Bestattungsvorsorge + Insolvenzantrag

  • Der Betreute hat ein Geldmarktkonto mit 700,00 EUR Guthaben. Daneben gibt es einen Bestattungsvorsorgevertrag mit derzeit 2.507 EUR. Kein weiteres Vermögen. Die Betreuerin möchte nun die 700,00 EUR abheben und in den Bestattungsvorsorgevertrag einzahlen. Der Betreute lebt im Heim, ist bettlägerig und benötigt keine größeren Anschaffungen mehr.
    Von der Verfahrenspflegerin wird mir mitgeteilt, dass die Betreuerin in absehbarer Zeit einen Insolvenzantrag für den Betreuten stellen möchte. Das Guthaben des BVVertrages ist abgetreten an die Deutsche Bestattungsvorsorge Treuhand AG. Könnte es hier irgendwie Probleme geben, wenn die Betreuerin das restliche Vermögen des Betreuten in diesen Vertrag einzahlt und damit ggf. den Gläubigern des Betreuten entzieht? Für den Betreuten wäre es natürlich vorteilhaft, seine Bestattung wäre gesichert, aber irgendwie gefällt mir das alles nicht. Insolvenzrechtlich dürfte diese Vorgehensweise der Betreuerin auch sehr bedenklich sein, oder? Was meint ihr dazu? Oder bin ich auf dem falschen Dampfer?

  • So wie ich das immer auf dem Tisch hatte, war den Bestattungsvorsorgeverträgen eine Berechnung der Bestattungskosten beigefügt, die mit dem eingezahlten Geld abzudecken sind. Wenn die Betreuerin jetzt weiter 700,00 EUR einzahlt, wäre diese Geld übrig. Wofür wird es dann verwendet? Müsste da nicht der Vertrag auch hinsichtlich der Leistungen geändert werden?
    Und solange noch kein Insolvenzverfahren anhängig ist, hätte ich prinzipiell kein Problem, das Geld in die Bestattungsvorsorge zu investieren, wenn das notwendig und sinnvoll erscheint. Ich hätte nur Bedenken - auch wenn der Betroffenen im Prinzip nichts braucht - sein Konto komplett leer zu räumen und nicht mal eine kleinen Notgroschen drauf zu lassen.

  • Zitat

    Ich hätte nur Bedenken - auch wenn der Betroffenen im Prinzip nichts braucht - sein Konto komplett leer zu räumen und nicht mal eine kleinen Notgroschen drauf zu lassen.

    :daumenrau
    Inwieweit soll denn die Einzahlung von weiteren 700 Euro den Wünschen oder dem Wohle des Betroffenen entsprechen? Das Betreuungsgericht kann m.E. nur Verfahrensweisen gutheißen, die dem Wohle des Betroffenen dienen.

    Die Bestellung eines Verfahrenspflegers war eine gute Idee, wie hat der denn Stellung genommen?

    Ich wundere mich auch darüber, dass bei einem bettlägerigen Heimbewohner noch ein Insolvenzverfahren angestrengt wird - üblicherweise führt man diesen Riesenaufwand doch nur bei Leuten durch, die von der Restschuldbefreiung profitieren können. Also solche, die a) finanziell von der Restschuldbefreiung profitieren. Dies ist z.B. nicht der Fall bei Sozialhilfeempfängern, die haben nach dem Verfahren genauso wenig Geld wie vorher,
    b) die sich im mittleren Lebensalter befinden, also noch eine gewisse Lebenserwartung haben.
    Dient denn die Durchführung des Insolvenzverfahrens Wunsch oder Wohle des Betroffenen?:confused:

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Letztendlich sollte man aber bedenken: die Betreuung führt der Betreuer eigenverantwortlich. Das Betreuungsgericht darf dem Betreuer nicht vorschreiben, wie er die Betreuung zu führen hat. Die Entscheidung, ob die € 700,00 dem Bestattungsvorsorgevertrag zugeführt wird, hat der Betreuer zu treffen. Wegen der evtl. Genehmigungspflicht (liegt eine solche über §§ 1908i, 1812, 1813 BGB überhaupt vor?) muss der Betreuer seine Entscheidung ggf. gegenüber dem Betreuungsgericht begründen. Wieso will der Betreuer das Geld noch einzahlen? Liegt bereits eine Volleinzahlung vor? Wenn ja: wieso dann noch einzahlen? Wenn nein: besteht eine Verpflichtung des Betroffenen nachzuzahlen? Das Betreuungsgericht wird im Rahmen des Genehmigungsverfahrens prüfen, ob die Überführung für den Betroffenen rechtlich vorteilhaft bzw. rechtlich nicht nachteilhaft ist. Diesbezüglich wird -sofern tatsächlich noch möglich- der Betroffene zu hören sein, ersatzweise der ggf. bestellte Verfahrenspfleger. Nach dem vorgetragenen Sachverhalt sehe ich -wenn der Bestattungsvorsorgevertrag noch nicht vollständig einbezahlt ist- in der Nachzahlung keine rechtlichen Nachteile für den Betroffenen, zumal wenn der Betroffene ein Interesse hat, dass seine Bestattung "ordentlich" geregelt ist. Ich denke nicht, dass es die Aufgabe des Betreuungsgerichts ist, Interesse Dritter -sonstiger Gläubiger des Betroffenen- über die Interessen des Betroffenen zu stellen. Wenn die Gläubiger in der Zukunft ein Problem haben, können sie die Handlungen des Betreuers anfechten.

  • Danke für eure Meinungen. Genehmigungstatbestand §§ 1908i, 1812, 1813 BGB wegen Sperrvermerk für Geldmarktkonto. In den Vertrag kann unbegrenzt eingezahlt werden. Die ungedeckten Gesamtkosten werden dort jedoch mit 1.500 EUR beziffert zuzüglich etwaiger Erhöhungsbeträge. Dieser Betrag ist bereits eingezahlt und wird sogar überschritten. Es liegt auch kein Kostenvoranschlag des Bestatters vor. Ich habe das Gefühl, wenn ich mir die Schreiben der Betreuerin so anschaue, dass nicht die Bestattungsvorsorge an sich im Vordergrund steht, sondern dass niemand an das Vermögen des Betreuten herankommt, weder der Staat, noch die Gläubiger. Und ob das alles so korrekt ist :gruebel:

    Der Betreute selbst kommt dann natürlich auch nicht mehr an sein Geld ran. Auch das halte ich für problematisch. Seit wann können wir in die Zukunft schauen? Und man kann doch nicht einfach sagen, der braucht nix mehr :eek:

    Die Verfahrenspflegerin hat keine Bedenken.

    Ich habe mich nun entschieden die Genehmigung nicht zu erteilen, weil ich denke, dass die Betreuerin hier ggf. rechtswidrig handelt, wenn sie das komplette restliche Vermögen des Betreuten vor einer möglichen Insolvenz "in Sicherheit" bringt. Sollte es tatsächlich so sein, unterstütze ich mit meiner Genehmigung ggf. einen strafrechtlich relevanten Vorgang. Dann möge sie bitte Beschwerde einlegen. Ich lasse mich gerne vom Landgericht eines Besseren belehren. Dann liegt die Verantwortung aber auch dort.

  • Solange man seinen Zahlungen (noch) nachkommt darf man vor dem Insolvenzverfahren zur Seite schaffen, was nur grade geht ;)

    Na, ja und 700,-- € kann man immer brauchen, grade wenn man sonst nix hat. Da liegt eher der Grund für eine Versagung, da muss halt die Beerdigung (die ohnehin immer irgendjemand zahlt!) hinten anstehen.
    Wegen 700,--€, die nun ncht gerade als Vermögen bezeichnet werden können, braucht man aber kein Geldmarktkonto, da langt das Taschengeldkonto im Heim.

  • Der Betreute erhält laut Akte lediglich den Barbetrag des Sozialamtes. Rente war übergeleitet ans Heim. Er wird also keine Zahlungen an irgendjemanden leisten. Ich lehne auch ab, weil der Betreute dann nix mehr zur freien Verfügung hat.

    Die Akte wurde vorher von einem anderen Gericht bearbeitet. Ich kann nichts dafür, weder für den Bestattungsvorsorgevertrag noch für das Geldmarktkonto :strecker

  • Bei dem Bestattungsvorsorgevertragdürfte es sich um eine Lebensversicherung i.S.d. § 850b Abs. 1 Nr.4 ZPO handeln, deren Auszahlungsanspruch für den Todesfall an das in #1 genannte Unternehmen abgetreten ist.
    Wenn ein Guthaben i.H.v. € 2.500,00 vorhanden und von ungedeckten Gesamtkosten i.H.v. € 1.500,00 die Rede ist, verstehe ich das eher so, dass die Bestattungskosten mit € 4.000,00 veranschlagt sind. Ist aber auch egal, denn laut Sachverhaltwürde der Höchstbetrag aus § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht überschritten, wenn die € 700,00 dem Vertrag zugeführt würden.

    Die Vorschrift dient m.E. nicht nur dem Zweck, die Kosten für Ordnungs-/Sozialamtsbestattungen zuminimieren, sondern auch dem Interesse des Versicherungsnehmers an einer würdigen Bestattung.

    Was genau insolvenzrechtlich an einemTransfer der € 700,00 bedenklich sein soll, erschließt sich mirnicht. Anfechtbar dürfte er nur sein, wenn dem Versicherungsunternehmen die Zahlungsunfähigkeit der Betreuten bekannt ist (vgl. §§ 132, 133 InsO), was wohl eher fernliegend ist. Auch strafrechtlich kann ich hieran nichts Beanstandenswertes entdecken.

    Zur Entreicherung vor dem Insolvenzantrag verweise ich auf § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO.

    Interessant ist eher die Frage, wieso die € 700,00 noch vorhanden sind, obwohl die Betreute verschuldetsind. Die Betreuerin wird doch hoffentlich nicht vergessen haben, in einer ggf. geleisteten Vermögensauskunft für den Betreuten das Geldmarktkonto anzugeben...

    Im Insolvenzverfahren hat übrigens kein Gläubiger etwas von den € 700,00, da sie zur anteiligen Deckung der Verfahrenskosten Verwendung finden werden (Vermögensschonbeträge wie z.B. im Sozialhilferecht gibt es im Vollstreckungsrecht mit der eingangs genannten Ausnahme sowie § 851c ZPO nicht).

    Die Sinnfrage hinsichtlich der Durchführung eines Insolvenzverfahrens bei einem Schuldner, für den dies in Anbetracht seiner persönlichen Situation ohne erkennbaren Vorteil ist, ist durchaus berechtigt. Insolvenzrechtlich spielt das aber keine Rolle, auch nicht für die Verfahrenskostenstundung, da es insoweit im Gegensatz zu PKH/VKH nicht das Kriterium Mutwilligkeit gibt.

    Für die Abtretungserklärung (§ 287 Abs. 2 S. 1 InsO) braucht der Betreuer eine betreuungsgerichtliche Genehmigung (§§ 1908i Abs. 1, 1812 BGB), wenn sie nicht (auch) vom (geschäftsfähigen) Betreuten unterzeichnet ist.

    Es wäre sicherlich sehr interessant, wenn ein Verfahren durch die Instanzen gehen würde, in dem die Genehmigung versagt worden ist. Wenn ich den Fall nehme, dass der Betreute absehbar auf Dauer kein pfändbares Einkommen haben wird, kann man sich ja vielleicht auf den Standpunkt stellen, dass die Genehmigung für das Wohl des Betreuten nicht von Vorteil, sondern bestenfalls neutral ist (es wird etwas abgetreten, dass er nicht hat und nicht haben wird).


  • Dies wurde bei uns noch nie beantragt, obwohl nicht nur geschäftsfähige Betroffene "in Insolvenz gehen". Vielleicht ist ies dem Inso-Gericht einfach nicht bekannt.

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