96 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Aufrechnung mit Insolvenzforderungen gegen einen Anfechtungsanspruch aus. Begründung: der Anfechtungsanspruch entstehe erst mit (und damit nach) Insolvenzeröffnung. [/FONT]
    Frage: was ist mit einem Kondiktionsanspruch, der dadurch entsteht, daß ein Auftrag nach §§ 115, 116 InsO unwirksam wird und deswegen vom Insolvenzschuldner geleistete Vorschüsse zu erstatten sind?

  • Aus der Hüfte geschossen, meine ich, dass es hier ebenso ist. Dafür spricht der Wortlaut des § 115 InsO "Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Hier geht es um den Anspruch auf Erstattung vom Insolvenzschuldner geleisteter Vorschüsse, die aufgrund der automatischen Auftragsbeendigung nicht mehr "abgearbeitet" werden können.

    Es lässt sich zunächst sicher streiten, welche inhaltliche Qualität ein solcher Anspruch auf Erstattung nicht verbrauchter Vorschüsse hat. In Betracht kommen neben einem Bereicherungsanspruch wohl eher ein Anspruch aus Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB, § 669 BGB, § 667 BGB; wohl h.M., etwa BGH, Urt. v. 10.10.1996 - III ZR 205/95; BGH, Urt. v. 04.02.1991 - II ZR 246/89; BGH, Urt. v. 03.02.1988 - IV a ZR 196/86) oder direkt aus dem Vertrag (speziell: § 87a Abs. 2 HGB) bzw. aus vertraglichen Nebenpflichten (wie beim Anwaltsvertrag, § 10 Abs. 2 RVG). Einen Schadensersatzanspruch sehe ich da eher nicht. Das Risiko beim Bereicherungsanspruch ist etwa der Einwand des Wegfalls der Bereicherung, der bei Auftragsrecht oder vertraglichen Ansprüchen nicht greifen kann.

    Jedenfalls dürfte dieser Anspruch auch erst mit Insolvenzeröffnung entstehen (wie Gegs). Der Auftrag erlischt durch die InsEÖ, § 115 Abs. 1 InsO. Der Erstattungsanspruch auf Herausgabe des Erhaltenen (§ 667 BGB) entsteht grundsätzlich erst mit Beendigung der Geschäftsbesorgung, also hier auch mit InsEÖ. Das giolt auch für den Bereicherungsanspruch wegen nachträglichem Wegfall des rechtlichen Grundes, der auch erst mit dem Wegfall entsteht. Der Anwendungsbereich von § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO wäre folglich eröffnet.

    Auf das eigentliche hinter der Ausgangsfrage liegende Grundproblem (Kann der Auftragnehmer in der Insolvenz des Auftraggebers die erhaltenen Vorschüsse mit noch nicht abgerechneten Vergütungsansprüchen aufrechnen?) habe ich aber auch (noch) keine abschließende Antwort gefunden. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO hier anzuwenden halte ich zumindest für gewagt. Denn der Vergleich mit der unzulässigen (BGH, Urt. v. 18.12.2003 - IX ZR 9/03, a.E. m.w.N.) Aufrechnung von Insolvenzforderung mit Anfechtungsanspruch hinkt: Dort wird es für unzulässig erklärt, dass zwei i.d.R. nicht miteinander in Verbindung stehende Ansprüche aufgerechnet werden, von denen einer (Anfechtung) zwingend erst mit InsEÖ entsteht. Hier besteht hingegen zwischen den Vorschüssen und den dafür erbrachten Leistungen zwangsweise eine vertragliche Verbindung, die die Grundlage für die Vorschussanforderung bildet. Dabei kann es auch zur Aufrechnungslage bereits vor der Insolvenz kommen, ohne dass es zwingend der InsEÖ bedarf. In diesen Fällen würde ich wohl eher auf § 94 InsO (analog) und § 95 Abs. 1 InsO zurückgreifen und die Aufrechnung zulassen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Dort wird es für unzulässig erklärt, dass zwei i.d.R. nicht miteinander in Verbindung stehende Ansprüche aufgerechnet werden, von denen einer (Anfechtung) zwingend erst mit InsEÖ entsteht. Hier besteht hingegen zwischen den Vorschüssen und den dafür erbrachten Leistungen zwangsweise eine vertragliche Verbindung, die die Grundlage für die Vorschussanforderung bildet. Dabei kann es auch zur Aufrechnungslage bereits vor der Insolvenz kommen, ohne dass es zwingend der InsEÖ bedarf. In diesen Fällen würde ich wohl eher auf § 94 InsO (analog) und § 95 Abs. 1 InsO zurückgreifen und die Aufrechnung zulassen.


    Danke für die (wie immer) fundierte Einschätzung. Um den Fisch noch ein wenig zu buttern: es geht, wie könnte es anders sein, um den StB. Der hat die Buchhaltung der Schuldnerin gemacht, dafür monatliche Pauschalen abgerechnet, die auch monatlich bezahlt wurden. So weit, so unproblematisch. Daneben hat er aber auch monatliche Vorschüsse für die JA/StErkl erhalten. Und die sind nicht gemacht worden. Darauf angesprochen, kommt erst keine Antwort. Erst im Rechtsstreit wird nunmehr angeführt, man habe ja dies & jenes noch gemacht, was nach Zeithonorar abzurechnen sei. Und präsentiert dazu auch eine (mutmaßlich rückdatierte) Rechnung. Die explizit für einen konkreten Auftrag geleisteten Vorschüsse nun mit sonstwas zu verrechnen, geht allerdings mE nicht.

  • Die explizit für einen konkreten Auftrag geleisteten Vorschüsse nun mit sonstwas zu verrechnen, geht allerdings mE nicht.

    Sehe ich auch so. Der konkrete Auftrag (JA/StErkl) endet mit InsEÖ und kann nicht mehr ausgeführt werden. Der aus der Vertragsbeendigung resultierende Anspruch auf Rückgabe der Vorschüsse entsteht erst mit InsEÖ, während die "sonstwas"-Ansprüche reine Insolvenzforderungen sind. Ver-/Aufrechnung unzulässig, § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

    Eine Umwidmung der Vorschüsse (von JA/StErkl zu "sonstwas") hätte schon in unverdächtiger Zeit erfolgen müssen, um eine in der Insolvenz bestehenbleibende Aufrechnungsmöglichkeit zu erhalten.

    Lass dann mal hören, wie sich das Gericht hierzu verhält...

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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