Erstattungspflicht des NICHT-Erben ggü. Erben bzgl. der Nachlasspflegerkosten?

  • Ich muss das letztlich ja nicht entscheiden, aber mich würde mal aus reiner Neugier folgendes interessieren

    Die Erblasserin hinterlässt ca. 10 verschiedene Testamente in denen sie auch die Erbeinsetzung gerne und viel variiert.

    In dem chronologisch vorletzten notariellen Testament setzt sie Herrn X als Alleinerben ein.

    In dem chronologisch letzten notariellen Testament setzt sie Frau Y als Alleinerbin ein.

    Der Nachlass ist (sehr) werthaltig.

    Herr X stellt einen Antrag auf Alleinerbschein und behauptet, dass das letzte Testament unwirksam ist (angebliche Testierunfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des letzten Testaments, obwohl Notar sich von Geschäftsfähigkeit überzeugt und im Testament festgehalten hat und zwischen den beiden Testamenten wenige Wochen liegen).

    Da Frau Y von der Wirksamkeit des letzten Testaments ausgeht, somit widerstreitende Interesse vorliegen, und um u. a. den Nachlass bis zur Klärung zu sichern (es stehen u. a. gegenseite Vorwürfe im Raum, man habe sich Nachlassgegenstände bemächtigt) wird ein Nachlasspfleger bestellt.

    Nach Beweiserhebung durch das Gericht (schriftliche Zeugenaussage, Stellungnahme des Hausarztes der Erblasserin usw.) stellt sich (für alle außer Herrn X wenig überraschend) heraus, dass das letzte Testament wirksam ist.

    Herr X nimmt seinen Erbscheinsantrag zurück. Frau Y steht damit als Alleinerbin fest.

    Da der Nachlass werthaltig ist, stellt der NL-Pfleger seinen Vergütungsantrag ggü. Frau Y.

    Frage: Kann Frau Y die Kosten die sie (aus dem Nachlass) an den NL-Pfleger gezahlt hat, von Herrn X zurückverlangen? Wenn ja, wie lautet die Anspruchsgrundlage?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (7. November 2013 um 07:42)

  • Vmtl. wird es sich analog dieser Fragestellung und entsprechender Entscheidung verhalten, wobei dann du als Gericht gefragt bist:

    Wird im Erbscheinsverfahren allein aufgrund der Einwendungen eines anderen Beteiligten ein Sachverständigengutachten eingeholt, so können diesem die entsprechenden Kosten auferlegt werden.
    (Vgl. OLG München, Beschluss v. 30.4.2012, 31 Wx 68/12)

    Im obigen Fall hatte die nicht berücksichtigte Nichte völlig unverständlich eine Fälschung des Testaments behauptet, gleichwohl die Erblasserin das Testament selbst in Verwahrung gegeben hatte. Die dadurch entstandenen Kosten sollten dann nicht zu Lasten der Erbin gehen.

    Vielleicht hätte man also von Seiten des Gerichts bereits die wegen der Behauptung des Nichterben entstandenen Folgekosten diesem auferlegen müssen....ich bin leider kein "Held" in Kostenfragen....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (7. November 2013 um 07:13)

  • Wie gesagt:

    Ich persönlich bin da m. E. raus, da der Nachlasspfleger unstreitig seine Vergütung aus dem Nachlass bzw. von Frau Y erhält und ich nur einen Beschluss zu Lasten von Frau Y machen muss. Eine evtl. Erstattungsanspruch von Frau Y gegenüber Herrn X dürfte mich bei zum Kostenbeschluss m. E. nicht zu interessieren haben.

    Meine Überlegungen gehen in Richtung materielle Anspruchsgrundlage nach dem BGB zu Gunsten von Frau Y, da sich eine evtl. Kostenentscheidung im dem Erbscheinsverfahren (hier: Richterzuständigkeit) nicht auf die Kosten des Nachlasspflegers bzw. die in dem Nachlasspflegschaftsverfahren entstandenen Kosten beziehen dürfte.

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  • Nach dem BGB hätte sie wohl (theoretisch) auch nur einen Anspruch nach § 823 I BGB. Aber das wird 1. schwierig und ist 2. nicht von uns zu beurteilen.
    Hinsichtlich einer Kostenentscheidung ist es wohl in der Tat so, dass man unter Kosten eines Verfahren einerseits die Gerichtskosten und andererseits die außergerichtlichen Auslagen eines Beteiligten versteht. Und hierzu kann nur die Gebühr für die Nachlasspflegschaft gehören, nicht aber die Vergütung des Nachlasspflegers, die aus dem Nachlass entnommen werden kann.
    In § 80 FamFG ist dies genau definiert ("die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten"). Die Tätigkeit des Nachlasspflegers war nun mal "nicht zur Durchführung des Verfahrens" notwendig (sie trug letztlich nicht zur Klärung der Erbenstellung bei), sondern zur Sicherung des Nachlasses, was wiederum eine Folge des Verfahrens war.

  • Eine Anspruchsgrundlage findet sich in § 839 BGB, allerdings gegen den Rechtsträger des Nachlassgerichts. Das soll nicht heißen, dass diese Anspruchsgrundlage hier greift. Hat das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft tatsächlich angeordnet, obwohl für alle außer X klar war, dass keine Testierunfähigkeit vorlag? Gab es tatsächlich keine substantiierten Einwendungen gegen die Testierfähigkeit? Dann hätte keine Nachlasspflegschaft angeordnet werden dürfen. Falls die Einwendungen Substanz hatten, dann wüsste ich nicht, was X vorzuwerfen sein soll.

  • Sagen wir mal so: X hat schon etwas (über seinen Anwalt) vorgetragen (Erblasserin sei von Y zum Notar "geschleppt" worden, der Gesundheitszustand der Erblasserin habe sich verschlechert, daher sei auf den Vermerk des Notars bzgl. der Testierfähigkeit nicht viel zu geben, usw), aber das war m. E. schon sehr dünne bzw abwegig (aber von mir als Rpfl. im Rahmen der Beurkundung des Erbscheinsantrags nicht zu beurteilen).

    Wenn man ein wenig Berufs- und Lebenserfahrung hat, konnte ein blinder mit Krückstock schon bei der Protokollierung des Erbscheinsantrags sehen, dass der Antrag zurückzuweisen sein wird. Im Poker würde man sagen, aber die Pot Odds waren für X einfach zu verlockend waren, um den Antrag nicht zu stellen.

    Hinzu kommt noch, dass die Erblasserin zur späteren Einsetzung von Y wohl gute Gründe hatte: X hat ihr Auto unbefugt veräußert / benutzt, seine Geldstrafe zu Lebzeiten aus dem Vermögen der Testatorin bezahlt usw.

    Gerade daher schmeckt wird, auch wenn mir das persönlich (und berufsmäßig erst recht) völlig egal sein kann, das Ergebnis nicht so richtig. Wie gesagt: Mir ging es aus reiner Neugier (nicht, weil ich was machen müsste) einfach um eine mögliche Anspruchsgrundlage von Y gegen Y bzgl. des um die Pflegerkosten geschmälerten Nachlasses.

    Da es wie gesagt um einiges an Geld geht, dürfte die auch der Anwalt von X nicht ganz uninterriesert an der Stellung und Verfolgung des Erbscheinsantrags gewesen sein...

    Eine Amtshaftung sehe ich hier nicht. Die Beteiligten (auch diverse zuvor eingesetzte Erben und Vermächtnisnehmer) streiten sich in dem Fall wie die Kesselflicker. Und da auch im Raum stand, dass bereits Gegenstände aus dem Nachlass entfernt wurden war die Anordnung der Pflegschaft angezeigt. Ich würde die bei gleicher Sachlage auch stets wieder Anordnen. Auch die zust. Nachlassrichterin sprach sich für die Anordnung aus. Selbst X und Y waren mit deren Einrichtung ausdrücklich einverstanden (wobei Y vielleicht sich keine Gedanken dazu gemacht hat, dass der Nachlass um die Kosten des Pflegers geschmälert wird).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Selbst X und Y waren mit deren Einrichtung ausdrücklich einverstanden.


    Na dann ist ja alles "in Butter", denn die Pflegschaft diente ja letztlich dem tatsächlichen Erben und kam ihm damit zugute...dass das dann halt auch etwas kostet, ist wohl der allgemeinen Lebenserfahrung nach anzunehmen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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