Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Keine Massezugehörigkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs auseinem Wohnraummietverhältnis in der Insolvenz des Mieters nach Wirksamkeit derEnthaftungserklärung des Insolvenzverwalters gem. § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO.

    LG Berlin, Beschl. v. 21. 4. 2016 - 19 T 27/16 (rkr., diezugelassene Rechtsbeschwerde wurde nicht eingelegt)


    Info: Gegen die gleichlautende Entscheidung des LG Berlin 19 T 31/16
    ist Rechtsbeschwerde zum BGH eingelegt worden.

  • BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15

    Erklärt der Schuldner seinem Gläubiger, eine fällige Zahlung nicht in einem Zug erbringen und nur Ratenzahlungen leisten zu können, muss dieser allein aus diesem Umstand nicht zwingend darauf schließen, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

    Siehe dazu auch IX ZR 6/14

  • Mit Rücksicht auf die nachteilige Vermögensfolge bringt derselbst in Liquiditätsschwierigkeiten befindliche Schuldner mit der Befriedigungeiner Drittverbindlichkeit regelmäßig einen Benachteiligungsvorsatz zumAusdruck, weil er wegen des damit verbundenen Liquiditätsverlustes demLeistungsempfänger und dessen Forderungsschuldner den Vorrang im Verhältnis zuseinen eigenen Gläubigern einräumt. Dies ist eine typische Erscheinungsform derVorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO.

    OLG Celle, Urt. v. 28. 7. 2016 - 16 U 26/16

  • Ein rechtliches Interesse eines Dritten im Sinne des § 299 Abs.2 ZPO an der Einsichtnahme in die Akten eines Zivilprozesses setzt nachständiger Rechtsprechung des Senats voraus, dass dem Dritten zustehende Rechtedurch den Akteninhalt berührt werden. Dazu gehören auch rechtlich begründetewirtschaftliche Interessen. Das Verfahren selbst oder wenigstens der ihmzugrunde liegende Sachverhalt muss für die rechtlichen Belange desGesuchstellers von konkreter Bedeutung sein.

    Dazu muss als Mindestanforderung ein auf Rechtsnormenberuhendes oder durch solche geregeltes, gegenwärtig bestehendes Verhältniseiner Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache vorliegen.


    OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 21. 6. 2016 - 20 VA 20/15

  • Fahrtkosten zum Arbeitsplatz können gemäß § 850f Abs. 1 lit. bZPO nur dann zusätzlich berücksichtigt werden, wenn sie eine außergewöhnlicheBelastung darstellen. Eine solche ist bei einer einfachen Entfernung von mehrals 20 km anzunehmen.

    LG Mühlhausen, Beschl. v. 3. 6. 2016 - 1 T 37/16

  • Eine Klage des Auftragnehmers gegen den Bürgen einer aufGrundlage des § 648a BGB gestellten Bürgschaft im Urkundenprozess iststatthaft.

    Die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle durch denInsolvenzverwalter stellt ein Anerkenntnis i.S.d. § 648a BGB dar.

    Der Bürge kann im Rahmen der Bürgschaftserklärung auf dieErhebung von Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Gläubiger unddem Insolvenzschuldner nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB verzichten.


    LG München I, Vorbehaltsurt. v. 27. 4. 2016 - 2 O 13555/15

  • Eine erneute Übersendung einer Zusammenfassung desInsolvenzplans gem. § 252 Abs. 2 InsO kann unterbleiben, wenn alle Gläubiger,die Forderungen angemeldet haben, diese bereits mit der Ladung zum Erörterungs-und Abstimmungstermin erhalten haben, und der Plan nicht mehr geändert wordenist.

    AG Ludwigshafen am Rhein, Beschl. v. 8. 7. 2016 - 3e IN 380/15Ft (rkr.)

  • Das Risiko einer Nichterweisbarkeit des Eröffnungsgrundes hatder Antragsteller zu tragen.

    Eine Abweisung mangels Masse darf nicht erfolgen, wenn derEröffnungsgrund nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht, unabhängig davon,ob die Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.

    Bei der Bejahung eines Eröffnungsgrundes auf Grundlage vonIndizien ist Zurückhaltung geboten (entgegen: AG Göttingen, ZInsO 2016, 1072).


    AG Ludwigshafen am Rhein, Beschl. v. 22. 6. 2016 - 3b IN 451/14Sp (rkr.)

  • Wenn eine GmbH keinen Geschäftsführer hat("Führungslosigkeit") und die Gesellschafter sich weigern, einenneuen Geschäftsführer zu bestellen, ist die Gesellschaft in einem gegen siegerichteten Insolvenzeröffnungsverfahren nicht vertreten und damit nicht prozessfähig.

    Mit der insolvenzrechtlichen Antragsregelung werden dieGesellschafter in die Pflicht zur Antragstellung genommen. Sie werden für denFall der Pflichtverletzung sogar der strafrechtlichen Sanktion des § 15a Abs. 4InsO unterstellt. Trotzdem kann das Insolvenzverfahren nicht geführt werden,weil es nach wie vor an der Prozessfähigkeit der Gesellschaft fehlt.


    AG Oldenburg, Beschl. v. 24. 6. 2016 - 65 IN 9/16

  • Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass derOrganträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit derBeherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführungwahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise derGeschäftsführung beherrschen muss.

    Zwischen zwei GmbH besteht die organisatorische Eingliederunginsbesondere bei einer Personenidentität in den Geschäftsführungsorganen derbeiden Gesellschaften. Darüber hinaus kann sich die organisatorischeEingliederung auch aus einer (teilweisen) personellen Verflechtung über dieseGeschäftsführungsorgane ergeben, wenn dem Organträger eine Willensdurchsetzungin der Geschäftsführung der Organgesellschaft möglich ist.

    Eine organisatorische Eingliederung wird auch nicht durch dieBesonderheiten der über das Vermögen der Klägerin und derenTochtergesellschaften mit Beschlüssen des AG eröffneten Insolvenzverfahrenunter Anordnung der Eigenverwaltung ausgeschlossen.

    Zumindest wenn der Sachwalter den Zahlungsverkehr nicht an sichgezogen und das Insolvenzgericht keinen Zustimmungsvorbehalt angeordnet hat,ist vom Fortbestehen einer organisatorischen Eingliederung trotz angeordneterEigenverwaltung auszugehen.


    FG Hessen, Urt. v. 15. 2. 2016 - 6 K 2013/12

  • OLG Jena, Urteil vom 22.06.2016, 7 U 753/15 (Vorinstanz LG Erfurt, 8 O 196/15)

    Die von dem Schuldner im Rahmen eines vorl. Eigenverwaltungsverfahrens abgeführten Steuerverbindlichkeiten können von dem Sachwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefochten werden, da diese keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 IV InsO darstellen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • LG Göttingen Beschluss vom 19.01.2016, 5 Qs 3/15
    1. Zahlungen auf Geldstrafen können nach der Regel der Insolvenzordnung angefochten werden.

    2. Lebt die Geldstrafe gem. den §§ 143, 144 InsO wieder auf, so kann sie nach den Regel der StPO vollstreckt werden. Zahlt der Schuldner aus dem nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegendem Vermögen, so hat die Vollstreckungsbehörde auf Antrag des Schuldners nach pflichtgemäßem Ermessen über Zahlungserleichterungen zu entscheiden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • LG Dessau-Rosslau, Beschluss vom 18.12.2015, 8 T 254/15

    Zur Wahrung der Ausschlussfrist des § 189 Abs. 1 InsO ist im Falle des § 167 ZPO auch die fristgerechte Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses nachzuweisen.

    Als taugliche Beweismittel kommen insoweit neben der Vorlage der schriftlichen Eingangsbestätigung die eidessstattliche oder ausdrückliche anwaltliche Versicherung oder die Übersendung eines entsprechenden Beleges in Betracht; die schlichte Mitteilung, dass die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses angewiesen wurde, stellt hingegen keinen ausreichenden Nachweis dar.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Übt der Insolvenzschuldner eine selbstständige Tätigkeit ausund gibt der Insolvenzverwalter das Vermögen aus dieser Tätigkeit gemäß § 35Abs. 2 Satz 1 InsO frei, dann werden die der selbstständigen Tätigkeitdienenden Vertragsverhältnisse von der Masse auf die Person desInsolvenzschuldners umgeleitet; auf eine Zustimmung oder einen auf Fortsetzungder selbstständigen Tätigkeit gerichteten Willen kommt es nicht an.

    LAG Hessen, Urt. v. 14. 10. 2015 - 2 Sa 536/15

  • Ein Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters nach Maßgabe des §130 InsO (kongruente Deckung) ist gem. § 142 InsO (Bargeschäft) ausgeschlossen;danach ist eine Leistung der Schuldnerin (Arbeitgeberin), für die unmittelbareine gleichwertige Gegenleistung in ihr Vermögen gelangt, nur anfechtbar, wenndie Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO (vorsätzliche Benachteiligung)gegeben sind.

    Ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO liegt vor, wenn dieSchuldnerin aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner im engenzeitlichen Zusammenhang mit ihrer Leistung eine gleichwertige Gegenleistungerhalten hat; ob Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind, ist nachobjektiven Maßstäben zu beurteilen.

    Erfolgt die Entgeltzahlung in der vertraglich geschuldetenHöhe, handelt es sich im Allgemeinen um einen gleichwertigenLeistungsaustausch, wie er für das Bargeschäft typisch ist.

    In zeitlicher Hinsicht liegt ein Bargeschäft vor, wenn dieArbeitgeberin in der Krise das Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, dieder Arbeitnehmer in den vorhergehenden 3 Monaten erbracht hat; dieser an denBestimmungen über die Gewährung von Insolvenzgeld ausgerichtete Zeitrahmen von3 Monaten erscheint für die Definition der "Unmittelbarkeit" beiLeistung von Arbeitsentgelt als sachgerecht.

    Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gem. §133 Abs. 1 InsO sind nicht stets schon dann zu bejahen, wenn die Arbeitgeberinzahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste; vielmehr muss das Indizder Zahlungsunfähigkeit und ihrer Kenntnis einzelfallbezogen auf seineBeweiskraft hin geprüft werden, was sowohl für denGläubigerbenachteiligungsvorsatz aufseiten der Schuldnerin gilt als auch fürdie Kenntnis des Anfechtungsgegners davon.

    Bei Zahlungen im Rahmen eines Bargeschäfts oder inbargeschäftsähnlicher Lage ist darauf zu achten, dass die Vorsatzanfechtungnicht über ihren Normzweck hinaus ausgedehnt und dem Stufenverhältnis von § 130Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 133 InsO Rechnung getragen wird.

    Das gegenüber § 133 Abs. 1 InsO in § 133 Abs. 2 Satz 1 InsOerweiterte Anfechtungsrecht bei vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung findetaufgrund der in § 142 InsO enthaltenen Verweisung ausschließlich auf § 133 Abs.1 InsO und damit auf Bargeschäfte generell keine Anwendung; jedenfalls sind dieVoraussetzungen der Norm bei Bejahung eines Bargeschäfts nicht erfüllt, weileine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung bei einem Bargeschäft nicht gegebenist.


    LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23. 2. 2016 - 6 Sa 412/14

  • Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters ist auch die Freiheitvon wirtschaftlicher Verflechtung oder persönlicher Beziehung zwischenInsolvenzverwalter und Schuldner. Eine wirtschaftliche Verflechtung desAbwicklers nach KWG mit dem Insolvenzverwalter steht einer Verflechtung des Schuldnersmit dem Insolvenzverwalter gleich mit der Folge, dass der vorläufige Verwalternicht unabhängig ist i.S.v. § 56 InsO.

    LG Berlin, Beschl. v. 10. 6. 2015 - 51 T 337/15

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