Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • 1. Die Pfändungsschutzvorschriften der ZPO gelten auch für Lastschriftwiderrufe durch den Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren.

    2. Der Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren ist nicht berechtigt, Lastschriften des Schuldners, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung einer Schuld dienen und aus dem pfändungsfreien Vermögen des Schuldners stammen, zu widerrufen.

    3. Im Falle eines unberechtigten Lastschriftwiderrufs kann die Schuldnerbank dem Treuhänder den dolo-adit-Einwand aus § 242 BGB entgegenhalten.

    AG Hannover, Urteil vom 6. 11. 2009 - 568 C 9396/09 (nicht rechtskräftig)

  • 1. Für die Gewährung von Akteneinsicht in staatsanwaltschaftliche Ermittlungsvorgänge kann es ausreichen, wenn es nach dem Vorbringen des Antragsstellers möglich erscheint, dass er dadurch zivilrechtliche Ansprüche gegen den Beschuldigten oder Dritte verifizieren kann; es ist im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung gegen eine entsprechende staatsanwaltschaftliche Verfügung nicht Aufgabe der Strafkammer, zu prognostizieren, wie ein oberlandesgerichtlicher Zivilsenat über diese möglichen zivilrechtlichen Ansprüche entscheiden könnte.
    2. Ein Insolvenzverwalter kann Verletzter i.S. des § 406e StPO sein (Fortführung von Kammer, NJW 2008, 531, und NStZ-RR 2008, 43).

    LG Hildesheim, Beschluss vom 6. 2. 2009 - 25 Qs 1/09

  • 1. Das Insolvenzgericht kann durch eine Zwischenentscheidung (§ 303 ZPO, § 4 InsO) die Unwirksamkeit einer Erledigungserklärung des antragstellenden Gläubigers feststellen. Gegen die Entscheidung steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

    2. Die Erledigungserklärung eines antragstellenden Gläubigers, der trotz einer vom Insolvenzgericht angeordneten Verfügungsbeschränkung eine Zahlung des Schuldners angenommen hat, ohne dass er hinreichenden Grund zu der Annahme hat, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sei entfallen, ist wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam und damit prozessual unbeachtlich.

    3. Der Gläubiger darf in dieser Situation eine später als inkongruente Deckung anfechtbare Leistung zurückweisen.

    LG Duisburg, Beschluss vom 28. 11. 2008 - 7 T 231/08


  • Begleicht der Schuldner die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Anfechtungsgegners, liegt eine unentgeltliche Leistung nicht vor, wenn dem Drittschuldner ein auf die Tilgung der Verbindlichkeit gerichteter werthaltiger Regressanspruch gegen den Schuldner zustand, auf den der Anfechtungsgegner hätte zugreifen können.

    BGH, Urteil vom 19. November 2009 - IX ZR 9/08;

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • LG Köln
    Urteil vom 02.12.2009
    13 S 198/09


    1. In der bloßen Fortsetzung des Zahlungsverkehrs auf einem mit Lastschriftbuchungen belasteten Konto kann jedenfalls solange keine stillschweigende Genehmigung der Belastungsbuchungen gesehen werden, als die sechswöchige Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen den Saldo noch nicht abgelaufen ist.

    2. Die Genehmigungsfiktion der Nr. 7 Abs. 4 Sparkassen AGB (a. F.) wirkt nicht gegenüber dem "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt.

    3. Eine erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter erteilte Genehmigung einer Lastschriftbuchung unterliegt nicht der Insolvenzanfechtung.

  • Ein Treugeber einer Personengesellschaft kann, durch ihm im Gesellschaftsvertrag verliehene unmittelbare Rechte, die Stellung eines „Quasi-Gesellschafters“ erhalten. Dieser so genannte „qualifizierte Treugeber“ unterfällt jedoch nicht der persönlichen Außenhaftung, denn diese setzt eine tatsächliche Gesellschafterstellung voraus. (Leitsatz der Redaktion)

    OLG München, Urteil vom 23. 6. 2009 - 5 U 5492/08 (nicht rechtskräftig)

  • a) Pfändet ein Gläubiger eine künftige Mietforderung des Schuldners gegen einen Dritten, richtet sich der für die Anfechtung des Pfändungspfandrechts maßgebliche Zeitpunkt nach dem Beginn des Nutzungszeitraums, für den die Mietrate geschuldet war (Bestätigung von BGH, Urt. v. 30. Januar 1997 - IX ZR 89/96 für den Anwendungsbereich der InsO).
    b) Ist das durch Pfändung der Mietforderung entstandene Pfandrecht anfechtbar, weil der Nutzungszeitraum, für den die Mieten geschuldet sind, in der anfechtungsrelevanten Zeit begonnen hat, führt es nicht zur Annahme eines masseneutralen Sicherheitentauschs, dass die Mietforderung zugleich in den Haftungsverband einer Grundschuld fällt.

    BGH, Urteil vom 17. September 2009 - IX ZR 106/08 -

  • LG Heilbronn Beschluss vom 23.06.2006
    1 T 85/06

    Der Lauf der Verjährungsfrist für Vergütungsansprüche des (vorläufigen) Insolvenzverwalters ist entsprechend dem Rechtsgedanken des § 8 II RVG für die Dauer des gesamten Insolvenzverfahrens gehemmt. Für den vorläufigen Insolvenzverwalter im Rahmen eines noch laufenden Insolvenzverfahrens jedenfalls dann mit der in § 8 II RVG geregelten vergleichbar, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter mit Eröffnungsbeschluss auch zum endgültigen Insolvenzverwalter bestellt worden ist.

  • LG Gera
    SU vom 10.09.2009
    6 O 269/09
    Steht dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht zu, die zur Sicherung abgetretene Forderung entweder selbst einzuziehen oder aber dem Gläubiger die Verwertung zu überlassen, korrespondiert hiermit nicht zugleich eine entsprechende Verpflichtung gegenüber dem Sicherungsgläubiger. Einen materiell-rechtlichen Freigabeanspruch für den Sicherungsgläubiger sieht das Gesetz nicht vor, da es allein im pflichtgemäßen Ermessen des Verwalters steht, sein Wahlrecht auszuüben.

  • Bei eingetretener Masseunzulänglichkeit hat die Berichtigung der Kosten des Insolvenzverfahrens absoluten Vorrang, auch wenn der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit nicht anzeigt. Dasselbe gilt bei Einstellungsreife mangels Masse, wenn eine Einstellung wegen der Stundung der Verfahrenskosten unterbleibt; die Kosten des Insolvenzverfahrens sind auch in diesem Fall nicht von der genannten Tilgungsreihenfolge ausgenommen.

    BGH, Beschluss vom 19. November 2009 - IX ZB 261/08

  • AG Göttingen
    Beschluss vom 18.12.2009
    71 IN 51/04

    1. Der Insolvenzverwalter ist in vor dem 29.12.2006 eröffneten Verfahren berechtigt, den Vergütungsanspruch für die Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung geltend zu machen, wenn die Forderung verjährt ist.

    2. Das Insolvenzgericht ist nicht berechtigt, die Verjährung von Amts wegen zu berücksichtigen.

    3. Eine vorherige Anhörung von Schuldner und Gläubigern zu dem Vergütungsantrag ist nicht erforderlich.

  • BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 206/08

    Auf der Grundlage eines Insolvenzplans kann der Insolvenzverwalter nur einen bereits rechtshängigen Anfechtungsrechtsstreit fortsetzen, aber nicht einen neuen einleiten. Eine solche Befugnis kann dem Insolvenzverwalter nicht durch eine Entscheidung des Insolvenzgerichts eingeräumt werden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • a) Über den Antrag auf Restschuldbefreiung ist nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung von Amts wegen zu entscheiden, auch wenn das Insolvenzverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen werden kann.
    b) Ist über die Restschuldbefreiung vor Abschluss des Insolvenzverfahrens zu ent-scheiden, muss den Beteiligten wie bei einem Schlusstermin Gelegenheit zu Versagungsanträgen nach § 290 InsO und zur Stellungnahme gegeben werden. Die Ankündigung der Restschuldbefreiung, die Wohlverhaltensphase und die dort sonst zu beachtenden Obliegenheiten des Schuldners entfallen.
    c) Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren nach Ablauf der Abtre-tungserklärung Restschuldbefreiung erteilt, entfällt der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung.
    d) Bis zur Rechtskraft der Entscheidung, mit der im laufenden Verfahren Restschuld-befreiung erteilt wird, hat der Insolvenzverwalter den pfändbaren Neuerwerb einzuziehen und für die Masse zu sichern. Wird Restschuldbefreiung erteilt, hat er den eingezogenen Neuerwerb, der danach nicht in die Masse gefallen ist, an den Schuldner auszukehren.

    BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 247/08

  • OLG Stuttgart
    Beschluss vom 18.11.2009
    3 W 63/09

    1. Der Rückgewähranspruch nach § 11 AnfG kann durch einstweilige Verfügung gesichert werden.

    2. Der anfechtende Gläubiger ist beweisbelastet für eine nicht werterschöpfende Belastung. Da der Anfechtungsgegner in Folge der ihn treffenden sekundären Darlegungs- und Beweislast sich äußern muss, in welcher Höhe die Belastung im maßgeblichen Zeitpunkt valutierte, genügt im einstweiligen Verfügungsvefahren, dass der Gläubiger eine reale Belastung trotz der ersichtlichen nominellen Belastung mit Grundpfandrechten betreitet.

    3. Einer Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes für das den Rückgewähranspruch sichernde Verfügungsverbot bedarf es nicht (§§ 885 I 2, 899 II BGB analog).

  • Berichtigungsansprüche nach § 15a Abs. 1 UStG, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, sind Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

    Bei der Korrektur nach § 15a UStG handelt es sich nicht um die Berichtigung einer fehlerhaften Steuerfestsetzung und Rückzahlung eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Anspruch genommenen Steuervorteils, sondern um einen eigenständigen Steuertatbestand.

    FG Münster URTEIL vom 08.10.2009 - 5 K 1096/07 U

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