Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer Publikums-KG kann der KG nach § 43 Abs. 2 GmbHG haften, wenn er ohne Zustimmung der KG-Gesellschafter einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG wegen drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) stellt.

    OLG München, Urt. v. 21.03.2013 – 23 U 3344/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Erlangt der Gläubiger zunächst ein anfechtungsfestes Pfändungspfandrecht an einem Guthaben eines Kontos des Schuldners, unterliegt die hiernach erfolgte Befriedigung dennoch der Anfechtung gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2 InsO, sofern die Bank das gepfändete Guthaben an Dritte auszahlt und erst das im Drei-Monats-Zeitraum neu entstandene Guthaben an den Pfändungsgläubiger weiterleitet.

    LG Berlin, Urt. v. 14.11.2012 - 50 S 25/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Die Rückforderung geleisteter Mietzinszahlungen wegen insolvenzrechtlicher Anfechtbarkeit betrifft keine (miet-)vertraglichen Ansprüche, sondern Ansprüche aus einem gesetzlichen Rechtsverhältnis, auf das § 29a ZPO keine Anwendung findet.

    OLG Frankfurt, Beschl. v. 08.01.2013 - 11 AR 232/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob allein der Übergang der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Vermögen des Insolvenzschuldners auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 Abs. 1 InsO zur Uneinbringlichkeit i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 UStG führt.

    2. Ernstlich zweifelhaft ist auch, ob bei Vereinnahmung einer noch vom Insolvenzschuldner begründeten Entgeltforderung durch den Insolvenzverwalter die auf die Leistung entfallende Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit oder aber als allgemeine Insolvenzforderung anzusehen ist.

    FG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 18.03.2013 - 7 V 7279/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Ansprüche von Arbeitnehmern auf verdientes, aber erst später fällig werdendes Entgelt (sog. deferred compensation oder aufgeschobene Vergütung) können dadurch insolvenzgesichert werden, dass der Arbeitgeber einem Treuhänder Vermögenswerte zur Verwaltung überträgt (Verwaltungstreuhand) und gleichzeitig der Treuhänder die Sicherungsinteressen der Arbeitnehmer wahrnehmen muss (Sicherungstreuhand).

    2. Insolvenzsicher ist die Sicherungstreuhand nur, wenn den Arbeitnehmern im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers ein eigenes Forderungsrecht gegen den Treuhänder in Bezug auf das Treugut (echter Vertrag zugunsten Dritter) eingeräumt ist.

    3. Dies führt in der Regel zu einem Absonderungsrecht des Treuhänders nach § 51 Nr. 1 InsO, das dieser zugunsten der Arbeitnehmer geltend machen muss.

    LAG Nürnberg, Urt. v. 14.11.2012 - 2 Sa 837/10

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Der Antrag auf Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ist unzulässig, wenn der Geschäftsbetrieb bereits eingestellt ist.

    2. Der Antrag auf Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ist unzulässig, wenn dem Gericht in der Antragsschrift nicht eine repräsentative Besetzung des vorläufigen Ausschusses gem. § 67 Abs. 2 InsO vorgeschlagen und entsprechende Einverständniserklärungen der insofern in Betracht kommenden Personen mit der Amtsannahme beigefügt werden.

    AG Hamburg, Beschl. v. 06.05.2013 – 67c IN 165/13

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • (1. - 3.)

    4. Hat der Schuldner vor Insolvenzeröffnung eine Forderung auf Arbeitsentgelt für die spätere Zeit abgetreten oder verpfändet, ist diese Verfügung nur wirksam, soweit sie sich auf die Bezüge für die Zeit vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats bezieht. § 114 I InsO privilegiert Vorausabtretungen für die Dauer von zwei Jahren, um es Verbrauchern zu erleichtern, Kredit zu erlangen. Sie können häufig nur eine Entgeltzession als Sicherheit bieten.

    5. Ist ein Gegenstand nur für bestimmte Gläubiger pfändbar, gehört er nach § 36 I 2 InsO nicht zur Insolvenzmasse. Das ist bei Arbeitseinkommen i.S.v. § 850d ZPO der Fall. Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gilt nicht. Der Schuldner kann mit diesen Mitteln, die nicht zur Insolvenzmasse gehören, während des Insolvenzverfahrens freiwillige Zahlungen an einen einzelnen Insolvenzgläubiger leisten. Auch die (Voraus-)Abtretung nicht zur Insolvenzmasse gehörender Forderungen ist möglich.

    BAG, Urt. v. 21.02.2013 - 6 AZR 553/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Eine Versagung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO kommt nicht in Betracht, wenn der Schuldner trotz Verurteilung wegen Betruges gem. § 263 StGB gegen ein zivilrechtliches Zahlungsurteil Rechtsmittel einlegt.

    2. Bestreitet der Schuldner bei dieser Sachlage die Deliktseigenschaft, begründet dies keine Versagung § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO.

    AG Göttingen, Beschl. v. 24. 4. 2013 - 74 IN 136/10

  • 1.Nach § 400 BGB kann eine Forderung nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist. Mit dem Abtretungsverbot soll der Arbeitnehmer - auch gegen seinen Willen - davor geschützt werden, dass er durch eine Abtretung seiner Vergütungsansprüche die Gelder verliert, die er für seinen Lebensunterhalt und den seiner Angehörigen braucht.

    2.§ 400 BGB ist nach seinem Zweck immer dann einschränkend auszulegen und unanwendbar, wenn der mit dem Abtretungsverbot bezweckte Schuldnerschutz gewährleistet ist, weil der Abtretungsempfänger dem Arbeitnehmer einen Geldbetrag in Höhe der abgetretenen Forderung zur Verfügung stellt. Mit der Zahlung des Abtretungsempfängers erlangt der Arbeitnehmer die nötigen finanziellen Mittel, um den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen zu bestreiten. Damit wird dem Schutzzweck der Pfändungsvorschriften, der das Existenzminimum sichern soll, genügt.

    3.Nach § 412 BGB finden auf den gesetzlichen Forderungsübergang - zB nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II - die Vorschriften der §§ 399 bis 404, 406 bis 410 BGB entsprechende Anwendung. Nach seinem Zweck gilt das Vorrecht aus § 850d Abs. 1 ZPO über § 401 Abs. 2 BGB auch für übergegangene Unterhaltsansprüche. Hinter der Herabsetzung der Pfändungsfreigrenzen in § 850d Abs. 1 ZPO für gesetzliche Unterhaltsansprüche steht das sozialpolitische Anliegen des Gesetzgebers, den Gläubiger, der seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann, nicht auf die staatliche Sozialfürsorge zu verweisen. Stattdessen soll er privilegiert Zugriff auf das Arbeitseinkommen des unterhaltspflichtigen Schuldners nehmen dürfen.

    4.Hat der Schuldner vor Insolvenzeröffnung eine Forderung auf Arbeitsentgelt für die spätere Zeit abgetreten oder verpfändet, ist diese Verfügung nur wirksam, soweit sie sich auf die Bezüge für die Zeit vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats bezieht. § 114 Abs. 1 InsO privilegiert Vorausabtretungen für die Dauer von zwei Jahren, um es Verbrauchern zu erleichtern, Kredit zu erlangen. Sie können häufig nur eine Entgeltzession als Sicherheit bieten.

    5.Ist ein Gegenstand nur für bestimmte Gläubiger pfändbar, gehört er nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht zur Insolvenzmasse. Das ist bei Arbeitseinkommen i.S.v. § 850d ZPO der Fall. Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gilt nicht. Der Schuldner kann mit diesen Mitteln, die nicht zur Insolvenzmasse gehören, während des Insolvenzverfahrens freiwillige Zahlungen an einen einzelnen Insolvenzgläubiger leisten. Auch die (Voraus-)Abtretung nicht zur Insolvenzmasse gehörender Forderungen ist möglich.

    BAG, Urt. v. 21. 2. 2013 - 6 AZR 553/11

  • Haftung des Abtretungsempfängers für Umsatzsteuer bei Abtretung von Forderungen durch Globalzession

    Hat ein vorläufiger Insolvenzverwalter aufgrund richterlicher Ermächtigung eine zur Sicherheit abgetretene Forderung eingezogen und den Erlös an den Abtretungsempfänger weitergeleitet, haftet der Abtretungsempfänger nach § 13c UStG für die im vereinnahmten und an ihn weitergeleiteten Forderungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer.

    BFH v. 20.3.2013, XI R 11/12

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • (1.-2.)

    3. Die Gesellschafter einer GmbH sind im Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft in der Regel keine Beteiligten im Sinne von § 82 KO (entspricht § 60 Abs. 1 InsO).

    4. Die Aufsicht des Konkursgerichts über den Konkursverwalter gemäß § 83 KO (entspricht § 58 Abs. 1 Satz 1 InsO) begründet in der Regel keine Amtspflichten des Gerichts gegenüber Dritten, die nicht Beteiligte im Sinne von § 82 KO sind.

    OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.01.2013 - 9 U 129/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Im Falle einer Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter bestimmt sich der Wert der Insolvenzmasse für die Berechnung der Gerichtskosten nach § 58 I 1 GKG nach dem gesamten Umsatz und nicht lediglich aus dem sich ergebenden Einnahmeüberschuss.

    2. Verbindlichkeiten, die durch die Betriebsfortführung begründet sind, stellen Masseverbindlichkeiten dar, die bei der Berechnung der für die Gerichtskosten relevanten Berechnungsgrundlage nicht abzuziehen sind.

    LG Konstanz, Beschl. v. 05.04.2013 - 62 T 11/13 A

    (Bestätigung von: OLG München, Beschl. v. 08.08.2012 - 11 W 832/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.07.2010 - 10 W 60/10)
    (entgegen: OLG Hamm, Beschl. v. 18.01.2013 - 25 W 262/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.03.2012 - I-3 W 286/11; AG Duisburg, Beschl. v. 05.07.2011 - 7 N 246/98)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Zahlungen, die ein Geschäftsführer dem Verbot des § 64 GmbHG zuwider geleistet hat, sind von ihm ungekürzt zur Insolvenzmasse zu erstatten. Dem gemäß § 64 GmbHG verurteilten Geschäftsführer ist von Amts wegen vorzubehalten, nach Erstattung des Verurteilungsbetrages an die Masse seine Gegenansprüche gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen. Dieser Gegenanspruch deckt sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen, welche die durch die verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten.

    BGH, Beschl. v. 19.02.2013 - II ZR 296/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. § 295 Abs. 2 InsO begründet keinen Anspruch gegen den Schuldner, sondern nach seinem Wortlaut eine Obliegenheit des Schuldners. Die entsprechende Anwendung dieser Bestimmung im Rahmen des Insolvenzverfahrens führt nicht zur Umwandlung der Obliegenheit in einen Anspruch der Insolvenzgläubiger. Sie erstreckt lediglich die Obliegenheit zur Abführung von Zahlungen auf der Grundlage eines Einkommens aus angemessenem Dienstverhältnis gegenüber dem Treuhänder im Rahmen des Verfahrens zur Restschuldbefreiung auf eine entsprechende Obliegenheit gegenüber dem Insolvenzverwalter bei fortdauerndem Insolvenzverfahren. Die auf diese Weise gegenüber dem Insolvenzverwalter vom Schuldner zu erfüllende Obliegenheit führt daher nicht zu einem einklagbaren Zahlungsanspruch des Insolvenzverwalters.

    2. Ein Verstoß des Schuldners gegen die Obliegenheit zur Abführung von Zahlungen an die Insolvenzmasse kann auch bei laufenden Insolvenzverfahren lediglich die Sanktion des § 296 Abs. 1 InsO gegen den Schuldner eröffnen.

    OLG Brandenburg, Urteil vom 17.04.2013 - 7 U 77/12,

  • Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan, der vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit abgeschlossen wird, verjähren nicht bereits nach drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Arbeitsverhältnis endete. Die Erhebung der Verjährungseinrede verstößt jedenfalls gegen Treu und Glauben, wenn der Sozialplan bereits erkennen lässt, dass eine zeitnahe Befriedigung des Anspruchs von den Betriebsparteien nicht in Betracht gezogen wurde und sowohl Arbeitnehmer, Insolvenzverwalter als auch sonstige Massegläubiger kein Interesse an der Durchführung eines Rechtsstreits wegen eines unstreitigen Anspruchs wegen der besonderen Kostentragungspflicht gem. § 12a ArbGG haben könnten.

    ArbG Duisburg, Urteil vom 06.05.2013 - 3 Ca 650/13

  • 1. Eine Gruppenbildung im Sinne von § 222 InsO ist nur dann zulässig, wenn sie sich auf gleichartige wirtschaftliche Interessen der Beteiligten stützen kann und wenn sie sachgerecht ist. Gläubiger mit gleicher Rechtsstellung und gleichartigen wirtschaftlichen Interessen dürfen nicht mehreren Untergruppen zugeordnet werden, weil dann eine sachgerechte Abgrenzung nicht möglich ist.

    2. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist eine Aufteilung der Gläubiger in solche mit Forderungen in Höhe von bis zu 1.000 EUR, solche mit Forderungen über 1.000 EUR bis 5.000 EUR und solche mit Forderungen über 5.000 EUR nicht zu rechtfertigen.

    LG Neuruppin, Beschluss vom 19.04.2013 - 2 T 33/13

  • Ein Gläubiger hat jedenfalls dann ein rechtlich geschütztes Interesse daran, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen, wenn der Schuldner dem angemeldeten Grund der Forderung als solcher aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung widersprochen hat und der Widerspruch nicht beseitigt worden ist.

    BGH, Beschluss vom 20. Juni 2013 - IX ZB 208/11 -

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