BerH und das gerichtliche Verfahren

  • Der AST. beantragt auf der RaSt am 3.12.13 BerH für die Forderungsabwehr aus einem Verkehrsunfall und sucht nach Erteilung des Berechtigungsscheines einen RA auf.

    Die Gegenseite reicht am 3.12.13 Klage gegen den Antragsteller ein, welche dem Beklagten nicht zugestellt wird, weil kein Gerichtskostenvorschuss eingezahlt wird.

    Über die außergerichtliche Vertretung des ASt. erhält der RA Kenntnis von der Klage und schließt mit der Gegenseite einen Vergleich dahingehend, dass die Klage gegen Zahlung der angefallenen Gerichtskosten zurücknimmt um sich über alles andere außergerichtlich zu einigen.

    Ich habe jetzt Schwierigkeiten mit der Abgrenzung, welche Tätigkeiten der RA im Rahmen der BerH bei diesem Sachverhalt entfalten kann. Insbesondere Verhandlungen im Bezug auf die Klagrücknahme dürften daher nicht von der BerH erfasst sein. Auf der anderen Seite bleibt die Frage, ob ich mich objektiv bereits im Klageverfahren befinde, wenn mir die Klage bisher nicht zugestellt wurde.

    Mich würden eure Meinungen dazu interessieren.

    Danke und schönes Wochenende!

  • Klage wird anhängig mit Zustellung. §253 ZPO.
    Ein gerichtliches Verfahren gibt es also nicht.
    Vertretung kann sich auch auf rücknahme der nicht anhängigen Klage beziehen.
    henry

  • Zum Zeitpunkt der Bewilligung der BerH ist der Antragsteller noch nicht im gerichtlichen Verfahren, das ist glasklar. Eine Beratung ist also auf jeden Fall abgegolten.

    Die Klage wird anhängig, aber nicht zugestellt. Auch insoweit befindet sich der BerH-Antragsteller=Beklagter objektiv "nur so halb" im gerichtlichen Verfahren, rein subjektiv befindet er sich jedoch überhaupt nicht im gerichtlichen Verfahren.

    Der Anwalt kann also außergerichtlich tätig werden, um die Forderung abzuwehren.

    Hieran ändert auch nichts, dass der RA Kenntnis von der Klage erhält. Die Klage wurde nicht zugestellt, das Verfahren ist nicht rechtshängig, "nur" anhängig. Fraglich ist es, ob die Partei bereits im gerichtlichen Verfahren hätte tätig werden können, ein PKH-Antrag mithin schon zulässig wäre. Das dürfen die Zivilrechtsprofis prüfen ;)

    Hätte der RA aufgrund der Kenntnis der eingereichten, aber nicht zugestellten Klage bereits im Verfahren tätig werden können, heißt das, dass hier "die PKH beginnen kann". Damit wäre ab diesem Zeitpunkt der Weg zur BerH verschlossen, eine Bewilligung wäre allerhöchstens für die Prüfung der Erfolgsaussichten der Klageerwiderung möglich gewesen (a.A. Chainsaw Pat und b-g-f, die auch das ablehnen).

    Anderes kann auch für die Vertretung der BerH-Partei m.E. nicht gelten, so dass eine Geschäftsgebühr im Rahmen der BerH nicht erstattungsfähig wäre.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Zur Klarstellung: anhängig wird die Klage bereits mit Eingang bei Gericht, rechtshängig erst mit Zustellung. Das Wissen darum nützt nur wenig, denn die Abgrenzung zwischen innerhalb und außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens ist wenig "griffig". An Stelle des -hier- üblichen "innerhalb/außerhalb"-Streites dem Grunde nach, wird man m.E. zumindest die bis zur Kenntnis der Klageerhebung angefallenen RA-BerH-Gebühren nicht in Abrede stellen dürfen. Die Beurteilung nach diesem Zeitpunkt bleibt der Stringenz der Auslegung von "außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens" überlassen.

  • Zur Klarstellung: anhängig wird die Klage bereits mit Eingang bei Gericht, rechtshängig erst mit Zustellung. Das Wissen darum nützt nur wenig, denn die Abgrenzung zwischen innerhalb und außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens ist wenig "griffig". An Stelle des -hier- üblichen "innerhalb/außerhalb"-Streites dem Grunde nach, wird man m.E. zumindest die bis zur Kenntnis der Klageerhebung angefallenen RA-BerH-Gebühren nicht in Abrede stellen dürfen. Die Beurteilung nach diesem Zeitpunkt bleibt der Stringenz der Auslegung von "außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens" überlassen.

    Du hast den Kern meines Problems sehr schön heraus gearbeitet. Genau diesbezüglich wollte ich eure Einschätzung...

    Am Ende geht es um die Einigungsgebühr, die der RA jetzt für den Vergleich im Zusammenhang mit der Klagrücknahme haben möchte.

    Alle weiteren Gebühren und Auslagen würde ich schon als im Rahmen der Beratungshilfe entstanden ansehen und festsetzen.

  • Die EG kann ebenso angefallen sein wie die anderen außergerichtlichen Gebühren. M.E. aber nicht durch den Vergleich wie beschrieben, weil sich über die Hauptforderung überhaupt noch nicht geeinigt wurde. Es wurde lediglich eine Einigung in Aussicht gestellt

  • Hallo,

    sehr interessant sind auch die Ausführungen im - allerdings schon älteren - Aufsatz "Beratungshilfe nur “außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens"" (Reuter NJW 1985, 2011).

    Dort heisst es:

    "Es [das Merkmal 'außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens'] ist nach der zutreffenden und prägnanten Formel des AG Köln so auszulegen, daß Beratungshilfe subsidiär gegenüber der Prozeßkostenhilfe ist, das heißt, daß nicht Prozeßkostenhilfe und zusätzlich Beratungshilfe in ein- und derselben Sache gewährt werden können; oder um es mit den Worten von Herbert Schmidt auszudrücken: Solange die Partei nicht in dem Verfahren durch einen im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt vertreten ist, erfolgt die Beratung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens i. S. des § 1 Absatz I BerHG."

    Das halte ich für überzeugend. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Gesetzgeber an die "Rechtshängigkeit" viele Rechtsfolgen knüpft, an die "Anhängigkeit" aber kaum, würde ich hier auch die Einigungsgebühr erstatten.

    Die Einigung hat i.Ü. zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens geführt, was auch honoriert werden sollte.

    Gruß
    Peter

  • Hinsichtlich der Beratungsgebühr sehe ich keine Problme, bezüglich der Einigungsgebühr ist diese m.E. noch nicht entstanden, da die "Einigung" lediglich hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, hinsichtlich des eigentlichen Streitpunktes ist jedoch noch nicht mehr passiert.

  • Sehr guter Einwand. Die Angelegenheit ist ja insgesamt noch nicht abgeschlossen, die Forderung weiterhin streitig. Damit dürfte auch noch keine Fälligkeit vorliegen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Hallo,

    sehr interessant sind auch die Ausführungen im - allerdings schon älteren - Aufsatz "Beratungshilfe nur “außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens"" (Reuter NJW 1985, 2011).

    Dort heisst es:

    "Es [das Merkmal 'außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens'] ist nach der zutreffenden und prägnanten Formel des AG Köln so auszulegen, daß Beratungshilfe subsidiär gegenüber der Prozeßkostenhilfe ist, das heißt, daß nicht Prozeßkostenhilfe und zusätzlich Beratungshilfe in ein- und derselben Sache gewährt werden können; oder um es mit den Worten von Herbert Schmidt auszudrücken: Solange die Partei nicht in dem Verfahren durch einen im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt vertreten ist, erfolgt die Beratung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens i. S. des § 1 Absatz I BerHG."


    Das Fazit des letzten Satzes halte ich nicht für zwingend.

    Dies würde z. B. bedeuten, dass dem Beklagten die Klage schon zugestellt sein kann, weil er außergerichtlich nichts zur Klärung unternommen hat.

    Und nun geht er zum RA und lässt sich wegen der rechtshängigen Klage beraten? An sich befindet sich der Beklagte bereits im gerichtlichen Verfahren und könnte einen RA ggf. nur über PKH mit der Klageabwehr, Anerkenntnis o. ä. beauftragen.

  • Frog, da bist du bei uns in guter Gesellschaft ;)

    Allerdings ist die Meinung der Literatur da gegen uns, die stellt jeweils darauf ab, ob sich der BerH-Antragsteller auch subjektiv innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens befindet. Solange er sich also nicht zum Verfahren gemeldet hat, ist nach dieser Meinung BerH möglich.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Danke für die Antworten.

    Nach der Zwischenverfügung kam nicht Konstruktives mehr.
    Ich habe daher die Einigungsgebühr, welche aufgrund der Einigung Klagrücknahme gegen Zahlung der Gerichtskosten entstanden sein soll, abgesetzt.

    Sofern ein etwaiges Erinnerungsverfahren zu einer bewusstseinserweiternden Erkenntnis führen sollte, würde ich mich noch einmal melden.

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