Anrechnung Geschäftsgebühren im Scheidungsverfahren mit Folgesachen

  • Ich habe einen etwas komplizierten Fall, der sich wie folgt darstellt:

    Anwalt wird vorgerichtlich tätig
    - zur Regelung des Zugewinnausgleiches mit einem Wert von 51000 € und rechnet dafür eine 1,3-GG in Höhe von 1459,90 € gegenüber dem Mandanten ab
    - zur Regelung des nachehelichen Unterhalts mit einem Wert von 3000 € erfolgt dasselbe Spiel, es werden 245,70 € gegenüber dem Mandanten abgerechnet.
    Alle Gelder hat der Anwalt auch erhalten.

    Nun kommt es zum Scheidungsverfahren.
    Hier im Verfahren wird der Anwalt tätig für
    - die Scheidung mit einem Wert von 9300 €
    - die Folgesache Versorgungsausgleich mit einem Wert von 6500 €
    - sowie den o.g. Folgesachen Zugewinn mit einem Wert von 51000 € und dem nachehelichen Unterhalt (jetzt auf 4200 Wert festgelegt)
    Der Gesamtwert beträgt demnach rund 71000 €.

    Der Anwalt wurde zudem beigeordnet.

    Nun legt er einen Antrag vor und rechnet die Verfahrensgebühr wie folgt ab
    - zu einem Wert von 71000 € in Höhe von 508,30 € (PKH) bzw.
    in Höhe von 1560,00 € (Regelanwaltsgeb.)

    Nun weiß er nicht, wie er die beiden angegebenen vorgerichtlichen Gebühren darauf anrechnen soll. Und ich bin mir - selbst nach einem Blick in Gerold/Schmidt - auch nicht ganz sicher, weil dort keines der Beispiele richtig passt.

    Ich denke mal, dass auf die PKH-Vergütung nichts anzurechnen ist, weil die Differenz PKH-Regelgeb schon mal höher ausfällt als das, was der Anwalt bislang erhalten hat.

    Wie mache ich es aber bei der Regelanwaltsgebühr (dummerweise muss der betreffende Mandant über seine Raten auch dafür aufkommen)?
    Man könnte sich jeweils errechnen, welcher Betrag im Verbundverfahren auf die beiden Folgesachen entfällt:
    Das wäre dann
    1560 € (voll) ./. 735,80 € (Gebühr aus einem Wert nur für Scheidung + VA) = 824,20 €
    (Der Anwalt kommt also durch Zugewinn und Unterhalt 824,20 € mehr also ohne diese Folgesachen)

    Wenn man nun die Hälfte der empfangenen Geschäftsgebühren 1/2* (1459,90+245,70)= 852,80 € auf diesen Betrag von 824,20 € anrechnet, bekommt dann doch gar nichts mehr, sodass es bei einer VG nur zum Wert von Scheidung + VA (=735,80€) verbleibt? Etwas eigenartiges Ergebnis, bei dem es im Endeffekt egal ist, ob der Anwalt nun zu 2 Folgesachen noch gerichtlicht tätig geworden ist oder nicht. Zudem wäre auch bei der PKH-Gebühr der Wert von Zugewinn und Unterhalt herauszurechnen, wenn durch Zahlung bzw. Anrechnung sogar schon die Regelanwaltsgebühr gedeckt ist. Ich gehe mal davon aus, dass dieser Anwalt diese Rechnung so hinnehmen würde, aber ich möchte ihm aber durchaus auch das zubilligen, was ihm zusteht. Mit kommt das gefühlt etwas komisch vor, das liegt aber auch daran, dass vorgerichtlich unterschiedliche Angelegenheiten vorgelegen haben bzw. abgerechnet wurden, die dann im Verbundverfahren nur noch Teil des Gesamtgegenstandswertes sind.
    Darum wären mal eure Meinungen für mich interessant.

  • Gut, ich habe jetzt mal das folgende Schreiben an den Anwalt hinausgeschickt:

    Das Gericht beabsichtigt, die Festsetzung wie folgt vorzunehmen, bezogen auf die Anrechnung vorgerichtlicher Gebühren:

    Anwalt war vorgerichtlich tätig
    - zur Regelung des Zugewinnausgleiches mit einem Wert von ca. 51000 € eine 1,3-GG in Höhe von 1459,90 € gegenüber dem Mandanten abgerechnet
    - zur Regelung des nachehelichen Unterhalts mit einem Wert von 3000 € erfolgt dasselbe, es werden 245,70 € gegenüber dem Mandanten abgerechnet.

    Nun kommt es zum Scheidungsverfahren.
    Hier im Verfahren war der Anwalt tätig für
    - die Scheidung mit einem Wert von 9312 €
    - die Folgesache Versorgungsausgleich mit einem Wert von 6518,40 €
    - sowie den o.g. Folgesachen Zugewinn mit einem Wert von 50924,34 € und dem nachehelichen Unterhalt (jetzt auf 4188 Wert festgelegt)
    Der Gesamtwert beträgt demnach rund 70942,74 €.

    Der Anwalt wurde zudem beigeordnet.

    Nun legt wird für das gerichtliche Verbundverfahren die Verfahrensgebühr beantragt, und zwar
    - zu einem Wert von 70942,74 € in Höhe von 508,30 € (PKH) bzw.
    in Höhe von 1560,00 € (Regelanwaltsgebühr). Es wird auf die vorgerichtlich verdienten Geschäftsgebühren hingewiesen.

    Es stellt sich nun die Frage, wie die Anrechnung vorzunehmen ist.

    Plausibel erscheint folgende Methode: Man kann sich jeweils errechnen, welcher Betrag im Verbundverfahren auf die beiden Folgesachen entfällt:
    Das wäre dann
    1560 € (voll) ./. 735,80 € (Gebühr aus einem Wert nur für Scheidung + VA) = 824,20 €
    (Der Anwalt kommt also durch Zugewinn und Unterhalt 824,20 € mehr also ohne diese Folgesachen)

    Wenn man nun die Hälfte der empfangenen Geschäftsgebühren 1/2* (1459,90+245,70)= 852,80 € auf diesen Betrag von 824,20 € anrechnet, reduziert sich die noch im Gerichtsverfahren zu zahlenden Verfahrensgebühr praktisch auf Null (natürlich nur bezogen auf diese beiden Folgesachen), mit anderen Worten, bei der Verfahrensgebühr ist nur noch der Wert für Scheidung und Versorgungsausgleich in Ansatz zu bringen. Da für dies bereits für die Regelanwaltsvergütung so gilt (volle Regelanwaltsgebühren insoweit bereits verdient bzw. erhalten), kann es bei der VKH-Vergütung nicht anders aussehen, auch hier ist damit bei der Verfahrensgbühr nur noch der Wert von Scheidung und VA zu berücksichtigen.

    Damit würde sich folgende Gesamtrechnung ergeben:
    VKH-Vergütung Regelvergütung
    Verfahrensgebühr (15830,40) = 334,10 € 735,80 €
    0,8 Verfahrensgebühr (43000) = 312,80 € 779,20 €
    beschränkt nach § 15 III RVG = 508,30 € 1459,90 €


    Alle weiteren Gebühren und Auslagen wie beantragt, d.h.
    Terminsgebühr 469,20 € 1440,00 €
    Einigungsgebühren 391,00 € 1123,00 €
    195,50 € 908,00 €
    Postpauschale 20,00 € 20,00 €
    Nettovergütung: 1584,00 € 4950,00 €
    Bruttovergütung: 1884,96 € 5891,57 €
    Anspruch auf weitere Vergütung: 4006,61 €

    Es wird um Mitteilung geben, ob Sie mit einer Festsetzung in Höhe von 1884,96 € gegenüber der Staatskasse und in Höhe von 4006,61 € als weitere Vergütung im Falle einer anzunehmenden Abänderung der VKH-Bewilligung (Zahlungsanordnung gemäß Schreiben vom 20.05.2014 für den Fall, dass Ihre Mandantin den vereinbarten Vergleichsbetrag erhält) einverstanden sind.

    Anzumerken ist, dass es noch zu einem Vergleich zu nicht anhängigen Gegenständen mit einem Wert von 43000 € kam (weitere Folgesachen).
    Nach meiner Rechnungsmethode bekommt der Anwalt nun hinsichtlich der VKH-Vergütung genau das was er beantragt hat (vom Ergebnis also keine Anrechnung) und eine ca. 480 € geringere weitere Vergütung als beantragt.

  • Ich bin noch nicht ganz durch die Berechnung durchgestiegen (ist schon etwas spät:)), aber ich versuch mich mal, wie ich es machen würde.

    Wenn ich das richtig im Kopf hab, ist die Anrechnung bei 2 Geschäftsgebühren aus Teilwerten und einer einheitlichen Verfahrensgebühr aus den addierten Teilwerten umstritten. Die eine rechnet jeweils eine 0,65-Geschäftsgebühr aus dem jeweiligen Wert an, die andere deckelt anschließend noch die Anrechnung auf eine 0,65 aus den addierten Teilwerten.

    Da eine Anrechnung erfolgt, soweit der Gegenstand identisch ist, würde ich die Wahlanwaltsvergütung wie folgt berechnen (mal ohne Beträge)
    1,3-VG aus 71.000 €
    abzgl. Anr. 0,65-GG aus 51.000
    abzgl. Anr. 0,65-GG aus 3.000
    Anr. gedeckelt auf 0,65-GG aus 54.000 (oder auch nicht, je nach Auffassung)
    0,8-VG aus 43.000
    insg. nicht mehr als 1,3-VG aus 114.000 (erst Anrechnung, dann Deckelung)
    zzgl. der anderen Gebühren

    Anrechnen auf die PKH-Vergütung würde ich nur, wenn und soweit die anzurechnende 0,65-GG aus 54.000 höher ist als die Differenz zwischen einer 1,3-VG Wahlanwalt und der 1,3-VG PKH-Anwalt jeweils aus 54.000 € (dürfte hier nicht der Fall sein) Weiß jetzt nicht, was da in Geld rauskommst, wäre erstmal meine Idee:gruebel:. Versuche morgen nochmal, durch deine Berechnung zu steigen, falls sich kein anderer traut.

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