Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Ein erbrachter Nachweis, dass nach Stellung des Erstantrags derInsolvenzgrund entfallen ist, stellt eine Zäsur dar, die denZurechnungszusammenhang i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO zwischen Erstantrag undZweitantrag entfallen lässt. Dies gilt insbesondere für den Fall, in welchemdurch gerichtliches Gutachten nach Stellung des Erstantrags positivfestgestellt wurde, dass ein Insolvenzeröffnungsgrund nicht gegeben ist.

    LG München I, Beschl. v. 10. 1. 2014 - 14 T 375/14

  • 1.Das Eigenverwaltungsverfahren ist nur für "wohlvorbereitete" Insolvenzanträge geeignet, bei welchen die Geschäftsleitungdeutlich machen kann, den speziellen rechtlichen Anforderungen an eineEigenverwaltung, die sich im Insolvenzverfahren stellen, gewachsen zu sein.

    2.Insbesondere muss Kenntnis zum Führen von Tabelle undMassenverzeichnissen, zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger und zurregelgerechten Begründung von Masseverbindlichkeiten, dargelegt werden.

    AG Hamburg, Beschl. v. 19. 12. 2013 - 67c IN 501/13

  • Die Tätigkeit eines im Insolvenzeröffnungsverfahren isoliertbestellten Sachverständigen mit dem Auftrag zur Feststellung des Vorliegenseines Insolvenzgrundes sowie der Aussichten für eine Fortführung ist bei einerdurchschnittlichen Struktur des schuldnerischen Unternehmens mit einemStundensatz von 105 € angemessen vergütet.

    AG Stuttgart, Beschl. v. 10. 1. 2014 - 3 IN 806/13

  • Das Finanzamt kann gegen Anfechtungsansprüche mit Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO aufrechnen.

    Der Begriff "mit Zustimmung" in § 55 Abs. 4 InsO ist weit auszulegen. Die Zustimmung im Sinne des § 55 Abs. 4 InsO liegt bereits vor, wenn sich der schwache vorläufige Insolvenzverwalter mit der Fortführung des Unternehmens konkludent einverstanden erklärt. Er stimmt nur dann nicht zu, wenn er Umsatzgeschäften des Schuldners widerspricht.

    OLG Köln v. 29.01.2014, 2 W 4/14

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Ein Gläubiger ist mit seinem gerichtlich festgesetzten prozessualen Anspruch auf Erstattung der Kosten eines gegen den Schuldner geführten Rechtsstreits, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen begonnen wurde, kein Insolvenz-, sondern Neugläubiger.

    Dies gilt unabhängig davon, ob der Schuldner zusätzlich aus einem vor Insolvenzeröffnung verwirklichten Schuldgrund materiellrechtlich zur Kostenerstattung verpflichtet ist.

    BGH, Beschluß vom 6. Februar 2014 - IX ZB 57/12

  • BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - IX ZR 133/13

    Hat sich der spätere Insolvenzschuldner zur unentgeltlichen lastenfreien Übertragung eines Grundstücks verpflichtet, ist die innerhalb von vier Jahren vor dem Insolvenzantrag erfolgte Ablösung eines bei der Übertragung bestehen gebliebenen Grundpfandrechts selbständig als unentgeltliche Leistung anfechtbar.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • 1.Der Anspruchsübergang auf den Leistungsträger erfolgt mit derjeweiligen Zahlung, wenn diese kausal ist, d.h., wenn und soweit beirechtzeitiger Leistung des Dritten die Leistung zur Sicherung desLebensunterhalts nichterbracht worden wäre.

    2.Einem Anspruchsübergang bei Leistung nach Insolvenzeröffnungsteht § 91 Abs. 1 InsO entgegen.

    OLG Saarbrücken, Urt. v. 21. 11. 2013 - 4 U 377/12

  • 1.Zahlt die Schwestergesellschaft eines Energiehändlers vondiesem geschuldete Netznutzungsentgelte an den Netzbetreiber, so kann dieZahlung in der Insolvenz der Schwestergesellschaft als unentgeltliche Leistunganfechtbar sein. Der energiewirtschaftsrechtliche Kontrahierungszwang für denNetzbetreiber steht der Anfechtbarkeit nicht entgegen.

    2.Die Zahlung der Schwestergesellschaft ist entgeltlich, wennder Netzbetreiber dem Energiehändler nach Eingang der Zahlung weiterenNetzzugang gewährt hat und dies ohne die Zahlung in rechtlich zulässiger Weiseverweigert oder von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht hätte. Stand demNetzbetreiber bereits unabhängig von der Zahlung durch dieSchwestergesellschaft das Recht zu, den weiteren Netzzugang von einer Sicherheitsleistungabhängig zu machen, ist die Zahlung durch die Schwestergesellschaftunentgeltlich.

    LG Stuttgart, Urt. v. 5. 11. 2013 - 16 O 556/12

  • 1.Die Gründe für den Eintritt des Vermögensverfalls sind fürdie Widerrufsentscheidung unerheblich, da die gesetzliche Regelung in § 46 Abs.2 Nr. 4 StBerG nicht auf ein Verschulden abstellt.

    2.Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zurWiederherstellung der geordneten finanziellen Verhältnisse.

    FG Niedersachsen, Urt. v. 27. 6. 2013 - 6 K 47/13

  • 1.Ansprüche aus Energielieferungsverträgen sind alsEinzelansprüche aus einem Wiederkehrschuldverhältnis anzusehen. BeiForderungen, die auf Lieferungen bis zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnungberuhen, handelt es sich daher um Insolvenzforderungen. Ansprüche aus späterenLieferungen sind entweder Masseverbindlichkeiten oder Neuverbindlichkeiten, diesich allein und unmittelbar gegen den Schuldner richten.

    2.Einem Energieversorgungsunternehmen obliegt es im Falle derEröffnung eines Insolvenzverfahrens die Verbrauchsmenge zum Stichtag derEröffnung abzulesen. Unklarheiten der Verbrauchsmengen aufgrund verspäteterAblesung gehen regelmäßig zulasten des Energieversorgers.

    AG Krefeld, Urt. v. 23. 5. 2013 - 3 C 423/11

  • BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 - IV ZR 163/13

    Ein privater Krankheitskostenversicherungsvertrag wird nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst und unterliegt daher nicht dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO.

    Zum Nachweis des Zugangs eines im Sendeprotokoll mit "OK-Vermerk" versehenen Telefaxes.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BFH vom 21.11.2013, V R 21/12
    Bankenhaftung im Insolvenzfall

    Die von § 13c UStG (Haftung für Umsatzsteuer bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen) vorausgesetzte Steuerfestsetzung kann sich aus einem Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid ergeben. Dieser erledigt sich durch einen Umsatzsteuerjahresbescheid oder nach Insolvenzeröffnung durch die Eintragung zur Tabelle bzw. bei Bestreiten durch den nach § 251 AO zu erlassenden Feststellungsbescheid.

    Hinweis auf: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post831966

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

    Einmal editiert, zuletzt von Exec (10. März 2014 um 08:45)

  • Weist der spätere Insolvenzschuldner einen Dritten an, diegeschuldete Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, liegt darin imRegelfall eine inkongruente Deckung, weil die Erfüllung nicht „in der Art“erfolgt, in der sie geschuldet ist. Das gilt auch, wenn der Schuldner und derDritte Schwesterunternehmen sind oder einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten.


    BAG, Urt. v. 21.11.2013 – 6 AZR 159/12

  • Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eineKündigungsschutzklage gegen den Schuldner zu richten, wenn dieser eineselbstständige Tätigkeit ausübt und der Insolvenzverwalter das Vermögen ausdieser Tätigkeit gemäß § INSO § 35 INSO § 35 Absatz II InsO aus derInsolvenzmasse freigegeben hat. Mit Zugang der Freigabeerklärung bei demSchuldner fällt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die zu diesemZeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnisse ohne gesonderte Kündigung von demInsolvenzverwalter an den Schuldner zurück.


    BAG, Urt. v. 21.11.2013 – 6 AZR 979/11

  • 1. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, mit den Ermittlungsbehörden zu kooperieren.

    2. Auf Grund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist vor einer Durchsuchung bei einem Insolvenzverwalter dieser nach § 95 StPO zur Herausgabe aufzufordern, sofern keine Anhaltspunkte für durchsuchungsgefährdendes Verhalten des Verwalters erkennbar sind.

    3. Das Ziel, gegen alle vermuteten Gewahrsamsinhaber von Beweismitteln zu gleicher Zeit vorzugehen, rechtfertigt es wegen des bei einer Durchsuchung betroffenen Grundrechts aus Art. 13 Absatz I GG nicht, ohne vorheriges Herausgabeverlangen nach § 95 StPO die Durchsuchung der Geschäftsräume des betroffenen Insolvenzverwalters anzuordnen.


    LG Dresden, Beschluss vom 27.11.2013 – 5 Qs 113/13

  • 1.Ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid über eineUmsatzsteuernachzahlung als Insolvenzforderung steht einer später begehrtenanderweitigen Umsatzsteuerfestsetzung entgegen, wenn dieser Bescheid nicht mehrgeändert werden kann.

    2.Die Entscheidung des FA über die Rücknahme desFeststellungsbescheides nach § 130 Abs. 1 AO ist eine Ermessensentscheidung,die von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden kann.

    BFH, Urt. v. 11. 12. 2013 - XI R 22/11

  • 1.Mit den gleichlautenden Formulierungen in § 58 Abs. 1 Satz 1GKG und § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO hat der Gesetzgeber eine einheitlicheBerechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters und dieGerichtskosten geschaffen.

    2.Für den Fall der Betriebsfortführung errechnet sich dieInsolvenzverwaltervergütung nach dem Überschuss, der sich nach Abzug derAusgaben von den Einnahmen ergibt.

    OLG Koblenz, Beschl. v. 20. 1. 2014 - 12 W 640/13

  • 1.Hohe Schulden bei privaten Gläubigern und die fehlendewirtschaftliche Leistungsfähigkeit, dokumentiert durch die Abgabe dereidesstattlichen Versicherung, sind geeignet, die gewerbliche Unzuverlässigkeitzu begründen, selbst wenn keine Rückstände bei öffentlichen Gläubigernbestehen.

    2.Ein unmittelbar bevorstehender Insolvenzantrag steht einererweiterten Gewerbeuntersagung nicht entgegen und macht sie auch nichtrechtswidrig.

    VG Würzburg, Beschl. v. 3. 12. 2013 - W 6 S 13.1148

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!