Arbeitsgerichtsvergleich (§ 278 VI ZPO): vollstreckbarer Inhalt?

  • Ich soll als GBA eine Zwangssicherungshypothek aus einem Beschluss des Arbeitsgerichts, mit welchem nach § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs festgestellt wurde, eintragen.

    Inhalt des Beschlusses/Vergleichs ist u.a.:

    1. Die Bet. sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.06.2014 sein Ende finden wird.
      .
    2. Der Bek. verpflichtet sich, eine Abfindung in Höhe von 25.000 € brutto zu zahlen. Der Anspruch auf die Abfindung entsteht sofort, er ist fällig mit Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.
      .
    3. Dem Kläger bleibt nachgelassen, das Arbeitsverhältnis vorzeitig durch einseitige schriftl. Erklärung ohne Kündigungsfrist zu beenden. In diesem Fall verpflichtet sich der Beklagte, zusätzlich zu dem Abfindungsbetrag einen Betrag von kalendertäglich 90 € brutto für jeden Tag der vorzeitigen Beendigung abzurechnen und an den Kl. auszuzahlen.

    Der Beschluss ist mit einer "normalen" Klausel versehen. Ein Zustellungsnachweis ist nicht geführt.

    Um einen Vollstreckungstitel dürfte es sich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ja grundsätzlich handeln. Trotzdem brauche ich bei so einem Vergleich doch aber auch einen ZU-Nachweis, oder?!

    Außerdem habe ich Probleme mit dem Inhalt:
    Der Betrag von 25.000 € brutto ist doch noch gar nicht fällig. Ist trotzdem schon die Vollstreckung möglich?
    Ferner ist hier ja ein Brutto-Betrag festgesetzt worden. Woher weiß ich, wie hoch der an den Kl. zu zahlende Netto-Betrag ist (geltend gemacht werden rund 21.000 €)?
    Genügt die einfache Klausel für die Vollstreckung der Abfindung (ohne Zusatzbeträge nach Nr. 3)?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Okay, dass die Brutto-Forderung vollstreckbar ist, habe ich inzwischen selbst heraus gefunden! (Demnach könnte der Gl. ja sogar die vollen 25.000 € vollstrecken.)

    Bleiben aber noch die Fragen, ob hier die ZU aus irgendwechen Gründen vielleicht entbehrlich ist und ob die Forderung derzeit schon vollstreckt werden kann, obwohl sie noch gar nicht fällig ist.

    Ulf

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  • Niemand hierzu ne Idee oder eine Meinung?!

    Ich denke, ich werde diese Fälligkeitsregelung unter § 751 Abs. 1 ZPO packen und zudem die fehlende Zustellung monieren und die Antragszurückweisung androhen.

    Würde mich dennoch über jede geäußerte Meinung dazu freuen...!

    Ulf

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  • Der Betrag von 25.000 € brutto ist doch noch gar nicht fällig. Ist trotzdem schon die Vollstreckung möglich?
    Ferner ist hier ja ein Brutto-Betrag festgesetzt worden. Woher weiß ich, wie hoch der an den Kl. zu zahlende Netto-Betrag ist (geltend gemacht werden rund 21.000 €)?
    Genügt die einfache Klausel für die Vollstreckung der Abfindung (ohne Zusatzbeträge nach Nr. 3)?

    1. Bruttobetrag: siehe Zöller, Rn 6 zu § 704 ZPO (Brutto vollstreckbar)

    2. Fälligkeit: Vergleichbar mit dem Unterhalt: Ein Unterhaltsanspruch besteht auch bereits dem Grunde nach, fällig werden die Forderungen immer am Monatsersten, somit kann auch nur hinsichtlich bereits fälligem Unterhalt vollstreckt werden, wobei es hier Ausnahmen gibt (siehe § 850d ZPO, Pfändung wegen zukünftiger Unterhaltsforderungen in zukünftiges Arbeitseinkommen). Hier gilt eine solche Ausnahme natürlich nicht.
    Siehe hierzu: § 751 Abs. 1 ZPO (Vollstreckung erst ab Fälligkeit, wenn ein Kalendertag festgelegt wurde). Dies ist hier wiederum nicht der Fall, da kein Kalendertag festgelegt wurde, sondern die Fälligkeit wiederum von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängt, es liegt dann nämlich ein Fall des § 726 Abs. 1 ZPO vor: Der Eintritt der Bedingung muss entsprechend bewiesen werden, sodann erteilt der Rechtspfleger die Klausel.
    Allerdings hat das Vollstreckungsorgan wiederum dies gar nicht zu prüfen, vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2012, VII ZB 57/11. Die vom Urkundsbeamten erteilte Klausel kannst du somit nicht beanstanden. Dennoch würde ich vom Antragsteller (Gläubiger) per Zwischenverfügung den Eintritt der Fälligkeit nachweisen lassen.

    3. Die Zustellung ist natürlich zwingende Voraussetzung. Ein Vergleich (Protokoll) ist im Parteibetrieb zuzustellen, ein in Beschlussform bestätigter Vergleich sollte jedoch von Amts wegen zugestellt worden sein!

  • Danke zunächst!

    Aber ist nicht aus Nr. 2 des Vergleichs in Verbindung mit Nr. 1 klar geregelt, dass die Forderung erst mit Ablauf des 30.06. fällig wird?! Das ist doch m.E. eine Fälligkeit gemäß Kalender, welche nach § 751 Abs. 1 ZPO vom Vollstreckungsorgan zu beachten wäre.
    (Vermutlich hat es das ArbG auch so gesehen und deshalb eine einfache Klausel erteilt.)
    :gruebel:

    Ulf

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  • Hinsichtlich des Bruttobetrages stimme ich überein, dass die vollen 25.000,- € vollstreckt werden können.

    Es fehlt tatsächlich die Zustellung, die im Parteibetrieb offenbar noch erfolgen müsste. Auch wenn auf dem Vorschlag des Gerichts beruhender Vergleich wird beim Arbeitsgericht nicht von Amts wegen zugestellt.

    Das Erfordernis einer Klausel nach § 726 ZPO kann ich ebenso wie Ulf nicht feststellen, der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist klar im Vergleich geregelt.

  • Ja, Ihr habt Recht, ich hatte mein Augenmerk auf Ziffer 1 des Vergleiches gar nicht mehr gelegt ...
    Natürlich ist dann ein genaues Datum nach dem Kalender festgelegt, wobei nach Ziff. 3 des Vergleiches ja wiederum ein früheres Datum denkbar wäre. Aber zunächst muss man wohl erst mal vom 30.6. ausgehen.

  • Hab die Akte wieder auf dem Tisch. Der Ast. trägt vor, dass das Arbeitsverhältnis zum 28.02. beendet wurde (gem. Ziffer 3 des Vergleichs). Beigefügt wird eine Kopie eines Faxes der Anwälte des V-Schuldners an den Ast., in dem diese die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02. bestätigen.

    Abgesehen davon, dass ich im GB-Verfahren ohnehin ein Nachweis in der Form des § 29 GBO bräuchte, bin ich der Ansicht, dass die vorzeitige Beendigung gem. Ziffer 3 des Vergleichs eine Tatsache i.s.d. § 726 Abs. 1 ZPO darstellt, so dass zur jetzigen Vollstreckung eine qualifizierte Klausel (nebst Nachweis der ZU der Klausel) notwendig ist.

    Was denkt Ihr?

    Ulf

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  • Wenn die Fälligkeit 28.02. zwischen den Parteien unstreitig ist, kannst du tätig werden.

    Klar, der Vergleich muss zugestellt werden.

    Hinsichtlich Ziffer 3 hat der Vergleich keinen vollstreckbaren Inhalt, da zu unbestimmt. Es muss sich da der genaue Betrag ergeben. Ich würde da eine Klausel ablehnen.

  • Ich würde nur hinsichtlich Ziffer 1) eintragen, die Beträge aufgrund der Turboklausel würde ich nicht eintragen.

  • Wenn die Fälligkeit 28.02. zwischen den Parteien unstreitig ist, kannst du tätig werden.


    Scheint unstreitig zu sein. Ich sehe aber das Problem darin, dass die m.E. Forderung auf die Abfindung erst/nur fällig ist, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde. Das halte ich schon für eine Tatsache i.S.d. § 726 Abs. 1 ZPO.

    Ich würde mich hier auch nicht darauf zurückziehen wollen, dass ja eine (einfache) Klausel erteilt wurde. Die einfache Klausel war richtig und ausreichend, soweit es um die reguläre Fälligkeit zum 30.06. geht, wie oben besprochen. M.E. sollte eine Klausel für die Vollstreckung vor dem 30.06. bislang gar nicht erteilt werden.

    Ach ja, zur Klarstellung:
    Die Beträge aus Ziffer 3 sind nicht Teil der derzeitigen Vollstreckung. Es geht nur um die Abfindung aus Ziffer 2.

    Ulf

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  • hm, aber auch der frühere Bedingungseintritt (vorzeitige Kündigung) scheint ja zugestanden und unstreitig zu sein; ob man sich da als GBA auf § 29 GBO berufen sollte ... ?

    Hast du eintragungsreife Folgeanträge?

    Sonst weise doch zurück mit Begründung auf fehlende 726er;
    kann man die Zurückweisung rangwahrend i.S.d. § 17 GBO von der Rechtskraft des Zurückweisungsbeschlusses abhängig machen, müsste doch eigentlich gehen :confused:

    ... und dann sich überraschen lassen vom LG.

  • Ich sehe das vielleicht recht formalistisch aber ich kann in der ZPO nicht erkennen, dass man das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen "zugestehen" kann.
    Ich zweifel also nicht daran, dass die Fälligkeit eingetreten ist, trotzdem brauche ich aber m.E. eine qualifizierte Klausel, weil eine solche zur Durchführung der ZV nun mal erforderlich ist.

    Oder vollstreckst Du aus einem Titel ohne Klausel, wenn Du weißt, dass der Titel rechtskräftig und somit nicht mehr vom V-Gegner angreifbar ist?

    Oder bin ich völlig auf dem Holzweg??? :gruebel:

    Ulf

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  • Ich sehe das vielleicht recht formalistisch aber ich kann in der ZPO nicht erkennen, dass man das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen "zugestehen" kann.


    Das "Zugestehen" durch den Schuldner in Deinem Fall sehe ich auch nicht als ausreichend an. Dieses kann lediglich im Klauselerteilungsverfahren nach § 726 ZPO Bedeutung erlangen insoweit, als daß der formgerechte Nachweis für die Erteilung der Klausel nicht (mehr) notwendig ist, sondern das Zugeständnis des Schuldners ausreicht. Das entbehrt aber - wie Du m. E. zurecht schreibst - nicht vom Erfordernis einer solchen Klausel.

    Ich zweifel also nicht daran, dass die Fälligkeit eingetreten ist, trotzdem brauche ich aber m.E. eine qualifizierte Klausel, weil eine solche zur Durchführung der ZV nun mal erforderlich ist.


    :daumenrau Würde ich auch so sehen.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Mh, ne Klausel hast du ja. Ob die Wirksam ist, hast du nicht zu prüfen. Die ist da und vom Schuldner angreifbar. Das wurde damals mal im Zusammenhang mit den Widerrufsvergleichen entschieden, eine Entscheidung habsch aber nicht greifbar.

  • Mh, ne Klausel hast du ja. Ob die Wirksam ist, hast du nicht zu prüfen.


    Da hast Du grds. sicher recht, wenn es nur um eine erteilte Klausel ginge. Hier geht es aber nicht um eine erteilte (einfache) aufgrund Ziff. 1, sondern um eine weitere (nach § 726 I ZPO) wegen des Eintritts einer Tatsache. Das hat man doch bei Vergleichen mit Verfalls- und Wiederauflebensklausel. Auch hier reicht für die ZV des Gläubigers aus dem Verlgeich die erteilte einfache Klausel aus, wobei im Falle des Wiederauflebens (der Gesamtforderung) der Gläubiger dann aber eine weitere (nach § 726 I ZPO) ggf. beibringen muß.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Genau wie Bolleff sehe ich es auch. :daumenrau

    Ich gebe aber zu, dass die Rechtslage wohl alles andere als eindeutig ist. Zum Schutz des Schuldners vor einer eventuell unzulässigen Vollstreckung sollte man hier als V-Organ aber m.E. besser strenge Maßstäbe ansetzen.

    Ulf

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