Privilegierte Forderungspfändung mit Vollstreckungsbescheid

  • Hallo,

    In letzter Zeit kommt es bei mir auf der M-Abteilung häufiger vor, das Gläubiger (meist das Jobcenter oder die Unterhaltsvorschusskasse) versuchen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen einer Unterhaltsforderung zu erwirken, die in einem Vollstreckungsbescheid tituliert ist. Bisher haben die Antragsteller auch immer ganz brav ihren Antrag zurück genommen, wenn ich sie darauf verwiesen haben, dass der von Ihnen eingereichte Titel ist zur Vollstreckung gemäß § 850 d ZPO nicht geeignet. Weiter habe ich darauf verwiesen, dass aus dem Titel ist nur eine Vollstreckung gemäß der Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO möglich ist.

    Nun habe ich jedoch einen Gläubiger, der etwas hartnäckiger ist. Trotz meiner Ausführungen, dass nun einmal die privilegierte Pfändung aus dem Titel nicht möglich ist, da dieser ohne Erkenntnisverfahren ergangen ist, antwortet diese mir nur, dass würde dort schon seit Jahren (immer) so gemacht und es hätte damit noch nie Probleme gegeben. Er besteht weiterhin auf einen antragsgemäßen Beschluss bzw. hätte gern einen Nachweis, das ein privilegierte Pfändung aus einem Vollstreckungsbescheid nicht möglich ist.

    Ich hab mich nun auch schon div. BGH-Entscheidungen, Foren und Kommentare durchgelesen, finde jedoch immer nur, dass eine privilegierte Forderungspfändung bei einer Forderung aus unerlaubt begangener Handlung aus einem Vollstreckungsbescheid nicht möglich ist. Ist euch eventuell eine Entscheidung bekannt, aus der sich ergibt, dass das gleich auch für Unterhaltsforderungen gilt? Oder kann man einfach eine solche Entscheidung quasi „analog“ zitieren?

    Oder bin ich etwa total auf dem falschen Dampfer und es ist hinterher doch möglich?:gruebel:

    Ich hab auch schon mit mehreren Kollegen aus anderen Behörden gesprochen, jedoch konnte mir da keiner weiterhelfen. Ich hoffe ihr haben vllt. die erleuchtende Idee und können mir helfen.

    Bijou

  • Ich kenne bislang keine Entscheidung, wonach eine privilegierte Pfändung nach § 850d ZPO bei Vorliegen eines VB ausgeschlossen ist.

    Die analoge Anwendung der BGH-Rechtsprechung zu § 850f Abs. 2 ZPO würde ich nicht in Betracht ziehen.

    Nur die Privilegierung auf Grund Titulierung einer vbuH ist mit dem VB nicht möglich. Bei der eigentlichen Anspruchsgrundlage (z. B. Schadensersatz aufgrund Körperverletzung) gibt es keine Probleme.

    Bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs geht es ebenfalls nur um die Anspruchsgrundlage. Ein weiteres Qualifizierungsmerkmal, welches ggf. der richterlichen Feststellung vorbehalten bleiben sollte, fehlt hier.

  • Hallo,

    zum Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 850d ZPO muss ein Titel vorgelegt werden, aus dem sich ergibt, dass ein Unterhaltsanspruch nach § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegt; nicht erforderlich ist aber, dass aus diesem auch die Vorrangstellung nach § 850d Abs. 2 ZPO i.V.m. § 1609 BGB hervorgeht (BGH NJW 2013, 239 [240]).

    Ausgehend von dieser Entscheidung geht Ahrens (Ahrens NJW 2013, 239 [241]) davon aus, dass sich diese Privilegierung analog zu der Rechtsprechung zu § 850f Abs. 2 ZPO nicht aus einem Vollstreckungsbescheid ergeben kann und dieser deshalb keine Tieferpfändung ermöglicht. Ähnlich soll es auch Meller-Hannich in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 1. Aufl 2010, ZPO § 850d Rn 10 sehen (Letztgenannte Fundstelle ist von mir nicht geprüft!).

    Im Ergebnis wie promotor iustitiae sieht es dagegen Riedel in BeckOK § 850d ZPO Rn. 33b mit ausführlicher und m.E. auch überzeugender Begründung.

    Gruß
    Peter

  • Die Ablehnung des Vollstreckungsprivilegs des § 850d ZPO rechtfertigt sich schon aus seinem Wortlaut:

    § 850d I 1 ZPO:

    "Unterhaltsansprüche, die ... einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner ... zustehen."

    Nicht genannt sind indes kraft Gesetzes übergegangene Ansprüche, die jetzt dem Land zustehen. Schon allein daher ist § 850d ZPO nicht anwendbar. Im Übrigen geht mit dem Übergang auf dem Land auch der besondere Schutzzweck der Norm, nämlich den Unterhalt des Unterhaltsberechtigten sicherzustellen, verloren. Aus einem vom Gesetzgeber besonders geschützten - weil unter Umständen existenziellen - Anspruch ist ein bloßer Erstattungsanspruch einer öffentlichen Kasse geworden, der dieses Privilegs nicht bedarf.

    Leider hat man dies am hiesigen LG nicht verstanden; insoweit erlasse ich die Pfänder auch mit § 850d ZPO. Auf die Frage, welcher Titel das tituliert würde ich nicht abstellen. Eine richterliche Überprüfung hat schließlich auch bei einer Jugendamtsurkunde nicht stattgefunden.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Die Ablehnung des Vollstreckungsprivilegs des § 850d ZPO rechtfertigt sich schon aus seinem Wortlaut:

    § 850d I 1 ZPO:

    "Unterhaltsansprüche, die ... einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner ... zustehen."

    Nicht genannt sind indes kraft Gesetzes übergegangene Ansprüche, die jetzt dem Land zustehen. Schon allein daher ist § 850d ZPO nicht anwendbar. Im Übrigen geht mit dem Übergang auf dem Land auch der besondere Schutzzweck der Norm, nämlich den Unterhalt des Unterhaltsberechtigten sicherzustellen, verloren. Aus einem vom Gesetzgeber besonders geschützten - weil unter Umständen existenziellen - Anspruch ist ein bloßer Erstattungsanspruch einer öffentlichen Kasse geworden, der dieses Privilegs nicht bedarf.

    A.A. aber die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH NJW-RR 2004, 362; BAG NJW 1971, 2094).

    Gruß
    Peter

    2 Mal editiert, zuletzt von Freund_der_Staatskasse (6. Mai 2014 um 18:21)

  • Die Ablehnung des Vollstreckungsprivilegs des § 850d ZPO rechtfertigt sich schon aus seinem Wortlaut:

    § 850d I 1 ZPO:

    "Unterhaltsansprüche, die ... einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner ... zustehen."

    Nicht genannt sind indes kraft Gesetzes übergegangene Ansprüche, die jetzt dem Land zustehen. Schon allein daher ist § 850d ZPO nicht anwendbar. Im Übrigen geht mit dem Übergang auf dem Land auch der besondere Schutzzweck der Norm, nämlich den Unterhalt des Unterhaltsberechtigten sicherzustellen, verloren. Aus einem vom Gesetzgeber besonders geschützten - weil unter Umständen existenziellen - Anspruch ist ein bloßer Erstattungsanspruch einer öffentlichen Kasse geworden, der dieses Privilegs nicht bedarf.

    Leider hat man dies am hiesigen LG nicht verstanden; insoweit erlasse ich die Pfänder auch mit § 850d ZPO. Auf die Frage, welcher Titel das tituliert würde ich nicht abstellen. Eine richterliche Überprüfung hat schließlich auch bei einer Jugendamtsurkunde nicht stattgefunden.

    Ich stimme mit Dir überein, dass die öffentlichen Kassen der Privilegierung nicht bedürfen. Würde das Privileg nicht mit übergehen, könnte der ein oder andere aber darauf kommmen, sich (teilweise) der Unterhaltszahlung zu entziehen, weil dann der Staat einspringt und der bei der zwangsweisen Durchsetzung der übergegangenen Ansprüche die "Daumenschrauben" nicht so anziehen kann.

    Eine Vollstreckungserleichterung wäre wiederum nicht der Normzweck bei der Gewährung von Unterhaltsvorschuss.

  • Auch ich denke, dass anders als bei § 850 f Abs. 2 ZPO auch bei dem durch VB titulierten Unterhalt nach § 850 d ZPO gepfändet werden kann. Das Vorrecht ergibt sich bei § 850 d Abs. 1 ZPO aus der Art des Anspruchs - nämlich Unterhalt, eine zusätzliche Qualifizierung durch einen Richter ist daher nicht erforderlich.

    Dieses Vorrecht bleibt dem Anspruch auch erhalten. Es geht mit der Zahlung durch einen Dritten auf diesen über, vgl. §§ 7 UVG, 1607 BGB. Das Gesetz geht dabei ganz selbstverständlich davon aus, das auch der Vorrang mit übergeht, sonst hätte es den Regelungen der §§ 7 Abs. 3 Satz 2 UVG bzw. 1607 Abs. 4 BGB nicht bedurft.

  • Der Stöber sagt dazu auch einiges. NUR wenn der Übergang auf den Dritten deshalb erfolgt ist, weil dieser als weiterer Unterhaltsverpflichteter an Stelle des des vor ihm haftenden geleistet hat,... kommt das Vorrecht auch dem Ersatzanspruch des Dritten ... zu (Stöber, 15. Auflage, Rn. 1080, 1081).

  • In Unterhaltssachen muss man sich fragen ob es besser ist, den Gl des übergegangenen Rechts den Unterhaltsberechtigten gleichzustellen, und damit deren Unterhaltsansprüche einzuschränken oder warum der Sch besser gestellt werden soll, nur weil der Anspruch auf einen Gl übergegangen ist, der darauf nicht unbedingt angewiesen ist.Da der Übergang ohne D in den meisten Fällen nur dazu führt, dass die Rückständ nicht so schnell wachsen würde es für den Sch egal sein. Ich bin zwar der Meinug, dass der Anspruch auf D nicht mit übergeht, mein LG sieht es aber anders und es macht wenig Sinn, ständig gegen das LG anzurennen.

  • Zitat

    In Unterhaltssachen muss man sich fragen ob es besser ist, den Gl des übergegangenen Rechts den Unterhaltsberechtigten gleichzustellen, und damit deren Unterhaltsansprüche einzuschränken oder warum der Sch besser gestellt werden soll, nur weil der Anspruch auf einen Gl übergegangen ist, der darauf nicht unbedingt angewiesen ist.Da der Übergang ohne D in den meisten Fällen nur dazu führt, dass die Rückständ nicht so schnell wachsen würde es für den Sch egal sein. Ich bin zwar der Meinug, dass der Anspruch auf D nicht mit übergeht, mein LG sieht es aber anders und es macht wenig Sinn, ständig gegen das LG anzurennen.

    Wie gesagt sieht es nicht nur dein LG so, sondern es ist seit langem höchstrichterliche BGH und BAG Rechtsprechung.

    Im Übrigen habe ich meine in #3 zu der Ursprungsfrage angegebene Fundtstelle "Meller-Hannich in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 1. Aufl 2010, ZPO § 850d Rn 10" noch einmal geprüft. Demgemäß soll ein VB zwar tatsächlich nicht zum Nachweis der Priviliegierung nach § 850d ZPO ausreichen; näher begründet wird dies aber nicht.

    Gruß
    Peter

  • so LG Leipzig Beschluss vom 01.10.2012 -5 T 507/12- und LG Hannover Beschluss vom 09.12.2013 55 T 82/13-. Beide Entscheidungen sind im Volltext bei juris veröffentlicht.

    Ein VB kann nicht ausreichen, weil er lediglich aufgrund des einseitigen Vortrags der Gläubigerin hin ergangen ist und keine gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung des Rechtsgrundes erfolgt.

  • wenn es aber übergegangene Unterhaltsansprüche sind, wurde es doch im Unterhaltsfestsetzungsverfahren geprüft. :gruebel:

  • Hallo,

    zumindest die Argumentation des LG Hannover lässt sich m.E. gut hören.

    Überzeugender finde ich es aber trotzdem, zumindest dann einen VB als Grundlage für eine Vollstreckung nach § 850d ZPO als ausreichend anzusehen, wenn sich aus dem VB ausdrücklich ergibt, dass eine gesetzliche Unterhaltspflicht Grundlage des VB ist (und nicht etwa ein vertraglicher Anspruch in Betracht kommt, wie in der Entscheidung des LG Hannover angesprochen).

    Denn die einzig problematische (materiell-rechtliche) Frage der Rangfolge der Unterhaltsberechtigten (§ 850d Abs. 2 ZPO, § 1609 BGB) ist ja ohnehin vom Vollstreckungsgericht zu berücksichtigen (BGH MDR 2012, 1370) und muss sich nicht aus dem Vollstreckungstitel ergeben. Im Übrigen spricht für die Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts auch die Tatsache, dass der (hinsichtlich der Prüfungsbefugnis des Vollstreckungsgerichts ähnliche) Einwand des Schuldners, er habe sich seiner Zahlungspflicht nicht absichtlich gemäß § 850d I 4 entzogen, ebenfalls vom Vollstreckungsgericht zu würdigen ist (BeckOK-Reichling § 850d ZPO Rn. 33b).

    Zitat

    wenn es aber übergegangene Unterhaltsansprüche sind, wurde es doch im Unterhaltsfestsetzungsverfahren geprüft.

    Auch übergegangene Unterhaltsansprüche können ja im Wege des Mahnverfahrens geltend gemacht werden, wenn nur Rückstände betroffen sind. Soweit ich weiss gibt es sogar Meinungen, die in Fällen, in denen nur noch Rückstände im Raum stehen, das vereinfachte Unterhaltsfestsetzungsverfahren mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig ansehen.

    Gruß
    Peter

  • Zwar kann rückständiger Unterhalt auch im gerichtlichen Mahnverfahren festgesetzt werden, jedoch wird im Mahnverfahren nicht mal ein Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen. M.E. ist daher der Argumentation des LG Hannover zuzustimmen.
    Nach der Rechtsprechung des BGH (JurBüro 2003, 436) zu § 850f Abs. 2 ZPO und den Ausführungen des Gesetzgebers (BTDrucks III/768 S. 2) besteht insoweit Einigkeit, dass entsprechend den Grundsätzen des Vollstreckungsrechts nach dem 8. Buch der ZPO das Vollstreckungsgericht keine materielle Prüfung des vorgelegten Titels vornehmen kann. Der Gläubiger wird also in Zukunft, wenn er in der Zwangsvollstreckung das Privileg in Anspruch nehmen will, auf eine entsprechende Formulierung des Titels hinwirken müssen. Diese Ausführungen sind nach neuester BGH-Rechtsprechung (Beschluss vom 6.9.2012 -VII ZB 84/10- = FamRZ 2012, 1799 - 1801) auf § 850d ZPO zu übertragen. Um den Nachweis der Vollstreckungsprivilegierung eines Unterhaltsanspruchs gemäß § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erbringen, muss der Gläubiger demnach also einen Titel vorlegen, aus dem sich - gegebenenfalls im Wege der Auslegung - ergibt, dass der Vollstreckung ein Unterhaltsanspruch der in § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO genannten Art zugrunde liegt.

    Das Mahnverfahren soll dem Gläubiger einen einfachen und kostengünstigen Weg zu einem Vollstreckungsbescheid eröffnen. Ob der geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, wird in diesem Verfahren nicht geprüft, auf seine Begründung verzichtet. Auch zur Individualisierung des Anspruchs ist eine nähere Angabe des Rechtsgrundes, aus dem er hergeleitet wird, nicht erforderlich. Eine materiell-rechtliche Befassung des Prozessgerichts findet nicht statt; die rechtliche Einordnung des Anspruchs beruht allein auf einseitigen, vor der Titulierung nicht überprüften Angaben des Gläubigers. Schon deshalb kann eine Bindung für das Vollstreckungsgericht nicht eintreten. Dem steht nicht entgegen, dass ein Vollstreckungsbescheid der materiellen Rechtskraft fähig ist und diese sämtliche Rechtsgründe für den geltend gemachten Anspruch erfasst. Denn es geht bei § 850f Abs. 2 ZPO und auch bei § 850d ZPO für den Gläubiger darum, die Voraussetzungen seines Vollstreckungsprivilegs nachzuweisen. Dazu bedarf er eines Titels, der seine Berechtigung zu einem erweiterten Vollstreckungszugriff für das Vollstreckungsgericht erkennen klar und eindeutig lässt. Diese Berechtigung ist nach der bereits zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung ausschließlich durch das Prozessgericht zu beurteilen; die ihm obliegende Prüfung kann durch die bloße Behauptung des Gläubigers, der Anspruch ergebe sich (auch) aus einer vorsätzlich begangenen deliktischen Handlung bzw. aus einem Unterhaltsanspruch im Sinne § 850d ZPO, gerade nicht ersetzt werden.
    Das Mahnverfahren, das zum Erlass des Vollstreckungsbescheides geführt hat, kann nur wegen eines Anspruchs, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hat, eingeleitet werden.

  • Hallo,

    wie sieht es denn mit dem per Zustellungsurkunde zugestellten Überleitungsbescheid als Nachweis aus?
    Denn ohne diesen darf die Behörde ja keinen weiteren Titel erwirken.

  • Im aktuellen Heft der VE 2014, 126-127, beschäftigt sich Mock mit der hier streitigen Frage, ob eine privilegierte Forderungspfändung mit VB möglich ist und kommt zu dem Ergebnis, daß sich der gesetzliche Unterhaltsanspruch aus dem Titel ergeben muß, nicht aber die Bevorrechtigung des Gläubigers.

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  • Im aktuellen Heft der VE 2014, 126-127, beschäftigt sich Mock mit der hier streitigen Frage, ob eine privilegierte Forderungspfändung mit VB möglich ist und kommt zu dem Ergebnis, daß sich der gesetzliche Unterhaltsanspruch aus dem Titel ergeben muß, nicht aber die Bevorrechtigung des Gläubigers.

    Im Mahnverfahren wird aber gerade nicht geprüft, ob es sich tatsächlich um Unterhalt handelt, vgl. LG Hannover Beschluss vom 09.12.2013 -55 T 82/13-

    2 Mal editiert, zuletzt von Der Vollstrecker (10. Juli 2014 um 12:36) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Hallo,

    es ist ja schon etwas her, dass ich diesen Beitrag gestartet habe aber nun ist die Akte endlich wieder bei mir und ich dachte es wäre für alle Tippgeber und Leser dieses Themas ganz interessant zu erfahren, wie die Ganze Sache nun ausgegangen ist.

    Also...

    Nach einem langen hin und her habe ich den Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit folgender Begründung zurückgewiesen:


    .... Wird der Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen Unterhaltsforderungen vom ... als unzulässig zurückgewiesen.  



    Gründe:



    Mit Antrag vom ... begehrte die Gläubigerin den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen Unterhaltsforderungen.



    Mit Schreiben vom ... teile das Vollstreckungsgericht der Gläubigerin auf Ihren Antrag hin mit, dass der Titel nebst Zustellungsnachweise nicht mit eingereicht wurde. Des Weiteren bedurfte der Antrag einer spezifizierten Berechnung der Unterhaltsrückstande. Hierzu wurde der Gläubigerin eine Frist von 2 Wochen gegeben.



    Im Telefonat vom ... teile Frau ... als Mitarbeiterin der Gläubigerin dem Vollstreckungsgericht mit, dass der Titel neu beschaffen werden muss und daher um eine Fristverlängerung gebeten wird. Ihr wurde mitgeteilt, dass Firstverlängerung gewährt wird.



    Mit Schreiben vom ... reichte die Gläubigerin dem Vollstreckungsgericht nun die zweite vollstreckbare Ausfertigung des Titels ein.



    Darauf hin teilte das Vollstreckungsgericht der Gläubigerin mit Schreiben vom ... mit, dass eine privilegierte Pfändung aus dem eingereichten Titel nicht möglich ist, da nach der beim hiesigen Vollstreckungsgericht vertretenden Auffassung ein Vollstreckungsbescheid zu einer Vollstreckung gemäß § 850 d ZPO nicht geeignet ist. Sie wurde darum gebeten den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen Unterhaltsforderungen zurück zu nehmen und stattdessen ein Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen gewöhnlicher Geldforderungen zu stellen.



    Hierauf wendete die Gläubigerin mit Schreiben vom... ein, dass Ihrer Meinung nach der Titel sehr wohl zu einer privilegierten Pfändung nach § 850 d ZPO geeignet sei. Ihrer Meinung nach geht aus dem Vollstreckungsbescheid eindeutig hervor, dass des sich bei der titulierten Forderung um Unterhaltsrückstände handelt.



    Darauf teilte das Vollstreckungsgericht mit Schreiben vom ... mit, dass es weiter seinen Standpunkt vertritt, dass ein Vollstreckungsbescheid nicht ausreichend ist um eine privilegierte Pfändung nach § 850 d ZPO zu begründen. Diese Rechtsauffassung wird sowohl von dem Landgericht Leipzig im Beschluss vom 01.10.2012 - 5 T 507/12 - und dem Landgericht Hannover im Beschluss vom 09.12.2013 - 55 T 82/13 - vertreten. Beide kommen zu dem Entschluss, dass ein Vollstreckungsbescheid nicht ausreicht, weil er lediglich aufgrund des einseitigen Vortrags der Gläubigerin hin ergangen ist und keine gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung des Rechtsgrundes erfolgt.



    Der Gläubigerin wurde mitgeteilt, dass entsprechend dieser Rechtsauffassung eine Vollstreckung nur nach den Freigrenzen des § 850 c ZPO in das Arbeitseinkommen des Schuldners möglich ist. Sie wurde erneut um Antragsrückname des Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen Unterhaltsforderungen gebeten und aufgefordert zur Vollstreckung Ihrer Forderung den Vordruck „Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen gewöhnlicher Geldforderungen“ zu nutzen.



    Darauf teilte Herr... als Mitarbeiter der Gläubigerin dem Vollstreckungsgericht am ... telefonisch mit, dass weiter an dem Antrag vom ... festgehalten würde. Ein entsprechendes Schreiben ging den Vollstreckungsgericht am ... zu.



    Wie bereits oben erörtert vertritt das Vollstreckungsgericht weiterhin die Ansicht, dass eine privilegierte Forderungspfändung nach § 850 d ZPO aus einem Vollstreckungsbescheid als Titel nicht möglich ist. Das dem Vollstreckungsbescheid zugrundeliegende Mahnverfahren soll dem Gläubiger einen einfachen und kostengünstigen Weg zur Erlangung eines Titels eröffnen. Ob der geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, wird in diesem Verfahren nicht geprüft, auf seine Begründung verzichtet. Auch zur Individualisierung des Anspruchs ist eine nähere Angabe des Rechtsgrundes, aus dem er hergeleitet wird, nicht erforderlich. Eine materiell-rechtliche Befassung des Prozessgerichts findet nicht statt; die rechtliche Einordnung des Anspruchs beruht allein auf einseitigen, vor der Titulierung nicht überprüften Angaben des Gläubigers. Daher ist eine privilegierte Forderungspfändung wegen des fehlenden Erkenntnisverfahrens aus einem Vollstreckungsbescheid nicht möglich.

    Gegen diesen Beschluss wendete sich die Gläubigerin mit der sofortigen Beschwerde, welcher ich nicht abgeholfen haben und sodann die Akte dem Landgericht zur weiteren Entscheidung vorgelegt habe.

    Das Landgericht entscheide dann, dass die Sache gem. § 568 S.2 Nr.1 ZPO der Kammer in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschrieben Besetzung übertragen wird, da die Sache besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist.

    Die Kammer des Landgerichts Verden entschied sodann mit Beschluss vom 04.08.2014 zum Aktenzeichen 6 T 138/14, das die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen wird. Zu den Gründen führte sie folgendes aus:

    ... Die Kammer teilt die Auffassung, dass eine privilegierte Pfändung gem. § 850d ZPO aus einem VB nicht möglich ist. Es findet bei einem VB keine rechtliche Überprüfung durch das Mahngericht statt. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, andere Anspruchsgrundlagen kämen im Gegensatz zu § 850f ZPO nicht in Betracht, geht fehl. Es sind sehr wohl andere Anspruchsgrundlagen, wie beispielsweise Vertrag denkbar. Eine Überprüfung, ob die behauptete Anspruchsgrundlage auch tatsächlich die richtige Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspr. ist, findet nicht statt. Der Schuldner kann zwar gegen den Mahnbescheid Widerspruch erheben, er ist jedoch hierzu nicht veranlasst, wenn er die Forderung zwar grundsätzlich schuldet, jedoch aus einer anderen als der behaupteten Anspruchsgrundlage (vgl. BGH zu § 850f Abs.2 ZPO in NJW 2005, 1663). Die rechtliche Überprüfung, ob die behauptete Anspruchsgrundlage auch die tatsächliche ist geht weit über die im Rahmen des § 850d ZPO für das Vollstreckungsgericht zulässige Auslegung hinaus, würde letztlich zu einer vollständigen rechtlichen Überprüfung des behauptete Anspruchs führen. Die Privilegierung gemäß § 850d ZPO kann somit nicht aufgrund eines VB erlangt werden.

    Das Landgericht ließ die Rechtsbeschwerde gegen dies Entscheidung zu, welche auch durch die Gläubigerin eingelegt wurde. Leider erfolgte die Einlegung nicht fristgerecht, sodass die Gläubigerin nach einem entsprechenden Hinweis durch den BGH die Rechtsbeschwerde wieder zurück nahm. Schade eigentlich, mich hätte sehr die Meinung des BGH dazu interessiert. Aber vllt. habe ich ja noch Glück, ich habe noch zwei weitere Fälle gleicher Art in der Beschwerde und vllt. schaffen es ja dort die Gläubiger rechtzeitig die Rechtsbeschwerde einzulegen und der BGH kann sich mal zu dem Thema den Kopf zerbrechen. Sobald mir wieder was vorliegt, werde ich berichten :)

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