Genehmigung Pflichtteilsverzicht

  • Ich habe einen Pflichteilsverzicht zur betreuungsgerichtlichen Genehmigung vorliegen.

    Der Fall:
    Lt. Ehegattentestament der Eltern des Betreuten ist die Mutter Alleinerbin. Der Betreute erhält nach dem Erstversterbenden ein Vermächtnis in Höhe von 51/100 seines gesetzlichen Erbteils. Das Vermächtnis ist zur Zahlung fällig nach dem Tod des Letztversterbenden.

    Es wurde eine Ergänzungsbetreuerin bestellt mit dem Aufgabenkreis Feststellung der Höhe des Vermächtnisanspruchs und Prüfung einer eventuellen Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen.

    Die Höhe des Vermächtnisanspruchs wurde mit 36.895,20 € ermittelt.
    Der Pflichtteil beträgt 1/8 Anteil in Höhe von 9.043,00 €.

    Die Ergänzungsbetreuerin trägt vor, dass der Pflichtteilsbetrag die Versorgung des Betreuten nicht sicherstelle und das Vermächtnis ihm eine günstigere Rechtsstellung verschaffe. Sie rät daher, den Pflichtteil nicht geltend zu machen und bittet um betreuungsgerichtliche Genehmigung.

    Ist der Verzicht genehmigungsfähig? Ist auch hier in dem Pflichtteilsverzicht eine Schenkung zu sehen? Wohl nicht, wenn der Betreute stattdessen den Vermächtnisanspruch hat, oder?!
    Bedarf der Pflichtteilsverzicht einer Form oder ist er formfrei möglich.

  • Kurze Fragen zum Sachverhalt: Welcher Genehmigungstatbestand kommt Dir in den Sinn? Was genehmigst Du sonst so, Betreuerhandeln oder Betreuer(nicht)handeln?

    Bist Du nach den Antworten auf die Fragen immer noch der Meinung, dass die Nichtgeltendmachung und ein Verzicht gleichzusetzen sind?

    Im übrigen: Hat das Sozialamt als ggf. Träger von Leistungen davon schon Wind?

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    Einmal editiert, zuletzt von felgentreu (11. Juni 2014 um 14:56)

  • (...) Der Betreute erhält nach dem Erstversterbenden ein Vermächtnis in Höhe von 51/100 seines gesetzlichen Erbteils. (...)

    Die Höhe des Vermächtnisanspruchs wurde mit 36.895,20 € ermittelt.
    Der Pflichtteil beträgt 1/8 Anteil in Höhe von 9.043,00 €.


    Ähhhhhh... "Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils." (§ 2302 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die "Hälfte" sind 50/100.

    Da hat sich wohl jemand ein wenig verrechnet.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • ... Die Höhe des Vermächtnisanspruchs wurde mit 36.895,20 € ermittelt.
    Der Pflichtteil beträgt 1/8 Anteil in Höhe von 9.043,00 €.

    Die Ergänzungsbetreuerin trägt vor, dass der Pflichtteilsbetrag die Versorgung des Betreuten nicht sicherstelle und das Vermächtnis ihm eine günstigere Rechtsstellung verschaffe. Sie rät daher, den Pflichtteil nicht geltend zu machen und bittet um betreuungsgerichtliche Genehmigung.

    ...

    Der Pflichtteil beträgt wohl eher 36.171,76 EUR. Diff. 723,44 EUR und der sofort fällig. Pflichtteil erscheint mir besser.

    ("Technisch" müsste die Erg.betr. nur die Annahme des Vermächtnisses (wenn dieses tatsächlich besser ist) gegenüber dem Beschwerten (Erben) formfrei erklären, damit entfällt der Pflichtteilsanspruch. Genehm. dazu nicht erforderlich. )

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Sehe ich aus so.

    Aber womöglich muss der Sachverhalt noch einmal überarbeitet werden.

    Rechnerisch passen die Zahlen, wenn der erwähnte Betrag von 36.895,20 € nicht den Vermächtnisanspruch, sondern die Höhe des gesamten Nachlasses darstellen sollte.

    Und um auf den dann rechnerisch richtig ermittelten Pflichtteil von 1/8 zu kommen, müsste es noch einen Bruder oder eine Schwester des Betroffenen geben. Ist das so?


    Wenn die Zahlen so sind, wie von mir vermutet, liegt die Problematik natürlich darin, dass der Betroffene derzeit den Spatz in der Hand hätte (Pflichtteil) und die Taube auf dem Dach (Vermächtnis) hingegen erst nach dem Tod des überlebenden Ehegatten.

    Was passiert, wenn dieser wesentlich ärmer stirbt als er momentan ist und das Vermächtnis nicht mehr realisiert werden kann? Haftung des Betreuers, der die Geltendmachung des Pflichtteils nicht herbeigeführt hatte?

  • (...) Der Betreute erhält nach dem Erstversterbenden ein Vermächtnis in Höhe von 51/100 seines gesetzlichen Erbteils. (...)

    Die Höhe des Vermächtnisanspruchs wurde mit 36.895,20 € ermittelt.
    Der Pflichtteil beträgt 1/8 Anteil in Höhe von 9.043,00 €.


    Ähhhhhh... "Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils." (§ 2302 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die "Hälfte" sind 50/100.

    Da hat sich wohl jemand ein wenig verrechnet.

    Ganz richtig, und zwar sehr verrechnet, es sei denn, der Sachverhalt wäre falsch wiedergegeben.

    Wenn der Pflichtteil 50/100 des gesetzlichen Erbteils ausmacht und das Vermächtnis 51/100 des gesetzlichen Erbteils, dann ist das Vermächtnis nur ganz geringfügig höher und keinesfalls viermal so hoch wie der Pflichtteil.

    Es geht offenbar um ein Behindertentestament, bei welchem nicht die Nacherbschafts-, sondern die Vermächtnislösung gewählt wurde. Und da ein Vermächtnis im Raum steht, das höher als der Pflichtteil ist, kommt die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs wegen der Anrechnungsbestimmung des § 2307 Abs. 1 S. 2 BGB überhaupt nur in Frage, wenn das Vermächtnis ausgeschlagen wird (§ 2307 Abs. 1 S. 1 BGB). Dies gilt nach herrschender Auffassung auch für bedingte und befristete Vermächtnisse.

    Ein Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs steht somit überhaupt nicht in Frage. Es geht vielmehr um die nach § 1822 Nr. 2 BGB genehmigungspflichtige Ausschlagung des Vermächtnisses, aus der dann überhaupt erst die Möglichkeit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs folgt.

  • Und wie würdet ihr die Genehmigungsfähigkeit der Ausschlagung des Vermächtnisses in solchen Fällen beurteilen?


    Eigentlich hilft das doch dem Betroffenen, der auf Kosten der Sozialhilfe in einem Heim lebt, doch eher nicht. Wenn der Pflichtteil geltend gemacht und gezahlt wird, kann der Sozialhilfeträger sich das Vermögen über dem Schonbetrag zahlen lassen.

    Auch für den Erblasser bringt doch eine solche Lösung gegenüber einem Behindertentestament mit Nacherbfolge eher nichts, wenn es ihm um den Schutz des Vermögens vor dem Sozialhilfeträger geht. In welchen Fällen kann die Vermächtnislösung überhaupt etwas bringen? :gruebel:

  • Der Sozi.träger kommt bei dieser Vermächtnislösung, wenn es angenommen wird, nicht ran, er muss auch warten, vgl. BGH, NN.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Was will der Sozi.-träger auf sich überleiten, geltend machen oder mit welcher Begründung die Leistungen einschränken? Der VM-nehmer muss hier bis zum Tod warten, also auch das "Amt", mehr Rechte können auch nicht übergehen.

    Oder soll der VM-nehmer verpflichtet sein, das VM auszuschlagen, um den PT geltend machen zu können und das Amt diesen VM-Anspruch überleiten ? Macht der VM das nicht, unterlässt er mgl. Einkünfte und ist so zu behandeln, als hätte er diese, Subsidiaritätsprinzip, meinst du das?

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Wie auch immer, für den Erblasser ist es wohl zumindest keine gute Wahl, da entweder Ausschlagung des Vermächtnisses und Geltendmachung des Pflichtteils oder Geltendmachung des Vermächtnisses zu gegebener Zeit.

    In beiden Fällen greift das Sozialamt früher oder später auf das Vermögen zu (es sei denn, bei der Geltedmachung des Vermächtnisses wäre das Vermögen beim Tod des Letztversterbenden bereits vermindert).

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