Nachträgliche Begründung von Sondereigentum an Balkonen

  • Hallo zusammen,

    ich komme allein nicht weiter und bräuchte Eure Hilfe!

    Ich habe eine Teilungserklärungsänderung zur Prüfung vorliegen, die aus unterschiedlichen "Bausteinen" besteht (Unterteilung, Umwandlung Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum usw.).

    Probleme bereiten mir 2 nachträglich angebrachte Balkone an denen, soweit möglich, Sondereigentum begründet werden soll.

    M.E. nach handelt es sich hierbei um die nachträgliche Begründung von Sondereigentum, so dass neben den Eigentümern auch sämtliche Berechtigte in Abteilung II und III zustimmen müssten, sofern es sich nicht um Globalrechte handelt.

    In Abteilung II habe ich diverse Reallasten zwecks Wärmelieferungsverpflichtung (Teileinheit Technikzentrale).
    Die Zustimmungen zu bekommen ist aus praktischen Gründen wohl ausgeschlossen.

    Möglich wäre wohl der Weg über das Unschädlichkeitszeugnis.

    Der Notar ist der Ansicht, dass bei oben geschildertem Sachverhalt keine rechtliche Beeinträchtigung der Reallastgläubiger (einer nicht "begünstigten" Einheit) möglich ist, die Zustimmungen somit nicht gebraucht werden.

    Was sagt Ihr dazu?
    Im Ergebnis finde ich das Erfodernis der Zustimmungen selbst überspitzt, ich habe aber keine Entscheidung ect. zu der Thematik gefunden, die das stützt.

    Eine Kollegin meinte, Sie würde eher keine Zustimmungen verlangen, da die neuen Balkone wesentliche Bestandteile der dazugehörigen Wohneinheit wären (die im Sondereigentum stehen).
    Diese Aussage kann ich aber nicht einordnen.

    Vielen Dank für Eure Hilfe!!

  • Eine Kollegin meinte, Sie würde eher keine Zustimmungen verlangen, da die neuen Balkone wesentliche Bestandteile der dazugehörigen Wohneinheit wären (die im Sondereigentum stehen.

    MünchKomm/Commichau § 5 WEG Rn 25:
    "Neuerdings wird von der Rechtsprechung [OLG München DNotZ 20012, 364] unter Heranziehung der „natürlichen Anschauung“ die Entstehung von Sondereigentum an nachträglich angebauten Balkonen ohne weitere Ergänzung der Teilungserklärung dann bejaht, wenn die Balkone allein über das betreffendes Sondereigentum zugänglich sind. Diese Rechtsprechung verdient Zustimmung, da auf diese Weise auch die Kostentragungspflicht interessengerecht geregelt wird."

    Ohne das weiter nachgelesen zu haben, wird ein Anbau aber nach § 22 WEG zustimmungsbedürftig sein, soweit die Befugnis nicht bereits in der Teilungserklärung enthalten ist.

    Die Zustimmung der Gläubiger von Verwertungsrechten nach § 877 BGB hängt im Übrigen davon ab, ob die Änderung eine Verwertung des Objekts erschwert bzw. einen geringeren Erlös in der Zwangsversteigerung erwarten läßt (BayObLG Rpfleger 1991, 500). Im Zweifel wird man davon ausgehen müssen.

    3 Mal editiert, zuletzt von 45 (28. Januar 2014 um 12:05)

  • Danke für die bisherigen ANtworten!!

    45:
    zu § 22 WEG:
    der betrifft nur die Eigentümer oder?

    zu § 877 BGB:
    Fraglich ist, ob die Verwertung der Teileinheit "Technikzentrale" erschwert ist, wenn die Wohnungen 2 und 3 jeweils einen zusätzlichen Balkon bekommen?

    Ich neige fast dazu, dass keine Beeinträchtigung vorliegt. Wieso soll die Technikzentrale aufgrund oben geschilderten Sachverhalts weniger wert sein?


  • 45:
    zu § 22 WEG:
    der betrifft nur die Eigentümer oder?

    Das betrifft nur den Fall, wenn man es nach Art des OLG München umgesetzt hätte. Wenn man klassisch den Balkon(raum) ins Sondereigentum überführt, ist Auflassung und grds. die Zustimmung der Gläubiger erforderlich. Ob die Reallastgläubiger davon betroffen sind, hängt, wie schon geschrieben, davon ab, ob eine künftige Verwertung unter dem Anbau leiden könnte.

  • Vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich fürchte allerdings, dass ich evtl. auf dem Schlauch stehe:oops:

    Wenn ich die zitierte RN 25 des Münchner Kommentars richtig verstehe, bedeutet diese, dass nachträglich angebaute Balkone, die nur über eine Sondereigentumseinheit zugänglich sind, automatisch im Sondereigentum dieser Einheit stehen (Ansicht OLG Münschen).

    Das wüde doch bedeuten, dass über § 22 WEG nur die Eigentümer im Boot wären. Oder wie ist das "Umsetzten nach Art des OLG München" gemeint?

  • Doch, doch, so war es gemeint. Aber das OLG München ist nur eine Ansicht. Wie ich das so sehe, hat der Notar mit seiner Vorlage den bisherigen Weg gewählt. Und die Eintragung erfordert dann grds. die Zustimmung auch der Gläubiger.

  • Ach ok, jetzt ist es mir fast gänzlich klar;)

    Nur eins noch:
    Es liegt doch im Ermessen des Grundbuchamts, welcher Ansicht es folgt, nicht im Ermessen des Notars, oder?

    Vielen Dank für die Antworten!!

  • Liebes Forum,

    ich muss dieses Thema nochmals hochholen:
    Mir liegt ein Antrag auf Eintragung der Änderung der TE vor. Einziger Änderungspunkt ist der nachträgliche Anbau eines Balkons. Gehandelt hat nur der Eigentümer der Wohnung der den neuen Balkon bekommt.
    Meine Frage ist nun, brauche ich die Mitwirkung der übrigen Eigentümer??

    Vielen Dank für eure Hilfe,
    melanie

  • Mir liegt ein Antrag auf Eintragung der Änderung der TE vor. Einziger Änderungspunkt ist der nachträgliche Anbau eines Balkons. Gehandelt hat nur der Eigentümer der Wohnung der den neuen Balkon bekommt.
    Meine Frage ist nun, brauche ich die Mitwirkung der übrigen Eigentümer??


    Für die Änderung der TE? Ja sicher! Und wenn der ändernde Eigentümer keine (formwirksame) Vollmacht hatte, dann dürfen alle nochmal zum Notar.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • ..... Einziger Änderungspunkt ist der nachträgliche Anbau eines Balkons. Gehandelt hat nur der Eigentümer der Wohnung der den neuen Balkon bekommt...
    melanie

    Dem Beschluss des OLG München vom 23.09.2011, 34 Wx 247/11, lag zugrunde, dass die Balkone bereits vorhanden, aber nicht ziffernmäßig gekennzeichnet waren. Nach diesem Beschluss soll der (bereits vorhandene) Balkon als Raum der ihm zuordnungsfähigen abgeschlossenen Wohnung und damit der der Alleinnutzung dieses Wohnungseigentümers dienen und damit kraft der gesetzlichen Verbundenheit des § 94 BGB auch zum Sondereigentum der Wohnung gehören. Diese Ansicht ist -wie oben bereits ausgeführt- streitig (s. dazu auch Kral im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg: Hügel, Stand: 01.10.2014, § 5 WEG RN 29 mwN). Das OLG München hält jedoch die Bauteile des Balkons ebenfalls nicht für sondereigentumsfähig („..Hiervon unabhängig geht der Senat aber mit einer im Vordringen begriffenen Meinung davon aus, dass der Balkon (nicht hingegen dessen Bauteile) als Raum zu der ihm zuordnungsfähigen abgeschlossenen….“). Das beruht darauf, dass die konstruktiven Teile eines Balkons wie Brüstung, Geländer, Bodenplatte und Isolierschicht zwingend Gemeinschaftseigentum sind (s. Kral, aaO mwN). Wenn nun ein Balkon erst noch angebaut werden soll, dann kann jedenfalls an seinen konstruktiven Teilen kein Sondereigentum entstehen. Wie hier ausgeführt

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post989372

    führen spätere An- und Ausbauten sowie Aufstockungen zum Entstehen von Gemeinschaftseigentum. Also müssen alle Wohnungseigentümer in der Auflassungsform des § 4 WEG, 925 BGB das Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum umwandeln und die negativ betroffenen dinglich Berechtigten dem zustimmen; s.

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post989520

    Die Nachholung der Auflassung kann nicht im Wege der Zwischenverfügung aufgegeben werden (s. z. B. KG Berlin 1. Zivilsenat, Beschluss vom 26.04.2012, 1 W 96/12,

    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal…true#focuspoint

    der Antrag ist vielmehr (nach Anhörung)

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post987472

    zurückzuweisen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für eure Antworten. Da ich Anfang des Jahres schon einmal eine Änderung eingetragen habe, ist mir bekannt, dass der Balkon erst jetzt (nachträglich) angebaut wurde.

    Ich werde nun der Notarin meine Bedenken mitteilen und die Antragsrücknahme anregen, ansonsten dann zurückweisen.

  • Und was passiert dann mit den konstruktiven Teilen ? Wird dann der WE-Gemeinschaft das zwingende Gemeinschaftseigentum aufgedrängt ?

    Eigentlich habe ich das gestern nur im Hinblick auf die von mir oben schon früher zitierte Kommentarstelle ergänzt. War mir bisher noch gar nicht aufgefallen, dass dort nur auf nachträglich angebaute Balkone abgestellt wird, was sich mit dem Beschluss des OLG scheinbar nicht deckt. Aufdrängen würde man nicht, weil zum Anbau die Zustimmung nach § 22 WEG erforderlich wäre.

  • Die Zustimmung nach § 22 WEG brauchst Du als Grundbuchamt aber nicht zu prüfen (LG Würzburg 3. Zivilkammer, B. v. 12.01.1996, 3 T 2464/95 = MittBayNot 1996, 302; Röll, MittBayNot 1996, 275). Da sie formlos -nunmehr im Beschlussverfahren (LG Hamburg ZWE 2013, 375 und 418)- erteilt werden kann, kannst Du auch nicht wissen, ob sie erteilt wurde oder nicht. Mögliche Unterlassungsansprüche berühren die dingliche Rechtslage nicht (BayObLG, DNotZ 1999, 210). Falls vorliegend eingewandt wird, der Balkon wäre durch eine Stahlkonstruktion geschaffen worden, die keinen dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnenden Unterbau (Estrich oder abgedichtete Bodenplatte) erfordere, wäre dem zu entgegnen, dass die Stützpfeiler auf Gemeinschaftseigentum errichtet werden müssten, so dass in jedem Fall Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Dies im Übrigen auch schon aufgrund der optischen Veränderung, weil auch die Gebäudeteile, durch deren Veränderung, Beseitigung oder Einfügen die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird, immer Gemeinschaftseigentum sind (s. Hügel im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Hrsg: Bamberger/Roth, Stand: 01.11.2014, § 5 WEG RN 12 mwN). In dem Zusammenhang kann vielleicht auch auf die Entscheidung des BVerfG hingewiesen werden (habe ich bislang nicht im Rechtsprechungsteil eingestellt):

    „Die zu späte (hier: nach der mündlichen Verhandlung) Verschaffung der erforderlichen Rechtskenntnisse (hier: über die Zugehörigkeit des Daches von im Sondereigentum stehenden Garagen zum gemeinschaftlichen Eigentum nach § 5 II WEG) berechtigt ein Gericht nicht, sehenden Auges falsche Entscheidungen zu treffen. (Leitsatz der (NJW-) Redaktion)

    BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 28.7.2014 – 1 BvR 1925/13 = NJW 2014, 3147 u.a.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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