Absonderungsrechte - Massekostenbeitrag und Umsatzsteuer gem. § 171 InsO

  • Für meine Fragen muss ich anhand eines Beispiels etwas ausholen:

    Die Insolvenzschuldnerin hat Forderungen, die vor Insolvenzantrag begründet wurden, in Höhe von 500.000,-.
    Diese sind an die W-Bank per Globalzession wirksam abgetreten.
    Um die Forderungen werthaltig zu machen, wurden 100.000,- aufgewendet und als Verwertungskosten in Abrechnung 1) angesetzt.

    Nach Insolvenzeröffnung erfolgen zwei Abrechnungen gegenüber der W-Bank:

    1)
    [TABLE='width: 500']

    [tr][td]

    Forderungseinzug

    [/td]


    [TD='align: right']200.000,-
    [/TD]

    [/tr][tr][td]

    - 4 % Feststellung

    [/td]


    [TD='align: right']- 8.000,-[/TD]

    [/tr][tr][td]

    - Verwertung

    [/td]


    [TD='align: right']- 100.000,-
    [/TD]

    [/tr][tr][td][/td]


    [TD='align: right'][/TD]

    [/tr][tr][td]

    Auskehr

    [/td]


    [TD='align: right']92.000,-[/TD]

    [/tr]


    [/TABLE]

    2)
    [TABLE='width: 500']

    [tr][td]

    Forderungseinzug

    [/td]


    [TD='align: right']200.000,-
    [/TD]

    [/tr][tr][td]

    - 4 % Feststellung

    [/td]


    [TD='align: right']- 8.000,-[/TD]

    [/tr][tr][td]

    - 5 % Verwertung

    [/td]


    [TD='align: right']- 10.000,-
    [/TD]

    [/tr][tr][td][/td]


    [TD='align: right'][/TD]

    [/tr][tr][td]

    Auskehr

    [/td]


    [TD='align: right']182.000,-
    [/TD]

    [/tr]


    [/TABLE]


    Geht man nun davon aus, dass die USt. bereits bei Rechnungsstellung abgeführt wurde, führt die Verwertung (Jahre später) durch den IV nicht zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer. Wie ist § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO in diesem Zusammenhang zu verstehen?

    Die W-Bank als Empfängerin des Auskehrbetrages kann im Grunde nicht wissen, welche USt.-Beträge noch abzuführen sind, da
    a) unklar, welche Beträge bereits von der Insolvenzschuldnerin als Soll-Versteuererin gezahlt wurden
    b) teilweise innergemeinschaftliche Lieferungen ohne Umsatzsteuer vorliegen
    c) die Umstellung von 16 % auf 19 % USt. im betreffenden Zeitraum erfolgte

    Dass bei der Abrechnung gegenüber der Sicherungsgläubigerin - hier die W-Bank - die Umsatzsteuer nicht zur Masse vereinnahmt wurde, ist für mich ungewöhnlich.

    Es würde mich auch interessieren, wie man hier mit der Haftung für nicht abgeführte Umsatzsteuer gem. § 13c UStG umgehen soll.

    Die 5 % Verwertungskosten auf die letztlich noch eingezogenen Forderungen wurden zusätzlich zu den Verwertungskosten gem. Nachweis eingezogen. Das muss m. E. falsch sein, da die beiden Methoden bei einem Sicherungsgut nicht vermischt werden dürfen.


  • Geht man nun davon aus, dass die USt. bereits bei Rechnungsstellung abgeführt wurde, führt die Verwertung (Jahre später) durch den IV nicht zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer. Wie ist § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO in diesem Zusammenhang zu verstehen?

    Dass bei der Abrechnung gegenüber der Sicherungsgläubigerin - hier die W-Bank - die Umsatzsteuer nicht zur Masse vereinnahmt wurde, ist für mich ungewöhnlich.

    Zu beachten sind die BFH-Urteile V R 14/08 vom 22. Oktober 2009 und V R 22/10 vom 9. Dezember 2010 sowie das BMF-Schreiben vom 09.12.2011. Demnach kann es sein, dass eine die Insolvenzmasse belastende Umsatzsteuer nicht anfällt.


    Die W-Bank als Empfängerin des Auskehrbetrages kann im Grunde nicht wissen, welche USt.-Beträge noch abzuführen sind, da
    a) unklar, welche Beträge bereits von der Insolvenzschuldnerin als Soll-Versteuererin gezahlt wurden
    b) teilweise innergemeinschaftliche Lieferungen ohne Umsatzsteuer vorliegen
    c) die Umstellung von 16 % auf 19 % USt. im betreffenden Zeitraum erfolgte

    Das mag die Bank vielleicht interessieren, den Verwalter sicherlich nicht.

    Die 5 % Verwertungskosten auf die letztlich noch eingezogenen Forderungen wurden zusätzlich zu den Verwertungskosten gem. Nachweis eingezogen. Das muss m. E. falsch sein, da die beiden Methoden bei einem Sicherungsgut nicht vermischt werden dürfen.

    Was man mit dem Sicherungsgläubiger vereinbart, ist doch in weiten Teilen disponibel.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Vielen Dank für die Hilfe!


    Geht man nun davon aus, dass die USt. bereits bei Rechnungsstellung abgeführt wurde, führt die Verwertung (Jahre später) durch den IV nicht zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer. Wie ist § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO in diesem Zusammenhang zu verstehen?

    Dass bei der Abrechnung gegenüber der Sicherungsgläubigerin - hier die W-Bank - die Umsatzsteuer nicht zur Masse vereinnahmt wurde, ist für mich ungewöhnlich.

    Zu beachten sind die BFH-Urteile V R 14/08 vom 22. Oktober 2009 und V R 22/10 vom 9. Dezember 2010 sowie das BMF-Schreiben vom 09.12.2011. Demnach kann es sein, dass eine die Insolvenzmasse belastende Umsatzsteuer nicht anfällt.

    Interessant ist dabei, dass die Umsatzsteuerschuld neu entsteht, falls der IV Teile der Leistung erst später (nach IE) erbracht hat oder es sich um Quotenzahlungen aus Insolvenzverfahren der Kunden handelt. Dort wurde mit Insolvenzeröffnung die Forderung uneinbringlich und die dann vereinnahmten Gelder beinhalten eine 'neue' Umsatzsteuer.

    Die W-Bank als Empfängerin des Auskehrbetrages kann im Grunde nicht wissen, welche USt.-Beträge noch abzuführen sind, da
    a) unklar, welche Beträge bereits von der Insolvenzschuldnerin als Soll-Versteuererin gezahlt wurden
    b) teilweise innergemeinschaftliche Lieferungen ohne Umsatzsteuer vorliegen
    c) die Umstellung von 16 % auf 19 % USt. im betreffenden Zeitraum erfolgte

    Das mag die Bank vielleicht interessieren, den Verwalter sicherlich nicht.

    Eher das FA ... und das möglichst solange noch der Haftungsbescheid erlassen werden kann.

    Die 5 % Verwertungskosten auf die letztlich noch eingezogenen Forderungen wurden zusätzlich zu den Verwertungskosten gem. Nachweis eingezogen. Das muss m. E. falsch sein, da die beiden Methoden bei einem Sicherungsgut nicht vermischt werden dürfen.

    Was man mit dem Sicherungsgläubiger vereinbart, ist doch in weiten Teilen disponibel.

    Der Verwalter darf nicht einen Teil der Verwertungskosten konkret berechnen und für einen anderen Teil die Pauschale von 5 vom Hundert ansetzen.
    BGH, Beschluss vom 22. 2. 2007 - IX ZR 112/06

  • Der Verwalter darf nicht einen Teil der Verwertungskosten konkret berechnen und für einen anderen Teil die Pauschale von 5 vom Hundert ansetzen.
    BGH, Beschluss vom 22. 2. 2007 - IX ZR 112/06

    Hier hat es aber eine Verwertungsabrede gegeben....

    Das verstehe ich nicht. Eben weil es die Verwertungsabrede gab, können nicht einmal nachgewiesene Kosten und später 5 % abgerechnet werden. Es sei denn, die Verwertungsabrede sieht vor, dass bis zum Datum X Kosten und für die später eingezogenen Forderungen 5 % als vereinbart gelten sollen. Aber wer macht schon sowas ...

  • Werden Forderungen, die vor Insolvenzeröffnung begründet wurden, nach IE eingezogen, werden sie einer IST-Versteuerung unterworfen. D.h. für diese Beträge ist USt abzuführen.

    Bei innergem. Lieferungen fällt keine USt an, also ist auch keine abzuführen.

    Beim Wechsel von 16 auf 19% bin ich jetzt überfragt, :gruebel: aber ich nehme an, dafür sind nur 16% USt abzuführen, denn mehr wurden ja auch nicht ausgewiesen und es war seinerzeit die gesetz. geschuldete USt.

  • Werden Forderungen, die vor Insolvenzeröffnung begründet wurden, nach IE eingezogen, werden sie einer IST-Versteuerung unterworfen. D.h. für diese Beträge ist USt abzuführen.

    Bei innergem. Lieferungen fällt keine USt an, also ist auch keine abzuführen.

    Beim Wechsel von 16 auf 19% bin ich jetzt überfragt, :gruebel: aber ich nehme an, dafür sind nur 16% USt abzuführen, denn mehr wurden ja auch nicht ausgewiesen und es war seinerzeit die gesetz. geschuldete USt.

    Gem. BFH V R 14/08 vom 22.10.2008 entsteht die USt.-Schuld neu mit Einzug des (Teil-)Betrages. Ich vermute allerdings, dass hier 16 % neu entstehen, da zum Zeitpunkt der Fälligkeit 16 % USt. relevant waren. Kann das jemand bestätigen (oder auch widerlegen)? Sonst gäbe es möglicherweise Probleme beim Leistenden mit dem Vorsteuerabzug oder es müsste eine korrigierte Rechnung ausgestellt werden.

    Das Problem mit den innergemeinschaftlichen Lieferungen war, dass die Bank gar nicht wissen konnte, welches innergemeinschaftlichen Lieferungen waren. Das gilt natürlich nur für den Fall, dass im Einzelfall § 13b UStG überhaupt in Frage käme.

  • Aufgrund dessen, dass hier von Umsatzsteuer mit einem Prozentsatz von 16 gesprochen wird, erscheinen Forderungen und wohl auch das Insolvenzverfahren (und hierauf kommt es an) schon ziemlich betagt, so dass die Entscheidung des BFH vom 22.10.2009, V R 14/08 hierauf nicht anzuwenden ist. Ich verweise auf den Anwendungserlass des BMF vom 09.12.2011.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Aufgrund dessen, dass hier von Umsatzsteuer mit einem Prozentsatz von 16 gesprochen wird, erscheinen Forderungen und wohl auch das Insolvenzverfahren (und hierauf kommt es an) schon ziemlich betagt, so dass die Entscheidung des BFH vom 22.10.2009, V R 14/08 hierauf nicht anzuwenden ist. Ich verweise auf den Anwendungserlass des BMF vom 09.12.2011.

    Die Forderungen sind teilweise schon recht erwachsen, ja. Die BFH Entscheidung V R 14/08 vom 22.10.2009 käme grundsätzlich schon in Frage. Der Anwendungserlass, der dann gut 2 Jahre später erging, verwirrt mich etwas. Was war in der Zeit zwischen BFH-Entscheid und 31.12.2011 richtig, was vorher?

  • Eigentlich nie.

    Zwar war einmal die Entscheidung des BFH vom 28.07.2011, V R 28/09 in der Welt, welche dann zuerst mal zu einem Anwendungserlass führte.

    Mit BMF-Schreiben vom 30.04.2014 hat man das aber wieder fallengelassen und das Bildchen vom Kommisionär gezeichnet. Beachten muss man dann lediglich noch die Anwendungsregeln für die bis zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossenen Sachverhalte.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Das würde ich so nicht sehen. Da gab's halt 2007 einen Verwalter, der hat es so gemacht und der BFH 2009 hat es bestätigt. Heute sieht es wieder anders aus. Da kann man nicht wirklich sagen, dass etwas falsch gemacht wurde.


    Hexenverbrennung war um 1500 En Voque, heutzutage ist es eher verpöhnt, wer weiß, wie man in 200 Jahren darüber denkt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (11. April 2017 um 10:08)

  • Das würde ich so nicht sehen. Da gab's halt 2007 einen Verwalter, der hat es so gemacht und der BFH 2009 hat es bestätigt. Heute sieht es wieder anders aus. Da kann man nicht wirklich sagen, dass etwas falsch gemacht wurde.


    Hexenverbrennung war um 1500 En Voque, heutzutage ist es eher verpöhnt, wer weiß, wie man in 200 Jahren darüber denkt.

    Ok, habe verstanden. Mir geht es auch nicht darum, jemanden brennen zu sehen. Das Gegenteil ist der Fall.

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