Anfechtung Ausschlagung wirksam?

  • In meiner Akte habe ich einen Erbscheinsantrag vorliegen, wonach die Ehefrau des Erblassers Alleinerbin ist (gesetzliche Erbfolge).

    In dem ES-Antrag heißt es, dass die Kinder des Erblassers auf Grund ihrer Ausschlagungserklärungen weggefallen sind. Die eine Tochter ist kinderlos und die andere hat für ihre Kinder (zusammen mit Ehemann) für die minderjährigen Kinder ausgeschlagen. In den Ausschlagungserklärungen steht jeweils drin, dass aus persönlichen Gründen ausgeschlagen wird.

    Ich habe daraufhin auf § 1931 Abs. II BGB hingewiesen und um Vorlage der SU der Eltern/Großeltern sowie um Mitteilung gebeten, ob Geschwister vorhanden sind.

    Jetzt meldet sich der Notar und sagt, dass bezüglich des Erbfalls im Januar eine Beratung der Ehefrau sowie der Kinder erfolgte und dieser Beratung die Information zu Grunde lag, dass der Erblasser keine Geschwister hat. Ein entsprechender Aktenvermerk befinde sich wohl auch in der Anwaltsakte. Wie es dazu kam, kann nach Mitteilung des Notars nicht mehr geklärt werden.

    Hintergrund der Beratung war es gemäß Mitteilung des Notars, wie erreicht werden kann, dass der Nachlass ausschließlich bei der Ehefrau des Erblassers verbleibt. Der Notar hat denen dann zwei Wege aufgezeigt (Ausschlagung + Übertragung Erbanteile der Töchter auf Mutter). Der Notar hat denen dann die Ausschlagung als die kostengünstiger Variante darstellt, woraufhin sich für diese Variante entschieden wurde.

    Nun fechten alle (beide Töchter sowie die eine Tochter zusammen mit ihrem Ehemann die Ausschlagungen für sich und ihre mj. Kinder) an, da sie sich im Zeitpunkt der Ausschlagung über die Folgen ihrer Erklärungen im Irrtum befunden haben.

    Ich habe nun nach einer Grundlage gesucht, welche mich in meinem Bauchgefühl bestätigt, dass im hiesigen Fall eine Anfechtung zulässig ist (ich weiß, dass man nicht immer auf sein Bauchgefühl achten soll, sonderen danach, was in den Gesetzen steht).

    Leider habe ich bisher nur Nachweise gefunden, dass eine Anfechtung nicht möglich ist (OLG Düsseldorf, FGPrax 1997,70-71; Schleswig-Holsteinisches OLG, ZEV 2005, 526-527).

    Hatte jemand von euch schon einmal einen solchen Fall bzw. hätte jemand eine Fundstelle, aus der sich ergibt, dass in meinem Fall doch eine Anfechtung möglich ist?

    Irgendwie finde ich es bedenklich, wenn in meinem Fall eine Anfechtung nicht möglich wäre - täuscht mich da mein Bauchgefühl so sehr?

    Für Hinweise und Anregungen wäre ich dankbar.

    Einmal editiert, zuletzt von blackswan87 (28. März 2014 um 09:49)

  • Solche Fälle hatte ich bisher öfter und es handelt sich meiner Meinung nach um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Eine Ausnahme wäre nur, wenn die Erben bei der Ausschlagung gedacht haben, dass sie damit den Anteil rechtsgeschäftlich auf die Mutter übertragen. Dagegen spricht aber, dass nach der ersten Ausschlagung auch für die Kinder ausgeschlagen wurde. Lösen lässt sich das nur über Ausschlagungen der Miterben, nicht aber über Anfechtungen.

  • Das bedeutet also, dass ich dem Notar schreiben muss, dass die Anfechtung im vorliegenden Fall nicht zulässig ist, da es sich hier um einen nicht zu berücksichtigenden Motivirrtum handelt und nun versucht werden muss, dass die weiteren in Betracht kommenden Erben die Erbschaft ausschlagen.

    Wenn diese das dann nicht wollen, hat wohl der Notar, so wie ich das sehe, ein Problem.

    Dann werde ich das dem Notar wohl oder übel so schreiben müssen.

  • Die Anfechtung einer Erbausschlagung wegen Inhaltsirrtums ist möglich, wenn der Ausschlagende irrtümlich meint, seinen Erbteil durch die Ausschlagung unmittelbar auf einen Dritten zu übertragen,[1] nicht aber, wenn er sich lediglich über die Person des Nächstberufenen irrt (unbeachtlicher Motivirrtum).[2]


     [1] KG JFG 17, 69 = JW 1938, 858; OLG Schleswig ZEV 2005, 526 m. Anm. Ivo;
    Malitz/Benninghoven ZEV 1998, 415, 417.
     [2] OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 905 = ZEV 1997, 258; OLG Hamm FamRZ 1998, 771 = ZEV 1998,
    225; OLG Schleswig ZEV 2005, 526 m. Anm. Ivo; LG München I FamRZ 2000, 1328.

    Ähnliche Problematik:

    Eine erfolgte Erbausschlagung ist nicht deshalb anfechtbar, weil das mit ihr erstrebte Ziel der Alleinerbenstellung der Ehefrau des Erblassers aufgrund gesetzlicher Erbfolge wegen der Unwirksamkeit der Erbausschlagung eines anderen Beteiligten nicht erreicht wird.[1]


    [1] OLG München Rpfleger 2009, 682 = FamRZ 2009, 2119 = FGPrax 2009, 274. Das hierdurch eintretende Ergebnis, dass sämtliche wirksamen Erbausschlagungen nicht dem überlebenden Ehegatten zugute kommen, sondern den Erbteil des Beteiligten erhöhen, der nicht wirksam ausgeschlagen hat, ist allerdings äußerst unbefriedigend (MünchKomm/Leipold § 1954 Rn. 7 in Fn. 8 a).

    Und nochmals ähnlich:

    Der Irrtum über die Person des Nächstberufenen aufgrund einer nach Muster umfassend formulierten Erbausschlagung berechtigt als unbeachtlicher Motivirrtum nicht zur Anfechtung der Erbausschlagung.[1]


    [1] OLG Hamm Rpfleger 2011, 671 = FGPrax 2011, 236. Zur Anfechtung einer Erbausschlagung „aus allen Berufungsgründen“ vgl. OLG Hamm FamRZ 2011, 1426 = FGPrax 2011, 184 (Anfechtbarkeit verneint).

  • Dann werde ich das dem Notar wohl oder übel so schreiben müssen.

    Du hast einen Erbscheinsantrag der vermeintlichen Alleinerbin vorliegen, den musst Du bescheiden. Ich würde schrfitlich eine Aufklärungsverfügung an den Notar herausgeben und auf Grund des Sachverhalts die Rücknahme des Erbscheinsantrags bis zum ... anregen und androhen, dass, falls die Rücknahme nicht kommt, der Erbscheinsantrag zurückgewiesen wird.

    Wie ich eben sehe, hat Cromwell für Dich ja jede Menge Fundstellen zitiert.

  • Ich habe mal eine generelle Frage zu ES-Anträgen:

    Woraus ergibt sich, dass ein ES-Antrag nachträglich nicht mehr abgeändert werden darf?

    Ich wäre jetzt nämlich davon ausgegangen, dass ich den Notar auf obiges hinweise (nicht wirksam angefochten) und er dann den ES-Antrag ggf. abändern kann.

  • Mich verwirrte ein wenig Beitrag #7 und darum wollte ich lieber mal nachfragen.

    Das bedeutet doch aber, dass der Notar bzw. die Antragstellerin jederzeit den ES-Antrag abändern kann (natürlich nur so lange der ES noch nicht erteilt wurde)?!

  • MünchKomm/Leipold § 1954 Rn. 7

    ......Berücksichtigt man die weite Auslegung des Inhaltsirrtums,... so sprechen die besseren Gründe dafür, den Anfall der ausgeschlagenen Erbschaft an eine andere Person zu den Hauptwirkungen der Ausschlagung zu rechnen und daher die Anfechtung wegen Inhaltsirrtum stets zuzulassen, wenn der Ausschlagende insoweit ein bestimmtes Ergebnis erreichen wollte und sich dabei über die Rechtsfolge der Ausschlagung geirrt hat.


    der Müko tendiert also in diese Richtung,

    Bei der Umsetzung der Vorgaben aus § 1957 Abs. 2 spielen die Abkömmlinge der Erblassers in einem bei uns in einem Verfahren nicht mit. Sie behaupten Erben 2. Ordnung nicht zu kennen.
    Lösungsansätze ..........

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