Änderung der Testamentsauslegung nach Erteilung Erbschein

  • Es wurde ein Testament eröffnet, handgeschrieben, welches die 4 Kinder zu gleichen Teilen als Erben benennt, als Ersatzerben deren Kinder. Daneben gibt es einige Vermächtnisse und folgenden Passus:
    Ich gehe nicht davon aus, dass keines meiner Enkel in meinem Haus künftig wohnen möchte, daher soll das Grundstück von meiner Tochter A zu einem guten Preis verkauft werden und der Erlös unter den 4 Töchtern aufgeteilt werden.

    Alle 4 Töchter erscheinen zum Erbscheinsantrag und beantragen einen ES zu gleichen Teilen ohne TV. Sie sind sich einig. Grundbuchberichtigung wird gleich vor Ort mit beantragt und mit einer weiteres Ausfertigung an das GBA im Hause gegeben.

    3 Monate später kommt ein not. Antrag mit eV auf Erteilung eines TV Zeugnisses auf der Grundlage eben dieses TES von Tochter A.
    Die andern 3 unterschreiben einen Text, der die Zustimmung zur Erteilung des TV Zeugnis und einen Verzicht zur Anhörung beinhaltet (nicht Bestandteil der Urkunde).

    In meinem Urlaub geht ein Schreiben raus von meiner Vertretung die da sagt: Auf dem ES ist kein TV Vermerk, der ES wäre zu berichtigten, ein Antrag auf Berichtigung zu stellen und die erteilten Ausfertigungen des ES zurückzureichen um den Berichtigungsbeschluss anzusiegeln.

    Der ES entspricht dem Antrag der 4 Erben. Der Passus wurde als Auftrag gesehen, für den Fall das die Enkel das Haus nicht nutzen wollen. Die Erbengemeinschaft war sich darin einig.

    Müsste hier nicht der ES eingezogen und neu erteilt werden mit voller Kostenkonsequenz , halt eben mit TV, wenn die Beteiligten übereinstimmend den Passus nunmehr anders sehen?

    Es handelt sich ja nicht um ein Schreibversehen, sondern um eine völlig andere Auslegung des Testamentes.

  • Auslegung des Testaments durch die Erben hin oder her. Das Nachlassgericht hat entschieden und den Erbschein einvernehmlich mit der Auslegung der Erben erteilt. Von dieser Auslegung des Testaments dürfte das Nachlassgericht ohne neue Anhaltspunkte zu einer anderen Auslegung nicht mehr wegkommen. Nur: das "Auslegungshopping" der Erben dürfte kein neuer Anhaltspunkt für das Nachlassgericht sein. D.h. M. E.: Antrag auf Erteilung TV-Zeugnis rechtsmittelfähig (und vor allem kostenpflichtig) zurückweisen.

  • Die TV ist hier naheliegend. Wenn es keine Argumente dagegen gibt, muss der Erbschein eingezogen und das TV-Zeugnis erteilt werden. Es gibt keinen Rechtssatz, wonach das Nachlassgericht an eine frühere falsche Auslegung gebunden ist.

  • Wieso falsche Auslegung? In dem Passus steht: nur wenn, dann...
    Alle 4 Erben waren vor einigen Monaten vor dem Nachlassgericht einig in ihrer Auslegung ohne, heute mit und dann wieder ohne weils grad nicht passt?

    Man könnte es ja auch so sehen, denn das Testament ist handschriftlich von einem altern Herren geschrieben : wenns doch verkauft werden soll, was ich nicht hoffe, dann soll es die A in die Hand nehmen. Da könnten die 3 Miterben ja für den Fall des Verkaufs eine Vollmacht erteilen und gut. Wäre am Ende billiger, wobei es darauf für das Nachlassgericht nicht ankommt, ist mir klar.

    Die Argumentation unter 2 und 3 haben mich bestätigt und überzeugt, das Rechtsmittel steht allen offen.

    In dem Antrag auf Erteilung des TV ist kein Wort zu dem Erbscheinsantrag und dem bestehenden ES gefallen. Gewöhnlich schreiben doch die Notare: der ES ist unrichtig, einzuziehen und wie folgt neu zu erteilen. Kein Wort davon, weil es keinen unrichtigen ES gibt, der entspricht dem Antrag. Ich denke das hat auch der Notar gesehen, sonst hätte es je darauf eingehen können, warum das TES auf einmal anders ausgelegt werden soll.

  • Den kannte er auf jeden Fall, denn in der ZV meiner Kollg wurde er aufgefordert einen Berichtigungsantrag zu stellen und die Ausfertigung des ES mit vorzulegen. Spätestens an der Stelle hatte er.

    Ich muss auch noch mal im Grundbuch schauen, ob die Erben nicht schon in der Zwischenzeit verfügt haben, ohne TV.

  • Die TV ist hier naheliegend. Wenn es keine Argumente dagegen gibt, muss der Erbschein eingezogen und das TV-Zeugnis erteilt werden. Es gibt keinen Rechtssatz, wonach das Nachlassgericht an eine frühere falsche Auslegung gebunden ist.

    Wieso ist die frühere Rechtsauffassung des Nachlassgerichts falsch?
    Blos weil die Erben jetzt der Rechtsauffassung sind, ein Testamentsvollstrecker sei "einfacher". Es muss nur einer zum Notar. :) Vielleicht ist ein Erbe zwischenzeitlich ein "Betreuungsfall" und kann selber nicht mehr zum Notar mit der Folge der Mitwirkungsverpflichtung des Betreuungsgerichts oder kann keine notarielle Vollmacht mehr erteilen.

    Alle Erben hatten den Erbschein ohne Tv beantragt und somit die Auslegung des Nachlassgerichts geteilt. Sorry, ich sehe hier keinen Einziehungsgrund.

  • Im Übrigen würde es sich hier nur um eine gegenständlich beschränkte Testamentsvollstreckung handeln, die sich nicht auf den gesamten Nachlass - sondern nur auf den besagten Grundbesitz - erstreckt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dies im Antrag auf Erteilung des TV-Zeugnisses nicht berücksichtigt ist.

    Ein TV-Zeugnis kann im vorliegenden Fall erst nach Einziehung des Erbscheins erteilt werden, weil sich Erbschein und Zeugnis nicht widersprechen dürfen. Der Antrag auf Erteilung des Zeugnisses enthält daher inzident die Anregung, den erteilten Erbschein wegen Unrichtigkeit einzuziehen. Damit ist die einzuschlagende Verfahrensweise nach meiner Ansicht folgende:

    - Zurückweisung der Anregung auf Einziehung des Erbscheins.
    - Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines TV-Zeugnisses, hilfsweise mit der Begründung, dass es sich ohnehin nur um eine gegenständlich beschränkte TV handeln könnte (falls der gestellte Antrag hierauf nicht Rücksicht nimmt).

    Natürlich gibt es Fälle, bei welchen sich eine - auch von den Beteiligten übereinstimmend vertretene - Testamentsauslegung aufgrund besonderer Umstände im nachhinein als unzutreffend erweist. Der vorliegende Fall scheint mir aber nicht zu dieser Fallgruppe zu gehören, weil die Alternativen von vorneherein klar waren und keine neuen Erkenntnisse hinzugekommen sind.

  • Der Antrag auf TV beschränkt sich aufs Grundbuch, die Beschränkung auf den Teil des Nachlasses ist klar.
    Danke an alle für die vielen Gedanken, vor allem zum Verfahrensablauf.
    Sollte sich tatsächlich ein Stück Papier oder was auch immer einfinden, welches eine nachträgliche anderweitige Auslegung des TES erforderlich macht, dann wird es noch einmal interessant.
    Sonst bleibt es beim Gesagten.

  • Interessanterweise argumentiert ihr sonst immer gegen die Verbindlichkeit eines Testamentsauslegungsvertrags. Hier, wo kein Testamentsauslegungsvertrag vorliegt (es sei denn man unterstellt ihn), soll die "gemeinsame Testamentsauslegung" der Beteiligten bindend sein.

  • Darf ich das Thema noch einmal aufwärmen, ich habe die Akte wieder auf dem Tisch.

    Das NLG hat den not. Antrag auf TV zurückgewiesen unter Verweisung auf die übereinstimmende Auslegung aller 4 Antragsteller im ES Verfahren und wegen der fehlenden Zustimmung der 4. Miterbin.
    Sie hatte der Erteilung des TV ausdrücklich widersprochen mit der Argumentation, dass der EL zwar wollte, dass Mitterbin eins sich um das Grundstück kümmert, auch um einen evt. Verkauf, aber auf keinen Fall die Alleinentscheidungsbefugnis hat, weil....und das lass ich weg weil es hier öffentlich ist .(anwaltlich vertreten waren dann alle 4).
    Dieser Gedanke war im Übrigen auch die Grundlage des ES Antrages.

    Beschwerde kam, OLG hat wie folgt entschieden:
    Das TV Zeugnis ist wie von Erbe 1 beantragt zu erteilen. Entscheidend sei nur, dass Erbe 1 Testamentsvollstrecker ist. Dem ist so, der Passus im Testament sei so auszulegen ,§ 2197 BGB.
    Dass der ES Antrag und damit der ES anders lautet sei unerheblich. Es ist von Amts wegen einzuziehen. Er kann, muss aber nicht nachgebessert werden.
    Der gegenläufigen Bewertung vermag der Senat nicht beizutreten - hier ist die Argumentation der Erbin zu 4 gemeint. Da die Miterbin 4 unberechtigter Weise dem Antrag der Erbin 1 entgegen trat gebietet die Kostenauferlegung an die widersprechende Erbin 4.

    ES wurde eingezogen, TV Zeugnis auf Grund der OLG-Entscheidung erteilt.

    Nun will die Erbin 1 auch einen berichtigten! ES haben.

    Ich habe den Antrag auf ES im Ursprung, ohne TV.
    Ich habe einen not. Antrag auf TV, in dem wie oben schon erwähnt auf den ES in keinster Weise eingegangen wird.
    Ich habe aber keinen ES Antrag mit TV, nur einen Antrag auf Berichtigung des ursprünglich erteilten ES.


    Wirkt jetzt die nachträgliche anderweitige Auslegung des TES durch drei von vier Erben nach anwaltlicher Beratung und die Entscheidung des OLG zurück auf den ursprünglichen Antrag und ich kann einfach so berichtigen?
    Weder das OLG, noch dem beschwerdeführenden RA stört, dass die Erben einen übereinstimmenden anderen Antrag gestellt hatten. Da ist niemand mehr darauf eingegangen.


    Ich komm mir gerade vor, als ob ich das Pferd von hinter aufzäumen soll und finden keinen rechten Ansatz.
    Im ES ist die TV anzugeben, 2364I. mit allen evt Beschränkungen.
    Unrichtig und damt einzuziehen ist der ES, wenn die TV fehlt. Der ES kann dann nicht nur berichtigt werden so im Palandt.

    Ich werte den Berichtigungsantrag als Antrag des TV auf Erteilung einen neuen ES und die Entscheidung des OLG schafft sozusagen nachträglich die Voraussetzungen nach § 2359 BGB? Ich habe auch niemanden mehr zu hören, die Auslegung des TES im Ursprung und die Meinung des Erben 4 ist unerheblich?

  • Der Erbschein wurde eingezogen, es ist daher ein neuer Erbschein zu beantragen. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind zu beachten. Ich lasse hier im Übrigen auch ein neues Aktenzeichen anlegen. Es gibt keine Möglichkeit, einen eingezogenen Erbschein zu berichtigen. Er ist aufgrund der Einziehung kraftlos und entfaltet keine Wirkung mehr. Da müssen die Antragsteller meiner Meinung nach in den sauren Apfel beißen.

  • Der Antrag ist formfrei möglich. Vielleicht liegt er hier schon vor, ist nur auslegungsbedürftig. Auf jeden Fall würde sich aber wohl eine Klarstellung empfehlen. Eine neue eidesstattliche Versicherung dürfte ja wohl entbehrlich sein.

  • Auf die erneute Abgabe der EV kann auch meiner Meinung nach verzichtet werden. An der Erbfolge ändert sich ja nichts, es ist lediglich der TV-Vermerk mit in den neu zu erteilenden Erbschein aufzunehmen. Aber dennoch ist ein vollständiger, neuer Antrag erforderlich.

  • Danke ihr beiden, ich seh das auch so, neuer Antrag, formlos, aber ohne eV. Die Formulierungen des OLG haben mich verwirrt. Vlt. weil ich innerlich nicht Eins bin mit der Entscheidung und der Begründung, die nur eine Art Feststellung ist. Aber egal, ich bin daran gebunden.
    Der Notar hatte in seinem Antrag auf TV eine Vollmacht.
    Ich muss noch mal schauen wie weit die geht. Ansonsten schreibe ich den TV an.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!