Terminsgebühr bei zwei VU (nicht 2. VU!)

  • Liebe Gemeinde,

    folgende Kostenfrage irritiert mich gerade und ich weiß nicht weiter. Sicher könnt Ihr helfen:

    Konstellation: Klage gegen zwei Beklagte. Bekl.1 lässt (Teil-)VU im schriftlichen Verfahren gegen sich ergehen. Gegen den Bekl.2 ergeht (Schluss-)VU im Termin.

    Frage: Welche Terminsgebühr ist für den Klägervertreter angefallen?

    Varianten:
    1. Variante: Es bleibt bei einer 0,5 Gebühr nach Nr. 3105 VV RVG.
    2. Variante: Es gibt für jedes einzelne VU eine 0,5 Gebühr nach Nr. 3105 VV RVG.
    3. Variante: Es ist eine 1,2 Gebühr nach Nr. 3104 VV RVG angefallen.

    Für die 3. Variante dürfte die Rechtsprechung zum "zweiten VU" i.S.d. § 345 ZPO sprechen (BGH, Beschl. v. 07.06.2006 - VIII ZB 108/05), wonach für das "zweite VU" auch nach einem ersten VU im schriftlichen Verfahren die 1,2 Gebühr angefallen ist. Allerdings betraf das nur einen einzelnen Beklagten. Hier gab es hingegen kein "zweites VU" nach einem Einspruch, sondern zwei VU gegen zwei Beklagte.

    Wer weiß es? Bueller?

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ich nehme an, daß beide Beklagten gesamtschuldnerisch für den Gegenstand der Klage haften? Dann bleibt es m. M. n. bei der 0,5 TG. Ansonsten, wenn unterschiedliche Gegenstände möglich, dann eine 0,5 aus dem addierten Gesamtwert.

    Es fehlt ja an einem zweiten Termin bzw. einem 2. VU nach Einspruch. Der BGH (Fortführung der von Dir genannten Rspr. in FamRZ 2006, 1836) und auch die Literatur (Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, Rn. 67 zu Nr. 3105 VV) gehen für die Entstehung einer 1,2 TG immer davon aus, daß gegen den jeweiligen Beklagten ein weiterer Termin (oder vorherige schriftliche Entscheidung eines 1. VU) mit 2. VU notwendig wurde. Bei Dir gibt es zum jeweiligen Beklagten nur einen einzigen Termin / die Entscheidung im schriftlichen Verfahren.

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  • Ich nehme an, daß beide Beklagten gesamtschuldnerisch für den Gegenstand der Klage haften?

    Ja. Daher lautet auch die Kostenentscheidung im Schluss-VU: Die Kosten tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

    Deiner Argumentation kann ich gut folgen. Indes trägt sie aus meiner Sicht nicht ausreichend dem Umstand Rechnung, dass zwei Anträge auf VU-Erlass gestellt wurden und jeweils zum Erfolg geführt haben. Dass für die Bemessung der (insoweit erhöhten) 1,2 Terminsgebühr nur auf den "jeweiligen" Beklagten abzustellen ist, erschließt sich weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung, da dort der Fall mehrerer Beklagter nicht thematisiert wurde.

    Wie wäre es denn in dem Fall, dass ein VU gegen beide Beklagten ergeht, dann aber nur einer von beiden Einspruch einlegt und ein 2. VU fängt? Dann würde doch gegen den einen eine 0,5 und gegen den anderen eine 1,2 TG festgesetzt werden, oder bin ich da auf dem Holzweg und es wird gequotelt? Derlei Konstellationen kommen hier (leider oder zum Glück) nicht so oft vor...

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  • Dass für die Bemessung der (insoweit erhöhten) 1,2 Terminsgebühr nur auf den "jeweiligen" Beklagten abzustellen ist, erschließt sich weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung, da dort der Fall mehrerer Beklagter nicht thematisiert wurde.


    Da hast Du recht, daß sich das nicht direkt aus beidem ergibt. Aber schon vom Ergebnis her: Welcher der Beklagten sollte denn Deiner Meinung nach für eine 1,2 TG haften? Weder der eine noch der andere Beklagte haben ein weiteres VU zu verantworten. Wenn es richtig wäre, daß in Deiner Konstellation eine 1,2 TG allein dadurch entsteht, daß bei mehreren Beklagten gegen mehrere Beklagte ein 1. VU ergeht, dann hätte es keiner der Beklagten in der Hand, mit einer 0,5 aus der Sache rauszukommen. Oder soll der Beklagte, der als erstes das VU kassiert, nur in Höhe einer 0,5 TG haften und den Rest beißen die Hunde (oder besser der Kläger bzw. sein RA?) :D Quasi, wer am schnellsten wegrennt, kommt am günstigsten davon? Daher halte ich es für gerechtfertigt, die 1,2 TG immer nur dann für ein weiteres VU entstehen zu lassen, wenn es sich auch um das 2. VU (gegen den jeweiligen Beklagten) handelt.

    Wie wäre es denn in dem Fall, dass ein VU gegen beide Beklagten ergeht, dann aber nur einer von beiden Einspruch einlegt und ein 2. VU fängt? Dann würde doch gegen den einen eine 0,5 und gegen den anderen eine 1,2 TG festgesetzt werden, oder bin ich da auf dem Holzweg und es wird gequotelt? Derlei Konstellationen kommen hier (leider oder zum Glück) nicht so oft vor...


    Das ist der Fall, den Müller-Rabe an vorzitierter Stelle im Gerold/Schmidt beschreibt. Der Anspruch auf Erstattung der 1,2 TG besteht dann nur gegen den "einsprechenden" Beklagten. Der andere haftet nur in Höhe der 0,5 TG (mit Verweis auf Hansens, RVGreport 2006, 212).

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  • Insgesamt wie Bolleff. Mehr als eine 0,5 TG sehe ich auch nicht.

  • Welcher der Beklagten sollte denn Deiner Meinung nach für eine 1,2 TG haften? Weder der eine noch der andere Beklagte haben ein weiteres VU zu verantworten. Wenn es richtig wäre, daß in Deiner Konstellation eine 1,2 TG allein dadurch entsteht, daß bei mehreren Beklagten gegen mehrere Beklagte ein 1. VU ergeht, dann hätte es keiner der Beklagten in der Hand, mit einer 0,5 aus der Sache rauszukommen. Oder soll der Beklagte, der als erstes das VU kassiert, nur in Höhe einer 0,5 TG haften und den Rest beißen die Hunde (oder besser der Kläger bzw. sein RA?) :D Quasi, wer am schnellsten wegrennt, kommt am günstigsten davon? Daher halte ich es für gerechtfertigt, die 1,2 TG immer nur dann für ein weiteres VU entstehen zu lassen, wenn es sich auch um das 2. VU (gegen den jeweiligen Beklagten) handelt.

    Das Argument ist bestechend! Es schlägt aber - meine ich - nur die Variante 3 (1,2 TG), und macht damit den Weg frei für Variante 2 (2 x 0,5 TG). Jeder der Beklagten trägt eine 0,5 TG für "sein" VU allein, und ich als Klägeranwalt erhalte insgesamt eine 1,0. Klingt irgendwie fair für mich:D. So eine Art monetäres Wunschdenken, etwa nach dem Muster "Jeder Beklagte trägt die durch seine Säumnis verursachten Kosten...". Dafür gibt aber wohl weder die Rechtsgrundlage noch der Tenor zu den Kosten etwas her.

    So bleibt scheinbar nichts anderes übrig, als mit nur einer kläglichen 0,5 TG heimzugehen. Dann muss die Vergrößerung des Whirlpools auf der Dachterasse doch noch etwas warten...:cool:

    Danke an Bolleff und 13!

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  • Welcher der Beklagten sollte denn Deiner Meinung nach für eine 1,2 TG haften? Weder der eine noch der andere Beklagte haben ein weiteres VU zu verantworten. Wenn es richtig wäre, daß in Deiner Konstellation eine 1,2 TG allein dadurch entsteht, daß bei mehreren Beklagten gegen mehrere Beklagte ein 1. VU ergeht, dann hätte es keiner der Beklagten in der Hand, mit einer 0,5 aus der Sache rauszukommen. Oder soll der Beklagte, der als erstes das VU kassiert, nur in Höhe einer 0,5 TG haften und den Rest beißen die Hunde (oder besser der Kläger bzw. sein RA?) :D Quasi, wer am schnellsten wegrennt, kommt am günstigsten davon? Daher halte ich es für gerechtfertigt, die 1,2 TG immer nur dann für ein weiteres VU entstehen zu lassen, wenn es sich auch um das 2. VU (gegen den jeweiligen Beklagten) handelt.

    Das Argument ist bestechend! Es schlägt aber - meine ich - nur die Variante 3 (1,2 TG), und macht damit den Weg frei für Variante 2 (2 x 0,5 TG). Jeder der Beklagten trägt eine 0,5 TG für "sein" VU allein, und ich als Klägeranwalt erhalte insgesamt eine 1,0. Klingt irgendwie fair für mich:D.

    1. Das Argument von Bolleff ist in der Tat bestechend (hat auch meine letzten Zweifel ausgeräumt).

    2. Zudem "Erwirkt der Prozesbevollmächtigte getrennte Versäumnisurteile gegen mehrere Streitgenossen wegen derselben Forderung, entsteht die reduzierte Termingebühr nur einmal", Göttlich/Mümmler "Terminsgebühr", Ziff. 4.4.2., insoweit zur BRAGO (Verhandlungsgebühr) schon mal entschieden vom OLG Hamm, JurBüro 89, 197 = Rpfleger 89, 170. Es leuchtet ja auch ein, dass es keinen Unterschied machen kann, ob gegen den ersten Beklagten das Versäumnisurteil schon vorab oder erst im Termin beantragt wurde.
    Für 2x 0,5 gibt es zudem keine Rechtsgrundlage, für ein Verfahren bzw. eine anwaltliche Angelegenheit gibt es nur eine 0,5 oder 1,2-Terminsgebühr, 2x 0,5 scheidet völlig aus, die Möglichkeit einer zusätzlichen 0,5-Gebühr gab es nur zu BRAGO-Zeiten, seit dem RVG nicht mehr.

    Fazit: Es bleibt bei einer 0,5-Gebühr. Dann muss eben der Whirlpool tatsächlich noch etwas warten, auf die Frage, was man unter "fair" versteht, kommt es eben nicht an. Es kommt eben bei diesen Gebühren nicht auf den "Arbeitsaufwand" an (sofern man von einem solchen überhaupt sprechen kann, wenn im schriftlichen Verfahren lediglich der Erlass eines VU beantragt wird).

  • Danke, Andy.K,

    Deine Ausführungen in Ziff. 2 haben mich dann doch restlos überzeugt.

    Und die Gebühren (0,5 TG) sind auch so ganz in Ordnung, als dass ich mich beschweren müsste. Ich hatte nur so eine Konstellation noch nicht und da suche ich gerne den Rat der erfahrenen alten Hasen hier im Forum.

    BTW: Das mit der Vergrößerung des Whirlpools ist auch nicht ganz die Wahrheit. Eigentlich wollte ich das Penthouse mit einem glasüberdachten Hallenbad inkl. einer 50m-Bahn und Saunalandschaft krönen. Aber wenn Ihr mir schon meine Gebühren so verknappt, muss ich eben Abstriche machen. Dann lasse ich eben den Koi-Teich weg. Mein Landschaftsarchitekt kriegt bestimmt wieder einen Weinkrampf.

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  • Immerhin zeigt allein die Planung schon, wie sich die letzte Gebührenerhöhung auswirkt... :teufel:

  • Ich hab hier einen ähnlichen Fall.

    Verfahren gegen zwei Beklagte. Gegen beide erging im Mahnverfahren ein VB, beide haben Einspruch eingelegt. Im streitigen Verfahren kommt es zum Termin, keiner der Beklagten ist anwesend. Klägervertreter stellt Antrag aus der Klageschrift und beantragt Erlass eines VUs. Verkündungstermin wird bestimmt. Dort wird Teil-VU nach § 331 Abs. 3 ZPO gegen den Beklagten zu 1 verkündet: VB wird aufrechterhalten, Kostenentscheidung im Schlussurteil. Dann ergeht Schlussurteil, hinsichtlich der Beklagten zu 2 nach § 128 II ZPO, hinsichtlich dem Beklagten zu 1 nach § 128 III ZPO: Beklagte zu 2 wird ihres Einspruchs für verlustig erklärt, die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.

    RA beantragt nun 0,5 Terminsgebühr für den Beklagten zu 1 und 1,2 Terminsgebühr für den Beklagten zu 2.

    Meiner Meinung nach bekommt er keine 2 Terminsgebühren (Einmaligkeit der Terminsgebühr). Durch das VU gegen den Beklagten zu 1 ist zunächst ne 0,5 Terminsgebühr entstanden. Für das Schlussurteil erhöht sich diese dann wegen 128 II ZPO auf 1,2. Es entsteht aber meiner Meinung nach keine komplett neue Gebühr.

    In Höhe der 0,5 Gebühr haften dann beide als Gesamtschuldner, für die weitere 0,7 Gebühr nur die Beklagte zu 2.

    Was meint Ihr?

  • In Höhe der 0,5 Gebühr haften dann beide als Gesamtschuldner, für die weitere 0,7 Gebühr nur die Beklagte zu 2.


    Genau! (vgl. auch Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, Rn. 67 zu Nr. 3105 VV mwN.)

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  • Etwas Off-Topic:
    Mich irritiert der Verfahrensablauf.
    Der Vollstreckungsbescheid gilt als 1. Versäumnisurteil, § 700 ZPO. Kommt es nach dem Einspruch ggen den VB gleich im ersten Termin zur Säumnis der Beklagten, dann müsste 2. VU nach § 345 ZPO ergehen, durch das der Einspruch gegen den VB verworfen wird (und nicht etwa der VB aufrechterhalten wird - das ist die Tenorierung bei einem Endurteil nach einem VU und wirksamen Einspruch/Verhandlung). Nur wenn die Voraussetzungen für das 2. VU trotz Nichterscheinens nicht vorliegen (z.B. weil die Ladung nicht zugestellt wurde) kann etwas anderes passieren. Es müsste also beim Beklagten zu 2 einen solchen Umstand gegeben haben, der nach § 335 ZPO zur Ablehnung des Erlasses eines 2. VU führte. Dann ist offenbar hinsichtlich des Beklagten zu 2 ins schriftliche Verfahren übergegangen worden. Der Tenorierung nach ist dann aber der Einspruch des Beklagten zu 2 in diesem schriftlichen Verfahren zurückgenommen worden, denn tenoriert wurde nach § 346 ZPO i.V.m. § 516 ZPO, nicht aber eine streitige Entscheidung (deren Tenor ja gemäß § 343 ZPO die Aufrechterhaltung des VU gewesen wäre).

    Damit stellt sich dann aber schon die Frage, wann diese Rücknahme erklärt wurde. Wurde sie erklärt, bevor der Übergang ins schriftliche Verfahren beschlossen wurde, würde m.E. die Terminswirkung dieses schriftlichen Verfahrens entfallen und es gäbe keinen "Aufschlag" auf die 0,5-Gebühr.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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