Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - IX ZR 185/13

    Werden durch eine Zahlung des Schuldners aufgrund eines mit dem Gläubiger ver-einbarten Verzichts über den Zahlungsbetrag hinausgehende Verbindlichkeiten getilgt, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus, wenn der in der Zahlung liegende Vermögensverlust durch den damit verbundenen Verzicht auf weitere Forderungen voll ausgeglichen wird.

    Eine durch eine Anweisung auf Kredit bewirkte Zahlung löst auch dann keine Gläubi-gerbenachteiligung aus, wenn der auftragsrechtliche Erstattungsanspruch des An-gewiesenen nachträglich in ein Darlehen umgewandelt wird.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Im Fall der bereits eingetretenen drohenden Zahlungsunfähigkeithandelt der Schuldner nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn eraufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnenkann. Droht also die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, dienahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann.

    Von einem Ausschluss der drohenden Zahlungsunfähigkeit kann nurdann gesprochen werden, wenn zzt. der angefochtenen Rechtshandlung einschlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzeptvorliegt, das mindestens in Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist undbeim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt.


    KG, Urt. v. 1. 8. 2014 - 14 U 119/12

  • Gläubiger von nach dem Schuldverschreibungsgesetz 1899ausgegebenen Schuldverschreibungen können nach Eröffnung desInsolvenzverfahrens nicht mehr für die Anwendung des neuenSchuldverschreibungsgesetzes 2009 votieren.

    Wird der Beschluss des Insolvenzgerichts über die Einberufungeiner Gläubigerversammlung nach altem Schuldverschreibungsrecht nicht im BAnZbekanntgemacht, ist die Einberufung nicht ordnungsgemäß erfolgt.


    OLG Dresden, Zwischenurt. v. 9. 12. 2015 - 13 U 223/15

  • Die Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist eineinkongruente Deckung, wenn der Schuldner zur Zeit seiner Leistung damit rechnenmuss, dass ohne sie der Gläubiger nach dem kurz bevorstehenden Ablauf einerletzten Zahlungsfrist mit der ohne weiteres zulässigen Zwangsvollstreckungbeginnt.

    Mahnungen mit Ankündigung der Zwangsvollstreckung gehen überein erstes Mahnschreiben, das keine Inkongruenz bewirken kann, deutlich hinaus.

    Wer über Monate nur verspätete Zahlungen nur dann erhält, wennzuvor die Vollstreckung angekündigt wurde, kennt im Allgemeinen Umstände, diezwingend auf die Benachteiligung schließen lassen.


    Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation ist zu einerverkehrsgerechten Informationsverwaltung verpflichtet. Eine solche Obliegenheitgilt nicht nur im Bereich der Bankenorganisation, sondern ebenso fürVersicherungsunternehmen und kann ohne Weiteres auch für die Steuerverwaltungangenommen werden, zumal diese mit der Verwaltung und Einziehung fälligerSteuern eine öffentliche Aufgabe erfüllt.


    LG Saarbrücken, Urt. v. 17. 12. 2015 - 4 O 82/15

  • Ein Anspruch auf Duldung der Trennung vom Gasnetz betrifft beieiner juristischen Person die Insolvenzmasse.

    Eine Klage ist gegen den Insolvenzverwalter bzw. bei Anordnungder "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter gegen den vorläufigenInsolvenzverwalter zu richten.

    Im Falle einer Klagzustellung an den Schuldner trotzgerichtlichen Hinweises hat der Kläger bei Rücknahme der Klage die Kosten zutragen.


    AG Göttingen, Beschl. v. 9. 12. 2015 - 21 C 107/15

  • Eine Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann aufgehobenwerden, solange der Beschluss noch nicht rechtskräftig ist (BGH ZInsO 2006, 871= NZI 2006, 599 = ZIP 2006, 1651 = ZVI 2006, 404; AG Göttingen, Beschl. v.23.12.2014 - 74 IK 83/14, ZInsO 2015, 323).

    Macht der Schuldner falsche Angaben zu seinem Wohnsitz("Gerichtsstandserschleichung"), können der Stundungsbeschluss gem. §4c Nr. 1 InsO und der Eröffnungsbeschluss aufgehoben werden.


    AG Göttingen, Beschl. v. 19. 6. 2015 - 71 IK 53/15 EIN

  • Eine Bescheinigung i.S.v. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO kann vomInsolvenzgericht bei offenkundigen Zweifeln (hier: räumliche Distanz zwischenSchuldnerwohnsitz [Köln], beratender Stelle [Bergisch-Gladbach] undbescheinigendem Rechtsanwalt [Heidelberg]) auf die Erfüllung der gesetzlichenVoraussetzungen hin überprüft werden.

    Ein Rechtsanwalt als "geeignete Person" i.S.v. § 305Abs. 1 Nr. 1 InsO kann demgemäße Beratungsleistungen nur in eigener Personerbringen. Eine Delegation der "geborenen" Beratungspflicht istausgeschlossen. Eine "Einbindung" des Rechtsanwalts in die Beratungsprozesseder Schuldnerberatungsstelle genügt nicht.

    Die Erteilung der Bescheinigung durch einen Rechtsanwalt beiBeratung des Schuldners durch eine (nicht anerkannte) Schuldnerberatung führtnach fruchtlosem gerichtlichen Hinweis zur Abweisung des Insolvenzantrags alsunzulässig.


    LG Köln, Beschl. v. 24. 11. 2015 - 13 T 96/15

  • Solange die Möglichkeit besteht, dass aus dem vollstreckbarenAuszug aus der Insolvenztabelle privilegiert vollstreckt wird, kann eineEintragung des Rechtsgrundes der vorsätzlich unerlaubt begangenen Handlung ineinem Verfahren, in dem der Schuldner keinen Antrag auf Erteilung derRestschuldbefreiung gestellt hat, aus Gründen der Rechtssicherheit nichterfolgen.

    AG Aurich, Beschl. v. 3.12.2015 - 9 IN 145/15

  • Hatte der Schuldner im Rahmen eines ersten Insolvenzverfahrensdie Möglichkeit eines wirtschaftlichen Neubeginns und beendet er dieses Verfahrenvorzeitig durch Rücknahme des Antrags, um sodann ein neues Verfahreneinzuleiten, so ist ein solches Verhalten unredlich und rechtsmissbräuchlich.

    AG Fürth, Beschl. v. 13. 1. 2016 - IN 581/15

  • Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können auch dann unter dem Gesichtspunkt der erkannten drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu bejahen sein, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Handlung noch uneingeschränkt zahlungsfähig ist, aber bereits feststeht, dass Fördermittel, von denen eine kostendeckende Geschäftstätigkeit abhängt, alsbald nicht mehr gewährt werden.

    BGH, Urt. v. 21.01.2016 - IX ZR 84/13

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • BGH, Beschluss vom 4. Februar 2016 - IX ZB 71/15

    Dem Schuldner fehlt das für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erforderliche Rechtsschutzinteresse, wenn er den erneuten Eigenantrag mit dem Ziel der Erteilung der Restschuldbefreiung stellt, obwohl ihm innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Eröffnungsantrag bereits einmal die Restschuldbefreiung in einem Insolvenzverfahren erteilt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn in dem vorausgehenden Verfahren Forderungen einzelner Gläubiger möglicherweise zu Unrecht mit dem Zusatz der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung festgestellt worden sind.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - IX ZR 32/14

    Zahlt der Schuldner auf Steuerforderungen nur noch unter Vollstreckungsdruck und weiß der Steuergläubiger, dass die Hausbank des Schuldners eine Ausweitung seines ausgeschöpften Kreditlimits ablehnt und Zahlungen nur noch aus einer geduldeten Kontoüberziehung erfolgen, kann daraus auf eine Zahlungseinstellung des Schuldners und einen Benachteiligungsvorsatz sowie dessen Kenntnis geschlossen werden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Im Fall des § 295 Abs. 2 InsOgenügt der Gläubiger seiner Pflicht zur Glaubhaftmachung der Beeinträchtigungder Befriedigung der Insolvenzgläubiger bereits dann, wenn er darlegt, dass derSchuldner an den Treuhänder nicht den Betrag abgeführt hat, den er bei Ausübungeiner vergleichbaren abhängigen Tätigkeit hätte abführen müssen.
    InsO § 296 Abs. 2

    Gibt das Insolvenzgericht demSchuldner gemäß § 296 Abs. 2 Satz 1 InsO nur Gelegenheit, sich zumVersagungsantrag des Gläubigers zu äußern, handelt es sich bei derStellungnahme des Schuldners nicht um eine Auskunft nach § 296 Abs. 2 Satz 2InsO.
    InsO § 296 Abs. 2 Satz 3

    Eine Versagung derRestschuldbefreiung wegen nicht fristgerecht abgegebener ei-desstattlicher Versicherungsetzt voraus, dass der Schuldner zuvor eine Auskunft über die Erfüllung seinerObliegenheiten gemäß § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO erteilt hat und der Schuldner vomGericht aufgefordert wird, die Richtigkeit bestimmter Auskünfte an Eides stattzu versichern.

    BGH, Beschluss vom 4. Februar2016 - IX ZB 13/15

  • Veranlasst ein Schuldner einenMittler zur Erbringung von Leistungen, die aus seinem Vermögen stammen, anseinen Gläubiger, und fechten, nachdem sowohl der Schuldner als auch derMittler in die Insolvenz geraten sind, beide Insolvenzverwalter die Leistungenan, schließt die auf die mittelbare Zuwendung gestützte Deckungs-anfechtungdurch den Insolvenzverwalter des Schuldners eine Schenkungsanfechtung durch denInsolvenzverwalter des Mittlers nur insoweit aus, als der Anfechtungsgegner dasanfechtbar Erlangte tatsächlich an den Insolvenzverwalter, der dieDeckungsanfechtung geltend macht, zurückgewährt (Ergänzung zu BGHZ 174, 228).

    BGH, Urteil vom 4. Februar 2016- IX ZR 42/14

  • BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - IX ZR 77/15

    a) Die Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung findet gegenüber Religionsgesell-schaften in der Rechtsform von Körperschaften des öffentlichen Rechts wegen freiwilliger Spenden auch dann statt, wenn die Religionsgesellschaft an sich befugt wäre, gleich hohe Beträge als Kirchensteuer einzuziehen; das kirchliche Selbstbestimmungsrecht wird dadurch nicht in verfassungswidriger Weise verletzt.

    b) Zur Definition des Gelegenheitsgeschenks im Sinne der Ausnahmeregelung des § 134 Abs. 2 InsO.

    c) Gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke an eine Person sind im Sinne des § 134 Abs. 2 InsO von geringem Wert, wenn sie zu der einzelnen Gelegenheit den Wert von 200 € und im Kalenderjahr den Wert von 500 € nicht übersteigen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15

    Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen Widerspruch eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt.

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