Aus welchem Titel wird vollstreckt?

  • Guten Morgen zusammen,

    ich habe folgende zwei Titel:

    a) I. Instanz Landgericht: Beklagter wird verurteilt 5.000 EUR zu zahlen
    b) II. Instanz Oberlandesgericht: Beklagter bleibt verurteilt 4.800 EUR zu zahlen, im Übrigen wird die Klage zurückgewiesen

    Aus welchem Titel kann nun vollstreckt werden? Ich tendiere ganz klar zum Titel des Oberlandesgericht, finde aber keine passende Vorschrift in der ZPO.

  • Aussagen zur Rechtskraft oder vorläufigen Vollstreckbarkeit?

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Da in zweiter Instanz keine Verurteilung erfolgt ist sondern diese nur bestätigt wurde, ist mE die erste Instanz maßgebend. Je nach Gutdünken kann man noch "in Verbindung mit dem Urteil des OLG" ergänzen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Aussagen zur Rechtskraft oder vorläufigen Vollstreckbarkeit?

    Weder noch, da es sich um einen vollstreckbaren Beschluss handelt.

    Zitat von ;Araya954473

    Da in zweiter Instanz keine Verurteilung erfolgt ist sondern diese nur bestätigt wurde, ist mE die erste Instanz maßgebend. Je nach Gutdünken kann man noch "in Verbindung mit dem Urteil des OLG" ergänzen.

    Bestätigt bzw. minimal aufgehoben, da sich der Betrag verringert hat. Es heißt aber auch die Klage wird zurückgewiesen und nicht die Berufung. Der Beschluss des OLG ist leider nicht zugestellt. Daher rührt erst die Problematik.

  • Aussagen zur Rechtskraft oder vorläufigen Vollstreckbarkeit?

    Weder noch, da es sich um einen vollstreckbaren Beschluss handelt.

    Zitat von ;Araya954473

    Da in zweiter Instanz keine Verurteilung erfolgt ist sondern diese nur bestätigt wurde, ist mE die erste Instanz maßgebend. Je nach Gutdünken kann man noch "in Verbindung mit dem Urteil des OLG" ergänzen.

    Bestätigt bzw. minimal aufgehoben, da sich der Betrag verringert hat. Es heißt aber auch die Klage wird zurückgewiesen und nicht die Berufung. Der Beschluss des OLG ist leider nicht zugestellt. Daher rührt erst die Problematik.

    Ich wollte damit verdeutlichen, dass ja keine Erweiterung der Verurteilung und somit quasi "Neutitulierung" erfolgt ist.

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  • Eben, und daher wird aus dem Urteil erster Instanz in reduziertem Umfang vollstreckt.

    (Würde mich wundern, wenn hier die zweite Instanz überhaupt eine vollstreckbare Ausfertigung - tia, von was auch immer erteilt hätte.)

  • Da in zweiter Instanz keine Verurteilung erfolgt ist sondern diese nur bestätigt wurde, ist mE die erste Instanz maßgebend. Je nach Gutdünken kann man noch "in Verbindung mit dem Urteil des OLG" ergänzen.

    Mir ist - leider mal wieder - die Verfahrensweise im vorgestellten Fall völlig unklar.

    Regulär müsste es wie folgt laufen: Nach der Verurteilung erster Instanz zu 5.000,- Euro legt der Beklagte Berufung ein, wohl in vollem Umfang. Das OLG hält die Berufung für teilweise begründet (wie man in der Reduktion auf 4.800,- Euro sieht). Dann muss es verhandeln und ein Urteil sprechen, eine Verfahrensweise zu einem Beschluss sehe ich nicht - es sei denn, es geht um eine Familiensache und dort z.B. einen Zugewinnausgleich o.ä.

    Im normalen Zivilrechtsstreit (außerhalb Familiensachen) gibt es dann verschiedene Möglichkeiten, wie das Urteil zu tenorieren ist. Nach allen mir bekannten Varianten gehört in die Entscheidung aber auch eine Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und damit logischerweise auch eine über die Vollstreckbarkeit dieses Urteils.

    Sollte der OLG-Beschluss tatsächlich in dieser Form mangelhaft sein, dann empfiehlt sich vielleicht schon deswegen die Vollstreckung aus dem Urteil erster Instanz.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Du glaubst es nicht, was da so alles tenoriert wird,
    obwohl: wahrscheinlich doch, aber: Ich lese es - zwangsweise - jedenfalls häufiger - schwarz auf weiß: und dann wird plötzlich alles grau.

  • Wie wird denn bitte ein Urteil 1. Instanz rechtskräftig, wenn dagegen (erfolgreich) Rechtsmittel eingelegt wurde? :gruebel:

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  • Wie wird denn bitte ein Urteil 1. Instanz rechtskräftig, wenn dagegen (erfolgreich) Rechtsmittel eingelegt wurde? :gruebel:

    Das hängt eben von der Formulierung des neuen Urteils ab. Ein paar Beispiele dazu orientiert am vorgestellten Fall:

    - Das Urteil des Landgerichts wird mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass der zu zahlende Betrag lediglich 4.800,- Euro beträgt.
    Bedeutet: Kein eigener vollstreckbarer Ausspruch des OLG, sondern lediglich eine Einschränkung des Titels erster Instanz, der daher mit dieser Maßgabe rechtskräftig wird.

    - Das Urteil des LG wird wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.800.- Euro zu bezahlen.
    Bedeutet: Komplette Ersetzung des LG-Urteils mit neuer Tenorierung, vollstreckbar daher nur das Berufungsurteil.

    Oder eine Menge dazwischenliegender Varianten.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Da stellt sich für mich zuvörderst die Frage, warum so viele Tenor-Varianten für denselben Sachverhalt "zulässig" sind.

    Nur richterliche Unabhängigkeit ?

  • Vielleicht auch Fragen der (innergerichtlichen) Prozessökonomie?

    Wie dem auch sei, m.M.n. würde ich nur aus dem rechtskräftigen Titel vollstrecken, und das scheint (weil mir der Sachverhalt da zu dünn ist), doch der Titel des LG zu sein.

    (Andreas: Kann denn aus einem Tenor: "Der Beklagte wird zur Zahlung von 4.800 EUR verurteilt, im Übrigen wird die Klage zurückgewiesen." nicht auch nach Rechtskraft vollstreckt werden. Der Anspruch ist doch bestimmt, oder ist mein Kopf da schon im Wochenende?)

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  • felgentreu:
    Wenn der Titel so lautet, wie von Dir geschildert, dann hätte ich damit keine Probleme. Im Ausgangsfall lautete der Tiel allerdings "bleibt verurteilt" statt "wird verurteilt", und genau diese kleine Differenz macht mir Probleme - vielleicht sehe ich das angesichts der sonstigen Unstimmigkeiten des Titels ein wenig überkritisch.

    @Steinkauz:
    Es gibt keine gesetzlichen Regeln dazu, wie ein Titel zwingend zu formulieren ist. Daher gibt es eben entsprechende Freiräume der richterlichen Gestaltung. Ich tenoriere meist völlig neu. Das macht zwar ein wenig mehr Arbeit, sorgt aber dafür, dass der Titel aus sich selbst heraus verständlich ist. Möglicherweise aus dem umgekehrten Grund gibt es Kollegen/innen, die lieber formulieren, dass das Urteil in Ziffer 1 auf xx statt yy lautet, in Ziffer 2 nur aa statt bb verlangt werden kann ...

    Vielleicht denken diese Kollegen/innen aber auch nur an die typische Gesetzesänderung, die da lautet:
    Paragraph 1 Absatz 4 wird dahingehend geändert, dass statt des Punktes ein Strichpunkt folgt, es wird folgender neuer Absatz 5 angehängt, im Übrigen lautet die Zahl in Satz 2 jetzt 5 statt vorher 3.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Danke für die Erläuterungen! :daumenrau

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