Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Ein rechtlich schützenswertes Interesse für einen abermaligen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Verbindung mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung besteht bei einer geringfügigen Forderung nicht.

    LG Landau, Beschl. v. 9. 3. 2009 - 4 T 13/09

  • BAG, Urteil vom 21.01.2010 - 6 AZR 556/07

    1. Regelt eine tarifliche Verfallklausel, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseits binnen einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen sind, erfasst sie nicht nur tarifliche, sondern auch vertragliche und gesetzliche Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien.

    2. Ob bei einem Arbeitgeberdarlehen der Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist oder nur mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung steht, hängt von der konkreten Ausgestaltung des Darlehensvertrags ab, insbesondere davon, wie eng das Arbeitgeberdarlehen mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist. 

  • BAG, Urteil vom 21.01.2010 - 6 AZR 593/07

    1. Die Vertragsfreiheit gestattet Vereinbarungen zwischen mehreren Gläubigern und Schuldnern, dass ihre wechselseitigen Forderungen durch Verrechnung getilgt werden.

    2. Da nach § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO dem Insolvenzgläubiger die Aufrechnung mit einer bedingten oder betagten Forderung nicht gestattet ist, wenn die gegen ihn gerichtete Forderung der Masse fällig wird, bevor die Aufrechnungslage eintritt, ist eine antizipierte Verrechnungsvereinbarung in der Insolvenz nicht wirksam, soweit eine zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht fällige Forderung eines Insolvenzgläubigers mit einer fälligen Masseforderung verrechnet werden soll.

    3. Müssen nach einer Verfallklausel in einem Tarifvertrag nur tarifvertragliche Ansprüche innerhalb einer bestimmten Ausschlussfrist schriftlich geltend gemacht werden, werden tarifvertraglich nicht geregelte vertragliche oder gesetzliche Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien nicht erfasst. 

  • Bei einem überschuldeten Architekten besteht die Gefahr, dass er sich - möglicherweise auch auf Druck seiner Gläubiger - bei seinen Handlungen von eigenen finanziellen Interessen und übertriebener Gewinnorientierung leiten lässt. Es bedarf deshalb des Nachweises besonderer Umstände, dass trotz "finanzieller Schieflage" für die Zukunft eine Interessengefährdung fern liegt.

    OVG NRW, Beschl. v. 18. 12. 2009 - 4 B 995/09

  • Für Insolvenzgläubiger von Forderungen, die aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen resultieren, bedeutet § 114 Abs. 3 Satz 3 InsO dass eine privilegierte Lohnpfändung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr in Betracht kommt, auch wenn die Pfändung bereits vor der Insolvenzeröffnung erfolgt ist, da - anders als bei Unterhaltsgläubigem - nach Insolvenzeröffnung keine neuen Forderungen entstehen.

    LG Frankenthal, Beschl. v. 26. 11. 2009 - 1 T 228/09

  • 1.
    Der Umsatzsteuer unterliegende Entgeltforderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen an den späteren Gemeinschuldner werden spätestens im Augenblick der Insolvenzeröffnung unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe uneinbringlich.
    2.
    Wird das uneinbringlich gewordene Entgelt nachträglich vereinnahmt, ist der Umsatzsteuerbetrag erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Das gilt auch für den Fall, dass der Insolvenzverwalter die durch die Eröffnung uneinbringlich gewordene Forderung erfüllt (Änderung der Rechtsprechung).


    BFH, Urt. v. 22. 10. 2009 - V R 14/08

  • 1.
    Eine Entgeltumwandlung kann unzulässig sein, wenn dem Arbeitnehmer anstelle von Barlohn eine Direktversicherung mit (voll) gezillmerten Tarifen zugesagt wird.
    2.
    Soweit wegen der Zillmerung die Höhe der Versicherungs- und Versorgungsleistungen rechtlich zu beanstanden ist, führt dies jedoch nicht zu einem "Wiederaufleben" des umgewandelten Arbeitsentgeltanspruchs, sondern zu einer Aufstockung der Versicherungsleistungen.
    3.
    Voll gezillmerte Versicherungsverträge können eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 BGB darstellen, wenn die Abschluss- und Vertriebskosten auf mehr als 5 Jahre verteilt werden (vgl. § 169 Abs. 3 VVG).

    BAG, Urt. v. 15. 9. 2009 - 3 AZR 17/09

    1. Zu den bei einem Betriebsübergang nach § 613a I 2 BGB in das Arbeitsverhältnis zwischen dem Betriebserwerber und dem Arbeitnehmer transformierten Normen gehört der gesamte Bestand der Tarifnormen, die die Rechte und Pflichten zwischen dem tarifgebundenen Betriebsveräußerer und dem tarifgebundenen Arbeitnehmer geregelt haben. Dies gilt auch für eine dort bereits festgelegte dynamische Veränderung, die erst nach dem Betriebsübergang eintreten soll.
    2. Die Wirkungsweise der nach § 613a I 2 BGB in das Arbeitsverhältnis zwischen Betriebserwerber und Arbeitnehmer transformierten Normen entspricht regelmäßig derjenigen, die bei einem Austritt des Veräußerers aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband hinsichtlich des zur Zeit des Austritts geltenden Verbandstarifvertrages nach § 3 III TVG eintreten würde. Dabei entspricht das Ende der Sperrfrist nach § 613a I 2 und 4 BGB dem Ende des nachbindenden Tarifvertrages.

    BAG, Urt. v. 22. 4. 2009 - 4 AZR 100/08

  • 1.
    Nur eine ordnungsgemäße Unterrichtung über einen beabsichtigten Betriebsübergang (§ 613a V BGB) setzt für den betroffenen Arbeitnehmer die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a VI 1 in Lauf.
    2.
    Das Recht des Arbeitnehmers, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber zu widersprechen (§ 613a VI BGB), kann verwirken.
    3.
    Könnte sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber mit Erfolg auf Umstände berufen, die zur Verwirkung des Widerspruchsrechts geführt haben, so steht dieses Recht auch dem Betriebsveräußerer zu, unabhängig davon, ob und ggf. wann diesem die Umstände bekannt geworden sind.
    4.
    Hat der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht verwirkt, so hat er im Wege des Schadensersatzes keinen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer, weil dieser seiner Unterrichtungspflicht nach § 613a V BGB nicht ordnungsgemäß nachgekommen war.

    BAG, Urt. v. 2. 4. 2009 - 8 AZR 220/07

  • AG Duisburg, Beschluss vom 10.02.2010 - 60 IN 26/09

    Nichtigkeit eines Gläubigerversammlungsbeschlusses zur Geschäftsfreigabe wegen Einberufungsmangels

    Leitsätze:
    1. Beschlüsse einer Gläubigerversammlung, die nicht unter Beachtung des § 74 Abs. 2 InsO (hier: Nichtbekanntgabe der Uhrzeit des Termins) einberufen ist, sind nichtig. Maßgeblich für den Einberufungsmangel ist der Text der öffentlichen Bekanntmachung.

    2. Ein Beschluss der Gläubigerversammlung, der nach seinem Inhalt die gesetzliche Kompetenz der Versammlung überschreitet, ist wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht nichtig.

    3. Die Geschäftsfreigabeerklärung des Insolvenzverwalters (§ 35 Abs. 2 InsO) verliert ihre Wirksamkeit erst durch die auf Antrag der Gläubigerversammlung ergehende Entscheidung des Insolvenzgerichts.

    4. Für die Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses der Gläubigerversammlung gelten die formellen und sachlichen Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 InsO weder unmittelbar noch entsprechend.

    5. Die Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses wirkt gegenüber sämtlichen Beteiligten des Insolvenzverfahrens, wenn sie aufgrund eines nach § 78 Abs. 1 InsO zulässigen Antrags vom Insolvenzgericht ausgesprochen wird. 

  • 1. Die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 298 I InsO wegen fehlender Deckung der Mindestvergütung des Treuhänders ist erst möglich, wenn der Treuhänder ein Jahr lang ohne die Mindestvergütung geblieben ist.

    2. § 298 InsO stellt auf das Tätigkeits- und nicht auf das Kalenderjahr ab.

    3. Sind dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet, so hat der Treuhänder bis zum rechtskräftigen Widerruf der Kostenstundung wegen seiner Vergütung einen Sekundäranspruch gegen die Staatskasse, so dass ihm ein Anspruch gegen den Schuldner auf Zahlung seiner Vergütung erst seit dem rechtskräftigen Widerruf der Kostenstundung zusteht.

    LG Göttingen, Beschluss vom 2. 2. 2010 - 10 T 6/10


  • BGH, Beschluss vom 18. Februar 2010 - IX ZB 180/09 -

    Wegen einer Insolvenzstraftat, für die - isoliert betrachtet - die Löschungsvoraussetzungen vorliegen, kann die Restschuldbefreiung nicht versagt werden; die Verlänge-rung der Löschungsfrist durch das Hinzutreten anderer Verurteilungen, die keine Insolvenzstraftaten betreffen, ist insolvenzrechtlich unbeachtlich. 

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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