Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Hat ein Insolvenzverwalter eine Vielzahl gleichartiger Zivilprozesse an verschiedenen Gerichtsorten, verteilt auf das gesamte Bundesgebiet zu führen (hier: Klagen gegen weit über 100 Kommanditisten), kann es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sein, einen einzigen Rechtsanwalt mit der Bearbeitung aller dieser Verfahren zu betrauen mit der Folge, dass hierdurch anfallende Reisekosten von der unterlegenen Gegenpartei zu erstatten sind.

    Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.


    OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26. 9. 2016 - 6 W 47/16

  • BSG, Urteil vom 31.5.2016 - B 1 KR 38/15 - ohne Leitsatz

    Die Aufrechnung einer Krankenkasse von Ansprüchen des Schuldners auf Entgeltfortzahlungsansprüche mit eigenen Ansprüchen kann aufgrund der Schaffung einer anfechtbaren Aufrechnungslage anfechtbar sein.

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    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (4. Januar 2017 um 12:13) aus folgendem Grund: Datum geändert

  • BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 - IX ZR 257/15


    Der in einem Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis allgemein und insolvenzunab-hängig erklärte Verzicht auf Herausgabeansprüche des Auftraggebers ist wirksam.

    a) Die dem Auftragnehmer zur Ausführung des Auftrags vom Schuldner zugewendeten Mittel sind keine unentgeltlichen Leistungen an den Auftragnehmer.

    b) Verzichtet der Schuldner auf Herausgabeansprüche gegen den Auftragnehmer, ist dies keine unentgeltliche Leistung, wenn der Auftragnehmer hierfür dem Schuldner einen diesen Verzicht ausgleichenden vermögenswerten Vorteil verspricht.

    Der in der Satzung einer Unterstützungskasse im Sinne von § 1b Abs. 4 Satz 1 BetrAVG enthaltene Verzicht auf Rückforderungsansprüche hält der Inhaltskontrolle stand.

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  • OVG Lüneburg, Urteil vom 15.11.2016, 8 LB 58/16, n.r.

    Der Ausschluss von Zuwendungsbewerbern, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren beantragt oder eröffnet worden ist, von der Gewährung öffentlicher Zuwendungen nach Nr. 3 Satz 2 der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erlassenen "Förderrichtlinie des Aktionsprogramms Mehrgenerationenhäuser II - Förderzeitraum 2012 - 2014" vom 17. November 2011 und der darauf beruhenden ständigen Verwaltungspraxis des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

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  • BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - IX ZR 224/15

    Die Unkenntnis eines Insolvenzverwalters in einem umfangreichen Verfahren von einem Anfechtungsanspruch ist nicht allein deswegen grob fahrlässig, weil der Verwalter Zugriff auf die Buchhaltung des Schuldners hatte.

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  • BGH, Beschluss vom 16. November 2016 - VII ZB 52/15

    Ansprüche eines GmbH-Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters auf fortlaufende Ruhegeldzahlungen aus einem mit der GmbH geschlossenen Pensions-vertrag sind nach § 850 Abs. 2 ZPO als Arbeitseinkommen anzusehen und nach Maßgabe der Tabelle als Anlage zu § 850c Abs. 3 ZPO pfändbar.

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  • EuGH, Urteil vom 24.11.2016 - C-454/15

    Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ist dahin auszulegen, dass er nicht vorschreibt, dass bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers die vom Lohn eines ehemaligen Arbeitnehmers einbehaltenen und in Altersversorgungsbeiträge umgewandelten Beträge, die der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers auf ein Versorgungskonto hätte einzahlen müssen, aus der Insolvenzmasse auszusondern sind.

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  • BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - IX ZR 113/15
    AnfG § 4 Abs. 1, §§ 11, 12

    a) Der Anfechtungsgläubiger hat gegen den Empfänger einer teils entgeltlichen, teils un-entgeltlichen Leistung des Schuldners einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstre-ckung in den zugewandten Gegenstand.

    b) Der gutgläubige Empfänger einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung, der eine Gegenleistung erbracht hat, kann bevorzugte Befriedigung seines Anspruchs auf Rückgewähr der Gegenleistung aus dem Verwertungserlös verlangen.

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  • Ein Insolvenzverwalter, der einem Dritten durch verbotene Eigenmacht den Besitz an einer Gesamtheit von Unterlagen entzieht, schuldet diesem persönlich Auskunftserteilung durch Vorlage eines Verzeichnisses des Bestands der entzogenen Unterlagen gem. § 260 Abs. 1, 1. Alt. BGB.

    Selbst eine Herausgabe der entzogenen Unterlagen hat im Zuge einer Stufenklage auf Auskunft, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und Herausgabe jedenfalls keine Auswirkungen auf die Pflicht zur Vorlage des Bestandsverzeichnisses auf der ersten Stufe. Ebenso genügt nicht die Erklärung, dass alle Unterlagen herausgegeben wurden, um die Pflicht zur Vorlage des Bestandsverzeichnisses zum Erlöschen zu bringen.


    OLG Hamm, Urt. v. 22. 9. 2016 - I-5 U 129/15 (rkr.)

  • Unter den Begriff der Geldstrafen i.S.d. § 302 Nr. 2 InsO fallen nicht die Verfahrenskosten. Geldstrafen stehen der Stundung der Verfahrenskosten gem. § 4a InsO nicht entgegen, wenn der Schuldner bei wertender Betrachtung eine Chance für eine wirtschaftlichen Neustart erhält.

    Eine gewichtige Bedeutung kommt der Höhe der Geldstrafe zu (Ergänzung zu AG Göttingen, Beschl. v. 14.10.2015 - 74 IN 181/15, ZInsO 2015, 2341 und 9.12.2015 - 71 IN 101/15, ZInsO 2016, 174).


    AG Göttingen, Beschl. v. 14. 12. 2016 - 74 IK 352/16

  • Art. 8 der RL 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rats v. 22.10.2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ist dahin auszulegen, dass er nicht vorschreibt, dass bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers die vom Lohn eines ehemaligen Arbeitnehmers einbehaltenen und in Altersversorgungsbeiträge umgewandelten Beträge, die der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers auf ein Versorgungskonto hätte einzahlen müssen, aus der Insolvenzmasse auszusondern sind.

    EuGH, Urt. v. 24. 11. 2016 - Rs. C-454/15

  • Ein sog. "echter Betriebsführungsvertrag", derdadurch geprägt ist, dass der Betriebsführer den Betrieb nur aus abgeleitetemRecht im fremden Namen und für fremde Rechnung führen darf, begründet keinenBetriebsübergang. In diesen Fällen wird der Betriebsführer nicht"verantwortlicher Inhaber" des Betriebs. Für den Betriebsübergang istnicht entscheidend, ob der Betriebsführer im Verhältnis zu den Arbeitnehmern(in Verkennung der Rechtslage) als deren Arbeitgeber auftritt. Maßgeblich istdie umfassende Nutzung des Betriebes nach außen. (Führendes Verfahren zu 9weiteren Parallelverfahren 4 Sa 20/15 bis 4 Sa 28/15)

    LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 9. 3. 2016 - 4 Sa 19/15

  • Die Deliktseigenschaft einer Gläubigerforderung kann bei fehlendem Restschuldbefreiungsantrag des Schuldners nicht zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet werden (Anschluss an AG Aurich Beschl. v. 3.12.2015, Az.: 9 IN 145/15, NZI 2016, 143).

    Aus einem vollstreckbaren Tabellenauszug, durch den eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung i.S.d. § 302 Nr. 1 InsO festgestellt worden ist, besteht nicht die Möglichkeit, gem. § 850f Abs. 2 ZPO (oder auch § 850d Abs. 1 ZPO) qualifiziert in das Vermögen des Schuldners zu vollstrecken.

    Insoweit bedarf es eines Titels, der eine Berechtigung zu einem erweiterten Vollstreckungszugriff für das Vollstreckungsgericht erkennen lässt. Diese Berechtigung ist ausschließlich durch das Prozessgericht zu beurteilen; die ihm obliegende Prüfung kann durch eine bloße Behauptung des Gläubigers nicht ersetzt werden.


    AG Köln, Beschl. v. 1. 12. 2016 - 73 IN 485/15

  • LG Duisburg vom 15.11.2016, 7 T 27/16 ohne Leitsatz

    Der nach § 58 GKG zu bestimmenden Gegenstandswert kann sich nach der Berechnungsgrundlage des Sachwalters zur Begründung seines Vergütungsanspruchs richten.

    Eine Berechnung für die Gerichtskosten aufgrund einer zeitpunktbezogene Betrachtung ist dem GKG fremd.

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  • LG Kassel, Beschluss vom 14.09.2016, 3 T 254/16, ohne Leitsatz, (wohl nicht rechtskräftig)


    1. Die Schlussrechnung ist in Bezug auf die Masse auf den Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens abzustellen.

    2. Stehen bei Einreichung der Schlussrechnung weitere Einnahmen sicher fest (hier pfändbare Einkünfte) so sind diese bei der Berechnung der Berechnungsmasse zur Vergütungserstellung zu berücksichtigen, insbesondere wenn dem Insolvenzverwalter die Bearbeitungsfristen des Insolvenzgerichts bekannt sind.

    3. Eine nachträgliche Berücksichtigung von Beträgenin einem ergänzenden Vergütungsantrag, die wie unter 2. benannt, mit Sicherheit zu erwarten sind, scheidet aus.

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  • Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber den Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in seltenen Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot in Betracht (vgl BVerfG, 13.1.1987, 2 BvR 209/84, BVerfGE 74, 102 [127] mwN; stRspr). (Rn. 15)

    Ein Verstoß gegen das Verbot objektiver Willkür liegt erst dann vor, wenn der Richterspruch unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen (BVerfG, 3.11.1992, 1 BvR 1243/88, BVerfGE 87, 273 [278 f]). (Rn. 16)

    Zu den Auskunftspflichten des selbständig tätigen Insolvenzschuldners hinsichtlich derjenigen Umstände, die zur Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens (vgl BGH, 13.6.2013, IX ZB 38/10, ZInsO 2013, 1586 [Rn 13]) erforderlich sind, siehe BGH, 14.5.2009, IX ZB 116/08, ZInsO 2009, 1268 (Rn 9). (Rn. 20)

    Verlangen Treuhänder oder Gericht eine über den Rahmen der Auskunftsobliegenheiten gem § 295 Abs 1 Nr 3 InsO oder § 296 Abs 2 Satz 2 InsO hinausgehende - nicht durch § 295 Abs 1 Nr 3 InsO oder § 296 Abs 2 Satz 2 InsO gedeckte - Auskunft, so verletzt der Insolvenzschuldner bei Nichtbeantwortung dieser Fragen seine Auskunftsobliegenheiten nicht (vgl BGH, 26.2.2013, IX ZB 165/11, ZInsO 2013, 625 [Rn. 8f]).

    Hier:

    Nach den dargelegten Maßstäben war es sachfremd, dem Beschwerdeführer die Restschuldbefreiung aufgrund fehlender Auskünfte zu seinem tatsächlich erzielten Einkommen zu versagen. Diese Auskunft war zur Bestimmung des fiktiven Nettoeinkommens nicht erforderlich. Mangels näherer Erwägungen des LG in seiner Entscheidung vom 26.4.2016 ist die Rechtsanwendung im Streitfall nach objektiven Kriterien unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr rechtlich vertretbar. (Rn. 24) (Rn. 25)

    Aufgrund Subsidiarität ist die Verfassungsbeschwerde teilweise unzulässig, da nach Aufhebung der Entscheidung des LG der Rechtsweg wieder offensteht (vgl auch BVerfG, 2.3.2006, 2 BvR 767/02, BVerfGK 7, 350 [357]). (Rn. 30)


    BVerfG, Beschl. v. 7. 12. 2016 - 2 BvR 1602/16

  • Ein Verweisungsbeschluss an das örtlich für den Wohnsitz des Klägers vor Antritt seiner Strafhaft zuständige Gericht ist nicht deswegen willkürlich und ohne Bindungswirkung, weil das verweisende Gericht nicht geprüft hat, ob der bisherige Wohnsitz im Zuge des Haftantritts entfallen ist. Gibt ein Inhaftierter beim Haftantritt seine bisherige Wohnung auf und wird er am bisherigen Wohnort polizeilich abgemeldet, bedeutet dies nicht zwingend, dass auch sein Wohnsitz am bisherigen Wohnort aufgegeben werden soll und damitgem. § 7 Abs. 3 BGB als Wohnsitz entfällt.

    OLG Hamm, Beschl. v. 18. 8. 2016 - 32 SA 38/16

  • Die Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist eine inkongruente Deckung, wenn der Schuldner zur Zeit seiner Leistung damit rechnen muss, dass ohne sie der Gläubiger nach dem kurz bevorstehenden Ablauf einer letzten Zahlungsfrist mit der ohne weiteres zulässigen Zwangsvollstreckung beginnt.

    Mahnungen mit Ankündigung der Zwangsvollstreckung gehen über ein erstes Mahnschreiben, das keine Inkongruenz bewirken kann, deutlich hinaus.

    Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation ist zu einer verkehrsgerechten Informationsverwaltung verpflichtet. Eine solche Obliegenheit gilt nicht nur im Bereich der Bankenorganisation, sondern ebenso für Versicherungsunternehmen und kann ohne Weiteres auch für die Steuerverwaltung angenommen werden, zumal diese mit der Verwaltung und Einziehung fälliger Steuern eine öffentliche Aufgabe erfüllt.


    OLG Saarbrücken, Urt. v. 21. 12. 2016 - 2 U 8/16

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