Nachlassproblem

  • Liebe Kollegen, ich bräuchte mal ein bisschen Feedback in einer kniffligen Sache.
    Ich weiß, dass der Sachverhalt noch nicht komplett klar bzw.aufgeklärt ist, also schlagt mich nicht. Ich stehe noch am Anfang, bräuchte aber Rat, damit ich zumindest die grobe Richtung weiß.

    Also: Es gibt ein Testament des verstorbenen Großvaters.
    Dieser hat zwei Söhne.
    Im Testament wurde verfügt, dass das Barvermögen (es werden (vermutlich) alle Konten bzw. Banken, Fonds, Sparverträge einzeln genannt) an die beiden Söhne zu gleichen Teilen geht. Das Auto erhält einer der beiden Söhne, auch über den Hausrat trifft er Verfügungen.

    Jetzt wörtlich: „Meine Eigentumswohnung (genaue Bezeichnung) übereigne ich meinem geliebten Enkelsohn A als Absicherung für seine Ausbildung. Sollte meine Schwiegertochter T und mein Sohn S ein weiteres usw.Kind bekommen, ist entsprechend zu teilen.
    T und S sollen treuhänderisch über dieses Vermögen wachen und es nach Bedarf verwalten.“

    T und S haben ein Kind, 2 Jahre alt.
    Ich weiß noch nichts über die Höhe des Gesamtnachlasses,aber unabhängig davon, ob man das Testament so auslegt, dass es eine Erbeinsetzung zugunsten der Söhne und dem Enkelkind bzw. den Enkelkindern mitTeilungsanordnung sein soll oder bezüglich der ETW ein Vermächtnis sein soll, bleibt hier das das Problem mit den eventuell zukünftig noch kommenden Kindern.
    Hier bin ich völlig ratlos und wäre für alle Tipps dankbar.

    Nur um Frage vorzubeugen: Im Moment hab ich nur das §1640-Verfahren, aber die Eltern haben sich angekündigt für eine Besprechung.

  • Ich seh jetzt nicht ganz das Problem für das Familiengericht. Die Beteiligten brauchen einen Erbschein (schon wegen der Eigentumswohnung). Es wird also ein Problem für das Nachlassgericht werden. Oder bearbeitest du auch nach Nachlasssachen?

  • Ich würde den Vorgang zunächst eine Weile verfristen und die Eltern bei einer eventuellen Anfrage zunächst an das NLG zwecks Stellung eines Erbscheinsantrags verweisen.

    Erst nach Vorliegen des Erbscheins weiß man, ob das Kind Alleinerbe, Miterbe oder Vermächtnisnehmer geworden ist und kann dann prüfen, ob - neben dem VV nach § 1640 BGB - ggf. weitere familiengerichtliche Schritte erforderlich sind.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Genau das hatte ich den Eltern schon am Telefon gesagt. Diese haben jetzt aber schon Pläne mit der ETW und ich wollte hier frühzeitig ansetzen, damit das ganze in die richtige Richtung geht. Egal ob das Kind bzw. die Kinder Miterbe oder Vermächtnisnehmer ist, bleibt das Problem mit den weiteren Kindern. Und nur darum geht es mir im Moment.

  • Welche weiteren Kinder denn? Ich denke, bis zum Tode des Großvaters war der Enkel Einzelkind. :gruebel:

    Ulf

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  • Man kann die Frage ja mal unter der Prämisse weiter diskutieren, dass das Nachlassgericht zu dem Ergebnis käme, dass die beiden Söhne jeweils Erbe werden sollen und die Eigentumswohnung ein Vermächtnis sein soll - und das insbesondere unter dem Aspekt, dass ein weiteres Enkel ja auch erst in 10 Jahren geboren werden könnte oder sich beide Ehegatten trennen könnten und nur einer ein weiteres Kind bekommt. :)

  • Danke, hast mich grad vom Schlauch geholt. Wenn man in der Anordnung keine Vor-/Nacherbfolge sieht (hängt wieder vom Erbschein ab), dann wären die zukünftig noch kommenden Kinder raus.

  • Das mit den zukünftigen Kindern verstehe ich so, dass der Zeitraum bis zum Erbfall gemeint war.
    Aber auch das ist letztlich zunächst das Problem des Nachlassgerichts.

    Ulf

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  • Das: "Sollte meine Schwiegertochter T und mein Sohn S ein weiteres usw.Kind bekommen, ist entsprechend zu teilen." ist der Knackpunkt im Testament. Ich hatte sowas mal vor Jahren in einem Pflegschaftsverfahren. Das Problem liegt nicht beim Nachlassgericht. Die geben auch eine Erbschein mit den noch unbekannten Erben raus. Dass Problem ist, dass das Erbe - hier die Eigentumswohnung - nicht wirklich verwertet werden kann. Der Erlös muss so lange aufbewahrt werden, bis sicher gestellt ist, dass T und S nie wieder Nachwuchs bekommen werden.
    Es ist zwar gut gemeint, die ETW dem Enkel zu vererben, aber mit der Verfügung über die mögliche Teilung bei weiteren Kindern kann keiner sagen, welchen Anteil A mal bekommen wird.

    In meinem Verfahren damals war es so, dass eine Oma ihre Wohnung auch so vererbt hatte - an ihre Tochter, ihre beiden Enkel und mögliche weitere Enkel. Die Tochter wollte die Wohnung verkaufen und sich und ihren Kindern von dem Geld neues Eigentum kaufen. Irgendwann wurde das Problem dann im Interesse der Famile so gelöst, dass im neuen Grundbuch als Eigentümer die Mutter, die beiden Kinder und alle möglicherweise weiteren noch unbekannten Erben eingetragen wurden. Was ganz komisches. Ob das so korrekt war, keine Ahnung. Den GB-Auszug habe ich nie gesehen. Aber alle haben das so mit gemacht, weil keiner eine andere vernünftige Lösung sah.
    Der Pfleger meinte damals, normalerweise müsste das Geld so lange auf einem Treuhandkonto bleiben, bis die Mutter 100% keine eigenen Kinder mehr bekommen kann und auch keines mehr adoptieren kann - also bis sie uralt ist.

  • Das mit den zukünftigen Kindern verstehe ich so, dass der Zeitraum bis zum Erbfall gemeint war.


    Nein, eben gerade nicht. Wenn das so gewollt wäre, müsste es auch so im Testament drin stehen. Das ist ein ganz schlimmes Knebel-Testament, wo dem Erblasser die Folgen mit Sicherheit nicht bewusst waren.

  • Gar nicht. Ich kannte den § bis eben nicht. Ich weiß nur, dass das NL-Gericht damals so einen komischen Erbschein gemacht hat und sich auch alle beteiligten Rechtsanwälte einig waren, dass alle möglichen noch zukünftigen Kinder auch Erben werden.

    Dann sollte im hier genannten Fall eben einfach erst mal auf den Erbschein gewartet werden.

  • Das mit den zukünftigen Kindern verstehe ich so, dass der Zeitraum bis zum Erbfall gemeint war.
    Aber auch das ist letztlich zunächst das Problem des Nachlassgerichts.

    Gut, wenn es ein Vermächtnis ist, hätte das NLG damit natürlich nichts zu tun.

    Ich verstehe es im Übrigen nicht so, dass nur bis zum Erbfall geborene Enkel darunter fallen. Für diese Einschränkung ist im Testament keinerlei Anhaltspunkt zu erkennen.

    Um das Problem mit den weiteren Enkel zu lösen, würde ich es wahrscheinlich wie folgt auflösen:
    T u. S sollen Testamentsvollstrecker sein und könnten jetzt dem Kind (Enkel des GV) die Eigentumswohnung übertragen, allerdings nur mit einem Rückübertragungsanspruch für S, der ja im Falle weiter hinzu kommender Enkel dann auch deren Vermächtnisanspruch erfüllen muss.
    Wenn dann zum Tag X der S den Rückübertragungsanspruch geltend machen würde und dieser vom Enkel nicht freiwillig erfüllt würde, müsste S sein Kind auf Erfüllung dieses Anspruches verklagen, sodass dann der entsprechende Zivilrichter den Hut dafür auf hätte zu prüfen, ob der Rückübertragungsanspruch zu Recht erfolgt, weil etwa der S weitere Vermächtnisansprüche erfüllen muss.

    Und wie lässt sich Deine Sicht mit § 1923 BGB vereinbaren?

    Das gilt natürlich nur für den Erben, aber nicht für einen "Vermächnisnehmer", siehe u.a. § 2177 BGB.
    Es können sehr wohl die Kinder einer Person mit einem Vermächtnis bedacht werden, auch wenn sie noch nicht geboren wurden, s.a. § 2162 BGB.
    Im Zweifel muss man ein Testament so auslegen, dass die gesetzlichen Möglichkeiten und der Wille des Erblassers beidermaßen erfüllt werden, und da bieten sich in der Regel Vor- und Nacherbfolge sowie aufschiebend bedingte Vermächtnisse an.

  • Ich danke euch allen herzlich fürs Mitgrübeln.

    Nach allem, was ich jetzt gelesen hab, macht es tatsächlich einen großen Unterschied, ob das Kind Erbe oder Vermächtnisnehmer ist.
    Wenn es Erbe ist, dann würde wohl die Vorschrift des § 1923 BGB greifen (es sei denn, es gibt hier noch irgendeine Ausnahme, die ich übersehen hab) und als Vermächtnisnehmer wird's kompliziert (§§ 2178, 2179 BGB) und es müsste ggf. ein Pfleger für unbekannte Beteiligte bestellt werden.
    Wie dann aber das ganze grundbuchmäßig vollzogen wird :nixweiss:

    Edit:
    @AndyK: Deine Ergänzung hat sich mit meinem Post überschnitten.
    Aber zu deinem Vorschlag mit dem Rückübertragungsanspruch wollte ich noch sagen, dass das ein guter Ansatz ist.

  • Ja, eine auflösende Bedingung nach dem Erbfall ist für den derzeitigen alleinigen Enkel auch denkbar, sie hat dann die Bedeutung eines Nachvermächtnisses (§ 2191 BGB), allerdings wäre dann der derzeitige Vermächtnisnehmer (und nicht der Erbe) - hinsichtlich eines Grundstückanteils - beschwert. Anders als ein Vorerbe unterliegt der (Vor-)Vermächnisnehmer aber keinen Beschränkungen. Der Erblasser kann aber eine längefristige Verwaltungsvollstreckung durch einen TV anordnen. Zudem kann ist der Anspruch möglicher Nachvermächtnisnehmer im Grundbuch vormerkbar.
    Insoweit ist der von mir in #13 geschilderte kompliziertere Weg auf diese Weise leichter zu handhaben.

  • Die familiengerichtlichen Überlegungen erscheinen verfrüht.

    Zunächst muss feststehen, wer überhaupt Erbe geworden ist und ob der Enkel ggf. nur Vermächtnisnehmer ist. Sieht man die beiden Söhne als Erben an - was nach dem Aufbau des Testaments auch unter Berücksichtigung des Umstands naheliegt, dass der Vermächtnisnehmer Grundbesitz erhält -, wird insbesondere der Bruder des Sohnes S zu entscheiden haben, ob er die beschwerte Erbschaft annimmt oder ob er sie nach § 2306 Abs. 1 BGB ausschlägt, um seinen Pflichtteil zu verlangen, sofern nicht bereits das in § 2318 Abs. 3 BGB vorgesehene Kürzungsrecht zum Erfolg führt. Die betreffenden Überlegungen hängen aber von der Zusammensetzung des Nachlasses ab. Sie erübrigen sich, wenn beide Söhne (insbesondere der Bruder des Sohnes S) auch unter Berücksichtigung des Vermächtnisses mehr als ihren Pflichtteil erhalten.

    Mit anderen Worten: Zunächst muss die Erbfolge feststehen und hieran knüpfen sich dann die weiteren Überlegungen.

    Werden die beiden Söhne hälftige Erben und ist der Enkel Vermächtnisnehmer, so ist letzterer Vorvermächtnisnehmer, während für etwaige weitere künftige Abkömmlinge aus der Ehe des Sohnes S ein Nachvermächtnis angeordnet ist, das dazu führt, das mehrere Abkömmlinge den Vermächtnisgrundbesitz zu gleichen Anteilen erhalten. Zu bedenken ist dabei aber, dass auch der erste nachgeborene Enkel sowohl Nachvermächtnisnehmer als als Vorvermächtnisnehmer ist, weil später noch weitere Abkömmlinge hinzukommen können.

    Schwierigkeiten bei der Abwicklung lassen sich vermeiden, indem sowohl für den Vorvermächtnisnehmer als auch für die unbekannten Nachvermächtnisnehmer Testamentsvollstreckung angeordnet wird (vgl. Palandt/Weidlich § 2191 Rn. 3 m. w. N.).

  • Im Grunde wird man der TO nur raten können , bei der anstehenden Besprechung auf die zunächst erbrechtliche Klärung zu verweisen.
    Alles andere ergibt sich dann .
    Also nichts mit den ( häufig nicht nur von Laien ) gewünschten Schnellschüssen.

  • Wir haben das auch nur diskutiert, weil es ein interesssanter Fall ist (und ich z.B. auch noch einen Anwärter habe, mit dem man das diskutieren konnte). Dass das Nachlassgericht zunächst im Zuge ist die Reaktionen der Erben abzuwarten sind, versteht sich natürlich von selbst.
    Einzigstes Problem, was ich jetzt noch im Falle des Nachvermächtnisses erkenne, ist, dass mir für den Fall einer Vormerkung zugunsten (weiterer) Nachvermächtnisnehmer im Moment unklar ist, wie man diese jemals gelöscht bekommt (Zustimmung zur Löschung), jedenfalls vor Ablaufen der Frist des § 2162 BGB. Selbst bei Anordnung einer dauerhaften Verwaltungs-Testamentsvollstreckung könnte der TV in der Zwischenzeit verstorben sein.

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