Zuständigkeiten §§ 35, 36 InsO, 811, 811a ZPO

  • Hallo,

    ich mache noch relativ neu Inso und habe hier ein etwas komisches Problem:

    Schuldnerin hat einen VW von ca. 8.000 € Wert. Der IV hat mit ihr ein Gesprächgeführt über die Ablöse dieses KfZ's (Differenz 8.000 € zu 1.500 €). Das fanddie Schuldnerin aber blöd und dachte sich, sie stellt nun mal einen Antrag beimir auf "Bestimmung eines unpfändbaren Gegenstandes nach § 811 Abs. 1 Nr.5 ZPO".

    Der IV verhandelt nun mit der Schuldnerin, sieht die Austauschpfändung alsletzte Mittel an, und schreibt mir dann ganz nett, dass er der Meinung sei,dass dafür nachher das örtlich zuständige Vollstreckungsgericht zuständig sei.

    Ich sehe das so: DieSchuldnerin arbeitet in TZ und konnte bisher ihren Sachvortrag, sie hätteArbeitsbeginn um 06.30 Uhr nicht glaubhaft machen. Für die Bewerbungen benötigtsie das Kfz meiner Meinung nach nicht. Selbst wenn ich für dieAustauschpfändung nicht zuständig wäre (wäre die 1. Frage rein interessehalber),müsste ich doch jetzt den Antrag der Schuldnerin, den ich nun mal habe,zurückweisen mit der Feststellung, dass der Gegenstand Masse nach § 35 ist undnicht als unpfändbarer Gegenstand gilt, oder?

    Ich bin nur vor demHintergrund etwas verwirrt, da ich am Montag auf einer Tagung war und da dasThema am Rande gestriffen wurde und auch den Hamburger Kommentar (§ 36 Rn. 51)so verstehe, dass für die Frage „ob“ es sich um Masse handelt dasProzessgericht zuständig wäre und nur für den „Umfang“ das Insogericht.

    Also - in die Runde: Wer istfür was denn zuständig?
     Vielen lieben Dank und vieleGrüße

    Einmal editiert, zuletzt von Neuling2011 (14. Mai 2014 um 19:11) aus folgendem Grund: Formatierung :(

  • Ich meine, dass zur Entscheidung des Streits zwischen Sch. und TH, ob der Pkw gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO pfändbar/massezugehörig ist oder nicht, der Richter beim IG zuständig ist.

    Falls entschieden würde, dass der Pkw unpfändbar/nicht massezugehörig ist, käme ein Antrag des TH auf Zulassung der Austauschpfändung in Betracht. Ich denke, dafür wäre der Rechtspfleger beim IG zuständig.

    Zu letzterem in der Sache selbst dann ggf. grundsätzlich interessant:
    http://lexetius.com/2011,3249

    Einmal editiert, zuletzt von zsesar (14. Mai 2014 um 20:54)

  • Ich meine, dass zur Entscheidung des Streits zwischen Sch. und TH, ob der Pkw gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO pfändbar/massezugehörig ist oder nicht, der Richter beim IG zuständig ist.

    Falls entschieden würde, dass der Pkw unpfändbar/nicht massezugehörig ist, käme ein Antrag des TH auf Zulassung der Austauschpfändung in Betracht. Ich denke, dafür wäre der Rechtspfleger beim IG zuständig.

    Zu letzterem in der Sache selbst dann ggf. grundsätzlich interessant:
    http://lexetius.com/2011,3249

    Nein, nach Absatz 4 Zuständigkeit insogericht nur bei 36 I 2 inso. Bei diesem Streit ist das Prozessgericht zuständig.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ich sehe auch wie Rainer und Mosser die Zuständigkeit des Prozessgerichts. Man muss sich doch einfach mal überlegen, wie das ohne Insolvenzverfahren in der MobiliarZV laufen würde. Wenn es z.B. um dem Umfang einer Forderungspfändung geht, haben wir die §§ 850 ff. ZPO, die regeln, wann das Gericht entscheiden muss (z.B. bei Zusammenrechnung, Nichtberücksichtigung Unterhaltsberechtigter). Es gibt aber im 8. Buch ZPO keine Vorschrift, die regelt, dass das Vollstreckungsgericht darüber entscheidet, ob ein Gegenstand nach § 811 ZPO unpfändbar ist. Wenn schon in der EinzelZV keine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts gegeben ist, kann auch nicht über §§ 4, 36 I, IV InsO das Insolvenzgericht zuständig sein.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Ich meine, dass zur Entscheidung des Streits zwischen Sch. und TH, ob der Pkw gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO pfändbar/massezugehörig ist oder nicht, der Richter beim IG zuständig ist.

    Falls entschieden würde, dass der Pkw unpfändbar/nicht massezugehörig ist, käme ein Antrag des TH auf Zulassung der Austauschpfändung in Betracht. Ich denke, dafür wäre der Rechtspfleger beim IG zuständig.

    Zu letzterem in der Sache selbst dann ggf. grundsätzlich interessant:
    http://lexetius.com/2011,3249

    Nein, nach Absatz 4 Zuständigkeit insogericht nur bei 36 I 2 inso. Bei diesem Streit ist das Prozessgericht zuständig.


    Ich halte mal dagegen mit:

    http://lexetius.com/2009,3840 (Rd. 16-18)

    (Hey, die Entscheidung kenn ich nur durch euch; das seinerzeitige Fazit war, dass man wohl bei § 36 InsO - je nach dem (?) - nicht so ganz wortlautgetreu sein darf ...)

    ;)

  • Ich sehe auch wie Rainer und Mosser die Zuständigkeit des Prozessgerichts. Man muss sich doch einfach mal überlegen, wie das ohne Insolvenzverfahren in der MobiliarZV laufen würde. Wenn es z.B. um dem Umfang einer Forderungspfändung geht, haben wir die §§ 850 ff. ZPO, die regeln, wann das Gericht entscheiden muss (z.B. bei Zusammenrechnung, Nichtberücksichtigung Unterhaltsberechtigter). Es gibt aber im 8. Buch ZPO keine Vorschrift, die regelt, dass das Vollstreckungsgericht darüber entscheidet, ob ein Gegenstand nach § 811 ZPO unpfändbar ist. Wenn schon in der EinzelZV keine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts gegeben ist, kann auch nicht über §§ 4, 36 I, IV InsO das Insolvenzgericht zuständig sein.


    ... die gibt es eben schon:

    § 766 ZPO.

    Daher ja auch meine Schlussfolgerung:

    > IG als besonderes VG - und dann aber der Richter.

  • Ich halte mal dagegen mit: http://lexetius.com/2009,3840 (Rd. 16-18)

    Die Entscheidung dürfte in diesem Fall nicht maßgeblich sein, wie sich aus IX ZB 268/09 Rn. 2 ergibt.


    Überzeugt mich nicht.

    Siehe daraus:

    "(...) Der Streit zwischen Insolvenzverwalter und Schuldner über die Massezugehörigkeit von Lohnanteilen, wie er sich hier vor dem Hintergrund von § 850e Nr. 1, § 851c ZPO ergeben hat, kann nur im Wege des Rechtsstreits entschieden werden, weil er keine Vollstreckungshandlung und keine Anordnung des Vollstreckungsgerichts betrifft (...)"


    Es ist nun zwar sicher richtig, dass im Rahmen der Einzelvollstreckung nicht das Vollstreckungsgericht selbst, sondern der Gerichtsvollzieher die Pfändung des Pkw bewirkt, allerdings ist der GV örtlich dem Vollstreckungsgericht zugeordnet. Seine Vollstreckungshandlungen unterliegen unmittelbar der Überprüfbarkeit des Vollstreckungsgerichts gem. §§ 753, 766, 764 ZPO.

    Wenn aber daher zweifelsohne der Richter des Vollstreckungsgerichts zur Entscheidung über eine Einwendung des Schuldners gegen die GV-Pkw-Pfändung gem. §§ 766, 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO berufen ist, dann liegt im gesamtvollstreckungsrechtlich vergleichbaren Streit zwischen Treuhänder und Insolvenzschuldner die Annahme der sachlichen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts ("als besonderes Vollstreckungsgericht" - getreu der dazu in anderen Fällen bislang ergangenen BGH-Entscheidungen) jedenfalls recht nahe ...

    Aber warten wir es halt wieder mal ab; konkret für den vorliegenden SV gibt es vom BGH bisher meines Wissens noch nix.


    time time time ... alles noch im Nebel
    http://www.youtube.com/watch?list=RD8…o&v=8cNeXWpTVlo

    Der neunte auf rechtsfortbildender Senatssitzung?
    denn beim BGH,
    da brennt noch Licht,
    da ist noch lange noch nicht Schicht,
    denn im großen und im ganzen ...
    http://www.youtube.com/watch?v=WhBGwbNYylE

    5 Mal editiert, zuletzt von zsesar (15. Mai 2014 um 22:33)

  • Ich halte mal dagegen mit: http://lexetius.com/2009,3840 (Rd. 16-18)

    Die Entscheidung dürfte in diesem Fall nicht maßgeblich sein, wie sich aus IX ZB 268/09 Rn. 2 ergibt.


    Die entscheidungsrelevante Sphäre lag dort im verbindlich zu entscheidenden Bereich "Drittschuldner-Gläubiger-Schuldner".

    Das stellt sich hier signifikant anders dar: "Gläubiger-GV-Schuldner" = "Insolvenzgläubigergesamtheit-Treuhänder-Schuldner".

    Wie auch immer - zum Praktischen:
    würde ich Herrn Richter verfügen (siehe # 756 aaO.),
    weil, wenn sachlich das IG, dann nur funktionell der Ri.

  • hm, vit. liege ich ja auch daneben, aber wenn es um die INbesitznahme der Masse geht, ist 148 Inso einschlägig, im hier interessierenden Zusammenhang halt Abs. 2. Nix Prozessgericht, bgh oder so ein zeugs :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • hm, vit. liege ich ja auch daneben, aber wenn es um die INbesitznahme der Masse geht, ist 148 Inso einschlägig, im hier interessierenden Zusammenhang halt Abs. 2. Nix Prozessgericht, bgh oder so ein zeugs :D

    Aber hallo, da ist doch tatsächlich der § 766 ZPO in der InsO genannt,
    danke def.

    Fazit:

    > Der BGH wird folgen
    > Bis dahin auf solche Eingaben des TH oder Sch.:
    > "Herrn Richter"
    > und daher - um mal auf # 1 zurückzukommen - : not my cup of tea !

    (bin raus, aber war interessant)

    http://www.youtube.com/watch?v=CBJey2dkiAI

    3 Mal editiert, zuletzt von zsesar (16. Mai 2014 um 22:38)

  • na immer wieder gern :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Vor liegt zunächst ein zulässiger Antrag des TH gem. §§ 36 InsO, 850c Abs. 4 ZPO auf Nichtberücksichtigung der Tochter des Schuldners wegen eigener Einkünfte.

    Über diesen Antrag würde ich gerne entscheiden - "IG als besonderes VG".

    Der TH schiebt nun nach, dass hins. der Tochter ohnehin keine grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung mehr bestehe, weil bereits 29 Jahre alt usw. ... und sie allein schon deshalb keine Berücksichtigung zu finden habe.

    Der Arbeitgeber des Schuldners berücksichtigt die Tochter als Unterhaltspflicht gem. § 850c Abs. 1 ZPO.

    Ich meine nun, dass über die grundsätzliche, materielle Frage der Unterhaltsberechtigung das IG gar keine (verbindliche) Entscheidung treffen kann, weil insofern zu § 850c Abs. 1 ZPO ein zulässiges Antragsrecht gesetzlich nicht eröffnet ist,
    ähnlich der BGH-Entscheidung http://lexetius.com/2012,5999 .

    Ein Antragsrecht des Gläubigers (TH) findet sich nur im § 850c Abs. 4 ZPO,
    der gerade nicht auf die materielle Frage der Unterhaltsverpflichtung abstellt, sondern diese voraussetzt und für die etwaige Nicht-Berücksichtigung allein die Voraussetzung der eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten normiert.

    Wie seht ihr das ?

  • Wenn ich ehrlich bin, hört sich das alles sehr sehr nachvollziehbar an. Ich würde es genauso ablehnen ( also, nachdem ich das von Dir so gelesen habe;)) und vielleicht gar mit dem Verwalter etwas tricksen und ihn animieren, Beschwerde einzulegen. Obwohl - weiteres Problem -, ist da überhaupt Beschwerde möglich?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Wenn ich ehrlich bin, hört sich das alles sehr sehr nachvollziehbar an. Ich würde es genauso ablehnen ( also, nachdem ich das von Dir so gelesen habe;)) und vielleicht gar mit dem Verwalter etwas tricksen und ihn animieren, Beschwerde einzulegen. Obwohl - weiteres Problem -, ist da überhaupt Beschwerde möglich?


    Das schon, über c4 habe ich ja zweifelsohne zu entscheiden und das wird wohl auf eine wie auch immer geartete Teil-Berücksichtigung im Rahmen salomonischer Ermessensentscheidung hinaus laufen, bei der beide Parteien beschwert wären.

    Ich sträube mich vorliegend nur gegen eine (tia, systematisch hier sachlich unzulässige !?) entscheidungserhebliche Würdigung des nachgeschobenen Sachvortrages des TH im Sinne von c1 und würde dies an einleitender Stelle der Beschlussbegründung entsprechend zum Ausdruck bringen wollen.

  • Nunja, das würde ich dann nicht machen. Gemäß § 850c 4 ZPO ist doch jemand unberücksichtigt zu lassen, dem der Schuldner an sich eigentlich gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Das wäre doch dann aber hier garnicht der Fall. Wenn also der Arbeitgeber die Mama des Schuldners als unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt, würde man dann ein Verfahren gemäß 4 betreiben? Insbesondere, wenn der Gegner überhaupt die gesetzliche Unterhaltspflicht bestreitet? Ich glaube, ich nicht.

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  • Aha, da sind wir beim Thema.

    ... und - ich glaube doch.

    Die von dir angeführte Mama, die vom Drittschuldner berücksichtigt wird bei der tabellarischen Ermittlung des unpfändbaren Betrages kann verbindlich ggf. nur prozessgerichtlich als unterhaltsberechtigt festgestellt werden oder nicht ?

    letztlich genau darauf zielte meine Frage ab.

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