Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Die besondere Pflicht des Insolvenzverwalters, sich zu vergewissern, ob er bei normalem Geschäftsablauf zur Erfüllung der von ihm begründeten Forderungen mit Mitteln der Masse in der Lage sein wird, bezieht sich auf die primären Erfüllungsansprüche und nicht auf Sekundaransprüche (Klarstellung von BGHZ 159, 104, 110) [BGH 06.05.2004 - IX ZR 48/03].

    BGH, Beschl. v. 25. 9. 2008 - IX ZR 235/07

  • Für die Beurteilung der Werthaltigkeit bzw. Wertlosigkeit einer Forderung ist grds. die gesamte wirtschaftliche Situation von Bedeutung. Eine bestehende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist zwar ein starkes Indiz für die Wertlosigkeit einer Forderung, bei Vorliegen besonderer Umstände reicht diese aber nicht zur Feststellung der Wertlosigkeit der Forderung aus.


    OLG Koblenz, Urt. v. 11. 9. 2008 - 2 U 900/07

  • Der Erlass eines Arrests zur Sicherung des Wertersatzanspruchs aufgrund Gläubigeranfechtung nach dem AnfG gegenüber dem (künftigen) Anfechtungsgegner setzt nicht voraus, dass der Gläubiger für seine befriedigungsbedürftige Forderung gegen den Schuldner (sog. Hauptanspruch) bereits einen wenigstens vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat.

    OLG München, Beschl. v. 17. 10. 2008 - 3 W 2328/08

  • Mal wieder was neues áus Göttingen: :D


    1. Stammen die Verbindlichkeiten des Schuldners im Wesentlichen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, kann die Stundung gem. § 4a InsO abgelehnt werden wegen der im Hinblick auf § 302 Nr. 1 InsO nur in geringen Umfang eintretenden Befreiung der Verbindlichkeiten.
    2. Macht der Schuldner auf Aufforderung des Gerichtes unzutreffende Angaben zur Deliktseigenschaft der gegen ihn gerichteten Forderungen, macht er unrichtige Angaben zu Umständen, die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Stundung maßgeblich sind (§ 4 c Nr. 1, 1. Halbsatz InsO).
    3. Grob fahrlässig handelt ein Schuldner, der trotz Aufforderung des Gerichtes und strafrechtlicher Verurteilung wegen Betrugen gem. § 263 StGB Deliktsforderungen nicht als solche kennzeichnet.

    AG Göttingen, Beschl. v. 2. 5. 2008 - 74 IN 400/07

  • 1. Gibt der Schuldner nicht an, dass er sich in einem anderen Insolvenzverfahren in der Wohlverhaltensperiode befindet, macht er hat unrichtige Angaben zu Umständen, die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Stundung maßgeblich sind (§ 4c Nr. 1, 1. Halbsatz InsO).
    2. Grob fahrlässig handelt ein Schuldner, der nach einer schriftlichen Mitteilung des Insolvenzgerichtes über die Einstellung des Verfahrens mangels Masse (§ 211 InsO) keinen Kontakt zum Treuhänder hält, sich auch ansonsten nicht über den Verfahrensablauf informiert und in einem Zweitverfahren das Erstverfahren nicht angibt.
    3. Weiter liegt in einem solchem Fall der Aufhebungsgrund des § 4 c Nr. 5 InsO vor, weil der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch erfüllt ist, wenn ein Schuldner während eines laufenden Insolvenz-/Restschuldbefreiungsverfahrens einen erneuten Insolvenzantrag stellt (AG Göttingen, Beschluss vom 6.3.2008 - 74 IN 34/08).

    AG Göttingen, Beschl. v. 25. 4. 2008 - 74 IN 32/08

  • 1. Die Vorschrift des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist auch anwendbar, wenn vor Erteilung einer Restschuldbefreiung in einem laufenden Erstinsolvenzverfahren der Schuldner in einem Zweitinsolvenzverfahren einen (erneuten) Antrag auf Restschuldbefreiung stellt.
    2. In diesen Fällen ist ein Stundungsantrag zurückzuweisen gem. § 4a Abs. 1 Satz 3, 4 InsO.

    AG Göttingen, Beschl. v. 6. 3. 2008 - 74 IN 34/08

  • 1. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Wirksamkeit entfaltende Pfändungen sind gem. § 89 Abs. 1 InsO unwirksam (vgl. AG Göttingen, Beschl. v. 2.10.2006 - 74 IN 351/06 -, NZI 2006, 714 = ZInsO 2006, 1063 = ZVI 2006, 522)
    2. Eine zeitliche Einschränkung der Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung für die Dauer des Insolvenzverfahrens erfolgt nicht.

    AG Göttingen, Beschl. v. 3. 3. 2008 - 74 IK 345/07

  • Leitsatz, von mir, da der BGH hierzu keine Lust hatte:

    1. § 1, II, Nr. 1 S.2 InsVV( Zusatzvergütung aus dem Feststellungsbetrag) kann auch auf Immobilien Anwendung finden.

    2. Eine Doppelberücksichtigung unter Einbeziehung des Betrages in die Berechnungsgrundlage gem. § 2 InsVV scheidet jedoch dann aus. Entsprechend ist eine Vergleichsrechnung anzustellen.

    IX ZB 157/05, v. 23.10.2008


    Schon wieder eine Vergleichsrechnung ,wie bereits unter IX ZB 120/07. Dies wird nicht dazu führen, dass die Vergütungsanträge schlanker werden. Mir macht das nix, ich berechne gerne :D

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Mal kurz von LFdC geklaut:

    Ein Versagungsgrund, den der Gläubiger im Schlusstermin oder binnen einer an dessen Stelle tretenden Frist nicht vorgebracht hat, kann im Beschwerdeverfahren gegen die Zurückweisung des Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung nicht nachgeschoben werden. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger erst nach dem Schlusstermin von dem Versagungsgrund erfahren hat.


    BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - IX ZB 53/08 -

  • BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3

    Die Zustellung eines Mahnbescheids, mit dem ein Teilbetrag aus mehreren
    Einzelforderungen geltend gemacht wird, hemmt die Verjährung nicht,
    wenn eine genaue Aufschlüsselung der Einzelforderungen unterblieben ist
    und die Individualisierung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im an-
    schließenden Streitverfahren nachgeholt wird.

    BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07 - OLG Düsseldorf - LG Duisburg

  • @ Rainer: Sitzt du eigentlich immer vor dem Rechner? Bist du ständig im Forum? Gibts bei euch keinen "Gruppenleiter" oder ähnlichen Guru, der Euch Rpflen "über die Schulter schaut" ?

    Bei mir ist surfen während der Arbeitszeit arbeitsvertraglich verboten!

    Aber gut, du bist Beamter!

    Mein Dank an dich, sicherlich im Namen aller!

    Grüße Erny :daumenrau



  • Keine Sorge, surfen ist erlaubt, solange der Dienstbetreib nicht gestört wird und das Forum läuft eben nebenbei immer mit. :)

  • Im eröffneten Insolvenzverfahren kann dem Schuldner, der eine natürliche Person ist, bei Vollstreckungsmaßnahmen des Insolvenzverwalters nach § 148 Abs. 2 InsO auf Antrag Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO gewährt werden, jedenfalls soweit dies zur Erhaltung von Leben und Gesundheit des Schuldners erforderlich ist.
    BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - IX ZB 77/08

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Zwar schon richtig alt, geht aber immer noch runter wie Öl:

    Bundesgerichtshofs, Az.: IX ZB 131/05, vom 23.03.2006

    Bder Insolvenzanfechtung handelt es sich um eine rechtliche Spezialmaterie, die sich von der Verfolgung materiellrechtlicher Ansprüche des Schuldners, die in dessen unternehmerischer Tätigkeit wurzeln, deutlich abhebt. Das Insolvenzanfechtungsrecht ist durch eine Mehrzahl von Anfechtungstatbeständen gekennzeichnet, die im objektiven und subjektiven Bereich unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen aufweisen, deren Merkmale sich dem Gesetzeswortlaut zudem nicht sämtlich eindeutig entnehmen lassen. Weitere Kennzeichen des Anfechtungsrechts sind der hohe rechtliche Ab-
    straktionsgrad und die Komplexität der gesetzlichen Regelung. Eine sachgerechte Bearbeitung einer Insolvenzanfechtungsklage erfordert daher eine intensive Befassung mit dem System des Insolvenzanfechtungsrechts und die Kenntnis der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere auch zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Schon die nicht unerheblichen Haftungsrisiken und die oft nicht von vornherein abschätzbaren Beweisschwierigkeiten des grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtigen Insolvenzverwalters lassen es auch im Parteiprozess durchweg als angezeigt erscheinen, einen Rechtsanwalt mit der Klageerhebung und Prozessführung zu beauftragen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • AO §§ 44 I, 37 II; EStG §§ 26, 26b

    Haben zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute Vorauszahlungen geleistet, ohne dabei anzugeben, dass mit der Zahlung nur die Steuerschuld eines Ehegatten beglichen werden soll, und führt die spätere Veranlagung der Eheleute zu einer Steuererstattung, hat das Finanzamt den Erstattungsbetrag hälftig auf die Eheleute zu verteilen. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30.09.2008 gilt das auch dann, wenn über das Vermögen eines der Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet ist


    BFH, Urteil vom 30.09.2008 - VII R 18/08 (FG Schleswig-Holstein)

  • 1. Bereits das Betreten der Räumlichkeiten des Verwalters zur Vollziehung des Durchsuchungsbefehls stellt eine Bedrohung der Unverletzlichkeit der Wohnung in einem Maße dar, dass von einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff auszugehen ist.
    2. Der Insolvenzverwalter hat ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde auch dann, wenn der Vollzug des Durchsuchungsbefehls durch die freiwillige Herausgabe der gesuchten Beweismittel abgewendet worden ist.

    BVerfG, Beschl. v. 18. 9. 2008 - 2 BvR 683/08 Vorinstanzen: LG Kaiserslautern, AG Kaiserslautern

  • Hat der Schuldner seinen letzten werthaltigen Vermögensgegenstand veräußert und gleichzeitig mit dem Erwerber vereinbart, dass dieser den Kaufpreis durch Aufrechnung mit einem zu diesem Zweck vorzeitig fällig gestellten Gegenanspruch erbringt, kann ein Gläubiger diesen Vorgang jedenfalls dann, wenn andere Gläubiger zu keinem Zeitpunkt mit Aussicht auf Erfolg in die Kaufpreisforderung vollstrecken konnten, nur insgesamt, nicht auf die Verrechnungsabrede beschränkt, anfechten.

    BGH, Urt. v. 23. 10. 2008 - IX ZR 202/07 Vorinstanzen: OLG Frankfurt/M., LG Darmstadt

  • 1. Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG ergibt sich, dass die Ausgliederung von Arbeitnehmern aus der Sozialauswahl (außerhalb eines Insolvenzverfahrens) nur dann möglich ist, wenn es um die Personalstruktur des ganzen Betriebes geht.
    2. Für dieses Ergebnis spricht auch ein Vergleich zu § 125 http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/werkgl…msearch_match_1InsOhttp://www.insolvenzrecht.de/inhalte/werkgl…msearch_match_3http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/werkgl…ocid=140031,130. Nach dieser Vorschrift, die von der Erhaltung oder Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur spricht, ohne das Tatbestandsmerkmal des Betriebs zu nennen, kann eine Personalstruktur nicht nur gesichert, sondern auch geschaffen werden. Im Umkehrschluss hierzu ergibt sich, dass § 125 InsO einen größeren Spielraum eröffnet als die kündigungsschutzrechtliche Regelung, die eine Sicherung der Personalstruktur allein für den Betrieb insgesamt ermöglicht, nicht hingegen für eine bestimmte Abteilung oder eine Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer.
    3. Die Sicherung der Altersstruktur lediglich innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer schließt zwar nicht aus, dass dadurch die Altersstruktur im gesamten Betrieb verbessert wird. Dies ist aber allein nach § 125 http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/werkgl…msearch_match_3InsOhttp://www.insolvenzrecht.de/inhalte/werkgl…ocid=140031,130 zulässig, nicht jedoch nach § 1 Abs. 3 KSchG.

    LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 10. 4. 2008 - 11 Sa 80/07

  • 1. Eine unvollständige Benennung des Betriebserwerbers führt zur Unvollständigkeit der Belehrung gem. § 613 Abs. 5 BGB. Zur vollständigen Bezeichnung gehört bei einer GmbH & Co. oHG die exakte Bezeichnung der Zahl der an der oHG beteiligten Gesellschafter einschließlich der Bennennung ihrer gesetzlichen Vertreter, also der Geschäftsführer, falls die Gesellschafterinnen ausschließlich GmbHs sind. Darüber hinaus ist durch den Zusatz "i.Gr." deutlich zu machen, dass zumindest die oHG im Zeitpunkt der Information noch nicht einmal in das Handelsregister eingetragen war, als die Unterrichtung erfolgte.
    2. Es fehlt an der erforderlichen Angabe des Grundes für den Übergang (§ 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB), wenn eine wenigstens allgemeine und schlagwortartige Angabe der dem Betriebsübergang zugrunde liegenden unternehmerischen Überlegung oder Konzeption fehlt, sofern sich diese im Fall eines Widerspruchs auf den Arbeitsplatz auswirken kann.
    3. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung ist eine Information auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs erforderlich, wenn durch diese die Rechtspositionen der Arbeitnehmer zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist. Auch wenn das wirtschaftliche Potenzial der Betriebserwerberin im Allgemeinen nicht Gegenstand der Informationspflicht ist - häufig nicht sein kann, weil dessen Beurteilung regelmäßig eine nicht oder kaum justiziable Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung voraussetzen würde, stellt jedenfalls eine mit dem Betriebsübergang einhergehende erhebliche Verringerung der Haftungsmasse für aus den übergehenden Arbeitsverhältnissen resultierende Forderungen, also eine nicht unerhebliche Verringerung der verbleibenden Haftungsgrundlage, einen Umstand dar, auf dessen Kenntnis die zu informierenden Arbeitnehmer Anspruch haben.

    LAG München, Urt. v. 29. 4. 2008 - 7 Sa 986/07

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