Neue Antragsformulare Insolvenz ab 01.07.2014 ?

  • Ich bin noch neu hier und habe bis jetzt nur gelesen; bin als Sozialpädagogin in der Insolvenzberatung tätig und habe hier schon viele für mich sehr interessante und hilfreiche Diskussionen verfolgt.
    Ich kenne mich in Eurem Forum noch nicht so aus, ich hoffe, auch Beiträge von Schuldnerberatern sind hier erwünscht ;)
    Bei uns haben sich in den letzten Wochen tatsächlich die Anträge gehäuft (die 35%-Regelung ab Juli wird in unserer Praxis keine Rolle spielen; einige wenige Klienten haben die Chance auf die Verkürzung auf 5 Jahre); da wir versucht haben, möglichst viele Klienten, für die es relevant ist, noch ins alte Verfahren zu bringen.
    Die Neuregelungen bzgl. der Versagensgründe schrecken uns (noch) weniger.
    Einige Klienten könnten aber von § 302 1. (v.a. wg. nicht abgegebener Steuererklärungen) betroffen sein.
    Die meisten Sorgen (aus unserer Sicht) macht uns aber das künftig eigenständige Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters. In vielen Fällen ist dies natürlich nicht von Nachteil, in vielen anderen Fällen tut es aber weh (Ratenzahlungen bei Miet- oder Stromschulden; Abstottern von Geldbußen oder Geldstrafen; gerade erledigte Arbeitgeberdarlehen; etc.).

    Eine Frage hätte ich zum neuen Formular:
    Wenn ich mit einem Klienten am 30.6. um 8.00 noch einen Antrag erstelle und er ihn anschließend sofort persönlich beim Gericht abliefert - welches Formular ist dann das richtige? Die neuen Formulare sind nach meinem Wissensstand ab 30. zu verwenden, es gilt aber doch noch InsO alt?

    Danke schon mal für Rückmeldungen!


  • Einige Klienten könnten aber von § 302 1. (v.a. wg. nicht abgegebener Steuererklärungen) betroffen sein.

    Erstmal herzlich willkommen in unserer illustren buntgemischten Inso-Gruppe. Ich glaube, es gibt hier keine mit InsO befassten Berufsgruppen mehr, die hier nicht vertreten sind und das ist auch super so! :)

    Das Problem mit den nicht abgegebenen Steuererklärungen verstehe ich jetzt nicht. Ausgenommen sind doch nur solche Steuerforderungen, derentwegen bereits eine rechtskräftige Verurteilung erfolgte.

  • Erst mal herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung!

    Zum Problem mit den nicht abgegebenen Steuererklärungen:
    Ich habe in meiner letzten Fortbildung zur neuen InsO gelernt (oder zumindest habe ich es so verstanden):

    • Wenn man zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, ist die Nichtabgabe eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO.
      Wenn die Schätzung, die ja dann in der Regel erfolgt, nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, sondern rechtskräftig geworden ist, kann – solange die Forderung nicht verjährt ist – eine Verurteilung erfolgen oder ein Strafbefehl ergehen.
      Ein Strafbefehl steht einer Verurteilung gleich.
    • Ein Strafbefehl kann auch noch nach Verfahrenseröffnung ergehen mit der Folge, dass es sich dann um eine ausgenommene Forderung handelt.



    Wie die Finanzämter künftig agieren werden, wird man sehen müssen; zur Sicherheit haben wir aber versucht, Betroffene noch ins Verfahren nach InsO alt zu bringen.

  • Erst mal herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung!

    Zum Problem mit den nicht abgegebenen Steuererklärungen:
    Ich habe in meiner letzten Fortbildung zur neuen InsO gelernt (oder zumindest habe ich es so verstanden):

    • Wenn man zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, ist die Nichtabgabe eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO.
      Wenn die Schätzung, die ja dann in der Regel erfolgt, nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, sondern rechtskräftig geworden ist, kann – solange die Forderung nicht verjährt ist – eine Verurteilung erfolgen oder ein Strafbefehl ergehen.
      Ein Strafbefehl steht einer Verurteilung gleich.
    • Ein Strafbefehl kann auch noch nach Verfahrenseröffnung ergehen mit der Folge, dass es sich dann um eine ausgenommene Forderung handelt.



    Wie die Finanzämter künftig agieren werden, wird man sehen müssen; zur Sicherheit haben wir aber versucht, Betroffene noch ins Verfahren nach InsO alt zu bringen.

    Aber das war doch auch schon immer so, wie auch beim Unterhalt. Sobald eine Vorsatzhandlung vorlag, konnte die v. b. u. H. als ausgenommene Forderung angemeldet werden. Ich verstehe den § 302 n. F. InsO eigentlich nur als Konkretisierung.

    Beim Unterhalt verstehe ich es nicht wirklich, warum der nun zusätzlich im Gesetz steht. Wenn ein Schuldner sich vorsätzlich der Zahlungspflicht entzogen hat, konnte der Unterhalt schon immer als v. b. u. H. geltend gemacht werden.

    Anders ist es jetzt doch bei den Steuerforderungen auch nicht. Wenn sie vorsätzlich hinterzogen waren, waren sie von der RSB ausgenommen (sofern als solche angemeldet).

    Oder sehe ich das falsch? M. E. ändert sich trotz der Neuformulierung hier wenig bis nichts.


  • Oder sehe ich das falsch? M. E. ändert sich trotz der Neuformulierung hier wenig bis nichts.

    Ich sehe es offenbar falsch - zumindest in Bezug auf Steuerhinterziehung. Die Kommentare sind sich offenbar einig, dass es sich bei Steuerhinterziehung nicht um eine v . b. u. H. handelt.

  • Ich sehe es offenbar falsch - zumindest in Bezug auf Steuerhinterziehung. Die Kommentare sind sich offenbar einig, dass es sich bei Steuerhinterziehung nicht um eine v . b. u. H. handelt.

    So jedenfalls die Auffassung des BFH, VII R 6/07.

    Ist ganz aus Versehen passiert, dass ich da was nicht erklärt habe... oder nur ein bisschen grob fahrlässig verschwieg. Kann ja mal passieren. Kann man zwar für in´n Knast kommen, aber Vorsatz? Ach was. :cool:

    Dann wird´s ja nun mal Zeit, dass das in § 302 n. F. InsO reinkommt.

  • Der neue Antrag bereitet mir Schwierigkeiten. Mandant hat eine Versagung der RSB in 2011 wegen 298 InsO erhalten.

    Ausfüllen des Antrages : Bei RSB Versagung ein Ja, beim Grund passt nichts.

    Lösung? Ein handschriftlicher Zusatz im "eigentlich" vorgeschreibenen Formular - oder wird das Formular dadurch "nicht-amtlich"?

  • Ich sehe es offenbar falsch - zumindest in Bezug auf Steuerhinterziehung. Die Kommentare sind sich offenbar einig, dass es sich bei Steuerhinterziehung nicht um eine v . b. u. H. handelt.

    So jedenfalls die Auffassung des BFH, VII R 6/07.

    Ist ganz aus Versehen passiert, dass ich da was nicht erklärt habe... oder nur ein bisschen grob fahrlässig verschwieg. Kann ja mal passieren. Kann man zwar für in´n Knast kommen, aber Vorsatz? Ach was. :cool:

    Dann wird´s ja nun mal Zeit, dass das in § 302 n. F. InsO reinkommt.

    Hallo Jamie,

    wor hatten das kürzlich schon an anderer Stelle hier im Forum:
    Die Steuerhinterziehung ist deswegen regelmäßig nicht eine Forderung aus unerlaubter Handlung, weil die Dzeuerforderung kraft Gesetzes entsteht, z.B. weil jemand einen Entsprechenden Gewinn erzielt hat. Die Handlungen, die dann zur Steuerhinterziehung führen, sind meist fas Verschweigen solcher steuerpflichtiger Vorgänge. Das "verbotene" an diesen Handlungen ist hat daher nichts mit der Entstehung der Steuerschuld zu tun - die ja Kraft Gesetzes entstanden ist. Daher passt auf die Steuerhinterziehung meist der v.b.u.H. nicht. Es liegt also nicht am fehlenden Vorsatz, sondern daran, dass die Steuerforderung nicht durch die vorsätzliche Handlung, sondern kraft Gesetzes entsteht.

    Mir fällt jetzt spontan nur eine Ausnahme ein, über die wahrscheinlich auch der BFH in Kürze nochmal wird nachdenken müssen: Die (Steuer-)Forderungen aus den Cum-Ex-Geschäften. Hier wird das Finanzamt durch bewusst falsche Erklärungen zur Erstattung einer angeblich zuvor bezahlten Steuer veranlasst, die tatsächlich aber nicht bezahlt wurde (jedenfalls nicht so oft, wie die Erstattungsbeträge begehrt werden - normalerweise würde man so etwas Betrug nennen). Und für den entsprechenden Rückforderungsanspruch des FA dürfte m.E. der v.b.u.H gelten).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Der neue Antrag bereitet mir Schwierigkeiten. Mandant hat eine Versagung der RSB in 2011 wegen 298 InsO erhalten.

    Ausfüllen des Antrages : Bei RSB Versagung ein Ja, beim Grund passt nichts.

    Lösung? Ein handschriftlicher Zusatz im "eigentlich" vorgeschreibenen Formular - oder wird das Formular dadurch "nicht-amtlich"?

    Meines Erachtens beziehen sich die geforderten Angaben im neuen Formular nur auf die nach Gesetzesbegründung für RSB-Anträge nach InsO n.F. erheblichen früheren Versagungen.

    Du könntest ja im Formular ankreuzen "Versagung -> ja" und die Begründung "Versagung nach § 298 Inso gem. Beschluss des AG X vom ..., Az. ..." im Anschreiben zur Antragsübersendung darlegen.

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