Kostenfestsetzung VKH 104 ZPO 126 ZPO

  • Habe vertretungsweise Kosten in Zivilsachen übernommen und bin bei einem Fall verwirrt, weil solche Fälle bei mir im Familiengericht selten, nein eigentlich nie vorkommen. Bitte also um Hilfe:

    Antragsteller hat PKH mit Raten, Antragsgegner ohne Raten. Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Antragstelleranwalt hat bereits PKH Gebühren erhalten. Antragstelleranwalt hat weiterhin Festsetzung der Verfahrenskosten nach 104 beantragt, KFB nach 104 ging raus über die Regelbebühren abzüglich der ausgezahlten PKH-Vergütung. Insoweit Übergang auf die Staatskasse. Nun beantragt der Antragstelleranwalt eine Kostenfestsetzung, obwohl dem Antrag nach 104 bereits entsprochen wurde, noch die Festsetzung der Wahlanwaltsvergütung nach 126 ZPO. Ist das noch möglich?

    Zweite Frage: die Antragstellerpartei hatte ja PKH mit Raten und hat auch schon fleissig gezahlt. Nun hat sie ja keine Kosten zu tragen. Ich hab jetzt die Ratenzahlungsverpflichtung erstmal eingestellt. Ich gehe mal davon aus, dass die Staatskasse die gezahlten PKH-Raten nicht zurückzahlt, sondern auf Gerichtskosten und den Übergang verrechnet oder? Wie kommt die ANtragstellerin nun an Geld?

    (Oh, ich seh grad, hab überall Antragsteller/Antragsgegner geschrieben, Gewohnheit aus Familiensachen. Da hab ich mir nun soviel Mühe mit PKH statt VKH gegeben und nun das:oops:....)

  • Ich gehe in solchen Fällen wie folgt vor:

    Zunächst wird die PKH-Vergütung aus der Staatskasse bezahlt. Die Differenzvergütung kann sich der Anwalt des Klägers gegen den Beklagten nach § 126 ZPO festsetzen lassen. Stellt er einen Antrag nach § 104 ZPO, weise ich darauf hin, dass aus meiner Ansicht nur der Anwalt einen Anspruch haben kann (obwohl der BGH auch Entscheidungen nach § 104 ZPO zulässt, was aber meinem Verständnis widerspricht, da der Partei, der PKH bewilligt wurde, gar keine Kosten entstehen können, siehe § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Nichts desto trotz kann natürlich hinsichtlich der Differenzkosten nur ein Beschluss ergehen (104/126) ergehen. Der Anwalt kann natürlich auch die vollstreckbare Ausfertigung nach " 104 zurückgeben und stattdessen einen KFB nach § 126 ZPO verlangen, der dann nach rechtlichem Gehör auch ergehen könnte.

    Hier kommt als zusätzliche Schwierigkeit dazu, dass der Kläger bzw. die obsiegende Partei Raten zu zahlen hat. Im Falle der Kostenentscheidung zu seinen Gunsten soll das Gericht gemäß § 120 Abs. 3 Nr. 2 ZPO die Einstellung der Ratenzahlungen einstellen. Davon kann ggf. abgesehen werden, wenn der Rechtspfleger feststellt, dass feststeht, dass die Kosten beim Gegner nicht beigetrieben werden können, Zöller, ZPO, 30. Aufl., Rn 18 zu § 120.
    Wie der Fall nun hier insoweit liegt, musst du selbst feststellen.
    Vorläufig einstellen bedeutet natürlich nicht, dass bereits gezahlte Raten zurückgezahlt werden. Von den gezahlten Beträgen kann z.B. die Differenzvergütung des Rechtsanwaltes gezahlt werden, der dann selbst insoweit keinen KFB nach § 126 ZPO mehr bekommen kann, stattdessen kann aber der Kläger diesen Betrag nach § 104 ZPO vom Beklagten erstattet verlangen. Also: Nichts zurückzahlen - schauen, auf was die Zahlungen des Klägers verrechnet werden können - insoweit reduzieren sich dann ggf. Forderungen der Staatskasse bzw. des Anwalts nach § 126 ZPO - und letztlich kann der Kläger sich gezahlte und auf Forderungen verrechnete Beträge selbst festsetzen lassen.

    Beispiel:
    Gerichtskosten außer Betracht, niemand hat Kostenvorschuss gezahlt (wegen PKH anzunehmen), sind dann nur dem Beklagten zu Soll zu stellen ungeachtet einer möglichen späteren Zweitschuldnerhaftung
    PKH-Vergütung 800 €
    Differenzvergütung 400 €
    Kläger hat bislang gezahlt:

    a) 600 € --> aa) verringert Forderung der SK gegen den Bekl auf 200 €, Kl-PV kann sich 400 € nach § 126 festsetzen
    lassen, der Kl selbst 600 € nach § 104 ZPO
    --> bb) Man zahlt die 400 € an den Kl-PV aus, der dann keinen Anspruch mehr hat, und die Forderung der
    SK reduziert sich auf 600 €; nur der Kl selbst kann sich dann 600 € nach § 104 ZPO festsetzen
    lassen

    b) 1000 € --> aa) Verrechnung auf Forderung der SK (800 €) und auf weitere Vergütung des Kl-PV (200 €); Kl-PV
    kann sich dann noch 200 € nach § 126 ZPO festsetzen lassen, der Kl selbst natürlich 1000 € (104)
    --> bb) Verrechnung auf die weitere Vergütung (400 €), Anwalt hat dann keinen Anspruch mehr, und auf
    die Forderung der SK (600 €), sodass diese nur noch 200 € gegen Bekl geltend machen kann,
    der Kläger kann dann wieder die 1000 € nach § 104 ZPO festsetzen lassen.

  • Noch mal zum Verständnis:
    Kläger hat PKH mit Raten und zahlt fleißig.
    Kläger-Vertreter hat PKH-Vergütung aus der Staatskasse erhalten.
    Kläger-Vertreter hat KfB nach § 104 ZPO zugunsten des Klägers nur hinsichtlich der weiteren Vergütung (Diff.-Wahlanwaltsvergütung) erwirkt?
    Jetzt stellt er hinsichtlich der gleichen (schon nach § 104 ZPO festgesetzten) Kosten noch mal eine Antrag nach § 126 ZPO? => So geht das natürlich nicht, weil eine doppelte Festsetzung nicht möglich ist.
    Hier gibt es aber einige Threads, die sich damit beschäftigen, was man machen kann, wenn auf den KfB nicht gezahlt wird und der RA nun trotzdem noch an sein Geld will. Musst du mal suchen.

    Zu deiner zweiten Frage: Du hast jetzt die Raten eingestellt. Damit gibst du der Staatskasse aber gleichzeitig vor, ob sie die bereits eingezahlten Raten zurück erstatten soll oder nicht. Die Entscheidung liegt bei dir.
    Den Übergang hast du in Höhe der vollen PKH-Vergütung festgestellt, nehme ich mal an. Jetzt musst du warten, ob vom Beklagten Geld kommt. (Sollstellung hast du sicher gemacht, sonst hätte die Einstellung der Ratenzahlung keinen Sinn gemacht.) Wenn er gezahlt hat und die Staatskasse von der Seite ihr Geld wieder rein hat, kannst du an den Kläger zurück zahlen. Wenn beim Beklagten auf Dauer nichts zu holen ist, musst du die Ratenzahlung beim Kläger wieder aufnehmen und er kann sich dann eben einen KfB über den Betrag besorgen.

  • Ich möchte mich mal mit einem ähnlichen Problem anschließen:

    Kläger hat PKH mit Raten (und Beiordnung RA); Kläger zahlt während des Prozesses fleißig,

    Beklagte hat keine PKH und auch keinen RA

    im Urteil Kostenentscheidung: Beklagter trägt die Kosten und außergerichtlichen Auslagen des Klägers

    daraufhin (vorläufige) Einstellung der Ratenzahlung; geleistet wurde ein Betrag, der die PKH-Vergütung nicht vollständig abdeckt, aber größer als die weitere Vergütung (§ 50 RVG) ist

    (für Gerichtskosten keine Vorschüsse geleistet)

    beigeordneter RA des Klägers stellt zunächst Antrag nach § 104 ZPO, auf Nachfrage ob Beantragung nach § 126 ZPO erfolgen soll, erklärt er Rücknahme und beantragt nunmehr PKH-Vergütung (sowie auch die weitere Vergütung)

    Nach Festsetzung erfolgt ja der Übergang auf die Staatskasse und die Sollstellung der PKH-Vergütung gegen den Beklagten würde erfolgen.

    Was mache ich dann mit dem vom Kläger eingezogenen Betrag? Aus diesem die weitere Vergütung auszahlen und den Rest zurückzahlen, sofern der Beklagte die PKH-Vergütung vollständig beglichen hat?

    Oder muss ich ganz anders rechnen? :gruebel: Ist vielleicht eine einfache Frage, bin aber nur in der Vertretung tätig.

    Vielleicht ist es mit (gerundeten) Zahlen besser verständlich: Zahlung Kl. 300,- €, PKH-Vergütung 600,- €, weitere Vergütung 200,- €

  • Bzgl. der Differenz der ausgezahlten PKH-Vergütung plus Gerichtskosten und den gezahlten Raten erfolgt Übergang auf die Staatskasse( hier 600€ + GK - 300€). Dieser Betrag wird gegen den Beklagten zum Soll gestellt.
    Bzgl. der weiteren Vergütung könnte der Anwalt die Festsetzung nach §126 ZPO beantragen. Es kann aber auch eine Festsetzung der übrigen (nicht auf die Staatskasse übergegangenen) Kosten zugunsten des Klägers erfolgen. Kommt halt darauf an was beantragt wurde.

    Soweit der Kläger seine Raten gezahlt hat kommt eine Rückzahlung nicht infrage. Er muss sich diese Kosten über die Kostenfestsetzung selber von der Gegenseite zurückholen.

  • Bzgl. der Differenz der ausgezahlten PKH-Vergütung plus Gerichtskosten und den gezahlten Raten erfolgt Übergang auf die Staatskasse( hier 600€ + GK - 300€). Dieser Betrag wird gegen den Beklagten zum Soll gestellt. Bzgl. der weiteren Vergütung könnte der Anwalt die Festsetzung nach §126 ZPO beantragen. Es kann aber auch eine Festsetzung der übrigen (nicht auf die Staatskasse übergegangenen) Kosten zugunsten des Klägers erfolgen. Kommt halt darauf an was beantragt wurde.

    Wie schon geschrieben, wurde der Antrag nach § 104 ZPO zurückgenommen als ich fragte, ob nicht Festsetzung nach § 126 ZPO erfolgen soll. Stattdessen kam dann der Antrag auf PKH-Vergütung.

    Soweit der Kläger seine Raten gezahlt hat kommt eine Rückzahlung nicht infrage. Er muss sich diese Kosten über die Kostenfestsetzung selber von der Gegenseite zurückholen.

    Und weshalb kann ich aus den vom Kläger eingezahlten Raten (300,- €) nicht die weitere Vergütung auszahlen und den Rest erstatten? :gruebel: Wenn der Gegner die vollständige PKH-Vergütung + Gerichtskosten nach Sollstellung beglichen hat, steht aus meiner Sicht nichts entgegen?

    Ansonsten dürfte doch eine Benachteiligung des beigeordneten RA nach § 59 Abs. 1 S. 2 RVG vorliegen, oder? Schließlich würde ich diesen dann mittelbar dazu zwingen, die ggf. nicht erfolgversprechende Festsetzung nach § 126 ZPO zu beantragen (statt die weitere Vergütung von der Staatskasse zu erhalten).

  • Und weshalb kann ich aus den vom Kläger eingezahlten Raten (300,- €) nicht die weitere Vergütung auszahlen und den Rest erstatten? :gruebel: Wenn der Gegner die vollständige PKH-Vergütung + Gerichtskosten nach Sollstellung beglichen hat, steht aus meiner Sicht nichts entgegen?

    Das dürfte m.E. daran scheitern, dass von der Staatskasse nur die GK+ PKH-Vergütung abzüglich der geleisteten Raten festgesetzt werden kann. Soweit die PKH-Partei Raten geleistet hat liegt m.E. kein Übergang vor bzw. dieser ist durch Zahlung der Raten erloschen. Ich bin der Ansicht, dass insoweit keine Ansprüche der Staatskasse gegen den Gegner bestehen.
    Nach §50 I RVG ist die weitere Vergütung erst dann einzuziehen, wenn GK+ PKH-Vergütung gedeckt sind. Daraus ergibt sich m.E. das die geleisteten Raten zunächst auf diese Kosten verrechnet werden muss.
    Wenn die Vollstreckung gegen den Gegner erfolglos ist, dann wäre die nach §120 III Nr.2 ZPO vorläufig eingestellt Ratenzahlung wieder aufzunehmen um die restliche Forderung der Staatskasse und danach die weitere Vergütung zu decken. Das ist m.E. der einzige Weg des RA die weitere Vergütung zu erhalten, wenn der Gegner nicht zahlen kann. Dem darf man auch nicht vorgreifen, indem man die weitere Vergütung vorschnell auszahlt.

    Ansonsten dürfte doch eine Benachteiligung des beigeordneten RA nach § 59 Abs. 1 S. 2 RVG vorliegen, oder? Schließlich würde ich diesen dann mittelbar dazu zwingen, die ggf. nicht erfolgversprechende Festsetzung nach § 126 ZPO zu beantragen (statt die weitere Vergütung von der Staatskasse zu erhalten).

    Da liegt m.E. keine Benachteiligung im Sinne des §59 I 2 RVG vor. Dies ist vom Gesetzgeber so gewollt. Die Geltendmachung gegen die andere Partei hat Vorrang vor der Einziehung nach §50 RVG. Dies ergibt sich m.E. aus §120 III ZPO, da dieser die vorläufige Einstellung der Raten für diese Fälle normiert, sodass die noch offene Vergütung vorrangig vom Gegner und nicht von der PKH-Partei einzufordern ist.
    Die Staatskasse zieht die weitere Vergütung nur von der PKH-Partei ein und nicht von der Gegenseite. Eine entsprechende Grundlage besteht nicht. Und der RA kann die weitere Vergütung nur erhalten, wenn der Gegner ausreichend solvent ist oder soweit sie mit der Ratenzahlung von 48 Monaten gedeckt ist.

  • Danke für deine ausführliche Erläuterung.

    Hinsichtlich der Wahlanwaltsvergütung bzw. weiteren Vergütung irritiert mich die Kommentierung:

    VII. Nicht zum Nachteil des Anwalts, Abs 1 S 2

    Der Forderungsübergang kann nicht zum Nachteil des Anwalts geltend gemacht werden ( Abs 1 S 2 ), dh, der Anwalt muss zunächst wegen seiner Wahlanwaltsvergütung vollständig befriedigt sein. Er darf sich deswegen aus dem auf ihn gem § 126 ZPO übergegangenen Erstattungsanspruch gegen den Gegner befriedigen, bevor die Staatskasse Forderungen geltend machen kann.
    (Groß in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 59 Übergang von Ansprüchen auf die Staatskasse, Rn. 9)

    Vollständig befriedigt wäre der RA nach meinem Verständnis erst, wenn er einen Festsetzungsbeschluss nach § 126 ZPO erfolgreich realisieren konnte. In meinem Fall hat der RA aber einen Antrag nach § 104 ZPO zurückgenommen und stattdessen die PKH-Vergütung aus der Staatskasse beantragt.

  • Obwohl jfp vollständig Recht hat mit seiner Argumentation, bin ich im vorliegenden Fall doch eher für die pragmatische Lösung:
    Ich würde der Gegenseite die komplette PKH-Vergütung nach § 59 RVG (und GK) zum Soll stellen und die Ratenzahlung vorläufig einstellen. Die schon von der PKH-Partei gezahlten 300,00 EUR würde ich erst mal behalten. Zahlt der Gegner alles, würde ich die 200,00 EUR weitere Vergütung noch auszahlen und die überschüssigen 100,00 EUR zurückzahlen.
    Zahlt der Gegner nicht, wird die Ratenzahlung wieder aufgenommen.
    Durch diese Verfahrensweise wird niemand benachteiligt - auch nicht die Staatskasse. Und ich sehe auch keinen wirklichen Verstoß gegen die Durchführungsbestimmungen zur PKH, weil die Verfahrensweise dort für mich nicht so eindeutig klar geregelt ist.

  • Anmerkung eines KB: Wahlanwaltsgebühren können nicht zum Soll gestellt werden - nach erfolgter Sollstellung gegen den Antragsgegner ist es nicht mehr möglich, einfach wieder die Ratenzahlung aufzunehmen.
    Die Summe aus der Sollstellung wird von der Justizkasse beigetrieben!

  • Anmerkung eines KB: Wahlanwaltsgebühren können nicht zum Soll gestellt werden ...


    Das ist korrekt. Es soll ja auch nur der Übergang nach § 59 RVG ( PKH-Vergütung) zum Soll gestellt werden.

    - nach erfolgter Sollstellung gegen den Antragsgegner ist es nicht mehr möglich, einfach wieder die Ratenzahlung aufzunehmen.
    Die Summe aus der Sollstellung wird von der Justizkasse beigetrieben!


    Auch richtig. Wenn aber von der Kasse die Mitteilung der Nichtbeitreibung (Zweitschuldneranfrage) kommt, kann die Ratenzahlung wieder aufgenommen werden.

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