Grundbuchberichtigung im Nacherbfall

  • Eheleute M und F, Eigentümer u.a. des von ihnen bewohnten Hausgrundstücks, haben sich in gemeinsamem handschriftlichem Testament gegenseitig zu Vorerben und auf den Tod des Letztversterbenden ihre 3 Kinder zu Nacherben eingesetzt.
    Beim Tode von M 1998 wurde für F als Vorerbin ein entsprechender Erbschein ausgestellt; in ihm sind neben dem Nacherbfall (Tod der F) auch die Namen der Nacherben aufgeführt. Von den zwei Ausfertigungen dieses Erbscheins ist eine nicht mehr vorhanden; ihr Verbleib lässt sich nicht feststellen. 2012 ist F verstorben, das gemeinschaftliche Testament ist (erneut) eröffnet worden. Unter Vorlage dieses Eröffnungsprotokolls, des Erbscheins von 1998 sowie der Sterbeurkunde der F begehren die Erben die Grundbuchberichtigung und ihre Eintragung als Eigentümer.
    Das Grundbuchamt verlangt den Erbschein nach F. Diesen will das Nachlassgericht jedoch erst erteilen, wenn zuvor die abhanden gekommene zweite Ausfertigung des Erbscheins nach M für kraftlos erklärt wird, da er unrichtig geworden sei. Die Nacherben halten das Verfahren für überflüssig, da ihre Eigentümerstellung durch die eingereichten Urkunden zweifelsfrei nachgewiesen sei; somit müssten sie eingetragen werden. Scheinbar entgegenstehende gesetzliche Regelungen (wie möglicherweise § 35 GBO) müssten so ausgelegt angewandt werden, dass sie keine unverhältnismäßigen Anforderungen stellten. Muss das Grundbuchamt die Berichtigung vornehmen?

  • Es ist nicht Aufgabe des Grundbuchamtes, Gesetze so hinzubiegen, dass sich für den Antragsteller möglichst wenig Probleme ergeben. Es liegt ein handschriftliches Testament vor. Es ist daher ein neuer Erbschein vorzulegen, der die Nacherben jetzt als Vollerben des ursprünglichen Erblassers ausweist.
    Etwas anderes gilt für das Nachlassgericht. Inwiefern das Nachlassgericht die Ausstellung des Erbscheins von der Rückgabe der zweiten Ausfertigung abhängig macht, erschliesst sich mir nicht. M. E. ist dies nicht möglich. Falls die zweite Ausfertigung nicht mehr auffindbar ist, muss halt eine Kraftloserklärung erfolgen, dies aber unabhängig davon, dass jetzt ein "richtiger" Erbschein erteilt wird.

  • "Das Grundbuchamt verlangt den Erbschein nach F."

    Bezüglich des Nacherbfalls bedarf es aber eines neuen Erbscheins nach M (nicht nach F), nachdem ja der frühere Erbschein eingezogen wurde.

    Bezüglich des ursprünglichen Miteigentumsanteils der F bedarf es natürlich auch eines Erbscheins.

  • [quote='Dolores','Grundbuchberichtigung im Nacherbfall Nacherben halten das Verfahren für überflüssig, da ihre Eigentümerstellung durch die eingereichten Urkunden zweifelsfrei nachgewiesen sei; QUOTE]

    Was Beteiligte für überflüssig halten ist mir herzlich wurscht, denn Beteiligte zahlen auch keine Regressforderungen wenn ich Mist eintrage.

    Der Erbschein nach dem ersten Erbfall weist verbindlich nur den Vorerben aus. (Anm.: die Nennung der Nacherben ist interessant wenn es um Verfügungen des Vorerben während der Vorerbschaftszeit geht, da die Nacherben und hier nicht nur diese sondern ggfls. sogar ein Pfleger für die noch unbekannten weiteren Nacherben zu beteiligen sind)
    Die Nacherben müssen die Nacherbschaft erst nach dem Eintritt des Nacherbfalls annehmen, können aber auch (vorher oder nachher) ausschlagen. Sie könnten in der zwischenzeit auch versterben oder die Nacherbenanwartschaft übertragen.
    Dh. die Feststellung wer dereinst tatsächlich der oder die Nacherben geworden sind kann nur das Nachlassgericht aufgrund weiterer Ermittlungen (in Form eines neuen Erbscheins nach dem Erstverstorbenen) mir verbindlich und in der richtigen Form liefern.

    Deshalb ist die Ansicht der Beteiligten schlichtweg falsch und jede Diskussion unnötig.

  • Inwiefern das Nachlassgericht die Ausstellung des Erbscheins von der Rückgabe der zweiten Ausfertigung abhängig macht, erschliesst sich mir nicht.

    Ist der Antrag auf Neuerteilung entscheidungsreif kann das Nachlassgericht den neuen Erbschein natürlich erlassen. Es wird jedoch tunlichst mit der Aushändigung einer Ausfertigung zuwarten bis die Einziehung des alten Erbscheins (entweder durch Rückgabe aller Ausfertigungen oder Kraftloserklärung) abgeschlossen ist. Denn sind zwei widersprüchliche Erbscheine gleichzeitig im Umlauf erhält keiner von beiden den Gutglaubensschutz. (vgl. Palandt § 2362 RN 14, § 2366 RN 3)

  • Aus meiner Abhandlung in notar 2013, 147, 152 f.:

    Der Nachweis einer eingetretenen Nacherbfolge kann im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 S. 1 GBO nur durch einen nach dem Eintritt des Nacherbfalls erteilten (neuen) Erbschein geführt werden, weil weder der dem Vorerben erteilte und die Nacherben sowie den Nacherbfall bezeichnende (einzuziehende) Erbschein noch der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk ausreichend sind, um das Erbrecht des oder der Nacherben zu belegen.61 Dies gilt auch dann,wenn der Eintritt des Nacherbfalls durch öffentliche Urkunden und der Nichteintritt einer im Einzelfall gesetzten auflösenden Bedingung, dass der Nacherbe beim Ableben des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil nicht geltend gemacht hat, durch eidesstattliche Versicherung nachgewiesen ist.62

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    61 BGH, Beschl. v. 26.5.1982 – V ZB 8/81, BGHZ 84, 196 = NJW 1982, 2499 = DNotZ 1983, 315; OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.1.2010 – 20 W 251/09, FGPrax 2010, 175; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 25.11.2010 – 3 W179/10, FamRZ 2011, 1168 = NJW-RR 2011, 525; OLG München, Beschl. v. 11.4.2011 – 34 Wx 160/11, Rpfleger 2011, 495 = FGPrax 2011, 173 = ZEV 2011, 587; OLG München, Beschl. v. 10.8.2012 – 34 Wx 207/12, openJur 2012, 128629 = DNotZ 2013, 153; a. A. Staudinger/Avenarius, BGB, Bearb. 2013, § 2113 Rn 30 (Bezeichnung der Nacherben im Nacherbenvermerk und förmlicher Nachweis des Eintritts des Nacherbfalls ausreichend).
    62 OLG München, Beschl. v. 10.8.2012 – 34 Wx 207/12, openJur 2012, 128629 = DNotZ 2013, 153.

  • Ich würde gern in dem Zusammenhang Einzug ES bei Eintritt NE-Folge, ggf. Kraftloserklärung einer nicht auftreibbaren Ausfertigung hier folgende Frage anhängen:
    1996 wurde ES mit VE/NE Folge erteilt, Eintritt bei Tod.
    Die 2. Ausfertigung ging damals an einen Notar, der noch heute tätig ist.
    Vorgelegt wurde auf Anfrage eine beglaubigte Fotokopie dieser 2. Ausfertigung.
    Der Notar erklärt, die 2. Ausfertigung nicht mehr beibringen zu können und auch keine Auskunft mehr erteilen zu können, wer diese 2. Ausfertigung u.U. von ihm erhalten hat, weil er über keine Handakte mehr verfüge.

    1. Unter welchen Abschnitt von § 5 der DoNot fallen eigentlich die Ausfertigungen von ES?
    2. Es gibt doch neben der UR- Liste beim Notar auch noch andere Verzeichnisse,
    könnte/müsste dort ein Hinweis enthalten sein?
    3. Bei einem ES mit VE/NE Folge liegt es ja in der Natur der Sache, dass er irgend wann eingezogen wird. Muss das nicht auch ein Notar sehen und wenn er im Besitz ist Vorkehrungen für diesen Fall treffen?


    Danke für eure Hinweise vorab.

  • Haben die Notare hier im Forum evt. das Problem schon mal gehabt?
    Wie wird das gehandhabt?
    Bis dato sind die Ausfertigungen, die an Notare gingen i.d.R beim Grundbuchamt gelandet und konnten von dort eingezogen werden.
    Hier haben die Beteiligten wohl schon alles abgefragt und keinen Erfolg gehabt.

  • Logisch aber unbefriedigend, weil ich nicht recht einsehe, dass die Leute ausbaden/bezahlen, was der Notar ggf. versäumt hat.
    Das Ergebnis ist mir klar, mir ging es um das Wissen um die Dinge. Wozu gibt es sonst die DoNot.

    Ich hatte eher das Gefühl, dass hier jemand nicht suchen gehen wollte in den alten Unterlagen und man das Nachlassgericht mit der Mitt. alles vernichtet abspreisen will.
    Als ich gestern Abend noch anrief stellte die Notarangestellte die Frage, warum ich nicht einfach eine weitere Ausfertigung erteilen würde.
    Das zeigt mir, dass sich entweder damit niemand beschäftigt hat oder aber das Problem Einzug bei VE/NE nicht erfasst wurde.

    Trotzdem Danke für dein stetiges Bemühen, wollt ich schon lange mal sagen, da ich schon viele, viele Jahre lese und mir hier Rat hole.

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