Unterlassung Wohnraumvermietung - beschränkt persönliche Dienstbarkeit

  • Hallo,

    da ich bislang keinen solchen Fall hatte und auch in den Kommentaren diese Konstellation nicht gefunden habe, frag ich mal euch: Einschränkug der tatsächlichen Verfügungsbefugnis (zulässig) oder der rechtlichen (unzulässig)?

    Grundstückseigentümer bewilligt zugunsten der Stadt XY eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt:

    "Die Baulichkeiten, die auf dem vorbezeichneten Grundstück errichtet werden, dürfen auf die Dauer von 10 Jahren, gerechnet ab heute, nur zu anderen Zwecken als zur Wohnraumvermietung oder zur Wohnraumnutzungsüberlassung genutzt bzw. verwendet werden."

    Ich bin ein wenig ratlos...

  • Das Grundstück nur zu anderen Zwecken als zur Vermietung nutzen zu dürfen, entspricht inhaltllich einem Verbot (vgl. Schöner/Stöber Rn 1206). Demnach darf der Eigentümer hier Wohnraum weder vermieten noch überlassen. Das erste ist meiner Ansicht nach eine unzulässige Einschränkung der rechtlichen Verfügungsbefugnis, das letztere, ähnlich wie bei einem Wohnungsbelegungsrecht, das zulässige Untersagen einer tatsächlichen Handlung.

  • Ist das nicht ähnlich wie bei den Verbotsdienstbarkeiten der Brauereien und der Mineralölkonzerne? Dinglich ausschließen und dann individuell zulassen?

  • Ist das nicht ähnlich wie bei den Verbotsdienstbarkeiten der Brauereien und der Mineralölkonzerne? Dinglich ausschließen und dann individuell zulassen?

    Könnte man wohl, wenn man das Wohnen überhaupt verbietet. Die Bierbezugsverpflichtung läuft auf die Verpflichtung zu einer aktiven Handlung hinaus, die nicht zum Katalog des § 1018 BGB gehört. Also wird der Bierausschank generell dinglich verboten und nur schuldrechtlich in bestimmten Fällen zugelassen. Das Vermieten kann dagegen nicht verboten werden, weil mit der Unterlassung nach § 1018 BGB tatsächliche Handlungen gemeint sind und nicht rechtliche Verfügungen.

    Und weil sich das Verbot von Handlungen auf die Benutzung des Grundstücks in tatsächlicher Hinsicht auswirken muß, kann auch nicht eine Wohnungsnutzung allein durch den Eigentümer vereinbart werden, da die Wohnung immer noch als solche genutzt würde (vgl. Palandt/Bassenge § 1018 Rn 22; BayObLG Rpfleger 1982, 273:“Die Bestimmung, der Grundstückseigentümer habe jede Nutzung einer in einem Wohnhaus zu errichtende Wohnung durch Dritte zu unterlassen, [nur] die Nutzung durch den Eigentümer selbst sei gestattet, kann nicht Inhalt einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (hier: zugunsten der öffentliche Hand) sein“). Ist vorliegend nur abgewandelt formuliert.

    Das Problem bleibt dasselbe, wie bei der Bestellung von Wohnungsbesetzungsrechten, wo in der Einschränkung des Personenkreises, der ein Haus bewohnen darf, eine Beschränkung der tatsächlichen Sachherrschaft liege. Aber: „Die Sicherung durch Dienstbarkeiten stößt auf gewisse Schwierigkeiten, weil diese weder die Verfügungs- noch Verpflichtungsmacht des Eigentümers einschränken dürfen, und das den Dienstbarkeitsinhalt bildende Unterlassungsverbot zu einer in tatsächlicher Hinsicht anderen Benutzung des Grundstücks führen muss“ (Staudinger/Mayer § 1090 Rn 18).

    Ich würde die Dienstbarkeit unter Hinweis auf das BayObLG insgesamt beanstanden.

  • Ich möchte nochmal auf die Sache zurückkommen:

    Nachdem ich beanstandet habe, rief mich gestern die beglaubigende Notarin an und meinte, dass sie ein bisschen ratlos sei. Sie verstehe schon das Problem, überlegt nun aber, ob es eine Formulierung gibt, welche die Dienstbarkeit inhaltlich zulässig werden lässt.

    Ehrlich gesagt bin ich da auch gerad ein bisschen überfragt und habe keine Idee. Wisst ihr was?

    Die Dienstbarkeit sollte wohl im Zusammenhang mit der Zusage von Fördergeldern eingetragen werden. Ich hatte nun (für mich) überlegt, ob es praktisch umsetzbar wäre, dass der Geldgeber die Fördergelder auszahlt und sich eine Sicherungshypothek eingetragen lässt, um den Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Gelder für den Fall, dass diese nicht zweckgerichtet genutzt werden, dinglich zu sichern.
    Aber gibt es vielleicht auch irgendeine Möglichkeit, doch eine Dienstbarkeit zulässigen Inhalts zu formulieren?

  • Viele Möglichkeiten wird es nicht geben, da es letztlich immer auf ein Vermietungsverbot hinauslaufen wird. Man könnte, ähnlich wie bei der Bierbezugsverpflichtung, eine Nutzung als Wohnung ganz ausschließen und es dem Eigentümer dann schuldrechtlich gestatten. Der Eigentümer wird begeistert sein. Oder man gestaltet es in der Art eines klassischen Wohnungsbesetzungsrechts. Auch da wäre das Problem, dass das Zustimmungserfordernis zur "Gebrauchtsüberlassung" keine Beschränkung in der Benutzung, sondern eher eine der Verfügungsbefugnis darstellt, dort wird es aber wenigstens "gewohnheitsmäßig" (MüKo/Kohler § 1090 Rn 11) anerkannt. Es aber ausdrücklich als Vermietungsverbot und auch sonst in einer Weise auszugestalten, wie es in Literatur (vgl. Palandt/Bassenge a.a.O) und Rechtsprechung (vgl. BayObLG a.a.O.) als unzulässig anerkannt ist, wird auf keinen Fall möglich sein. Wenn es um Fördergelder geht, halte ich die Idee mit der Sicherungshypothek für die beste Lösung.

  • Mein Kollege hat ein ähnliches Problem.

    In der Urkunde heißt es:

    Der Eigentümer verpflichtet sich, das Grundstück und das darauf befindliche Gebäude/die darauf befindlichen Wohnungen ab Vertragsabschluss nicht zum Zwecke der Vermietung von Ferienwohnungen zu nutzen.

    Für vorstehende Nutzungsbeschränkung wird eine bpD bewilligt und beantragt.


    Auch dies dürfte kein zulässiger Inhalt einer Dienstbarkeit sein oder?
    Spielt dabei die Einschränkung der Vermietung von Ferienwohnungen ein Rolle?

  • Man hätte den Verfügungsausschluss vielleicht nicht so ausdrücklich formulieren sollen: „Bedenken bestünden nur, wenn damit der Klägerin [= Eigentümerin] die Verwaltung auch insoweit entzogen wäre, als sie nicht der Bewirtschaftung und Vermietung als Ferienwohnung dient.“ (BGH DNotZ 2003, 533). Aber auch sonst wäre es, wie bei den Wohnungsbesetzungsrechten, nur eine Umgehung des eigentlichen Problems.

  • Ich hänge mich hier mal an - auch wenn das Problem eher "andersrum" ist:

    Eingetragen werden sollte eine Unterlassungsverpflichtung als beschränkte persönliche Dienstbarkeit. Inhalt: "Der künftige Eigentümer verpflichtet sich ..., es zu unterlassen, den übertragenen Grundbesitz (XY-Weg Schlag-mich-tot) zu anderen als zu Wohnzwecken zu benutzen oder durch Dritte benutzen zu lassen, insbesondere keine Versammlungsstätte und/oder Gastwirtschaftsbetrieb zu betreiben oder betreiben zu lassen." Es gab keinen Formulierungsvorschlag in der Bewilligungsurkunde (wie so häufig).

    Nach Rücksprache mit den hiesigen Kollegen und aufgrund der Überlegung, dass "zu Wohnzwecken" eher nur im Einkommenssteuerrecht definiert ist und im Hinblick auf eine evtl. mögliche Mischnutzung von privaten und gewerblichen Räumen ("Home Office", Tagesmutter ...) habe ich die schlagwortartige Bezeichnung "Beschränkung auf Nutzung zu Wohnzwecken und Gewerbebetriebsbeschränkung" eingetragen. Die Notariatsdame hätte gerne nur "Beschränkung auf Nutzung zu Wohnzwecken". Mit dem Zusatz "insbesondere ... " soll lt. ihrer Aussage eine Vermietung/Nutzung durch rechte Gruppierungen vermieden werden ... .

    Und nun ... :oops:?

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Wenn sich deine schlagwortartige Bezeichnung mit dem bewilligten Inhalt deckt - kann die Dame viel wollen.
    Selbst wenn sie einen Formulierungsvorschlag eingereicht hätte, wärest du an diesen nicht gebunden.
    "Ich kann verstehen, dass Sie vielleicht andere Vorstellungen zur Eintragung hatten, aber der Inhalt des Rechts ist mit dieser Bezeichnung, der Bewilligung entsprechend, bezeichnet. Und das liegt in meiner Verantwortung."

  • Vielleicht habe ich missverständlich gefragt.
    Meiner Meinung nach passt die Eintragung - aber die Frage ist, ob das hier jemand (aus einem Grund, an den ich nicht gedacht habe) anders sehen würde (und die Dame evtl. Recht hätte) ... :gruebel:

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Grundsätzlich stimmte ich dem Notariat allerdings zu -> Eine Beschränkung auf Nutzung zu Wohnzwecken, statt alle untersagten Handlungen positiv aufzuzählen (vgl. Beschluss des BayObLG vom 06.08.1985; BReg. 2 Z 56/85: Werkstätte für Behinderte). Der Begriff des Wohnen deckt sich mit dem aus § 1093 BGB (vgl. statt vieler BeckOK/Wegmann BGB § 1093 Rn. 1: „… nur zu Wohnzwecken genutzt …“). Auf das „Insbesondere“ hätte man überhaupt verzichten können.

  • Danke ... die Sache hängt erst mal in der Luft - die SB will sich mit ihrem Notar besprechen und sich ggf. wieder melden ... ich warte jetzt mal ab, ob bzw. was kommt.

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • "... insbesondere keine Versammlungsstätte und/oder Gastwirtschaftsbetrieb zu betreiben oder betreiben zu lassen."

    Warum wurde das in der Bestellungsurkunde aber auch erwähnt. Es wäre doch auch so niemand auf die Idee gekommen, den Betrieb einer Gastwirtschaft unter die Nutzung als Wohnung zu subsumieren. Dieses "insbesondere" mag als Auslegungshilfe gelegentlich ganz sinnvoll sein, meistens ist es aber vollkommen unnötig.

  • Habe folgenden Fall:
    Im Zuge des Verkaufs eines Grundstücks soll für denVerkäufer eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen werden. Diese soll folgenden Inhalt haben: Der auf dem Grundstück befindliche Wohnraum darf nur preisgünstig vermietet werden. Preisgünstig bedeutet, dass die Netto-Kaltmiete 20 Prozent unter der ortsüblichen Miete liegen muss.

    Ich bin der Meinung, dass eine solche Dienstbarkeit nicht eintragungsfähig ist, da sie lediglich rechtliche Befugnisse und die rechtliche Handlungsfreiheit des Eigentümers einschränkt und nicht tatsächliche Handlungen auf dem Grundstück betrifft.
    Liege ich damit richtig? Vielen Dank im Voraus!

  • Zu meinem obigen Fall hat der Notar nun einen neuen Entwurf eingereicht. In dem heißt es: Der Käufer räumt dem Verkäufer eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit für die genannte Mietpreisbindung gemäß § 28 WoFG ein.

    Der Notar hat mir gesagt, dass bei einem anderen Gericht die Eintragung einer solchen Dienstbarkeit erfolgt ist. Für mich ergibt sich auch aus § 28 WoFG keine Zulässigkeit einer solchen Dienstbarkeit. Hat jemand Erfahrung damit?

  • Weder eine Frage der Ausgestaltung. Man könnte ein Wohnungsbelegungsrecht vereinbaren ...

    BGH, Urteil vom 8.2.2019,V ZR 176/17:

    "Zur Sicherung dieser Verpflichtung bewilligte der Reichsbund zugunsten der Bekl. die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, wonach die Wohnungen ohne zeitliche Beschränkung nur Wohnungssuchenden überlassen werden dürfen, die einen entsprechenden Wohnberechtigungsschein vorlegen."

    "Überlassen", nicht "vemietet". Bedeutet unter Umständen den Unterschied zwischen rechtlicher Verfügungsbefugnis und tatsächlichem Gebrauch.

  • Zu meinem obigen Fall hat der Notar nun einen neuen Entwurf eingereicht. In dem heißt es: Der Käufer räumt dem Verkäufer eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit für die genannte Mietpreisbindung gemäß § 28 WoFG ein.

    Der Notar hat mir gesagt, dass bei einem anderen Gericht die Eintragung einer solchen Dienstbarkeit erfolgt ist. Für mich ergibt sich auch aus § 28 WoFG keine Zulässigkeit einer solchen Dienstbarkeit. Hat jemand Erfahrung damit?

    ME ergibt sich aus der Verpflichtung nach § 28 II 1 WoFG, die Wohnung nicht gegen eine höhere als die höchstzulässige Miete zum Gebrauch zu überlassen, keine Änderung in der Benutzung des Grundstücks bzw. hier der Wohnung in tatsächlicher Hinsicht.

    Das OLG München führt in Rz. 23 des Beschlusses v. 15.07.2019, 34 Wx 264/17
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-14634?hl=true
    aus: „Dabei muss sich nach der vor allem von einer gefestigten Rechtsprechung vertretenen herrschenden Meinung ein Verbot von Handlungen, das zulässiger Inhalt einer Dienstbarkeit sein kann, auf die Benutzung des Grundstücks in tatsächlicher Hinsicht auswirken. Dem Eigentümer muss das Verbot einer andersartigen Benutzung des Grundstücks auferlegt sein, also die Vornahme der verbotenen Handlung eine andere tatsächliche Art der Benutzung des Grundstücks darstellen, als dies bei der weiterhin zulässigen Nutzung der Fall wäre (BGHZ 29, 244; BGH vom 14.3.2003, V ZR 304/02 = NZM 2003, 440; BGH vom 21.12.2012, V ZR 221/11 = NZM 2013, 324; BayObLG vom 14.11.1952, 2 Z 165/52 = BayObLGZ 1952, 287; BayObLG vom 1.9.1953, 2 Z 119/53 = BayObLGZ 1953, 295; BayObLGZ 1980, 232; BayObLG vom 28.10.1980, 2 Z 4/80 = MittBayNot 1981, 21; BayObLG vom 30.3.1989, 2 Z 75/88 = BayObLGZ 1989, 89; OLG Düsseldorf, NJW 1961, 176; Staudinger/Reymann [2017] § 1090 Rn. 14, 18; Griwotz in Ermann BGB 15. Aufl. § 1018 Rn. 16; Palandt/Herrler BGB 78. Auf. § 108 Rn. 19; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 1131; Mohr in MüKo BGB § 1090 Rn. 17; Odersky, Festschrift 125 Jahre Bayerisches Notariat 1987, S. 227). Das Verbot der Handlung muss so gestaltet sein, dass der Gebrauch in der verbotenen und der Gebrauch in der erlaubten Weise sich als ein Unterschied im tatsächlichen Gebrauch des Grundstücks darstellen. ….“

    Bei einer höchst zulässigen Miete ändert sich die Benutzung des Grundstücks/der Wohnung in tatsächlicher Hinsicht jedoch nichts.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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