Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Ratenzahlungsangebot - § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO?

  • Eine Frage an die Anfechtungsprofis :oops::

    Gerichtskostenrechnung über hohen vierstelligen Betrag wird an die spätere Insolvenzschuldnerin - einen eingetragenen Verein - versandt.
    Zeitnah nach Erhalt der KR bittet der Vorstandsvorsitzende telefonisch und schriftlich um Ratenzahlung in 3 gleichen Beträgen: 1. Rate sofort, 2. und 3. Rate in 3 bzw. 6 Monaten. Der Begriff "Zahlungsunfähigkeit" fällt weder im Telefonat noch im Schriftstück. Ratenzahlung wird bewilligt, 1. Rate gezahlt und 1 Woche später Eigen-Insolvenzantrag gestellt.
    Verfahren ist inzwischen eröffnet, erhaltene Zahlung wird jetzt vom IV nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO angefochten. Begründung: Bereits das Verlangen nach einer Ratenzahlungsvereinbarung stellt ein starkes Indiz für das Vorliegen der Zahlugsunfähigkeit des Schuldners dar (BGH, Urteil vom 06.12.2012, IX ZR 3/12).
    Aber das vorgenannte Urteil bezieht sich auf einen Fall, in dem zwischen (Insolvenz)Schuldner und Gläubiger a) eine laufende Geschäftsverbindung bestand und b) es sich um einen gewerblich tätigen Schuldner handelt. Beide liegt hier nicht vor.

    Muss ich dennoch alleine aus der Tatsache, dass die Kosten- und spätere Insolvenzschuldnerin nach Erhalt der Rechnung um eine Ratenzahlung bittet, zwingend auf deren Zahlungsunfähigkeit schließen?

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Wie LFdC: eine differenzierte Betrachtung ist vonnöten. Die Anfechtung nach § 130 InsO allein auf eine Ratenzahlungsanfrage zu stützen halte ich für wenig erfolgversprechend. Eine solche Anfrage stellt zwar ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit dar, aber allein daraus muss noch nicht zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden. Ohne weitere Anhaltspunkte für eine Kenntnis (Kann man vielleicht aus dem Verwaltungsgerichtsverfahren etwas Honig saugen?) würde ich die Sache eher nicht anfassen. Zumindest würde ich dafür kein Geld für eine Klage investieren, sondern es außergerichtlich bewenden lassen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Guten morgen,

    halte ich für nicht erfolgversprechend. Eine Ratenvereinbarung kann ja auch dazu dienen um eine erkanntermaßen drohende Zahlungsunfähigkeit wieder zu beseitigen. Hier gab es eine Rate und danach den Insolvenzantrag. Erst wenn die erste Rate wesentlich verspätet in Verbindung mit Druck (Androhung das der gesamte Betrag wieder fällig sei) gezahlt wurde.....dann würde ich mal ein Anschreiben riskieren, sonst nicht....

  • Guten morgen,

    halte ich für nicht erfolgversprechend. Eine Ratenvereinbarung kann ja auch dazu dienen um eine erkanntermaßen drohende Zahlungsunfähigkeit wieder zu beseitigen. Hier gab es eine Rate und danach den Insolvenzantrag. Erst wenn die erste Rate wesentlich verspätet in Verbindung mit Druck (Androhung das der gesamte Betrag wieder fällig sei) gezahlt wurde.....dann würde ich mal ein Anschreiben riskieren, sonst nicht....

    was zwar gegen § 130 InsO sprechen würde, jedoch Gedanken zu § 133 InsO provoziert...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Eine Ratenvereinbarung kann ja auch dazu dienen um eine erkanntermaßen drohende Zahlungsunfähigkeit wieder zu beseitigen.

    Wenn aber der Gläubiger einmal die Zahlungsunfähigkeit "erkannt" hat, kommt er davon schwerlich wieder los. Denn ab diesem Zeitpunkt trägt er die Beweislast dafür, dass der Schuldner wieder zahlungsfähig geworden ist, d.h. seine Zahlungen im Allgemeinen (an alle Gläubiger) wieder aufgenommen hat. Diesen Beweis konnte zumindest in meiner bisherigen Praxis als "Anfechtungs-Hansl" noch kein Anfechtungsgegner führen...

    Erst wenn die erste Rate wesentlich verspätet in Verbindung mit Druck (Androhung das der gesamte Betrag wieder fällig sei) gezahlt wurde.....dann würde ich mal ein Anschreiben riskieren, sonst nicht....

    Aber es ist doch Ratenzahlungsvereinbarungen immanent, dass bei Rückstand mit einer Rate über einen gewissen Zeitraum (2 Wo) wieder die Gesamtfälligkeit eintritt. Das muss man doch nicht nochmal androhen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Aber es ist doch Ratenzahlungsvereinbarungen immanent, dass bei Rückstand mit einer Rate über einen gewissen Zeitraum (2 Wo) wieder die Gesamtfälligkeit eintritt.

    Das kommt auf die tatsächliche Ausgestaltung der Ratenzahlungsvereinbarung an. Die Parteien können da regeln, was immer sie lustig sind.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Erstmal vielen Dank für die Antworten :)! Ich habe dem IV jetzt erstmal mitgeteilt, dass ich prüfe und mir vom Gericht das Gutachten angefordert. Vielleicht ergibt sich hieraus etwas Erhellendes.
    Das Argument, dass eine (auf Initiative des Schuldners getroffene) Ratenzahlungsvereinbarung eine nur drohende Zahlungsunfähigkeit beseitigen soll, finde ich sehr charmant - darauf werde ich mich wohl zurückziehen.
    Wenn gewünscht, werde ich zu gegebener Zeit weiter berichten.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Eine Ratenvereinbarung kann ja auch dazu dienen um eine erkanntermaßen drohende Zahlungsunfähigkeit wieder zu beseitigen.

    Wenn aber der Gläubiger einmal die Zahlungsunfähigkeit "erkannt" hat, kommt er davon schwerlich wieder los. Denn ab diesem Zeitpunkt trägt er die Beweislast dafür, dass der Schuldner wieder zahlungsfähig geworden ist, d.h. seine Zahlungen im Allgemeinen (an alle Gläubiger) wieder aufgenommen hat. Diesen Beweis konnte zumindest in meiner bisherigen Praxis als "Anfechtungs-Hansl" noch kein Anfechtungsgegner führen...

    Erst wenn die erste Rate wesentlich verspätet in Verbindung mit Druck (Androhung das der gesamte Betrag wieder fällig sei) gezahlt wurde.....dann würde ich mal ein Anschreiben riskieren, sonst nicht....

    Aber es ist doch Ratenzahlungsvereinbarungen immanent, dass bei Rückstand mit einer Rate über einen gewissen Zeitraum (2 Wo) wieder die Gesamtfälligkeit eintritt. Das muss man doch nicht nochmal androhen.

    Da gibt es was Neues....ich suchs nächste Woche raus....

  • Eine Ratenvereinbarung kann ja auch dazu dienen um eine erkanntermaßen drohende Zahlungsunfähigkeit wieder zu beseitigen.

    Wenn aber der Gläubiger einmal die Zahlungsunfähigkeit "erkannt" hat, kommt er davon schwerlich wieder los. Denn ab diesem Zeitpunkt trägt er die Beweislast dafür, dass der Schuldner wieder zahlungsfähig geworden ist, d.h. seine Zahlungen im Allgemeinen (an alle Gläubiger) wieder aufgenommen hat. Diesen Beweis konnte zumindest in meiner bisherigen Praxis als "Anfechtungs-Hansl" noch kein Anfechtungsgegner führen...

    Nachdem der eher schmerzlichen Erfahrung, dass auch 99,7% vor Gericht nicht als "alle" gesehen werden, hat mein Telefon seither selektive Aussetzer, wenn schleppend zahlende Kunden versuchen Ratenzahlungsvereinbarungen anzubieten :cool:

    Schön fände ich die Vorstellung, wenn man den Politikern, die diese Regelungen zu verantworten haben, die praktische Umsetzung des §133 InsO am Beispiel "Griechenland" erläutern würde.:wechlach:

  • ...na so darf man das jetzt auch wieder nicht sehen. Es geht ja primär um die Gläubigergleichbehandlung. Tatsächlich ist es doch so, dass nur stark "drückende" Gläubiger Geld erhalten und der Rest bleibt auf seinen Forderungen sitzen....

  • Hallo zusammen,


    es gibt viele Insolvenzverwalter - und seit IX ZR 3/12 noch mehr als vorher - die setzen eine Ratenzahlungsvereinbarung mit Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit gleich. Zumindest bei den Fällen, die ich dazu kenne, reicht dies aber im Regelfall nicht, jedenfalls nicht alleine, aus. Für Ratenzahlungen mag es verschiedene Gründe geben, teils handelt es sich um branchenübliche Finanzierungsvereinbarungen, teils gewähren bestimmte Gläubiger ihren Schuldnern aus sozialer Verantwortung regelmäßig Ratenzahlungen ... Wenn eine vernünftig begründete Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wurde und diese zumindest weitgehend eingehalten wird, kann die vom Gericht geschuldete Gesamtabwägung ohne weiteres zum Ergebnis kommen, dass eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht vorliegt. Und wenn keine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit vorliegt, dann kommt es auch nicht zur Wiederaufnahme von Zahlungen samt der damit beim Gläubiger liegenden Vortrags- und Beweislast.

    Mit freundlichen Grüßen

    AndreasH

  • Hallo zusammen,


    es gibt viele Insolvenzverwalter - und seit IX ZR 3/12 noch mehr als vorher - die setzen eine Ratenzahlungsvereinbarung mit Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit gleich. Zumindest bei den Fällen, die ich dazu kenne, reicht dies aber im Regelfall nicht, jedenfalls nicht alleine, aus. Für Ratenzahlungen mag es verschiedene Gründe geben, teils handelt es sich um branchenübliche Finanzierungsvereinbarungen, teils gewähren bestimmte Gläubiger ihren Schuldnern aus sozialer Verantwortung regelmäßig Ratenzahlungen ... Wenn eine vernünftig begründete Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wurde und diese zumindest weitgehend eingehalten wird, kann die vom Gericht geschuldete Gesamtabwägung ohne weiteres zum Ergebnis kommen, dass eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht vorliegt. Und wenn keine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit vorliegt, dann kommt es auch nicht zur Wiederaufnahme von Zahlungen samt der damit beim Gläubiger liegenden Vortrags- und Beweislast.

    Mit freundlichen Grüßen

    AndreasH


    Fast immer werden Ratenzahlungen weit nach Fälligkeit oder unter dem Eindruck von bevorstehenden Vollstreckungsmaßnahmen geschlossen. Der Fall, dass es sich um eine eher kurzfristige "Finanzierung" handelt treffe ich eher selten an. Man muss sicherlich klar unterscheiden welche Art von Schuldner das Ratenbegehren ausgesprochen hat. Bei gewerblich tätigen Schuldnern muss der Gläubiger ja immer mit weiteren Schuldnern rechnen, die nicht mehr bedient werden. M.E. kommt es auch auf den Zuschnitt des Gläubigers an. Sind das Krankenkassen oder Finanzämter ist m.E. die Kenntnis vorauszusetzen. Mittlerweile ist es ja so, dass der Druckaufbau bei diesen Gläubigern nicht so sehr im Schriftverkehr, sondern eher bei der telefonischen Abstimmung von Zahlungen stattfinden. Man hat sich eben auf die Rechtsprechung des BGH "eingeschossen".

    Handelt es sich um einen "normalen" Gläubiger sehe auch ich die Messlatte etwas höher hängen. Hier kommt es auf die Begleitumstände sicherlich an. Wenn vorher schon ein erhebliches Druckszenario aufgebaut wurde, die Schulden sehr alt sind, oder bereits Lastschriften zurückgebucht und Schecks geplatzt sind, kann eine Ratenvereinbarung sicherlich nicht dazu beitragen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wieder zu beseitigen. Waren jedoch vorher keine Hinweise vorhanden und der Schuldner bittet um Ratenzahlung innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes und es kommt nicht in diesem Zeitraum zu Leistungsstörungen, dann hat sicherlich die Ratenzahlung dazu beigetragen den kurzfristigen Liquiditätsengpass (aus Sicht des Gläubigers) wieder zu beseitigen.

  • @ james:

    Man muss die objektive Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Kenntnis des Gläubigers strickt trennen. Beides wird in vielen Fällen nicht konform laufen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • @ james:

    Man muss die objektive Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Kenntnis des Gläubigers strickt trennen. Beides wird in vielen Fällen nicht konform laufen.

    Ja klar, meistens geht es ja nur über Indizien. Es gibt zwar auch die Fälle in denen mal das Wort "Insolvenz" bei nicht gestatten einer Ratenzahlung fällt. Ist aber nach meiner Erfahrung eher selten.

  • Mir ist es schon passiert, dass ich dem Gläubiger anhand von Indizien die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit hätte nachweisen können. Nur bei der Darlegung der obj. Zahlungsunfähigkeit bin ich dann ins Straucheln geraten. Die umgedrehte Variante kommt dagegen wohl häufiger vor.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Mir ist es schon passiert, dass ich dem Gläubiger anhand von Indizien die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit hätte nachweisen können. Nur bei der Darlegung der obj. Zahlungsunfähigkeit bin ich dann ins Straucheln geraten. Die umgedrehte Variante kommt dagegen wohl häufiger vor.


    Hmmm....das Problem hatte ich bis jetzt eigentlich noch nie. Einmal nutze ich die retrograde Betrachtungsweise und wenn es anders gar nicht geht einen Liquiditätsstatus, der eigentlich immer vorher ansetzt.

    Zudem kommt noch hinzu, dass man dem Schuldner anhand der Indizien auch den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nachweisen kann und diese Indizien gelten vice versa auch für die Feststellung einer Zahlungsunfähigkeit.

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