Zuschlagsaussetzung/Zuzahlung

  • Hallo Fories,

    im Hinblick auf den uns allen geläufigen Beschluss des BGH v. 31.05.12 - V ZB 207/11 bin ich bei der Anwendung von § 87 II ZVG sehr kleinlich.

    Gestern nun erzählt mir ein Sitzungsvertreter in der (Plauder)Bietstunde, dass ein Kollege von uns (Name wurde mir genannt) damit überhaupt keine Probleme hätte. Er würde protokollieren, dass ein evtl. Zuzahlungsbetrag dem Gericht gemeldet würde.

    Im Falle der Zuschlagserteilung stünde dann im Zuschlagsbeschluss nicht nur das zuschlagsfähige Meistebot sondern es würde auch aufgeführt, dass der Ersteher außerhalb des Verfahrens den weiteren Betrag "x" an die Gläubigerin gezahlt habe.

    Damit sei - dem Grundgedanken der BGH-Entscheidung Rechnung getragen.:gruebel:

    Was haltet ihr davon?

    Bin auf Rückmeldungen gespannt.

    HugoBossi

  • Dein Kollege hat die Entscheidung entweder nicht gelesen oder nicht verstanden. (Bevor es Haue gibt: Das ist meine Meinung.)

    Wenn "Nachverhandlungen" im Raum stehen, ist gar kein Platz für einen Verkündungstermin, bis zu dem dann auch Offenlegungen erfolgen. Es kann (muss) gleich entschieden werden.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Da lehnt sich der Kollege m.A. weit aus dem Fenster.

    Gerade in RdNr. 8 führt der BGH deutlich aus, dass die Rechte des Sch. nur dann vollständig gewährt sind, wenn das Gericht den kompletten Erlös entgegen nimmt und verteilt.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Der BGH hat gut reden. Worin besteht denn eigentlich der Zuschlagsversagungsgrund?

    A.: Darin, dass der Rechtspfleger ermessensfehlerhaft einen Zuschlagsverkündungstermin anberaumt?
    oder
    B.: Darin, dass der Meistbietende eine Zahlung an den Gläubiger außerhalb des gerichtlichen Verfahrens leistet?

    Gehen wir doch mal die Zuschlagsversagungsgründe durch. Aus dem Katalog des § 83 ZVG scheint mir allenfalls die Nr. 6 einschlägig: "wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grunde unzulässig ist". Im Dassler-Hintzen wird § 83 Nr. 6 als Auffangvorschrift aufgefasst, er subsumiert darunter fehlende Vollstreckungsvoraussetzungen (z.B. Prozessunfähigkeit des Schuldners), eine drohende Verschleuderung, aber eben auch Verstöße gegen eine faire Verfahrensführung. Letzteres passt auf den unter Buchstabe A dargestellten Fehler.
    Aber auch ein negatives Bietabkommen fasst Hintzen unter besonderen Umständen als Zuschlagsversagungsgrund auf. Ohne dass ein Fehler des Gerichts vorliege, könne also ein außerhalb des Versteigerungstermins stattgefundener "Deal" zur Zuschlagsversagung führen. Das passt vielleicht (!!) auf die unter Buchstabe B dargestellte Beeinflussung der Schuldnerrechte.

    Im BGH-Fall wie auch im hiesigen Fall waren beide Fallgruppen summarisch gegeben. Hier kann man sich dem BGH anschließen.

    Was aber, wenn man nur über einen Zuschlag zu entscheiden hat, wo es ermessensfehlerhaft war, einen Zuschlagsverkündungstermin anzuberaumen, man aber nicht weiß, ob/dass eine Zahlung außerhalb des Verfahrens fließt?
    Zuschlagsversagung wegen Fall A?

    Und was, wenn der Zuschlagsverkündungstermin zu Recht anberaumt ist*, dann aber das Gericht vom Meistbietenden und vom Gläubiger erfährt, dass außerhalb des Verfahrens eine weitere Zahlung geflossen ist?
    Zuschlagsversagung wegen Fall B?

    *beispielsweise wegen einzuholender Zustimmung des WEG-Verwalters


  • Und was, wenn der Zuschlagsverkündungstermin zu Recht anberaumt ist*, dann aber das Gericht vom Meistbietenden und vom Gläubiger erfährt, dass außerhalb des Verfahrens eine weitere Zahlung geflossen ist?
    Zuschlagsversagung wegen Fall B?

    *beispielsweise wegen einzuholender Zustimmung des WEG-Verwalters


    Hier würde ich schon ein paar Begründungshürden für eine Versagung sehen. Immerhin ist der Verkündungstermin in diesem Fall zwingend. Zudem kommt der Zuschlag bei einer der Gläubigerin genehmen Zuzahlung ohne Erklärungen der Gläubigerin zustande. Sie gibt einfach nur keine Einstellungsbewilligung ab, ein Vertagungsantrag ist nicht erforderlich.

    Ein Ansatzpunkt wäre, dass das Meistgebot nicht den wahren "Kaufpreis" nennt.
    Der Bietinteressent habe ein Anspruch darauf, die "Schmerzgrenze" des Gläubigers zu kennen und hierauf sein Gebotsverhalten einzurichten, so Ertle, Rpfleger 2013, 41.

    Wie vieles hat auch diese Einschränkung zwei Seiten: Ich habe kurz vor der BGH-Entscheidung ein Verfahren gehabt, wo der Schuldner sehr froh war, dass noch eine Zuzahlung gezahlt worden ist. Mit dieser ist von allen Beteiligten transparent umgegangen worden und sie ist auch bei der Grunderwerbsteuer berücksichtigt worden.

  • Wenn ein Verkündungstermin zwingend ist (zB wegen der erforderlichen Zustimmung bei WEG oder Erbbaurecht), ist es auch nicht ermessenfehlerhaft, einen zu bestimmen!

    Das hat aber nichts mit den Zuzahlungen zu tun.
    Das zwei sich einig sind, muss nicht zwingend rechtliche Auswirkungen haben. Sonst gäbe es ja auch keine Probleme mit der Sterbehilfe.

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  • Versteht mich bitte nicht falsch: Ich erteile auch stets im VerstT den Zuschlag (Ausnahme z.B. bei Zustimmungserfordernis, § 765a, Verschleuderung, etc.). Und dies nicht erst seit der BGH-Entscheidung... VerkT gibt es bei uns grundsätzlich mal überhaupt nicht. Wenn der Terminsvertreter keine Macht hat, über den Zuschlag im Termin zu entscheiden, dann muss er halt einstellen und die Bank schickt beim nächsten Mal jemand mit mehr Kompetenz - oder es gibt halt nie einen Zuschlag.

    Ich denke aber, daß der Rpfl. nicht gezwungen werden kann (genausowenig wie der Zivilrichter im Verhandlungstermin), einen Zuschlag im VerstT zu verkünden. Wenn sich ein Kollege unsicher ist (und sei es noch so einfach in den Augen der Anderen), und die Sache nochmals überdenken will, dann sollte er auch verkünden können. Anders als in anderen gerichtlichen Terminen, trifft der Rpfl. ohnehin äußerst viele "Blitzentscheidungen" im VerstT (z.B. Zulassung von Geboten, VerstBedingungen), bei denen keine Zeit bleibt, großartig nachzulesen.

  • @ #8: Für den inkompetenten Terminsvertreter gibt´s keinen Verkünder - der "unsichere" Kollege soll hingegen auch später verkünden dürfen?!

    Diese Auffassung halte ich für bedenklich, da diese Sichtweise mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar ist.
    Ich kann aus § 87 Abs. 1 ZVG nicht herauslesen, dass die Anberaumung eines späteren Verkündungstermins grundsätzlich nur dem Schutze des "unsicheren Gerichts" dienen soll.
    Außerdem stehen die beiden "Zuschlagsvarianten" (sofort oder später) nicht in einem Regelfall-Ausnahme-Verhältnis.

    Wenn ich als Gläubiger einen Verkündungstermin beantrage, weil ich beispielsweise die Solvenz des einzigen Interessenten - der es zudem verpennt hatte, Sicherheit rechtzeitig zu überweisen - überprüfen möchte, dann ist das ein berechtigtes Anliegen und hat nix mit Inkompetenz zu tun.
    Dieses berechtigte Anliegen sollte das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen und gegen das Interesse des Meistbietenden an einer sofortigen Zuschlagserteilung abwägen.

    Es entspricht den Grundsätzen eines fairen Verfahrens, dass das Gericht auf die berechtigten Interessen der Verfahrensbeteiligten Rücksicht nimmt.

    Ansonsten:
    Mein Eindruck ist, dass die Bereitschaft vieler Rechtspfleger, spätere Verkündungstermine anzuberaumen, gesunken ist, seit die in #1 zitierte BGH-Entscheidung bekannt geworden ist. Grund ist wohl, dass man generell vermutet, dass im Zeitraum bis zur Verkündung "Zuzahlungen" ausgehandelt werden sollen.

    Tatsächlich dürfte das Aushandeln von Zuzahlungen in der Praxis der absolute Ausnahmefall sein.

    Wenn der Interessent schon im Termin nicht das bieten will, was ich als Gläubiger von ihm haben möchte, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass er sich nach dem Termin doch noch zu einer Zuzahlung erweichen lässt.

    Abgesehen davon meinen viele Gläubiger, dass sie sich wegen Beihilfe zur Grunderwerbssteuerhinterziehung strafbar machen würden, wenn sie als "Gegenleistung" für die Zuschlagserteilung außerhalb des Verfahrens Geld annehmen.

  • Wenn der Gläubiger im Versteigerungstermin einen Verkündungstermin beantragt, frage ich immer nach den Gründen (übrigens auch schon vor der BGH Entscheidung). Je nachdem, was dann geantwortet wird, höre ich den Meistbietenden noch an.
    Ich habe auch schon gefragt, wann der Sachbearbeiter wieder in der Bank ist und für nachmittags einen Verkündungstermin bestimmt.

    Dass die Terminsvertreter keine "Kompetenz" haben, ist nicht deren Verschulden. Ich weise aber dann immer darauf hin, dass die Vorgaben eben klar zu sein haben oder ein gewisser Spielraum eingeräumt wird. Und wenn die Grenze nicht erreicht wird, ist das eben so. Dann sollen die Entscheider eben selbst kommen oder mit dem Ergebnis leben. Letzteres dürfte mit dem BGH leicht zu begründen sein.

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  • Ich handhabe das wie Araya. Ich frage nach dem "warum". Wenn mir der Terminsvertreter sagt, dass der Vorstand persönlich über jedes Meistgebot entscheiden will, dann soll er in den Termin kommen. Son Quatsch mach ich nicht. Aber wenn der RA sagt: Ich bin 2.000 € von meiner Grenze. Dann setzte ich schon aus. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Wenn der Bieter keine SH geleistet hat, sollte m.E. der Bankenvertreter nicht auf SHL verzichten. Ich mache in der Regel da nur in Ausnahmefällen Zuschlagstermine. Hat sich der Bieter zum Zeitpunkt des Termin noch keine Gedanken über die Bezahlung gemacht, dann sollte man die Finger davon lassen. Wir verkaufen keine Fernseher, den man vielleicht wieder zurück geben kann. Hier geht es um Grundstücke mit im Zweifel heftigen Verpflichtungen. Das sollte man sich gut überlegen.

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  • Stimme Araya und Annett zu. Keine Aussetzung weil die "Vorgabe" des Terminsvertreters nicht ganz erreicht ist, nur in absoluten Ausnahmefällen (5. Termin, Problemobjekt, keine weiteren Interessenten).
    Schließlich soll der Kollege den BGH-Beschluss "provoziert" haben, um klarstellen zu lassen, dass grundlose Verkündungsanträge (eben zwecks Nachverhandlungen) unzulässig sind. Wenn der Rechtspfleger unsicher ist und nochmal alles prüfen will oder weitere Aufklärung/Genehmigung nötig ist, ist das die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens.

    Wenn wir den Verkündungstermin zum Normalfall machen, haben wir irgendwann die Versteigerung im schriftlichen Verfahren.

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