Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • BAG Urteil 10 AZR 59/12 - vom 17.04.2013

    Berechnung des pfändbaren Einkommens - Nettomethode

    Bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens gemäß § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO gilt die sog. Nettomethode. Die der Pfändung entzogenen Bezüge sind mit ihrem Bruttobetrag vom Gesamteinkommen abzuziehen. Ein erneuter Abzug der auf diesen Bruttobetrag entfallenden Steuern und Abgaben erfolgt nicht.

  • 1.Der pfändbare Teil des verschleierten Arbeitseinkommens unterfällt gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO dem Massebeschlag. Deshalb wird die zukünftige Wirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß § 114 Abs. 3 InsO für die Zwecke und die Dauer des Insolvenzverfahrens durchbrochen. Insoweit wird der Prioritätsgrundsatz des § 804 Abs. 3 ZPO durch das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung ersetzt.

    2.Der in einem Rechtsstreit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits erreichte Prozesserfolg kann dadurch gesichert werden, dass der Treuhänder das verschleierte Arbeitseinkommen eines Schuldners aus dem Massebeschlag zugunsten eines Gläubigers freigibt und dieser sich verpflichtet, das beigetriebene verschleierte Arbeitseinkommen an die Insolvenzmasse abzuführen (modifizierte Freigabe). Eine solche Freigabeerklärung wirkt allerdings nür für die Zukunft.

    BAG, Urt. v. 16. 5. 2013 - 6 AZR 556/11

  • Eine analoge Anwendung des § 174 BGB auf die Anhörung des Betriebsrats ist nach dem Zweck des Anhörungserfordernisses in § 102 Abs. 1 BetrVG und dem Zweck der Zurückweisungsmöglichkeit des § 174 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - eine betriebsfremde Person als Botin des Arbeitgebers das Anhörungsverfahren eingeleitet hat.

    BAG, Urt. v. 13. 12. 2012 - 6 AZR 608/11

  • Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan, der vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Massenunzulänglichkeitsanzeige abgeschlossen wird, verjähren nicht bereits nach drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Arbeitsverhältnis endete. Die Erhebung der Verjährungseinrede verstößt jedenfalls gegen Treu und Glauben, wenn der Sozialplan bereits erkennen lässt, dass eine zeitnahe Befriedigung des Anspruchs von den Betriebsparteien nicht in Betracht gezogen wurde und sowohl Arbeitnehmer, Insolvenzverwalter als auch sonstige Massegläubiger kein Interesse an der Durchführung eines Rechtsstreits wegen eines unstreitigen Anspruchs wegen der besonderen Kostentragungspflicht gem. § 12a ArbGG haben könnten.

    ArbG Duisburg, Urt. 6. 5. 2013 - 3 Ca 650/13

  • 1.Die Haftung des Abtretungsempfängers nach § 13c UStG umfasst alle Formen der Abtretung - auch die Globalzession - von Forderungen des Abtretenden aus Umsätzen.

    2.Hat ein vorläufiger Insolvenzverwalter aufgrund richterlicher Ermächtigung eine zur Sicherheit abgetretene Forderung eingezogen und den Erlös an den Abtretungsempfänger weitergeleitet, haftet der Abtretungsempfänger nach § 13c UStG für die im vereinnahmten und an ihn weitergeleiteten Forderungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer.

    3.Die Haftung nach § 13c UStG kann nicht durch eine zivilrechtliche Vereinbarung ausgeschlossen werden, nach der es sich bei dem weitergeleiteten Betrag um einen Nettobetrag ohne Umsatzsteuer handeln soll.

    BFH, Urt. v. 20. 3. 2013 - XI R 11/12

  • BGH, Versäumnisurteil vom 16. Mai 2013 - IX ZR 332/12

    Wird dem Schuldner im Eröffnungsverfahren hinsichtlich der von ihm geführten Aktiv- und Passivprozesse ein Verfügungsverbot auferlegt und der vorläufige Verwalter ermächtigt, Aktiv- und Passivprozesse des Schuldners zu führen, so werden die rechtshängigen Verfahren unterbrochen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Erhebt der Schuldner im Geschäftsverkehr gegen die Einziehung eines (wiederkehrenden) Umsatzsteuervorauszahlungsbetrags innerhalb einer Überlegungsfrist von 14 Tagen - auch bei Teilnahme am Online-Banking - keine Einwendungen, kann die Zahlstelle davon ausgehen, dass die Lastschrift genehmigt ist. Die 14-tägige Frist ist nach der Entscheidung des BGH (IX. ZS), ZInsO 2012, 135, als Leitlinie anzusehen. Das Urteil des BGH (XI. ZS), ZInsO 2012, 931, steht dem nicht entgegen.

    OLG Hamm, Urt. v. 11. 6. 2013 - 27 U 4/13

  • 1.Ebenso wie andere auch durchlaufende Posten gelangen Einnahmen aus USt in das Vermögen des Einnehmenden und werden USt-Schulden wiederum - später - aus diesem Vermögen beglichen. Dementsprechend bestehen auch in der Insolvenz keine Aus- oder Absonderungsrechte für vereinnahmte USt-Beträge.

    2.Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, bedarf es einer darüber hinausgehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung von 10 % nicht. Insofern kann auch ein Vortrag ausreichend sein, der zwar in bestimmten Punkten lückenhaft ist, eine Ergänzung fehlender Tatsachen aber schon auf der Grundlage von Beweisanzeichen zulässt.

    OLG Hamburg, Urt. v. 17. 5. 2013 - 1 U 74/12

  • Gem. § 400 BGB kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn sie der Pfändung nicht unterworfen ist. Gem. § 850b Nr. 1 ZPO sind unpfändbar Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind. Hierunter fallen auch Ansprüche aus privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen. Rechtsfolge einer entgegen § 400 BGB erfolgten Abtretung ist deren absolute Unwirksamkeit.

    LG Köln, Urt. v. 17. 6. 2013 - 26 O 272/12

  • 1. Die Vorschrift des § 58 GKG ist grundsätzlich auch im Fall der Antragsrücknahme anzuwenden.

    2. Die Absonderungsrechte der Gläubigerin sind im Rahmen von § 58 Abs. 2 GKG in Abzug zu bringen. Zwar kann aus den vom Gesetzgeber unter § 58 Abs. 1 Abs. 2 GKG getroffenen Regelungen durchaus der Wille zu einer gewissen Differenzierung bei der Festsetzung des Wertes der Insolvenzmasse einmal im Falle eines Eigenantrages und im anderen Falle eines Gläubigerantrages festgestellt werden. Das vom Gesetzgeber eine weitergehende Ungleichbehandlung, insbesondere Unterschiede bei der Definition der „Insolvenzmasse“ und damit ein Wechsel im Berechnungssystem gewollt war, kann der gesetzlichen Regelung jedoch nicht entnommen werden. Auch die weitere Gesetzessystematik spricht für eine übereinstimmende Bemessungsgrundlage bei dem Wert der „Insolvenzmasse“.

    LG Itzehoe, Beschluss vom 24.06.2013 - 4 T 57/13

  • Die InsVV stellt sich lediglich als Ausgestaltung des durch § 63 InsO vorgegebenen Rahmens dar, von dem in bestimmten Konstellationen auch abgewichen werden kann, ja sogar muss. Dies gilt insbesondere auch in den Konstellationen, in denen eine Betriebsfortführung stattfand, ein Umstand, der der auf Liquidation ausgerichtete § 1 InsVV nicht zureichend erfasst.

    LG München I, Beschluss vom 19.06.2013 - 14 T 12868/13

  • Hat der Schuldner in einem gerichtlichen Vergleich den Rechtsgrund der dadurch titulierten Forderung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung außer Streit gestellt, so steht für den Feststellungsprozess bindend fest, dass die Forderung auf einer unerlaubten Handlung beruht. Eine richterliche Schlüssigkeitsprüfung ist im Falle einer Willensübereinstimmung der Parteien zum deliktischen Charakter der Forderung nicht erforderlich, weil sie durch die Einigung der Parteien ersetzt wird. Diese Rechtsgrundsätze gelten nicht nur für den gerichtlichen Vergleich, sondern zumindest auch für außergerichtliche Erklärungen mit Vergleichscharakter, in denen die Parteien die Rechtsnatur des Anspruchs außer Streit stellen.

    OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2013 - I-7 U 198/11

  • 1. Die Einkommensteuerschuld, die aus der Verwertung der zur Insolvenzmasse (und zum Betriebsvermögen) gehörenden Wirtschaftsgüter resultiert, ist als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren.

    2. Diese Einkommensteuerschuld ist auch dann in voller Höhe Masseverbindlichkeit, wenn das verwertete Wirtschaftsgut mit Absonderungsrechten belastet war und --nach Vorwegbefriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger aus dem Verwertungserlös-- der (tatsächlich) zur Masse gelangte Erlös nicht ausreicht, um die aus der Verwertungshandlung resultierende Einkommensteuerforderung zu befriedigen (Aufgabe der anderslautenden Rechtsprechung im BFH-Urteil vom 29. März 1984 IV R 271/83, BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 3.).

    BFH v. 16.5.2013, IV R 23/11

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Der Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung ist unzulässig, wenn er inner-halb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen fehlender Deckung der Mindestvergütung des Treuhänders gestellt worden ist. Eine Stundung der Verfahrenskosten für einen solchen Antrag scheidet aus

    (Fortführung von BGH, Beschl. v. 16. Juli 2009 - IX ZB 219/08, BGHZ 183, 13).
    BGH, Beschluss vom 7. Mai 2013 - IX ZB 51/12

  • Von der Erteilung der Restschuldbefreiung sind Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung nur dann ausgenommen, wenn die Anmeldung der Forderung und des Rechtsgrundes zur Tabelle spätestens bis zum Ablauf der sechsjährigen Abtretungsfrist erfolgt ist.


    BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 151/12 -

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