Kostenfestsetzung beim Tod des Beklagten

  • Hallo,
    ich habe folgendes Problem:
    Am 25.02.2014 wurde ein Urteil erlassen. Die Beklagten zu 1. und 2. (Eheleute), die nicht anwaltlich vertreten sind, wurden gesamtschuldnerisch verurteilt. Auch die Kosten des Verfahrens haben sie gesamtschuldnerisch zu tragen. Das Urteil wurde zugestellt. Dann wurde durch die Klägerseite die Kostenfestsetzung beantragt, nach Anhörung wurde ein entsprechender KfB erlassen und zugestellt. Die Zustellung an die Beklagte zu 1. war erfolgreich, an den Beklagten zu 2. konnte nicht zugestellt werden, da dieser bereits am 31.01.2014 (also schon vor Erlass des Urteils) verstorben ist. M.E. ist das Urteil zu unrecht ergangen, da das Verfahren nach § 239 ZPO mit dem Tod unterbrochen ist. Habe die Akte dem Richter vorgelegt, da der Beklagte zu 2. bereits vor Erlass des Urteils verstorben ist, die ZU nicht korrekt erfolgte und auch bereits eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils an die Klägerseite erteilt wurde. Der Richter legt die Sache jetzt 6 Monate auf Frist. Wenig hilfreich, habe nochmal persönlich Rücksprache genommen. Ihm sei das Problem aufgefallen, er könne das Urteil aber nicht aufheben, da er zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung nichts vom Tode der Partei wusste. Habe dann mal bei unserem Nachlassgericht nachgeschaut, ob die Beklagte zu 1. (Ehefrau) vielleicht Erbin geworden ist und schon etwas vorliegt. Testament liegt vor, alle bekannten Erben haben aber die Erbschaft nach dem Beklagten zu 2. ausgeschlagen. So, was mache ich jetzt? Kann ich die Kosten trotzdem festsetzen? Zumindest gegen die Beklagte zu 1., weil sie ja als Gesamtschuldner haften und die ZU des Urteils an Sie korrekt erfolgte? Müsste der Richter nicht trotzdem das Urteil aufheben, bzw. zumindest die Geschäftsstelle die vollstr.bare Ausfertigung zurückverlangen?
    Danke schonmal für alle hilfreichen Antworten

  • Das Urteil ist nicht aufzuheben, da zum Zeitpunkt, als das Urteil "erlassen" wurde, der Richter keine Kenntis der fehlenden Parteifähigkeit hatte und (laut Sachverhalt) nicht haben konnte. Gegen das Urteil kann nur noch die Nichtigkeitsklage erhoben werden, da die Prozessvoraussetzungen nicht vorlagen (vgl. insoweit die Kommentierung im Zöller zu § 50 ff. ZPO).

    Zur Kostenfestsetzung:

    Unabhängig von der Frage, ob aufgrund eines Urteils, das ohne Vorliegen der Prozessvoraussetzungen ergangen ist, die Kostenfestsetzung vorgenommen werden kann, dürfte die Festsetzung gegen den Verstorbenen abzulehnen sein.

    Dies folgt zum einen daraus, dass zum Zeitpunkt der Kostenfestsetzung die Prozessvoraussetzungen ebenfalls vorliegen müssen, zum anderen unter Umständen auch aus § 103 ZPO. Denn nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels kann die Kostenfestsetzung erfolgen. Bezüglich des Verstorbenen würde dies bedeuten (folgend aus § 704 ZPO):

    a) das Urteil ist vorläufig vollstreckbar --> wenn ja, wieder Ablehnung wegen fehlender Prozessfähigkeit
    b) das Urteil ist formell rechtskräftig --> bezüglich des Verstorbenen unmöglich wg. fehlender ZU (Schluss aus § 705 ZPO), daher auch aus diesem Grunde abzulehnen

    Toll ist auch die Hilfe aus § 325 Abs. 1 ZPO: Dort heißt es, dass "rechtskräftige" Urteile auch für und gegen die Parteien und Personen wirken, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Das Urteil wirkt also gegen die Erben des Beklagten nur, wenn es insoweit rechtskräftig ist. Ist es aber nicht, siehe oben.

    Das stärkste Argument gegen die Festsetzung ist eindeutig die fehlende Prozessfähigkeit.

    Gegen die Beklagte zu 2. ist gleichwohl festzusetzen (ggf. mit dem Vermerk, dass sie für diesen Anspruch gesamtschuldnerisch haftet)

    Beste Grüße


    Über andere Rechtsauffassungen hier freue ich mich sehr. Also immer her damit :)

  • Ich denke, aus dem Urteil kann trotz des Todes des Beklagten 2 vollstreckt werden, weil beide Beklagte ja gesamtschuldnerisch verurteilt wurden. Und die Vollstreckungsvoraussetzungen gegen die Beklagte 1 liegen ja vor.
    Und die Kostenfestsetzung gegen die Beklagte 1 ist auch möglich, wie ja schon gesagt wurde, allerdings würde ich die Erhöhung nicht mit festsetzten. M.E. wirkt die gesamtschuldnerische Haftung nur auf die Kosten, die beiden auch einzeln entstanden sind.

  • Ich bin auch der Meinung, dass gegen den Beklagten zu 2 nicht mehr festzusetzen ist, aus den von Schirmacher genannten Gründen.
    Gegen die Beklagte zu 1 ist eine Festsetzung dagegen möglich, da sie gesamtschuldnerisch haften und im Zweifel sie auch in die vollen Kosten verurteilt geworden wäre, hätte der Richter rechtzeitig vom Tod des Beklagten zu 2 erfahren.


    Und die Kostenfestsetzung gegen die Beklagte 1 ist auch möglich, wie ja schon gesagt wurde, allerdings würde ich die Erhöhung nicht mit festsetzten. M.E. wirkt die gesamtschuldnerische Haftung nur auf die Kosten, die beiden auch einzeln entstanden ist.

    Da hier die Kosten der Klagepartei festzusetzen sind, sind die Erhöhungsgebühr und auch die weiteren Kosten der Beklagten unerheblich; anders möglicherweise bei einer § 11 RVG-Festsetzung. Eine mögliche Erhöhungsgebühr auf Klägerseite, wenn es denn mehrere Kläger sind, ist zu berücksichtigen.

    Einmal editiert, zuletzt von Traumtänzer (16. August 2016 um 15:28)

  • Toll ist auch die Hilfe aus § 325 Abs. 1 ZPO: Dort heißt es, dass "rechtskräftige" Urteile auch für und gegen die Parteien und Personen wirken, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Das Urteil wirkt also gegen die Erben des Beklagten nur, wenn es insoweit rechtskräftig ist. Ist es aber nicht, siehe oben.


    Ein vorläufig vollstreckbares Urteil, nach dessen Verkündung der Beklagte stirbt, dürfte allerdings auch gegen sein Erben wirken, da diese Gesamtrechtsnachfolger sind und in die laufende Rechtsmittelfrist eintreten.

    Ob man dies auch für den Fall anwendet, dass der Tod vor Verkündung erfolgte, ist natürlich eine gute Frage.


    Wenn man dies verneint, kann allerdings der Kläger erheblich benachteiligt sein:

    Ohne die Verkündung des Urteils (wenn der Tod des Beklagten zu 2. dem Richter eher bekannt gewesen wäre) hätte der Kläger ein Urteil gegen die Beklagte zu 1. und die Erben des Beklagten zu 2. erwirken können. Ihm stünden also für eine Zwangsvollstreckung mehrere Schuldner zur Verfügung, was wichtig ist, wenn der Verstorbene der einzige Beklagte war oder die anderen Beklagten nicht leistungsfähig sind.

  • Da hier die Kosten der Klagepartei festzusetzen sind, sind die Erhöhungsgebühr und auch die weiteren Kosten der Beklagten unerheblich; anders möglicherweise bei einer § 11 RVG-Festsetzung. Eine mögliche Erhöhungsgebühr auf Klägerseite, wenn es denn mehrere Kläger sind, ist zu berücksichtigen.


    :daemlich
    Hast ja Recht. Keine Ahnung, was da grad in meinem Kopf war.

  • Müsste der Richter nicht trotzdem das Urteil aufheben, bzw. zumindest die Geschäftsstelle die vollstr.bare Ausfertigung zurückverlangen?

    Welche rechtliche Grundlage soll es dafür geben?

    Das Urteil ist existent, aber ggf. wirkungslos.

    Die Frage nach dem Zurückfordern vollstreckbarer Ausfertigungen tritt hier gefühlt ein- bis zweimal im Monat auf. Geht aber trotzdem nicht.

  • Wenn ich die Ausgangsfrage richtig verstehe, dann kommt es doch gar nicht mehr darauf an, ob die Kostenfestsetzung gegen den verstorbenen Beklagten abzulehnen ist, denn diese war ja bereits erfolgt.

  • Hallo zusammen,
    ich hänge meinen Fall mal hier an:

    Kläger gegen Beklagten zu 1 und Beklagten 2 auf Zahlung. Jeder Beklagte hat einen eigenen Rechtsanwalt.
    Kosten tragen Kläger zu 13% und Beklagte als Gesamtschuldner 87%, Vergleichskosten jeder selbst.

    Nach dem Vergleich ist die Beklagte zu 2. verstorben.
    Ein Beschluss nach § 239 ZPO wurde erlassen.
    Anschließend teilt der Klägervertreter mit, dass der Kläger von seinem Recht Gebrauch macht, von mehreren Gesamtschuldner nur einen in Anspruch zu nehmen und begehrt Kostenausgleichung nur gegen den Beklagten zu 1 unter Überreichung seines Kostenantrags.
    Dieser wurde dann an den Vertreter des Beklagten zu 1 gesandt m. d. B. um Anmeldung seiner eigenen Kosten. Weiter wurde der Ausgleichungsantrag des Klägervertreters auch an den Vertreter des Beklagten zu 2 geschickt mit der Aufforderung seine Kosten zur Ausgleichung anzumelden.

    Wie gehe ich nun vor? War die Aufforderung zur Kostenanmeldung an den Vertreter der verstorbenen Beklagten zu 2 überhaupt korrekt? Muss/darf ich die Beklagte zu 2 überhaupt am Kostenausgleichungsverfahren beteiligen?

    Ich mach erst seit ein paar Wochen wieder C-Sachen und bin hiermit völlig überfragt. :(

    Danke Euch!

    Einmal editiert, zuletzt von Winifred (11. August 2016 um 07:13) aus folgendem Grund: Korrektur

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