Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • 1. Aus einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag steht dem Entleiher wegen seiner subsidiären Verpflichtung aus § 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV in der Insolvenz des Verleihers kein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB gegen die vom Insolvenzverwalter geltend gemachte Vergütungsforderung aus der Überlassung der Arbeitnehmer zu (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2004 - IX ZR 200/03, Rn. 35).

    2. Ist der Entleiher bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verleihers (noch) nicht aus seiner Subsidiärhaftung nach § 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV in Anspruch genommen worden, hat er auch deshalb kein Zurückbehaltungsrecht, weil die Aufrechnung mit einem entsprechenden Regressanspruch gemäß § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO ausgeschlossen wäre. Denn die Ausübung dieses Zurückbehaltungsrechts hätte einen der unzulässigen Aufrechnung gleichkommenden Erfolg.

    AG Moers, Urt. v. 07.05.2013 - 563 C 297/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Die Klagebefugnis steht nur demjenigen zu, der geltend machen kann, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten aus Abgabenangelegenheiten verletzt zu sein. Ein rein wirtschaftliches Interesse am Ausgang eines Steuerverfahrens genügt insoweit nicht.

    2. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Insolvenzverwalter die uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis unter Ausschluss des Insolvenzschuldners. Der Schuldner ist nicht prozessführungsbefugt.

    FG Niedersachsen, Urt. v. 14.03.2013 - 6 K 251/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Nur die formwirksame Beendigung eines Arbeitsverhältnisses führt dazu, dass im Fall einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses, der Insolvenzzeitraum mit dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses endet.

    LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 10.07.2013 - L 3 AL 2836/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Sinn und Zweck einer Billigkeitsmaßnahme ist es nicht, ausschließlich die Vollstreckungssituation anderer Gläubiger zu verbessern. Eine Billigkeitsmaßnahme aus persönlichen Gründen nach den §§ 163, 227 AO scheidet folglich dann aus, wenn sie dem Steuerpflichtigen selbst - wie etwa im Fall der bereits eingetretenen Insolvenz - ohnehin nicht mehr helfen könnte.

    2. Um den mit einem Gläubigerakkord verbundenen Sanierungserfolg nicht zu konterkarieren, soll auch und gerade die Versteuerung von Erträgen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, vermieden werden. Dies ist der maßgebliche Sachgrund für eine etwaige Billigkeitsmaßnahme, der im Wesentlichen auch dem BMF-Schreiben vom 27.03.2003 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen zugrunde liegt. Ist daher - wie hier - die beabsichtigte "finanzielle Rettung" des Steuerpflichtigen ausgeblieben, besteht somit auch kein sachlicher Billigkeitsgrund mehr dafür, von einer Versteuerung der auf dem Sanierungsgewinn beruhenden Erträge abzusehen.

    VG Gelsenkirchen, Urt. v. 02.05.2013 - 5 K 5900/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Ein Abänderungsvertrag zu einem Darlehensvertrag stellt dann keine wirksame Kongruenzvereinbarung für die spätere Zahlung dar, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt ihrer Vereinbarung bereits zahlungsunfähig und deshalb die Abänderungsvereinbarung selbst als inkongruente Deckung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar war.

    2. Zur Vermutung der Zahlungsunfähigkeit bei Zahlungseinstellung nach § 17 Abs. 2 S. 2 InsO bedarf es keiner Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung von mindestens 10 vom Hundert. Ausreichend ist die tatsächliche Nichtzahlung eines nicht unbeträchtlichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten.

    BGH, Urt. v. 07.05.2013 - IX ZR 113/10

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Hat der ordnungsgemäß belehrte Schuldner bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag eines Gläubigers nicht mit eigenen Anträgen reagiert, kann er erst nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Jahren einen erneuten Insolvenz-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag stellen (BGH, Beschl. v. 21.01.2010 - IX ZB 174/09). Dies gilt auch für den Fall, dass das Gläubigerinsolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen worden ist.

    LG Düsseldorf, Beschl. v. 27.03.2013 − 25 T 122/13

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  • 1. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Versicherungsgesellschaft (sog. Versicherungs- bzw. Deckungsverhältnis) richtet sich beim Abschluss einer Direktversicherung nach dem Versicherungsverhältnis. Die auf die Direktversicherung bezogenen Verpflichtungen des Arbeitgebers im Verhältnis zum Arbeitnehmer (sog. Valutaverhältnis bzw. Versorgungsverhältnis) richten sich nach dem Arbeitsverhältnis.

    2. Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer Direktversicherung, die das Versorgungsverhältnis betreffen, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Dies gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter wegen insolvenzrechtlicher Anfechtung die Rückzahlung der von dem Insolvenzschuldner an den Arbeitnehmer ausgezahlten Beträge verlangt.

    LAG Hamm, Beschl. v. 04.06.2013 - 2 Ta 616/12

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  • Die an die Versicherung vorgenommene Mitteilung einer mit letztwilliger Verfügung angeordneten Testamentsvollstreckung zugunsten bestimmter Nachlassgläubiger hinsichtlich der Leistung aus einer Kapitalversicherung auf den Todesfall bewirkt kein unmittelbares Bezugsrecht der Begünstigten. Die Versicherungsleistung fällt in den Nachlass des Versicherungsnehmers und wird insofern auch von einer Nachlassinsolvenz erfasst.

    OLG Zweibrücken, Urt. v. 24.01.2013 - 4 U 107/12

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  • 1. Die Insolvenz eines Bieters führt nicht zum Ausschluss des Bieters. Der Auftraggeber muss vielmehr die Situation erforschen und im Rahmen einer echten Ermessensentscheidung überprüfen, ob der insolvente Bieter Gewähr für eine ordnungsgemäße und fachgerechte Leistung bietet.

    2. Die allgemeinen Risiken, die bei einem insolventen Unternehmen immer bestehen, reichen alleine nicht aus, um den Ausschluss des Bieters zu ermöglichen.

    3. Bei der Risikoabwägung, ob ein insolventes Unternehmen beauftragt werden soll, kann der Abstand zum zweitplatzierten Bieter mitbewertet werden.

    OLG Celle, Beschl. v. 18.02.2013 - 13 Verg 1/13

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  • Ein privater Krankenversicherungsvertrag des Schuldners unterfällt dann dem Anwendungsbereich des § 103 InsO, wenn für den Schuldner für den Zeitraum, für den die private Krankenversicherung rückständige Beiträge geltend macht, parallel eine gesetzliche Krankenversicherung i.S.d. § 193 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VVG bestanden hat (sog. Doppelversicherung).

    OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 28.05.2013 - 12 W 68/12

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  • Ein Klageverfahren gegen eine Gewerbeuntersagung wird nicht nach § 240 ZPO i. V. m. § 173 VwGO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers unterbrochen, da der Streitgegenstand nicht „die Insolvenzmasse betrifft“. Denn die Behörde trifft durch eine Gewerbeuntersagung keine Regelung, die sich auf die dem Gewerbetreibenden zustehenden Vermögenswerte bezieht. Sie knüpft vielmehr an in seiner Person liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachgehen zu dürfen. Dieses Recht aber fällt nicht in die Insolvenzmasse.

    VGH München, Beschl. v. 16.01.2013 - 22 ZB 12.2359
    (eigene Leitsätze)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Nach Insolvenzeröffnung kann der Schuldner einen Krankenversicherungsvertrag außerhalb des Insolvenzverfahrens mit vollen Leistungsansprüchen fortführen und die entsprechenden Prämien aus dem pfändungsfreien Teil des Einkommens bezahlen. Die Krankenversicherungsbeiträge als Neuverbindlichkeiten stellen daher weder Insolvenzforderungen noch Masseverbindlichkeiten dar.

    OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 24.04.2013 - 7 U 142/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Zur Anmeldung von Umsatzsteuerforderungen zur Insolvenztabelle bedarf es keiner Beschreibung der einzelnen umsatzsteuerrechtlich erheblichen Sachverhalte, vielmehr reicht eine Auflistung der Forderungen in Tabellenform nach Abgabenart, Zeitraum, Fälligkeit sowie dem Stand des Festsetzungsverfahrens aus.

    2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Umsatzsteuer für die Zeit bis zur Insolvenzeröffnung aufgrund der Umsatzsteuervoranmeldungen schätzt und die Uneinbringlichkeit von Forderungen aufgrund von Zahlungsunfähigkeit bereits vor der Insolvenzeröffnung annimmt.

    FG Hessen, Urt. v. 12.03.2013 - 6 K 1700/10

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Der nach § 5 Abs. 2 Satz 1 InsO gerichtlich bestellte Gutachter im Insolvenzverfahren hat grundsätzlich ein Einsichtsrecht in die Strafakten, wenn er zur Beurteilung der Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin - wie auch der Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO - prüfen muss, welche Ansprüche der Insolvenzschuldnerin bzw. der Insolvenzmasse ggf. noch zustehen, da das die Prüfung von Schadensersatz- und Bereicherungsansprüchen zu Gunsten der Insolvenzmasse und von anfechtbaren Rechtshandlungen im Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin einschließt.

    OLG Dresden, Beschl. v. 04.07.2013 - 1 Ws 53/13

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Der Schuldner kann seinen Widerspruch gegen den angemeldeten, nicht titulierten Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bereits vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit der negativen Feststellungsklage gegen den Gläubiger weiter verfolgen.

    Der eigenverwaltende Schuldner kann seinen Widerspruch auf den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beschränken.

    BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - IX ZR 30/13 -

  • BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - IX ZR 319/12


    Zur Frage, wem gegenüber die Deckungsanfechtung von Zahlungen möglich ist, die ein Schuldner an die Betreiberin des Systems zur Erhebung der Lkw-Maut im Guthabenabrechnungsverfahren erbracht hat.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  •  OLG Zweibrücken, Urt. v. 17. 5. 2013 - 2 U 86/12
    ......

    Die Regelung des § 36 Abs. 1 InsO, nach der unpfändbare Gegenstände nicht zur Masse gezogen werden dürfen, ist auf die Zeit vor Insolvenzeröffnung nicht anwendbar. Deshalb kommt es für die Frage der Gläubigerbenachteiligung nicht darauf an, ob der Insolvenzschuldner die Geldstrafe aus einem Teil seines Vermögens gezahlt hat, der möglicherweise unpfändbar gewesen wäre.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - IX ZB 38/11

    Die Vergütung des Insolvenzverwalters kann nicht mit der Begründung gekürzt werden, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter sei zu hoch festgesetzt worden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (30. Oktober 2013 um 09:28)

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