Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Ohne hier ein neues Urteil einzustellen, mal ein Kompliment.

    Der Thread infomiert besser als jede Zeitschrift schnell, kompakt und wirklungsvoll :daumenrau.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Leitsätze des Gerichts:

    1. 1.
      Zum Widerspruchsrecht eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters gegen eine im Einzugsermächtigungsverfahren vorgenommene Lastschriftabbuchung auf dem Schuldnerkonto.
    2. 2.
      Die Regelung in Nr. 7 Abs. 3 AGBG-Banken, nach der es als Genehmigung gilt, wenn ein Bankkunde Einwendungen gegen eine Belastungsbuchung, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses erhebt, ist wirksam.
    3. 3.
      Ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt muss einer im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto innerhalb der Frist der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken widersprechen, um ein Eintreten der Genehmigungsfiktion zu verhindern (Abweichung von BGH, Urteile vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, und vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9).
    4. 4.
      Auch im Fall der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken ist für die Frage der Bardeckung im Rahmen des § 142 InsO der Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs maßgebend (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1329 Tz. 15 f.).

    BGH, Urt. v. 10. 6. 2008 - XI ZR 283/07 Vorinstanzen: LG Köln, AG Köln

  • Leitsätze der Redaktion:

    1. 1.
      Für die Feststellung der Überschuldung einer Gesellschaft als Voraussetzung des Verbotstatbestandes des § 92 Abs. 3 AktG kann eine Handelsbilanz insofern herangezogen werden, als sie eine rechnerische Überschuldung ausweist und insoweit indizielle Bedeutung hat. Zusammen mit der Feststellung, dass stille Reserven nicht vorhanden sind, genügt sie zur Ermittlung einer Überschuldung.
    2. 2.
      Von der RSB werden gem. § 302 Nr. 1 InsO nur solche Verbindlichkeiten ausgenommen, die sich aus einer unerlaubten Handlung i.S.d. §§ 823 f. BGB ergeben. § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG ist jedoch kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.


    OLG Brandenburg, Beschl. v. 23. 7. 2008 - 7 U 217/07

  • Leitsätze des Einsenders:

    1. 1.
      Selbst bei Verbesserung der Befriedigungschancen aller Insolvenzgläubiger von 0 auf 100 % und unter Berücksichtigung, dass auch der Ertrag den Aufwand um ein Vielfaches übersteigt, ist es möglich, dass Großgläubigern nicht zuzumuten ist, die Kosten für die Führung eines Rechtsstreits aufzubringen.
    2. 2.
      Für die Bedeutung der Zumutbarkeit sind weitere Umstände zu berücksichtigen, insbesondere Vollstreckungschancen. Angesichts beträchtlicher Vollstreckungsrisiken ist den wirtschaftlichen Beteiligten eine Kostenaufbringung nicht zuzumuten.
    3. 3.
      Bei Vollstreckungsrisiken ist die Rechtsverfolgung auch nicht mutwillig. Mutwillig ist allenfalls eine Klage gegen einen völlig Vermögenslosen ohne jegliche Aussicht auf eine (auch künftige) erfolgreiche Vollstreckung.

    OLG Celle, Beschl. v. 19. 8. 2008 - 9 W 68/08

  • Leitsätze des Gerichts:

    1. 1.
      Der Präsident des Amtsgerichts, der das Gesuch des Antragstellers, ihn in die beim Amtsgericht geführte Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter aufzunehmen, hilfsweise das hierauf gerichtete Gesuch ermessensfehlerfrei zu bescheiden, zurückgewiesen hat, ist - unabhängig von der Frage seiner materiellen Berechtigung und Verpflichtung (Zuständigkeit) - verfahrensmäßig deshalb als richtiger Antragsgegner anzusehen, weil er als beteiligtenfähige Behörde in Anspruch genommen worden ist.
    2. 2.
      Materiell richtiger Antragsgegner und demnach entscheidungszuständig für den Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste als Insolvenzverwalter in Nordrhein-Westfalen sind der oder die Insolvenzrichter (Anschluss an OLG Hamm NJW-RR 2008, 722; ZIP 2008, 1189 unter Aufgabe

    1. der bisherigen Rechtsprechung des Senats, Beschlüsse vom 27. Oktober 2006 3 Va 5/06 und 9/06, NJW-RR 2007, 630).
    2. 3.
      Als Entscheidungsträger ist der Insolvenzrichter des Amtsgerichts verpflichtet, sachgerechte Kriterien für ein Vorauswahlverfahren zu bestimmen, danach eine Vorauswahlliste für mögliche Insolvenzverwalter anzulegen und ggf. aufgrund der entwickelten Kriterien den Antragsteller, dessen Begehren dies als Minus umfasst, zu bescheiden.
    3. 4.
      Dem Entscheidungsträger, der eine Liste so zu führen und die Aufnahmekriterien so festzulegen hat, dass in sie jeder Bewerber für das Amt des Insolvenzverwalters aufgenommen wird, der den allgemeinen Kriterien für die fachliche und persönliche Eignung genügt, ist hierbei ein gerichtlich voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum zuzubilligen.

      1. a)
        § 56 Abs. 1 Satz 2 n.F. InsO, wonach die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen auf bestimmte Verfahren beschränkt werden kann, sanktioniert kein zu tolerierendes Eignungsdefizit.
      2. b)
        Die Auswahlerwägung, lediglich so viele qualifizierte Verwalter in die Liste aufzunehmen, wie regelmäßig bestellt werden können, ist sachwidrig.

    OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15. 8. 2008 - I-3 VA 4/07

  • Leitsätze des Gerichts:

    1. 1.
      Der Empfänger einer unentgeltlichen Zuwendung hat nach einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter auch bei zu vertretender Unmöglichkeit der Rückübertragung nur dann Wertersatz zu leisten, wenn eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten ist. Diese liegt bei einer durch den neuen Eigentümer bewilligten Belastung einer Immobilie mit einer Grundschuld dann nicht vor, wenn deren Eintragung im Grundbuch zur Voraussetzung für die Sicherung der Rückzahlung eines dem Gemeinschuldner gewährten Darlehens gemacht wurde.
    2. 2.
      Auch der Gläubiger dieser durch die Grundschuld gesicherten Forderung, dem der Erlös aus der von ihm betriebenen Zwangsversteigerung zugeflossen ist, muss dann unabhängig von einer bestehenden Kenntnis über die Anfechtungsgründe wegen fehlender Benachteiligung der Massegläubiger keinen Wertersatz leisten.

    OLG Nürnberg, Beschl. v. 4. 7. 2008 - 4 W 590/08

  • Leitsätze des Gerichts:

    1. 1.
      Bei einer Einlagezahlung auf ein Konto der GmbH, das in kurzen Zeitabständen schwankende Kontenstände aufweist und auf dem in kurzen Zeitabschnitten erhebliche Sollsalden und Guthabenbeträge wechseln, kann eine Erfüllung der Einlageverpflichtung angenommen werden, wenn zwar bei Eingang der Einlagezahlung das Konto im Soll geführt wurde, weil die Bank eine entsprechende Überziehung (ohne Kreditgewährung) geduldet hatte, kurze Zeit darauf jedoch ein die Einlagezahlung übersteigender Habensaldo vorhanden ist. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt des vorhandenen Guthabens ist die Einlagezahlung in das Vermögen der GmbH gelangt und kann der Geschäftsführer endgültig und frei über den Einlagebetrag verfügen.
    2. 2.
      Eine Erfüllung der Einlageverpflichtung kann unabhängig davon auch anzunehmen sein, wenn dem Geschäftsführer der zu zahlende Einlagebetrag dadurch zur freien Verfügung gestellt wird, dass der Gesellschafter auf Anweisung des Geschäftsführers auf ein von diesem bestimmtes (hier im Debet geführtes) Konto der Gesellschaft zahlt.

    OLG Oldenburg, Urt. v. 17. 7. 2008 - 1 U 49/08

  • Leitsatz der Redaktion:
    Durch die Freigabe aus der Insolvenzmasse verliert der Insolvenzverwalter die Verfügungsbefugnis, sodass es nach der Freigabe an der die Zustandsverantwortlichkeit gerade begründenden Sachherrschaft des Insolvenzverwalters fehlt.

    OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17. 4. 2007 - OVG 11 S 54/06

  • Leitsätze der Redaktion:

    1. 1.
      Provisionsansprüche des Bürgen für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens können insolvenzfest vereinbart und gesichert werden.
    2. 2.
      Eine Avalprämie stellt eine dauernde Vergütung nicht für einen fortbestehenden Regress, sondern für die im Wege der Geschäftsbesorgung bereits übernommene Auslegung und Übernahme eines Haftungsrisikos, nämlich der jeweiligen Bürgschaften, dar. (Abgrenzung zu den Kautionsversicherungsentscheidungen des BGH vom 6.7.2006 - IX ZR 121/05, ZInsO 2006, 1055; BGH v. 18.1.2007 - IX ZR 202/05, ZIP 2007, 543).

    LG Frankfurt/M., Urt. v. 11. 9. 2008 - 2-10 O 486/07

  • Leitsatz des Einsenders:
    Hat das Insolvenzgericht in der Kostenentscheidung nach Erledigungserklärung die Kosten der vorläufigen Insolvenzverwaltung ausdrücklich gesondert tenoriert und einem der Verfahrensbeteiligten auferlegt, so ist dieser selbst bei ansonsten gem. § 2 Abs. 5 GKG für ihn geltenden Kostenbefreiung nicht davon befreit, da diese Kosten weder Gebühren noch Auslagen darstellen.

    LG Hamburg, Beschl. v. 25. 7. 2008 - 326 T 28/08

  • Wenn die Dauer des eröffneten Insolvenzverfahrens die Laufzeit der Abtretungserklärung erreicht, endet der Insolvenzbeschlag nicht sofort. Das Insolvenzgericht hat aber vorab über die Erteilung der Restschuldbefreiung zu entscheiden. Die rechtskräftig erteilte Restschuldbefreiung führt dann auch zum Entfall des Insolvenzbeschlags weiteren Neuerwerbs.



    LG Dresden, Beschluss vom 11. 6. 2008 - 5 T 507/08 (nicht rechtskräftig)

    Da es nicht verlinkt wird, stelle ich die Entscheidung mal als Word-Dokument mit ein.

  • wenn ich mich recht erinnere, schmort die Sache beim BGH unter IX ZA 38/08.
    (unter der Maßgabe von FIFO wäre bald eine Entscheidung zu erwarten, da man sich schon bis 35/08 vorgekämpft hat).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • wenn ich mich recht erinnere, schmort die Sache beim BGH unter IX ZA 38/08.
    (unter der Maßgabe von FIFO wäre bald eine Entscheidung zu erwarten, da man sich schon bis 35/08 vorgekämpft hat).



    Ich glaub, dass wir das hier schon mal hatten:gruebel:

  • Einem Gläubiger, der es trotz der Veröffentlichung des Eröffnungsbeschlusses versäumt hat, seine Forderung gegen den Schuldner anzumelden, kann nicht die Befugnis eingeräumt werden, gegenüber dem Schuldner nachträglich im Insolvenzverfahren auf eine Versagung der Restschuldbefreiung hinzuwirken. Vielmehr sind Gläubiger, die nicht an dem Insolvenzverfahren teilnehmen, gehindert, in der Wohlverhaltensphase Versagungsanträge nach §§ 296, 297 InsO zu stellen.
    Hat der Schuldner die Restschuldbefreiung in unredlicher Weise durch bewußtes Verschweigen einer Forderung erlangt, kann der betroffene Gläubiger seinen Anspruch unter Berufung auf § 826 BGB nur im streitigen Verfahren verfolgen. Falls vorliegend der Schuldner der titulierten Forderung des antragstellenden Landes im Wege der Vollstreckungsgegenklage entgegentritt, wäre in diesem Verfahren ein etwaiges unredliches Verhalten des Schuldners, die Restschuldbefreiung durch eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB erwirkt zu haben, zu würdigen.

    BGH, Beschluß v. 09.10.2008 - IX ZB 16/08


  • Begleichen nicht persönlich haftende Gesellschafter die Verbindlichkeit einer Gesellschaft auf deren Anweisung gegenüber einem Gläubiger, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus, wenn die Gesellschafter durch die Zahlung keine eigene Schuld gegenüber der Gesellschaft getilgt haben.


    BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 147/07

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Landgericht Berlin mit Beschluss vom 29.09.2008 zum Aktenzeichen 86 T 497/08

    Es kann Pfändungsschutz gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InsO in entsprechender Anwendung des § 850f Abs. 1 Buchstabe a ZPO und § 54 Abs. 4 SGB I gewährt werden, wenn eine Verrechnung des Guthabens durch den Leistungsträger vorgenommen wird. Diese Verrechnung muss natürlich dem Treuhänder/Insolvenzverwalter nachgewiesen werden.

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