Alter Titel und trotzdem Bescheinigung nach Anh. II der VO (EG) 4/2009?

  • Guten Morgen zusammen,

    in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren hat sich die Geschäftsstelle wegen rechtlicher Schwierigkeiten an mich gewandt. Und ich steh' jetzt leider auch mal wieder auf dem Schlauch und bin leider auch durch die Suche nicht schlauer geworden.

    Folgender Sachverhalt:

    - Festsetzungsbeschluss für Kind A vertreten durch Jugendamt als Beistand im vereinfachten Verf. vom 12.07.2001

    - Die Unterhaltsvorschusskasse beantragt nun

    a) die Erteilung einer Bescheinigung nach Anh. II der VO (EG) 4/2009 in italienischer Sprache
    b) eine Bezifferung nach § 245 FamFG


    Nun meine Fragen:

    1.) Kann die Unterhaltsvorschusskasse überhaupt den Antrag stellen, oder müsste der Titel zunächst auf diese umgeschrieben werden?

    2.) Bin ich als deutsches Gericht verpflichtet, Anhänge welcher Art auch immer, in einer anderen Sprache zu erteilen, welche ich gar nicht verstehe? Gerichtssprache nach GVG ist doch noch immer deutsch?

    3.) Abgesehen davon (und soviel hab ich aus dem Forum bereits gelernt):
    Da der Unterhaltstitel vor dem 01.03.2002 erlassen wurde findet hier weder die VO (EG) Nr. 4/2009 noch die VO (EG) Nr. 44/2001 Anwendung.
    Laut Länderteil der ZRHO kommt in diesen Altfällen für Italien dann das Haager Unterhaltsübereinkommen vom 02.10.1973 in Frage.
    Aber wie geht es dann weiter? Was ist jetzt zu tun? Aus dem Haager Übereinkommen werd ich nicht wirklich schlau, ebensowenig aus den im Länderteil der ZRHO zusätzlichgenannten Ausführungsgesetzten. Welches kommt hier in Betrach? Das AUG vom 23.05.2011 oder das AVAG vom 19.02.2001?
    So wie ich Artikel 13 ff. des Haager Übereinkommens muss die Anerkennung der Entscheidung im Vollstreckungsstaat, also Italien erfolgen!

    Würd' mich sehr über eure Hilfe freuen!!!!
    Im Voraus schonmal Danke!

  • Im vorliegenden Fall kann weder ein Auszug in Anhang II EuUnthVO (VO (EG) Nr. 4/2009) aus dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss erteilt werden noch kann dieser als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen nach der EuVTVO (VO (EG) Nr. 805/2004) bestätigt werden.

    Im vorliegenden Fall bedarf der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss zuvor der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach dem Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen vom 02.10.1973 (HUVÜ 1973).
    Zuständig für das Vollstreckbarerklärungsverfahren ist jedoch das italienische Gericht am Wohnort der Schuldnerpartei.

    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Unterhaltsvollstreckung wird auf die entsprechende Info im Justizportal NRW Bezug genommen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/2/huvue-73.pdf

    7 Mal editiert, zuletzt von rolli (22. Juni 2018 um 12:23)

  • Für die Unterhaltsvorschusskasse ist auf ihren Antrag hin eine vollstreckbare Teilausfertigung zu erteilen.

    Da es sich bei dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss um einen dynamisierten Titel handelt, bedarf dieser der Bezifferung für die grenzüberschreitende Unterhaltsvollstreckung.
    Für die Bezifferung ist der Rechtspfleger zuständig.

    Die Zustellung des Unterhaltsfestsetzungsantrags an die Schuldnerpartei ist auf dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss zu bescheinigen;
    diese Bescheinigung für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Italien benötigt.

  • Super!!:yes:

    Vielen vielen Dank rolli!!!!!:daumenrau:daumenrau:daumenrau

    §245 FamFG werd ich na klar machen, wenn eine ordnungsgemäße Teilausfertigung wg. der übergegangenen Beträge vorgelegt wird. Und dann geht es Gott sei Dank in Italien weiter...

    Aber um nochmal auf meine Frage mit der Erteilung einer Bescheinigung in einer anderen Sprache zurückzukommen:

    Mal angenommen, es wäre hier durch den UdG der Anh. II bzw. durch den Rpfl. der Anh. I zu erstellen.
    Sind wir als deutsches Gericht dazu verpflichtet diesen in einer anderen Sprache auszustellen? Gerichtssprache nach dem GVG ist deutsch, nicht italienisch, spanisch oder sonst irgendwas. Ich will eigentlich nichts unterschreiben, was ich nicht verstehe!

    Nach Art. 20 Abs.1 d) VO (EG) 4/2009 z.B. ist ggf. eine Übersetzung des Formblattes nach Art. 20 Abs.1 b) beizufügen, aber Abs.3 sagt doch, dass diese von einer Person zu erstellen ist, die zur Anfertigung der Übersetzung befugt ist. Damit dürfte doch ein vereidigter Übersetzer gemeint sein und nicht der Rpfl., oder?

    Grüße
    Bumi

  • Gemeint ist sicherlich nur, dass der Vordruck mittels elektonischer Übersetzungshilfe in italienischer Sprache im Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen zu übersetzen ist;
    die Eintragungen können dagegen in deutscher Sprache erfolgen.

    Der Vordruck steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten in elektronischer Form im Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen zur Verfügung;
    der Vordruck kann in deutscher Sprache ausgefüllt werden.
    Zum Schluss ist ledig auf das entsprechende Übersetzungssymbol (Lupe) zu klicken.
    Dann erscheint der ausgefüllte Vordruck in italienischer Sprache;
    die Eintragungen werden jedoch nicht mit übersetzt.

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