Vertrauensschutz für Ergänzungsbetreuer?

  • Folgender Fall: RAin wurde zur Ergänzungsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis "Wohnungsangelegenheiten, einschließlich Abschluss Mietvertrag und Vertretung gegenüber dem Vermieter" bestellt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Betreuer (Vater) gemäß § 1795 I Nr. 1 BGB von der Vertretung ausgeschlossen ist, weil er gleichzeitig der Vermieter ist. Ein Jahr lang wurde eine Pauschalvergütung gemäß §§ 4, 5 VBVG mit einem Stundensatz von 44,00EUR antragsgemäß angewiesen.:gruebel: Dann fiel auf, dass die RAin als Ergänzungsbetreuerin ja lediglich eine Vergütung nach §§ 1 Abs. 2, 3 VBVG beanspruchen kann. Die Akte wurde dem Revisor vorgelegt. Der beantragt rückwirkend die gerichtliche Festsetzung bei Zugrundelegung eines Stundensatzes von 33,50 EUR für den konkreten Zeitaufwand. Daraufhin habe ich die RAin aufgefordert, rückwirkend ihren genauen Zeitaufwand mitzuteilen. Dies hat sie bislang verweigert mit dem Hinweis, dass eine Ergänzungsbetreuung hier gar nicht vorliegt, weil der Betreuer (Vater) gar nicht den Aufgabenkreis„Wohnungsangelegenheiten“ innehat und somit kein Vertretungsausschluss vorliegen kann. Der Richter erwiderte daraufhin, dass sehr wohl Ergänzungsbetreuung vorliegt und im Übrigen die Wohnungsangelegenheiten Teil der Vermögenssorge sind.So nun meine Frage: Würdet ihr die Vergütung der Ergänzungsbetreuerin rückwirkend ab ihrer Bestellung tatsächlich auf Null festsetzen oder besteht hier so etwas wie Vertrauensschutz, weil ein Jahr lang die Vergütung nach §§ 4, 5 VBVG antragsgemäß angewiesen wurde?

  • Vertrauensschutz gibt es keinen, da eine förmliche Festsetzung bislang nicht erfolgte.

    Diese würde ich nachholen und die Ergänzungsbetreuerin dringend auffordern, die benötigte Zeit aufzulisten. Ansonsten käme nur die Zurückweisung der vorliegenden Anträge in Betracht.

  • Deswegen bin ich auch ein strikter Gegner der Verfahrensweise, die Vergütung nicht festzusetzen, sondern lediglich anzuweisen. Wäre festgesetzt und der Beschluss rechtskräftig, wären die Dinge so wie sie sind, und zwar ganz gleich, ob zu viel oder zu wenig festgesetzt wurde.

    In der Sache selbst darf ich darauf aufmerksam machen, dass nach § 3 Abs. 1 S. 3 VBVG die Umsatzsteuer gesondert erstattungsfähig ist, was bei der Vergütung nach § 4 VBVG nicht in Betracht kommt (inkludierte Umsatzsteuer). Auch kann nach § 3 Abs. 3 VBVG der Stundensatz im Vermögensbereich erhöht werden (also nicht im Fall der Mittellosigkeit).

  • Puh, verzwickter Fall.
    Was mir zu denken gibt ist, dass vielleicht wirklich keine Ergänzungsbetreuung vorliegt.
    Wenn in der normalen Betreuung keine Wohnungsangelegenheiten angeordnet sind, und die "Ergänzungsbetreuerin" für Wohnungsangelegenheiten bestellt ist, sehe ich keinen Vertretungsausschluss, sondern normale Betreuung für diesen Aufgabenkreis.
    Nur weil es im Beschluss Ergänzungsbetreuung heißt, steckt das noch lang nicht drin:)
    Ich denke, du hast 2 Möglichkeiten.

    1. Du glaubst, dass es eine Ergänzungsbetreuung ist: Dann Regressbeschluss machen (wird wohl Beschwerde der Anwältin kommen), die Anwältin anweisen, eine Abrechnung nach konkretem Zeitaufwand vorzunehmen

    2. Du glaubst, dass es keine Ergänzungsbetreuung ist: Du setzt die bisher angewiesene Betreuervergütung förmlich per Beschluss fest, beteiligst den Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse (wirst wohl eine Beschwerde des Revisors) bekommen.


    Halte uns doch auf dem Laufenden, was dabei rauskommt. Mich würde es interessieren

  • Also ich werde mich wohl für die 1. Variante entscheiden. Wie gestaltet sich das rein praktisch? Die Anwältin verweigert ja die Einreichung einer Zeitaufstellung und bittet um eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung. Also muss ich die Vergütungsanträge für den gesamten zurückliegenden Zeitraum per Beschluss zurückweisen. Erfolgt die Feststellung der Rückzahlungsverpflichtung ebenfalls in diesem Beschluss? Ich hatte so einen Fall bislang noch nicht und bin jetzt etwas ratlos :oops:.

  • Du setzst die bisher angewiesene Vergütung fest und ordnest gleichzeitig an, dass diese an die Staatskasse zurückzuerstatten ist, weil für dich Ergänzungsbetreuung vorliegt und eine Vergütung nach 4,5 VBVG nicht in Betracht kommt.
    Wogegen wird hier die Anwältin Beschwerde einlegen.
    Und dann einfach mal abwarten.

    Wenn Sie keine Zeitliste mit konkretem Aufwand einreichen kann, dann bekommt sie wohl keine Vergütung

  • Hat nicht der anordnende Richter ausgeführt, es handle sich um eine Ergänzungsbetreuung? Wie kann man dann noch darüber diskutieren? Im übrigen hätte die "Ergänzungsbetreuerin" gegen den Anordnungsbeschluss innerhalb der Rechtsmittelfrist Rechtsmittel einlegen müssen. Jetzt ist die Frist rum, oder enthält der Beschluss gar keine Rechtsbehelfsbelehrung?

    Ich würde über den Antrag des Bezirksrevisors entscheiden und -mangels anderweitigem Antrag der Ergänzungsbetreuerin (ohne Vorlage einer entsprechenden Stundenaufstellung) die Vergütung auf € 0,00 festsetzen und weiterhin einen Regressbeschluss erlassen.

    Es liegt dann an der Ergänzungsbetreuerin, ob Sie gegen den Festsetzungsbeschluss ins Rechtsmittel geht oder nicht. Ansonsten könnte sie ja -sofern nicht die Erlöschensfrist rum ist- noch Antrag auf Festsetzung einer Pauschalvergütung oder auf Festsetzung einer Stundenvergütung stellen. Wenn sie die Erlöschensfrist verstreichen lässt, ist sie selber schuld.

  • Hat der Richter nicht ausdrücklich erklärt, er habe eine "Ergänzungsbetreuung" angeordnet. Das hat doch nichts mit "Unfehlbarkeit von Richtern" zu tun, wenn er ausdrücklich erklärt: "Ich habe eine Ergänzungsbetreuung angeordnet." Wie kann man dann darüber diskutieren, dass der Richter mit der Anordnung einer "Ergänzungsbetreuung" die Anordnung einer "weiteren Betreuung" gemeint hat.:gruebel:

  • Der erlassende Richter ist nicht mehr im Dienst und kann deshalb nicht mehr befragt werden. Der Beschluss ist meines Erachtens etwas widersprüchlich. Er ist überschrieben mit "Bestellung eines weiteren Betreuers". In den Gründen heißt es dann aber, ... im Hinblick auf den insoweit bestehenden Ausschluss der Vertretungsbefugnis gemäß § ....., war daher ein Ergänzungsbetreuer für den Aufgabenkreis Wohnungsangelegenheiten zu bestellen." Der nunmehr zuständige Richter ist der Ansicht, dass die Bestellung seinerzeit gemäß § 1899 Abs. 4 BGB erfolgte, weil der Betreuer (Vater) an der Wahrnehmung der Angelegenheiten des Betroffenen die Wohnungsangelegenheiten betreffend gehindert ist. Im Übrigen seien seiner Meinung nach die Wohnungsangelegenheiten Teil der Vermögenssorge.

  • ... Er ist überschrieben mit "Bestellung eines weiteren Betreuers".
    ...

    Ich würde mich da ausschließlich am Beschlusstenor orientieren ;)
    (Offenbar war diese "weitere" Betreuung-/Ergänzungsbetreuung ohnehin auf Dauer angelegt, vgl. die Aufgabenkreise, allein der Abschluss des Mietvertrages war scheinbar gar nicht gewollt, sonder mehr und länger.)


    Wenn einfach nur ein weiterer Betreuer bestellt wurde, dann wurde eben einfach nur ein weiterer Betreuer bestellt, ob und in wie weit der nun teils weiterer und teils Verhinderungsbetreuer ist, wäre dann egal.

    Grundsätzlich sehe ich das schon eher so, dass ich im Vergütungsverfaren nicht einfach den Anordnungsbeschluss der Betreuungswirklichkeit anpassen kann, der AO-Beschluss ist meine Grundlage für die Vergütung, der muss halt passen sonst schaut's komplex aus mit der Vergütung (siehe z.B. auch den Fred zur nachträglichen Berufsmäßigkeitsfeststellung).

  • Vertrauensschutz gibt's grdsl. schon auch.

    Ob allerdings hier im speziellen Fall...?


    "Allerdings kann einer (Neu-)Festsetzung der Betreuervergütung, welche eine Rückforderung überzahlter Beträge zur Folge hätte, im Einzelfall der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn das Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig ist. Der Vertrauensschutz ist bereits bei der Festsetzung der Betreuervergütung im gerichtlichen Verfahren nach § 168 Abs. 1 FamFG zu prüfen, denn mit der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung wird im Falle bereits zuviel erhaltener Leistungen zugleich der Rechtsgrund für deren Rückforderung geschaffen."

    BGH NJW 2014, 1007 [24]

  • Im materiellen Rechtssinne kann eine Ergänzungsbetreuung nur vorliegen, wenn aus dem ursprünglichen Wirkungskreis des Hauptbetreuers ein Teilwirkungskreis "abgespalten" wird, weil letzterer in diesem Rahmen aufgrund eines Vertretungsausschlusses nicht tätig sein kann. Geht es dagegen um einen Wirkungskreis, den der Hauptbetreuer gar nicht innehatte, handelt es sich dagegen um einen weiteren Betreuer, nicht um einen Ergänzungsbetreuer.

    Wie der Beschluss lautet, ist demgegenüber unerheblich. Der Beschluss kann nicht etwas im Rechtssinne generieren, das es nicht gibt.

    Zu fragen ist also zunächst, welchen Wirkungskreis der Hauptbetreuer innehat(te).

  • ... Er ist überschrieben mit "Bestellung eines weiteren Betreuers".
    ...

    Ich würde mich da ausschließlich am Beschlusstenor orientieren ;)
    (Offenbar war diese "weitere" Betreuung-/Ergänzungsbetreuung ohnehin auf Dauer angelegt, vgl. die Aufgabenkreise, allein der Abschluss des Mietvertrages war scheinbar gar nicht gewollt, sonder mehr und länger.)


    Wenn einfach nur ein weiterer Betreuer bestellt wurde, dann wurde eben einfach nur ein weiterer Betreuer bestellt, ob und in wie weit der nun teils weiterer und teils Verhinderungsbetreuer ist, wäre dann egal.

    Grundsätzlich sehe ich das schon eher so, dass ich im Vergütungsverfaren nicht einfach den Anordnungsbeschluss der Betreuungswirklichkeit anpassen kann, der AO-Beschluss ist meine Grundlage für die Vergütung, der muss halt passen sonst schaut's komplex aus mit der Vergütung (siehe z.B. auch den Fred zur nachträglichen Berufsmäßigkeitsfeststellung).


    Das sehe ich auch so.


    Hinsichtlich des Vertrauensschutzes erscheint mir die zitierte BGH-Entscheidung wohl nicht anwendbar.

    Diese soll nur für den Einzelfall gelten und auch nur, wenn das Vertrauen des Betreuers in die bisherige Vergütungszahlung schutzwürdig ist. Beim Rechtsanwalt als Betreuer würde ich dies noch strenger sehen. Unabhängig davon dürften die Betreuer mehr oder weniger generell darauf vertrauen, die bisher gezahlte Vergütung auch weiter zu erhalten.

    Wiederum hat der BGH an anderer Stelle (Höhe der Stundensätze) ausdrücklich den Vertrauensschutz der Betreuer ausgeschlossen. :gruebel:

  • Im materiellen Rechtssinne kann eine Ergänzungsbetreuung nur vorliegen, wenn aus dem ursprünglichen Wirkungskreis des Hauptbetreuers ein Teilwirkungskreis "abgespalten" wird, weil letzterer in diesem Rahmen aufgrund eines Vertretungsausschlusses nicht tätig sein kann. Geht es dagegen um einen Wirkungskreis, den der Hauptbetreuer gar nicht innehatte, handelt es sich dagegen um einen weiteren Betreuer, nicht um einen Ergänzungsbetreuer.

    Wie der Beschluss lautet, ist demgegenüber unerheblich. Der Beschluss kann nicht etwas im Rechtssinne generieren, das es nicht gibt.

    Zu fragen ist also zunächst, welchen Wirkungskreis der Hauptbetreuer innehat(te).

    Genauso ist es. :daumenrau Die letzte Frage war ja schon teilweise beantwortet und da wird es dann problematisch, was worunter fällt.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Nach meinem Dafürhalten war der Aufgabenkreis der Vermögenssorge des Hauptbetreuers für Vertragsabschlüsse nach § 1907 III BGB ausreichend.
    Eines zusätzlichen Aufgabenkreises "Wohnungsangelegenheiten" hätte es in vorl. Fall nicht bedurft ( so auch Damrau/Zimmermann Anm. 9 zu § 1907 BGB ).
    Wenn dieser nunmehr in der Vertretung bzgl. der Vermögenssorge teilweise ausgeschlossen ist, kommt man m.E. zwangsläufig zu dem Ergebnis , dass és sich um einen Ergänzungsbetreuer handeln muss.

  • Also der Beschluss ist ja nun nicht komplett daneben, immerhin ist berufsmäßige Betreuung angeordnet, das ist ja schon mal was :D

    Hier scheint es ja nun auch noch so zu sein, dass es wohl doch zusammenpasst, also Beschluss und materielle Rechtslage.

    Ob's die Wohnungsangelegenheiten nun brauchte oder nicht, egal. Sie wurden angeordnet, vorher gab's sie nicht jetzt gibt's sie also weitere Betreuung.
    Über den (Misch-?)Charakter der Wohnungsangelegenheiten werden sich ganz andere Leute nicht einig.

  • Ich sehe durchaus einen Vertrauensschutz des Betreuers in bereits ausgezahlte Vergütungen. Es sei denn, der Betreuer hat die Vergütung grob fehlerhaft und wider besseren Wissens berechnet (z.B. Betroffener ist ins Heim gezogen, Betreuer "vergisst" den Vergütungsantrag zu ändern und rechnet nach "nicht Heim" ab, Rechtspfleger schläft :strecker).

    Anders siehts aus bei Tatbeständen, die rechtlich so speziell sind, dass ein Betreuer sie möglicherweise nicht kennt. Oder in solchen Fällen, wo die Höhe der Vergütung streitig ist. Hier bei der "Ergänzungsbetreuung" könnte ich mir vorstellen, dass der Betreuer (obwohl RA und damit total im Bilde ;)) den besonderen Tatbestand gar nicht kannte und wirklich dachte, er könne wie ein normaler Betreuer abrechnen.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!