§ 850f ZPO -Dauer der Erhöhung wegen doppelter Haushaltsführung und Fahrtkosten

  • Hallo zusammen,

    im letzten Jahr habe ich einen Beschluss nach § 850f ZPO erlassen, weil der Insolvenzschuldner aufgrund der Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsort (ca. 380 km) erhöhte Aufwendungen für Fahrtkosten und Zweitwohnung hat. Hierbei habe ich eine Befristung von 14 Monaten ausgesprochen.

    Nun stellt der Schuldner einen neuen Antrag gem. § 850f ZPO, weil sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht verändert haben.
    Eine Begründung, warum der Wohnsitz nicht an den Sitz des Arbeitgebers verlegt worden ist, erfolgte nicht. Der Schuldner hat aber Lebensgefährtin und Kind an seinem Hauptwohnsitz. Die Lebensgefährtin arbeitet im öffentlichen Dienst am Hauptwohnsitz.

    Sind Euch evtl. Entscheidungen bzgl. der Verlängerung bekannt? An welchen Kriterien kann die Verlängerung festgemacht werden bzw. überwiegen die Belange der Gläubiger aufgrund des längeren Zeitraums?

    Einmal editiert, zuletzt von Manja (20. Februar 2014 um 11:01)

  • Ich denke mal, es ist eine Einzelfallentscheidung, die aus der Ferne schwierig ist. Ich hätte hier nach den hier bekannten Umständen wahrscheinlich eh unbefristet freigegeben. Zum Einen gibt es 850g ZPO. Zum Anderen meine ich auch, dass hier ein Umzug garnicht zugemutet werden kann. Entweder er zieht alleine um, dann hätte er aber sicherlich Anspruch auf Fahrkosten zu seinem Kind. Ziehen die LG und das Kind mit um, dann würde sie ihren Job nicht mehr machen können. Ich denke mal, auch das kann ihr schon nicht zugemutet werden. man darf ja auch nicht vergessen, was der Umzug kosten würde. Dieses wären dann auch enorme Kosten, die möglicherweise freigegeben bzw. für die eine Erhöhungen gegeben werden müssten.

    Bliebe nur, denen aufzugeben, sich zu trennen, er sein Kind mitnimmt und die Betreuungskosten dann selber trägt oder aber sich jemand neues im neuen Ort anlacht, der die Betreuung gerne kostenlos übernimmt ;)...

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ähmm, also das Kind lebt bei der Kindesmutter, welche nicht die Lebensgefährtin ist.
    Der Kontakt zum Kind würde sich sowieso nur auf jedes 2. Wochenende beschränken.

    Das Problem ist ganz einfach, dass durch die Erhöhung des unpfändbaren Betrages durch die Zweitwhg. und die Fahrtkosten nach § 850f ZPO keine pfändbaren Beträge rauskommen.
    Die Gläubiger haben also rein gar nichts davon, dass der Schuldner auswärts arbeitet.
    Der Schuldner hat einen speziellen Beruf. Es würde wirklich nur ein Umzug in Betracht kommen.
    Da die Wohlverhaltensphase noch eine Weile andauert, denke ich dass man schon irgendwie langfristig die Belange der Gläubiger berücksichtigen muss. Bin mir aber auch nicht richtig sicher.:gruebel:

  • äh, was ist das den für ne schräge nummer: Führung eines doppelten Haushalts wegen der Lebensgefährtin unter Berücksichtigung des Kindes des Schuldners, welches aber nicht im Haushalt der Lebensgefährtin wohnt.... äh, drei Freundinnen, drei Wohnsitze...... vierfachhaushaltsführung.....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Nun ist der Fall natürlich etwas anders. Wohnt das Kind im jetzigen Wohnort des Schuldners? dann würde das an der Sachlage ja nicht allzuviel ändern. Falls nicht wird es natürlich Ansichtssache. Du solltest aber nicht vergessen, dass der Schuldner davon ja auch nicht viel hat. Er hat ja durch Deine Freigabe nicht mehr Geld, sondern durch den Fahrtweg eher weniger als ein vergleichbarer Arbeitnehmer, der am Wohnort arbeitet. Selbst wenn Du ihm 0,30 € pro km freigegeben hast, deckt das ja nicht die wahren Kosten. Die "wahren" Kilometerkosten bewegen sich ja weitaus höher. Kein Schuldner (oder auch Nichtschuldner) arbeitet doch gerne 380 km von zuhause entfernt. Das macht man doch nicht, um Gläubigern das Geld zu entziehen.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Das Kind wohnt am Hauptwohnsitz des Schuldners.

    Der Schuldner hat durch meine Freigabe nicht mehr Geld, weil er berufsbedingte Mehrausgaben für Zweitwhg. und Fahrtkosten hat. Auf der anderen Seite haben die Gläubiger auch nichts von der Auswärtsarbeit des Schuldners, da keine pfändbaren Beträge anfallen.
    Ist das gerecht?? Oder ist irgendwann ein Umzug an den Sitz des Arbeitgebers zumutbar.

  • Für mich (steuerlich) wäre für die Anerkennung der dHF entscheidend, welchen Wohnsitz er zuerst hatte. Sprich: Ob die dHF beruflich veranlasst ist (zweite Whg. am Arbeitsplatz) o. privat (zweite Whg. bei der Fernbeziehung).

    P.S.: Hier lauert evtl. eine ganz massive Steuererstattung.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Das Kind wohnt am Hauptwohnsitz des Schuldners. Der Schuldner hat durch meine Freigabe nicht mehr Geld, weil er berufsbedingte Mehrausgaben für Zweitwhg. und Fahrtkosten hat. Auf der anderen Seite haben die Gläubiger auch nichts von der Auswärtsarbeit des Schuldners, da keine pfändbaren Beträge anfallen. Ist das gerecht?? Oder ist irgendwann ein Umzug an den Sitz des Arbeitgebers zumutbar.

    Was ist schon gerecht??? Wenn Du ihm aufgibst, umzuziehen, dann musst Du sicherlich auch die Kosten des Umzugs berücksichtigen. 380 km, da fahren ja nicht mal eben irgendwelche Freunde mit und helfen, da muss er vielleicht ein umzugsunternehmen beauftragen. Er muss u.U. eine neue Mietkaution hinterlegen und die Wohnung muss ggfs. renoviert werden. wenn er Pech hat, beide (die alte bei Auszug, die neue bei Einzug). Du wirst ihm da auch etwas freigeben müssen, denn der Umzug ist ja - von Dir festgestellt - notwendig und es sind besondere berufliche wie persönliche Bedürfnisse. dazu dann ja Heimfahrten zu seinem Kind. Auch das dürften besondere persönliche Bedürfnisse sein. Kommt man dann immer noch zu einem besseren Ergebnis für die Gläubiger??? Ich glaube ja, dass niemand wirklich freiwillig 380 km entfernt arbeiten geht. Oder hättest Du ihm die Stundung entzogen, wenn er Dir gesagt hätte, er bekäme Hartz IV, eine Beschäftigung wäre nur 380 km entfernt möglich, sein Kind wohnt hier?

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Der unpfändbare Teil des Einkommens wurde mtl. um ca. 540,00 € erhöht. Selbst wenn ich ihm für Umzugskosten etc. weitere unpfändbare Beträge bewilligen würde, würde der Schuldner irgendwann mal pfändbare Beträge zahlen.

  • Für mich (steuerlich) wäre für die Anerkennung der dHF entscheidend, welchen Wohnsitz er zuerst hatte. Sprich: Ob die dHF beruflich veranlasst ist (zweite Whg. am Arbeitsplatz) o. privat (zweite Whg. bei der Fernbeziehung).

    P.S.: Hier lauert evtl. eine ganz massive Steuererstattung.

    Die doppelte Haushaltsführung ist beruflich veranlasst.

  • Der Schuldner dürfte hier doch die doppelte Haushaltsführung auch steuerlich absetzen. Insofern wäre zu überlegen, ob seine Mehraufwendungen nicht doppelt berücksichtigt werden.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Der unpfändbare Teil des Einkommens wurde mtl. um ca. 540,00 € erhöht. Selbst wenn ich ihm für Umzugskosten etc. weitere unpfändbare Beträge bewilligen würde, würde der Schuldner irgendwann mal pfändbare Beträge zahlen.


    Na, ich merke schon, Du bist eigentlich schon festgelegt, dann weise den Antrag doch einfach zurück ;).

    Aber nur mal grob: zwei Heimfahrten zum Kind à 2 mal 760 Kilometer pro Monat macht ca. 456 € ( 2 x 760 km x 0,3 €). (Oder wolltest Du ihm auch keine Fahrten zu seinem Kind bewilligen? Kannst Du natürlich auch sagen. Kontakte zu Kindern werden eh überbewertet ;).)

    Dann bleiben von Deinen 540,- noch 84 pro Monat. Was mag so'n Umzug kosten ? keine Ahnung, vielleicht 1.500 €. Vielleicht noch Renovierung ( wobei Du ihm natürlich auch sagen kannst, er soll eine renovierte Wohnung nehmen ;)).

    Ich will nur mal sagen, es ist eine Einzelfallentscheidung und schwer aus der Ferne und ohne die Akte zu kennen, zu beurteilen. Aber es ist ja nicht so, dass der Schuldner kostenlos mal eben irgendwo hinzieht und schwupps kriegen die Gläubiger ordentlich Geld. Und der Schuldner muss zwar viel tun, um für Befriedigung der Schulden zu sorgen. Aber auch er hat ja noch gewisse Rechte.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Eine Verminderung der Steuerbelastung im Rahmen der Steuererklärung bringt dem Schuldner nichts.

    Im eröffneten Insolvenzverfahren stellt ein Steuerguthaben Insolvenzmasse dar, in der WVP kann das FA mit Insolvenzforderungen aufrechnen, vergl. nur BFH VII R 35/08, BGH IX ZR 115/04.

    Kann man sich heute noch einen erhöhten Freibetrag auf der Steuerkarte eintragen lassen, zumal es ja keine Steuerkarten mehr gibt?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Der Schuldner dürfte hier doch die doppelte Haushaltsführung auch steuerlich absetzen. Insofern wäre zu überlegen, ob seine Mehraufwendungen nicht doppelt berücksichtigt werden.

    :daumenrau Der steuerliche Vorteil sollte auf jeden Fall vor Anhebung des pfändungsfreien Betrages berücksichtigt werden. Der Schuldner könnte sich auch einen erhöhten Freibetrag eintragen lassen beim Finanzamt.

  • Lt. Sachverhalt ist der Schuldner in der WVP und ich bin ganz mutig mal vom normalen Schuldner ausgegangen, der in der Regel keine Schulden beim FA hat, mit denen aufgerechnet werden könnte. Ist natürlich ein Stück weit Spekulation :D Insofern meine ich schon, dass dem Schuldner das im Rahmen der Steuererklärung was bringt. Ich tue mich auch immer schwer mit derartigen Sachverhalten, weil es einfach unbefriedigend ist, wenn der Schuldner vielleicht sogar relativ hohe pfändbare Beträge erwirtschaftet, jedoch nichts für die Gläubiger hängenbleibt. Wie viel weniger als jetzt müsste man dem Schuldner denn zugestehen, damit was an pfändbaren Beträgen anfällt?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • oki, auf Nachfragen wird ja nicht geantwortet, und ich weiß dass ich doof bin :D
    Soweit sich der Sachverhalt erschließen lässt, ist der Schuldner berufstätig und unterhält wie die meisten von uns am Ort der Berufstätigkeit auch einen Wohnsitz. Da er liiert ist und auch mit seiner Liaison ein gemeinsames Kind hat, reklamiert er einen weiteren Wohnsitz. M.E. kann sich ein Schuldner Wohnsitze nehmen wie er will, aber ob dies zu Lasten der Gläubiger gehen muss, erscheint mir fraglich. Die steuerrechtlichten Fragen zur doppelten Haushaltsführung sind ebensowenig releavant. Der Schuldner lebt dort, wo er arbeitet, basta.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • oki, auf Nachfragen wird ja nicht geantwortet, und ich weiß dass ich doof bin :D
    Soweit sich der Sachverhalt erschließen lässt, ist der Schuldner berufstätig und unterhält wie die meisten von uns am Ort der Berufstätigkeit auch einen Wohnsitz. Da er liiert ist und auch mit seiner Liaison ein gemeinsames Kind hat, reklamiert er einen weiteren Wohnsitz. M.E. kann sich ein Schuldner Wohnsitze nehmen wie er will, aber ob dies zu Lasten der Gläubiger gehen muss, erscheint mir fraglich. Die steuerrechtlichten Fragen zur doppelten Haushaltsführung sind ebensowenig releavant. Der Schuldner lebt dort, wo er arbeitet, basta.

    Was ist denn das für ein neues Gesetz??? Das mag ja halbwegs realistisch sein bei Beamten wie wir das sind. Nicht aber außerhalb des Zoos da draussen. Das halte ich wirklich - sorry - für Quatsch und an jeglicher Lebensrealität vorbei. Aber nun gut.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Wie Mosser in #2 schon sagte: Einzelfallentscheidung, die aus der Ferne schwierig ist.
    Ich würde mich hier von folgenden Erwägungen leiten lassen:
    Hatte der Schuldner bereits vorher an seinem Wohnort einen Arbeitsplatz mit Einkommen in pfändbarer Höhe? Wenn ja, würde ich dieses schon bei der jetzt anstehenden Entscheidung berücksichtigen, da die Gläubiger dann schlechter wegkommen. Wenn nein, macht eine Freigabe für die Gläubiger keinen Unterschied zu vorher.
    Wie genau gestaltet sich die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinem Kind? Jedes 2. Wochenende komplett mit Übernachtung des Kindes bei Papa und Lebensgefährtin? Oder "nur" gemeinsamer Zoobesuch am Sonntag für 3 Stunden? Ich würde mir hierzu weiter vortragen lassen, weil ich glaube, dass es schon zu berücksichtigen ist, ob im Interesse des Kindes die Aufrechterhaltung des Hauptwohnsitzes von Bedeutung ist.
    Bei der Lebensgefährtin schwanke ich noch :cool:. Sie ist halt nicht die Ehefrau. Da ist es sicher nicht einfach, die Interessen des Schuldners an der Aufrechterhaltung der Beziehung und der Gläubiger nach mindestens teilweiser Befriedigung ihrer Forderungen abzuwägen.
    Aber man wird sicherlich auch nicht alle drei Aspekte getrennt voneinander bewerten können sondern muss das im Gesamtzusammenhang sehen.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!