Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Vereinbart der Schuldner anlässlich der Übertragung einer Eigentumswohnung auf seine Ehefrau mit dieser, dass sie die Belastungen in Abt. III des Grundbuchs übernimmt und den Schuldner im Innenverhältnis hiervon freistellt, ist damit im Zweifel nicht eine Übernahme der persönlichen Verbindlichkeiten des Schuldners gewollt. Ein wesentlicher Anhaltspunkt für den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten ist der Umstand, dass der Schuldner in der Folgezeit weiterhin die grundpfandrechtlich gesicherten Verbindlichkeiten zurückführt.

    Werden bei der Übertragung von Grundeigentum nur die dinglichen Belastungen übernommen, stellen die in den letzten vier Jahren vor dem Eröffnungsantrag geleisteten Zahlungen des Schuldners auf die gesicherten Verbindlichkeiten unentgeltliche Leistungen dar, die nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar sind.

    Die Rechtsprechung des BGH zur analogen Anwendung des § 143 Abs. 3 InsO bei Rückzahlung einer durch eine Gesellschaftersicherheit und durch eine Sicherheit am Gesellschaftsvermögen gesicherten Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGH, 1.12.2011 - IX ZR 11/11, ZInsO 2012, 1146) ist nicht auf den allgemeinen Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO bzw. generell auf Fälle der Verwertung von "Doppelsicherheiten" außerhalb des Gesellschaftsrechts zu übertragen.


    OLG Düsseldorf, Urt. v. 2. 3. 2017 - I-12 U 25/16

  • Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist.

    Der Beschwerdeführer hat auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll.


    OLG München, Beschl. v. 27. 9. 2016 - B 11 AL 46/16 B

  • Wird über das Vermögen einer Gesellschaft während der Planüberwachung ein Folgeinsolvenzverfahren eröffnet, sind Ansprüche des nachverfahrendlichen Gläubigerausschusses auf Vergütung und Auslagen als Insolvenzforderungen im Folgeinsolvenzverfahren geltend zu machen.

    Im Erstverfahren können diese Ansprüche lediglich als Feststellungsansprüche unter den Voraussetzungen der §§ 179 - 181, 189 InsO geltend gemacht werden.

    Ein im Erstverfahren gestellter Vergütungsantrag ist bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 179 - 181, 189 InsO in einen Feststellungsantrag umzudeuten.


    AG Düsseldorf, Beschl. v. 9. 12. 2016 - 504 IN 269/12

  • BGH, Beschluss vom 20. Juli 2017 - IX ZB 13/16


    InsO § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 251
    Das Insolvenzgericht kann einen vom Schuldner vorgelegten Insolvenzplan im Vorprüfungsverfahren zurückweisen, wenn offensichtlich ist, dass ein erfolgreicher Antrag auf Versagung der gerichtlichen Bestätigung zum Schutz von Minderheiten gestellt werden wird.

    InsO § 251 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3
    Soll die durch einen Insolvenzplan verursachte Schlechterstellung eines Beteiligten mittels einer Kompensationsregelung ausgeglichen werden, muss die Finanzierung der zum Ausgleich vorgesehenen Mittel gesichert sein und durch diese zusätzlichen Mittel ein vollständiger Ausgleich der Schlechterstellung eindeutig erreicht werden können.

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  • InsO § 335; EuInsVO a. F. Art. 4 Abs. 2 lit. b; ZPO § 850e Nr. 2, 2a

    Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rentenberechtigten im Inland ist die Frage, ob eine ausländische Rente pfändbar ist und damit zur Masse gehört, nach dem (deutschen) Insolvenzstatut zu beurteilen.

    BGH, Beschluss vom 20.07.2017 - IX ZB 63/16

  • BGH, Beschluss vom 6. Juli 2017 - IX ZB 73/16

    InsO §§ 9, 34 Abs. 1; InsNetV § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2

    Der Ausdruck eines Sendeberichts für die Internetveröffentlichung begründet keinen Anscheinsbeweis für die tatsächlich erfolgte öffentliche Bekanntmachung durch Veröffentlichung im Internet.

  • BGH, Beschluss vom 20. Juli 2017 - IX ZB 75/16

    InsO § 63 Abs. 1 Satz 2; InsVV § 8
    Ein nach der Einreichung des Vergütungsantrags bei Gericht erfolgender Massezufluss stellt eine neue Tatsache dar, die grundsätzlich eine nachträgliche Festsetzung der Vergütung ermöglicht. Berücksichtigt der Insolvenzverwalter bei seinem ersten Vergütungsantrag sicher zu erwartende, zukünftige Massezuflüsse nicht, führt dies nicht zur Präklusion für einen ergänzenden Festsetzungsantrag.

    InsO § 196 Abs. 1
    Die Schlussverteilung hat zu erfolgen, auch wenn eine abschließende Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters noch aussteht.

    InsO § 200
    Ist die Schlussverteilung vollzogen, hat das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu beschließen, auch wenn nach der Erstellung des Schlussverzeichnisses oder nach der Schlussverteilung noch weitere Massezuflüsse aus dem laufenden Einkommen des Schuldners erfolgt sind oder eine abschließende Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters noch aussteht.

  • BGH, Beschluss vom 20. Juli 2017 - IX ZB 69/16

    Wird das Insolvenzverfahren mit Zustimmung der Gläubiger eingestellt, kann das mit der Festsetzung der Vergütung befasste Gericht für den Schätzwert der Masse in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO auf der Grundlage einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststellen, ob ein Gegenstand Bestandteil der Masse war.

    Ein Insolvenzverfahren erfasst auch einen Miteigentumsanteil des Schuldners an einem im Ausland belegenen Grundstück. Ob der Schuldner Miteigentümer ist, richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem sich das Grundstück befindet.

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  • BGH, Urteil vom 4. Juli 2017 - II ZR 319/15

    a) Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife entfällt, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Zahlung durch eine Gegenleistung ausgeglichen wird. Die Regeln des Bargeschäfts nach § 142 InsO aF sind insoweit nicht entsprechend anwendbar.

    b) Die in die Masse gelangende Gegenleistung muss für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet sein. Das sind Arbeits- oder Dienstleistungen in der Regel nicht.

    c) Wenn die Gesellschaft insolvenzreif und eine Liquidation zugrunde zu legen ist, ist die in die Masse gelangende Gegenleistung grundsätzlich nach Liquidationswerten zu bemessen.

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  • BVerfG: Vollstreckung von Ordnungshaft am Vorstand einer AG im Insolvenzverfahren

    GG Art. 1 I, 2 I, II, 20 III, 104 I 1; ZPO §§ 765 a, 890; EGStGB Art. 8 II

    1. Das vorherrschende Verständnis der Ordnungsmittel des § 890 ZPO als Maßnahmen zur Beugung des Willens des Schuldners, die zugleich strafrechtliche Elemente enthalten, steht mit der Verfassung in Einklang. Es muss allerdings gewährleistet sein, dass der Grundsatz „nulla poena sine culpa“ gewahrt bleibt (im Anschluss an BVerfGE 20, 323 [332 ff.] = NJW 1967, 195; BVerfGE 58, 159 [162 f.]; BVerfGE 84, 82 [87]; BVerfG, NJW-RR 2007, 860 Rn. 11).

    2. Die Unverhältnismäßigkeit der Anordnung von Ordnungshaft ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Gefahr einer Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot aufgrund des zwischenzeitlich eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der juristischen Person mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Der Vollzug der Ordnungshaft berücksichtigt auch das Sanktionsinteresse der Gläubiger. Die strafähnliche Ahndung dient als vollstreckungsrechtliches Mittel zur Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands durch Sühne für die begangene Zuwiderhandlung. Dabei kann durch angemessene Reduzierung der Dauer der Ordnungshaft der mögliche Wegfall des Beugezwecks des Ordnungsmittels ausreichend berücksichtigt werden.

    3. Das gestufte Sanktionssystem aus zunächst Ordnungsgeld und später Ordnungshaft ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Ebenso wenig ist es verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass an demjenigen, der einen schuldhaften und der juristischen Person zuzurechnenden Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot begangen hat, für den Fall der Zahlungsunfähigkeit der juristischen Person die Ordnungshaft vollzogen werden kann.

    BVerfG, Beschluss vom 9.5.2017 – 2 BvR 335/17

  • BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 - IX ZR 173/16

    Tilgt eine Gesellschaft ein von ihr selbst und ihrem Gesellschafter besichertes Darlehen gegenüber dem Darlehensgeber, liegt die Gläubigerbenachteiligung bei der Anfechtung der Befreiung des Gesellschafters von seiner Sicherung in dem Abfluss der Mittel aus dem Gesellschaftsvermögen, weil der Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft zur vorrangigen Befriedigung der von ihm besicherten Verbindlichkeit verpflichtet ist (im Anschluss an BGHZ 192, 9).

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  • BGH, Urteil vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16

    Erklärt sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereit, muss der Gläubiger allein aus diesem Umstand nicht zwingend darauf schließen, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

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  • BGH, 22.6.2017 - IX ZB 91/15

    Vorläufiger Sachwalter erhält Vergütungszuschläge nur für Erfüllung ihm wirksam übertragener Aufgaben

    siehe auch Kießner, FD-InsR 2017, 394039

  • LG Münster, Beschluß von 01.06.2017 - 5 T 557/16

    Fällt ein nicht unwesentlicher Bestandteil der Insolvenztätigkeit wie der Einzug von (Alt-) Forderungen aus Lieferung und Leistung sowie Verwertung von Anlage- und Umlaufvermögen mangels operativer Tätigkeit der Schuldnerin nicht bzw. nur in geringem Umfang an, ist dies in der Gesamtschau bei der Bemessung der Vergütung entsprechend zu berücksichtigen.

    Bei der Prüfung einer im Einzelfall gebotenen Erhöhung der Regelvergütung ist auch die Höhe der Berechnungsgrundlage in die Gesamtwürdigung einzubeziehen.

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  • BSG vom 23.05.2016, B 12 AL 1/15 R, ohne Leitsatz

    Erklärt der Insolvenzverwalter, dass das Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse gehört (Freigabe bzw. Negativerklärung), so begründet dies für die davon betroffenen Arbeitnehmer kein neues Arbeitsverhältnis in dem Sinne, dass ein neuer, eigenständiger Anspruch auf Insolvenzgeld entsteht, wenn auch hinsichtlich des insolvenzfreien Geschäftsbetriebs später ein Insolvenzantrag des Schuldners mangels Masse abgewiesen wird.

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  • BAG, Beschluss vom 22.8.2017, 1 AZR 546/15 (A)

    PKH für eine eigenverwaltete Insolvenzschuldnerin - Eine eigenverwaltende Insolvenzschuldnerin ist zwar keine „Partei kraft Amtes“. Nach Sinn und Zweck des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist sie aber wie eine solche zu behandeln.

    https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/ins…aehrung-3126262

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