Bilanz lesen

  • Hallo,

    ich bitte um Hilfe bei dem Lesen einer Bilanz.
    Generell weiss ich schon ganz grob, wie eine solche aufzustellen ist, aber mit der hier habe ich einige Probleme:

    Aktiva........................................................ Passiva

    I. Anlagevermögen: 30t Euro ....................... I. Sonderposten mit Rücklageanteil: 70t Euro
    II. Umlaufvermögen: 70t Euro ......................II. Rückstellungen: 20t Euro
    III. Rechnungsabgrenzungsposten: 1t Euro ....III. Verbindlichkeiten: 181t Euro
    IV. Kapital: 170t Euro
    _________________________________ ________________________________________
    271t Euro...................................................271t Euro

    Generell kenne ich das so, dass die Gesellschaft i.d.R. überschuldet ist, wenn Anlagevermögen + Umlaufvermögen < Verbindlichkeiten.

    Aber: Was sagt hier der Posten "Kapital" (setzt sich zusammen aus Anfangskapital - Einlagen + Entnahmen - Jahresüberschuss) aus?

    Und: Ist "meine" Firma nun überschuldet oder nicht?

    Danke & Gruß
    Peter

  • Ist das wirklich die Bilanz oder die Gewinn- und Verlustrechnung. Es ist schon allein aufgrund der Darstellungsweise im Forum schwierig, das Ganze nachzuvollziehen. Außerdem muss man sagen, dass jeder Steuerberater anders "bucht", so dass man manchmal ganz schwer nachvollziehen kann, welche Lebenssachverhalte sich hinter der einzelnen Posten verbergen.

    Wenn eine Gesellschaft überschuldet ist, dann müsste die Bilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aufweisen. Das ist hier nicht der Fall. Ich meine die Gesellschaft ist nicht überschuldet.

    Das Kapital ist insoweit zu erklären: Der Gesellschafter legt in seine Gesellschaft die Stammeinlagen ein und erbringt immer weiter Zahlungen. Wenn er private Entnahmen tätigt, dann können diese nur die geleisteten Zahlungen schmälern. Denn die Gesellschaft ist ein anderes Rechtsobjekt als der Gesellschafter. Hätten wir das schon. Der Jahresüberschuss (Gewinn) wird dem Kapital gut geschrieben; hier hat der Gesellschafter den ihn zustehenden Gewinn (wohl zulässiger Weise) an sich auszahlen lassen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Eindeutig völlig überschuldet. Das Kapital gehört eigentlich zu den Passiva. Durch die Überschuldung ist es hier zu den Aktiva geruscht und besteht quasi nur aus Schulden.

    Siehe § 266 HGB.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Eindeutig völlig überschuldet. Das Kapital gehört eigentlich zu den Passiva. Durch die Überschuldung ist es hier zu den Aktiva geruscht und besteht quasi nur aus Schulden.

    Hast natürlich Recht, habe ich aufgrund der Darstellung meines Browsers nicht erkannt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Hallo,

    danke euch beiden!!

    Zitat

    Eindeutig völlig überschuldet. Das Kapital gehört eigentlich zu den Passiva. Durch die Überschuldung ist es hier zu den Aktiva geruscht und besteht quasi nur aus Schulden.

    Genau das habe ich mich auch irritiert. Habe ich nämlich in der Bilanzrechts Vorlesung auch so gelernt.
    Wenn ich das richtig verstehe, müsste also bei richtiger Aufstellung auf der Passivseite -170t Euro an Kapital stehen??

    Gruß
    Peter

  • Bin zufällig hierrüber gestolpert und fühlte mich gleich an die Diskussion aus einer Vorlesung erinnert. Fazit dort war: eine Bilanz sagt meist gar nix aus :confused:

    Wenn es eine Bilanz nach Handelsrecht ist, galt dort das Imparitätsprinzip und das Realisationsprinzip. Das heißt, dass in der Bilanz nur die Gewinn drin sein dürfen, die wirklich entstanden sind, aber Verluste bereits zu berücksichtigen sind, wenn die Gefahr dafür besteht. Der Kaufmann darf sich also nicht reicher machen als er ist, aber halt auch nicht allzu arm.

    Ist es eine Bilanz nach Steuerrecht, dann wird dafür die Handelsbilanz zwar als Grundlage genommen, aber das Steuerrecht schreibt dann letztlich in bestimmten Bereichen abweichende Regelungen vor. Dies führt unter Umständen dazu, dass der Gewinn in der Steuerbilanz letztlich höher ist.

    Hauptproblem an einer Bilanz sind die darin enthaltenen stillen Reserven. Gebäude müssen nach Handelsrecht auf die Lebensdauer und nach Steuerrecht auf eine bestimmte Anzahl von Jahren abgeschrieben werden. Das kann dazu führen, dass Gebäude in der Bilanz mit einem Erinnerungswert von 1 Euro stehen, aber in der Realität noch einen Wert von 300.000 Euro haben. Grund und Boden der vor 30 Jahren für 15.000 DM erworben wurden, stehen mit 7.650 Euro in der Bilanz haben aber einen Marktwert von 50.000 Euro.

  • ...
    Hauptproblem an einer Bilanz sind die darin enthaltenen stillen Reserven. ...

    Das ist leider nicht das einzige Problem. Man kann bei geschickter Ausnutzung der Bilanzierungsvorschriften ohne weiteres erhebliche Beträge verstecken oder ausweisen. Es gilt der Grundsatz, dass eine gute Bilanz meist einen wesentlich besseren Stand verbirgt und eine schlechte Bilanz meist einen wesentlich schlechteren Stand.

    Übrigens, mit dem BilMoG sind die Zusammenhänge zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz ein ganzes Stück gelockert worden. Und die Prinzipien der Bewertung, die Du beschrieben hast, gelten nach dem HGB, nicht in gleichem Maße aber nach anderen heute üblichen Bilanzierungsverfahren (IAS, IFRS und was es da noch alles gibt).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die internationalen Rechnungslegungsstandard können meines Erachtens in Deutschland nicht als Nachweis genutzt werden, da wir ja gesetzliche deutsche Vorschriften haben, wie eine Bilanz auszusehen hat.

    Klar hat das BilMoG ein "bißchen" was geändert. Zum Beispiel ist diese dämliche umgekehrte Maßgeblichkeit weg. Man stellt die HGB Bilanz auf und bastelt sich daraus eine Steuerbilanz, ohne dass man die HGB Bilanz anschließend wieder ändern muss.

    Während wie im Passivabereich die Schulden meist direkt in Euro haben, sind im Aktivebereich oft "fiktive" Werte, da der Ansatz maximal mit den Anschaffung- oder Herstellungskosten der Wirtschaftsgüter erfolgt. Das Problem bei den Grundstücken haben wir ja schon. Mit Waren oder einem Warenlager ist es das gleiche. Wenn die Firma ein Produkt erschafft, bei dem Materialbedarf und Herstellung 2 Euro betragen und der Verkaufspreis 10 Euro ist, dann taucht es in der Aktiva nur mit 2 Euro je Stück aus, ist aber das fünffache wert...

  • ...Wenn die Firma ein Produkt erschafft, bei dem Materialbedarf und Herstellung 2 Euro betragen und der Verkaufspreis 10 Euro ist, dann taucht es in der Aktiva nur mit 2 Euro je Stück aus, ist aber das fünffache wert...


    auch bloß wenn's auch wirklich zu dem Preis verkauft wird ;)

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