Haftung Insolvenzverwalter wg. riskanter Geldanlage

  • OK, Festgeld ist langweilig. Aber wenn der IV Massegelder in teils riskante Wertpapiere steckt und dann unglücklicherweise noch Verluste erwirtschaftet, wird's heikel. Es stellt sich nämlich die Frage, ob er seine insolvenzspezifischen Pflichten verletzt hat und Schadenersatz leisten muss (OLG Hamm, 4 Sa 1116/03 vom 04.12.2003).

    Die Verwendung von Massevermögen für Wertpapiergeschäfte gleich welcher Art ist als insolvenzzweckwidrig anzusehen und führt zur Unwirksamkeit des Verhaltens des Gesamtvollstreckungsverwalters/Insolvenzverwalters, wenn sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten.
    Die objektive Evidenz des Missbrauchs liege vor, weil die Verpfändung des Festgeldguthabens zum Zwecke der Besicherung eines zum Zwecke der Aktienspekulation aufgenommenen Kredites offenbar insolvenzzweckwidrig sei. Denn der Gesamtvollstreckungsverwalter habe sein Handeln am Insolvenzzweck und den Interessen der Gläubiger zu orientieren. Seine Aufgabe sei in jedem Fall die Sicherung und Erhaltung des vorhandenen Vermögens. Die von ihm gewählte Anlageform müsse in jedem Fall sicherstellen, dass das Massevermögen jedenfalls nicht verringert werde. Dies sei bei der Verpfändung des Festgeldes ersichtlich nicht der Fall gewesen, weil das Massevermögen hierdurch für Spekulationszwecke verwendet worden sei, die immer das Risiko eines erheblichen Wertverlustes oder gar Totalverlustes in sich bergen. (OLG Celle, 3 U 20/06 vom 14.06.2006).

    Im vorliegenden Fall waren bei einigen Wertpapieren deutliche Verluste realisiert worden. M.E. spielt es keine Rolle, ob das Gesamtergebnis am Ende in etwa der Festgeldanlage entspricht. Zocken sollte man mit eigenem Geld.

    Bei der Recherche bin ich auch auf ein Urteil des LG Schwerin gestoßen (S T 31/06 vom 09.07.2008). Dort wurde der IV empfindlich bestraft, da das ausgereichte Darlehen als grober Pflichtverstoß angesehen wurde. Der Schaden belief sich dabei 'nur' auf 60 k€. Ein Jahr Freiheitsstrafe, die Vergütung wurde auf 0,- festgesetzt, Rückzahlung der erhaltenen Vorschüsse von rd. 80 k€, 2 Jahre IV-Verbot.

    Bislang hatte ich nur mündelsichere Geldanlagen in der Prüfung. Das scheint also eine echte Ausnahme zu sein oder wie sind Eure Erfahrungen dazu?

  • Der IV hat die/Teile der Masse in Wertpapieren angelegt? Holla die Waldfee - das habe ich noch nicht gesehen und ich glaube, das möchte ich auch nicht sehen :eek:.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Autschn. Da geht ja auch eniges den Bach runter...

    Für mich unverständlich, wie man sowas machen kann; was hat er sich denn davon versprochen??

  • Sicherheit vor Ertrag, keine Spekulation ohne Zustimmung der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses sagt Uhlenbruck.

    Ich würde sogar sagen, dass ich mich auf eine Zustimmung des Gläubigerausschusses allein nicht berufen würde. Der sitzt dann höchstens als Mithafter mit im Boot.

    Aber das Berichtswesen hätte ich auch gerne einmal gesehen....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Es gibt offenbar nichts, was es nicht gibt!
    Die SuSaLi würde mich auch mal interessieren. Steht dann unter Geldkonten: Aktiendepot XY?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Nochmal alles durchforstet. Einen Beschluss der GlV gibt es nicht, das Gericht wurde erst nach Kauf der ersten Tranche informiert. Allerdings hieß es dabei, es seien mündelsichere WePa. Das stimmt definitiv nicht.

    Das Erschreckende daran ist, dass in der Anlage des Zwischenberichts auch Depotauszüge beigefügt waren, aus denen die Papiere zu entnehmen waren. Im schlimmsten Fall droht dem Rechtspfleger noch Ungemach?

    Die Buha ist als vorbildlich zu bezeichnen, kleine Fehlerchen gibt's eigentlich immer. Aber hinsichtlich Transparenz und Dokumentation sehr gut. Das Wertpapierdepot ist als separates Konto in der Buha angelegt, auch die WKN ist in der SuSaLi aufgeführt.

    Wenn es irgendwie geht, würde ich die Sache - zumindest vorschlagsweise - gerne retten, habe da auch schon eine Idee Richtung Bankenhaftung. Die Alternative lautet: Öffnen der Privatschatulle des IV evtl. seiner Versicherung. Angesichts der zu erwartenden Büchse der Pandora sollte das immer noch akzeptabel sein. Andere Vorschläge sind wärmstens willkommen.

  • Naja, es ist, jedenfalls nach der Literatur, nicht offensichtlich insolvenzzweckwidrig.

    Stellt sich die Frage, wie weit man als Bank nachforschen muss, ob eine Genehmigung vorliegt und wenn ja, wer genehmigt denn hier, Gläubigerversammlung und/oder Gläubigerausschuss ?

    Gut könnte ich mir vorstellen, dass in einem Insolvenzverfahren, wo jeder der Gläubiger nach neun Jahren 3,50 EUR bekommen könnte, die Gläubigerversammlung auf die Buchungskosten bzw. den Aufwand, den Anspruch dann wieder zu identifizieren sehen und sagen, ok, Lotterie, nimm die Masse (einschließlich der für Deine Vergütung :teufel:) und kaufe griechische Staatsanleihen zum Ramschpreis und dann mal sehen....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • äh, welchen "Raum" hat denn da das Gericht dem Verwalter gelassen (wir verzichten auf Berichte, mach was du willst...) oki, rein rechtlich: wenn die GLV im Termin keine vom Gesetz abweichende Bereichtspflicht beschlossen hat, ist das Gericht raus aus der Sache....
    (je nach pebbsy-Ergebnis werd ich meine Verfahren wohl dann auch erheblich straffen :D )

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • äh, welchen "Raum" hat denn da das Gericht dem Verwalter gelassen (wir verzichten auf Berichte, mach was du willst...) oki, rein rechtlich: wenn die GLV im Termin keine vom Gesetz abweichende Bereichtspflicht beschlossen hat, ist das Gericht raus aus der Sache....
    (je nach pebbsy-Ergebnis werd ich meine Verfahren wohl dann auch erheblich straffen :D )

    Es gab keine Erlaubnis für alternative Geldanlagen. Die Berichte des IV sind sehr ausführlich, jedoch wird von "mündelsicheren Anlagen" gesprochen. Allerdings in den Anlagen zum Bericht finden sich die Transaktionsbelege für spekulative Anlagen. Das Gericht konnte - musste evtl. sogar - Kenntnis davon haben.

  • [/QUOTE] Es gab keine Erlaubnis für alternative Geldanlagen. Die Berichte des IV sind sehr ausführlich, jedoch wird von "mündelsicheren Anlagen" gesprochen. Allerdings in den Anlagen zum Bericht finden sich die Transaktionsbelege für spekulative Anlagen. Das Gericht konnte - musste evtl. sogar - Kenntnis davon haben.[/QUOTE]

    hört sich alles nach n'er Sch-nummer an Oki, Beschlüsse zu "alternativen Geldanlagen", hm damit hab ich mich noch nie beschäftigt, hätte da aber so instinktiv schon Bauchweh (um es mal zu übertreiben: die GLV beschließt, der Verwalter solle eine Summe x investieren und auf einen steigenden Preis von Weizen zum Basispreis xyz setzen.... - ob jeder abstimmende Gläubiger Börsengtermingeschäftsfähig ist und ob spekulative Investments überhaupt von der GLV beschlossen werden dürften.... ich glaub ich lass das lieber :D).
    Oki, mündelsichere Anlagen sind für mich nur die strikt im Katalog des § 1807 BGB und den ergänzenden Landesverordnungen als solche vorgesehenen Anlagen (und auch hier stellt sich die Frage, ob eine Anlage jenseits der in offener Treuhand geführten Bankkonten erfolgen darf). Aber mit der "Mündelsicherheit" muss auch vorsichtig umgegangen werden. Zuweilen reicht auch ein einzelner Beschluss eines Vormundschaftsgerichts, einem Vormund oder Betreuer die Geldanlage in einem bestimmten Produkt zu gestatten dazu, dass die Emittentin mit einer "MÜndelsicherheit" wirbt (vgl. die WGF-AG in Bezug auf deren Anleihen).

    Vorliegend dürfte über einen Haftungsfall nachzudenken sein (ergo: Sonderverwalter bestellen, wenn denn ein Quotenschaden im Raum steht; sch* ich schreib sowas bestimmt nicht gern !)

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Das Fass mit dem SIV möchte ich nicht geöffnet sehen. Das kann zur existenzbedrohenden Keule für den IV werden, wenn man sich die genannten Urteile durchliest. Das hat er angesichts der darüber hinaus abgelieferten guten Arbeit m.E. wirklich nicht verdient. Andere Verfahren von ihm kenne ich nicht. Die übermotivierte Geldanlage ohne explizite Ermächtigung scheint aber kein Einzelfall zu sein.

  • Was mir noch etwas unklar ist: Ist denn überhaupt ein Schaden absehbar?


    Das frage ich mich auch schon die ganze Zeit. Im Ausgangspost wird geschrieben, dass es wahrscheinlich null auf null mit einer herkömmlichen Festgeldanlage aufgeht. Dann sehe ich keine Haftung mangels entstandenem Schaden.
    Natürlich wäre dem IV m.E. auf die Finger zu klopfen und darauf hinzuwirken, dass dieses Tun in anderen Verfahren abgestellt wird (ich frage mich nach wie vor wie man überhaupt auf die Idee kommt fremdes Geld in Aktien zu stecken).
    Aber wo kein Schaden, da kein Haftungsfall.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Wenn saldiert kein Schaden enstanden ist, dann ist hier Ende. Man kann keine Aufsplittung vornehmen und sagen, dass aufgrund einer insolvenzweckwidrigen Handlung bei Wertpapier A ein Schaden entstanden ist, den Gewinn bei Wertpapier B kaltlächelnd einstreichen, II ZR 90/11.

    Sorry, den kleinen Halbsatz bei dem Ausgangsfred habe ich nicht von Anfang an erfasst.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Der Schaden bewegt sich um die 50 k€, je nach Vergleichsrechnung. Es gab ja Papiere, die wenigsten etwas Gewinn gebracht haben, ungeachtet vom Risiko. Darüber hinaus haben auch die im Sachstandsbericht angekündigten mündelsicheren Papiere was gebracht. Aber gerade die nicht genehmigten Risikopapiere sind das Problem.

    Mit Erlaubnis des Gerichts werde ich mit dem IV Kontakt aufnehmen, um eben diesen Schaden zu eliminieren. Nochmal: In der Gesamtbetrachtung des Verfahrens hat er nach meiner Ansicht sehr gute Arbeit gemacht und im Interesse der Massemehrung gehandelt. Auch bei den WePa dürfte das angepeilte Ziel klar sein. Dass es in die Hose ging ist eins, dass es nicht zulässig war, das andere. In Zukunft wird der IV wahrscheinlich freiwillig die Finger von WePa für die Masse lassen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!