Urteilsergänzungsverfahren

  • Folgender Fall:

    Nach Widerspruch gegen Mahnbescheid Abgabe des Verfahrens auf Antrag des Klägers an AG X. BeklV rügt Unzuständigkeit, mündliche Verhandlung bei AG X, BeklV ist anwesend.

    AG X verweist mit Beschluss das Verfahren an AG Y.

    Mehrere Termine beim AG Y erfolgen, Endurteil ergeht, Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

    Soweit so gut, es folgt Kostenantrag des Klägers.

    Nunmehr beantragt BeklV die Ergänzung des Urteils gemäß § 321 ZPO wegen der Kosten der Anrufung des falschen Gerichts und nach mündlicher Verhandlung über diesen Antrag ergeht ein Ergänzungsurteil-Urteil mit folgendem Tenor:
    1. Das Urteil vom wird im Tenor zu 2. wie folgt ergänzt: "mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Klagerhebung beim Amtsgericht X entstanden sind, diese trägt Kläger."
    2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Streitwertbeschluss für das Ergänzungsurteil ergeht.

    BeklV macht stellt nunmehr Kostenantrag über 1,3 VG sowie 1,2 TG nach dem Wert des Ergänzungsurteil-Urteils.
    Meine ZwVfg: Keine Gebühren, da Berichtigungsverfahren zum Rechtszug gehört (§ 19 Abs 1 Ziff 6. RVG ). Rücknahme wird angeregt.
    Antwort BeklV: Rücknahme VG, aber TG, da ja ein Termin stattgefunden hat. Zitat: "Was soll sonst die Kostenentscheidung im Ergänzungsurteil-Urteil und der Streitwertbeschluss?".

    Ich bin mir nun unschlüssig, ob die Formulierung im Ergänzungsurteil-Urteil(?)nicht doch eine Festsetzung möglich macht.

  • Was soll denn der (gesonderte) Streitwertbeschluß für das Ergänzungsurteil? Die dortige Ergänzung der Kostenentscheidung erhöht doch nicht den Streitwert der Hauptsache, zumal keine weiteren Gerichtsgebühren anfallen?

    Es ging doch lediglich um die Ergänzung der Kostenentscheidung, also die Auferlegung der Mehrkosten auf den Kläger, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind (§ 17b Abs. 2 Satz 2 GVG). Diese Mehrkosten können doch lediglich in möglichen Reisekosten in X bestehen, die andernfalls (wäre gleich in Y verhandelt worden) nicht entstanden wären. Ob tatsächlich überhaupt Reisekosten angefallen sind, gibt der SV allerdings nicht her.

    Die VG und TG bilden jedenfalls keine erstattungsfähigen Mehrkosten, da sie ja in derselben Höhe auch beim zuständigen Gericht in Y angefallen sind.

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  • Was soll denn der (gesonderte) Streitwertbeschluß für das Ergänzungsurteil? Die dortige Ergänzung der Kostenentscheidung erhöht doch nicht den Streitwert der Hauptsache, zumal keine weiteren Gerichtsgebühren anfallen?

    Das sehe ich ganz genauso. Ich hatte gerade diese Woche auch so einen Fall auf dem Tisch, der übrigens gar nicht so selten ist. Da stehen so einige Spruchkörper mit der Ausscheidung dieser Kosten auf Kriegsfuß. Aber einen Streitwertbeschluss zu dieser Ergänzung habe ich noch nie gesehen. :gruebel:

  • Es könnte schon einen Stw-Beschluss geben, z.B. in folgender Konstellation:

    Kläger klagt gegen bekannten Vandalen Schadensersatz wegen dreier verschiedener Punkte ein, nämlich wegen Zerstörung seiner Haustüre am X-Tag, Vernichtung des Apfelbaumes am Y-Tag und Anstrich eines Fensters am Z-Tag. Gericht entscheidet zunächst nur über x und y und setzt auch Streitwert nur auf x+y fest. Nachtragsurteil dann über Z.
    Richtig wäre hier aber m.E. Streitwertfestsetzung insgesamt auf x+y+z, unter Aufhebung des alten Beschlusses, da alles drei immer Gegenstand des Verfahrens war.

    Im Ausgangsfall mit den Kosten der Verweisung hätte m.E. kein Nachtragsurteil ergehen dürfen, da kein (Hauptsache-)Anspruch oder Nebenanspruch (z.B. Zinsen) übersehen worden war, sondern schlicht die Kostenentscheidung falsch war. Die Kostenentscheidung ist aber kein Anspruch einer Partei, sondern eine von Amts wegen zu treffende Nebenentscheidung.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (4. April 2014 um 23:20) aus folgendem Grund: ergänzt

  • Im Ausgangsfall mit den Kosten der Verweisung hätte m.E. kein Nachtragsurteil ergehen dürfen, da kein (Hauptsache-)Anspruch oder Nebenanspruch (z.B. Zinsen) übersehen worden war, sondern schlicht die Kostenentscheidung falsch war. Die Kostenentscheidung ist aber kein Anspruch einer Partei, sondern eine von Amts wegen zu treffende Nebenentscheidung.


    :gruebel: Aber gibt im hiesigen Ausgangsfall der § 321 Abs. 1 ZPO nicht ausdrücklich diese Möglichkeit der Ergänzung:

    "Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen."


    Ich gebe zu, daß man durchaus darüber diskutieren kann, ob in dem hiesigen Ausgangsfall die Ausnahme ["(...) mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Klagerhebung beim Amtsgericht X entstanden sind, diese trägt Kläger."] in der Kostenentscheidung übergangen worden oder nicht vielmehr die Kostenentscheidung schlicht falsch (also gerade nicht übergangen wurde) war. Das wird man allenfalls anhand der Urteilsgründe (Auslegung) bewerten können. Fehlt es aber an jeglichem Hinweis auf eine "falsche" Kostenentscheidung, darf man vom Übergehen i. S. d. § 321 ZPO ausgehen.

    Wenn aber eine Partei - wie Du schreibst - "keinen Anspruch" auf Kostenentscheidung hätte, wieso soll sie dann überhaupt ein Antragsrecht wegen eines ganz oder teilweise übergangenen Kostenpunktes haben? Ich würde sagen, gerade weil die Kostenentscheidung vAw zu treffen ist, kann es auf ein vermeintliches Fehlen eines Anspruches einer Partei auf Kostenentscheidung und deren Ergänzung gar nicht ankommen. Denn der Anspruch der Partei ergibt sich bereits eo ipso aus dem Grundsatz, daß von Amts wegen zu entscheiden ist und deshalb gerade kein Antrag erforderlich ist.

    Ketzerisch könnte man auch sagen: Als Partei habe ich grundsätzlich "für alles und jedes" ein Antragsrecht. Stelle ich einen Antrag, ist darüber zu entscheiden. Selbstverständlich liegt es dann an Dir, ihn ggf. als unzulässig oder unbegründet zurückzuweisen. (Ich weiß natürlich, daß Du mit "keinen Anspruch" in Wahrheit die Zulässigkeit eines solchen Antrages vielmehr gemeint hast. ;):D)

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