Prüfung der Wirksamkeit der Ausschlagung bei Einrichtung einer Nachlasspflegschaft

  • Vater stirbt im Jahre 2011.
    Mutter stirbt am 04.07.2013.
    Die Eltern hinterlassen einen Sohn und eine Tochter.
    Am 01.09.2013 geht beim hiesigen Amtsgericht eine von einem Notar beurkundete Erklärung des Sohnes ein, in der dieser die Annahme der Erbschaft nach dem Vater anficht und die Erbschaft nach diesem ausschlägt.
    In dieser Erklärung fechtet der Sohn ebenfalls die Annahme der Erbschaft nach seiner Mutter an und schlägt diese aus.
    Gegen die Wirksamkeit dieser Erklärung bestehen hier keine Bedenken.
    Am 01.09.2013 geht beim hiesigen Amtsgericht außerdem eine von einem anderen Notar beurkundete Erbausschlagungserklärung der Tochter ein.
    Dieser Notar ist in Hessen ansässig.
    Das dazugehörige Anschreiben dieses Notars hat sinngemäß folgenden Inhalt:

    "Nachlasssache der Mutter
    in dieser Angelegenheit überreiche ich meine Urkunde vom 30.08.2011, die die
    Erbausschlagung der Tochter enthält"

    Die anliegende Erbausschlagungserklärung hat sinngemäß folgenden Inhalt:

    "Am 04.07.2013 ist meine Mutter verstorben.
    Mein Vater ist im Jahre 2011 vorverstorben.
    Eine Verfügung von Todes wegen ist meiner Kenntnis nach nicht vorhanden, so dass die gesetzliche Erbfolge wohl eingetreten ist und ich als Erben berufen sein könnte.
    Ich schlage die Erbschaft hiermit aus allen möglichen Berufungsgründen und ohne jede Bedingung aus."

    Daraufhin habe ich den Notar mit Schreiben vom 01.09.2013 um Mitteilung gebeten, seit wann genau seine Mandantin Kenntnis vom Tode der Erblasserin vom Anfall des Erbes erhalten habe, damit hier gegebenenfalls in einem späteren Erbschaftsverfahren geprüft werden kann, ob seine Mandantin die Erbschaft nach der Erblasserin fristgerecht ausgeschlagen hat, so dass sie tatsächlich als Erbin weggefallen ist.
    Der Notar der Tochter teilt mir daraufhin mit, dass seine Mandantin Kenntnis vom Tod ihrer Mutter an deren Todestag erhalten habe.
    Da sie aber nicht wusste, ob die Mutter ein Testament errichtet hat oder nicht - eine diesbezügliche Nachricht hat sie nicht erhalten- hat sie sich entschlossen, die Erbschaft auszuschlagen, nachdem ihr Bruder ihr dies geraten habe.
    Dann teilt er noch die Anschriften der gesetzlichen Erben der zweiten Ordnung sowohl des Vaters als auch der Mutter mit.

    Meines Erachtens nach ist die Erbausschlagungserklärung der Tochter nach der Mutter somit nicht fristgerecht erfolgt, zumal sie die Annahme der Erbschaft nicht angefochten hat.

    Die gesetzlichen Erben der zweiten Ordnung der Mutter wurden von hier aus vom Anfall der Erbschaft unterrichtet und haben die Erbschaft inzwischen fristgerecht ausgeschlagen.

    In der Erbausschlagungsakte des Vaters habe ich die Tochter mit Schreiben vom 08.09.2013 davon unterrichtet, dass ihr Bruder die Annahme der Erbschaft nach dem Vater angefochten und die Erbschaft ausgeschlagen hat und sie gleichzeitig über die Form und die Frist einer Erbausschlagungserklärung durch sie unterrichtet.
    Eine Erbausschlagungserklärung der Tochter nach dem Vater ist allerdings bis heute nicht eingegangen.

    Nunmehr beantragt eine Gläubigerin der Eltern sowohl die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nach der Mutter als auch die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nach dem Vater.

    Für mich stellt sich nunmehr die Frage, ob ich den Antrag auf Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nach der Mutter mit der Begründung zurückweisen kann, dass die Erben nicht unbekannt sind, weil die Tochter die Erbschaft nach der Mutter nicht wirksam ausgeschlagen hat.

    Hinsichtlich des Antrags auf Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nach dem Vater habe ich der Gläubigerin geschrieben, dass eine solche nicht eingerichtet werden könne, da weder die nachverstorbene Ehefrau noch die Tochter die Erbschaft nach dem Vater ausgeschlagen hätten.
    Die Gläubigerin teilte mir daraufhin mit, dass die Tochter doch in der Urkunde des Notars aus Hessen vom 30.08.2013 die Erbschaft auch nach dem Vater ausgeschlagen hätte und bittet daher weiterhin um Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nach dem Vater.

    Meines Erachtens nach liegt in der Urkunde vom 30.08.2013 keine wirksame Erbausschlagung der Tochter nach dem Vater vor, so dass ich den Antrag auf Einrichtung einer Nachlasspflegschaft zurückweisen möchte.
    Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Urkunde vom 30.08.2013 nicht auch dahingehend ausgelegt werden muss, dass die Tochter darin auch die Erbschaft nach dem Vater ausgeschlagen hat.
    Dann würde sich allerdings wieder die Frage ergeben, ob ich die Wirksamkeit der Erbausschlagungserklärung der Tochter in diesem Fall prüfen kann und darf, da es sich nicht um einen Erbscheinsverfahren handelt.

    Ich bin völlig ratlos und hoffe daher, dass einer von Euch eine bessere Idee hat als ich.

  • Grundsätzlich gilt, dass dieser unsagbar blöde Satz aus den Kommentaren "Die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung wird nur im Erbscheinsverfahren geprüft", eben so falsch ist.

    Natürlich muss man gerade im Hinblick auf ein gerichtliches Handeln im Sinne von § 1960 BGB auch ohne ESA prüfen, ob die Ausschlagungen/Anfechtungen wirksam erfolgten. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dann die Grundlage dafür, ob eine Nachlasspflegschaft (das gilt aber z.B. sogar auch für die Nachlassverwaltung, nämlich z.B. bei der Frage ob alle Erben den Antrag stellen) angeordnet werden muss, oder nicht.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Zunächst frage ich mich, warum du die gesetzlichen Erben der 2. Ordnung vom Anfall der Erbschaft unterrichtet hast, wenn du selbst der Auffassung bist, die Tochter als Erbe 1. Ordnung sei Erbe geworden.
    Ansonsten lassen sich die Zweifel über die Wirksamkeit nunmal nur im Erbscheinsverfahren klären. In diesem Sinne kann der Gläubiger ja selbst Akteneinsicht nehmen und sodann sich erst mal eine Meinung bilden, die für den Fall, dass er auch der Auffassung ist, die Tochter sei auf Grund unwirksamer Ausschlagung Erbe geworden, sodann in einen Erbscheinsantrag münden kann.
    Nach alledem würde ich eine Nachlasspflegschaft ablehnen. Zudem erscheint mir der Sachverhalt, dass die Anfechtung der Annahme akzeptiert wird, noch recht dünn. Die vorgetragenen Gründe würden mich insoweit durchaus interessieren. Es reicht nicht nur aus, dass man die Ausschlagungsfrist nicht kannte, da es zudem auf die Ursächlichkeit ankommt, d.h., dass man bei Kenntnis dieser Frist auf Grund der gegebenen Sach-(Vermögens-)lage die Erbschaft ausgeschlagen hätte. Dies wäre schon schlüssig darzulegen. Mit der Begründung "Da sie aber nicht wusste, ob die Mutter ein Testament errichtet hat oder nicht - eine diesbezügliche Nachricht hat sie nicht erhalten- hat sie sich entschlossen, die Erbschaft auszuschlagen, nachdem ihr Bruder ihr dies geraten habe" hätte ich da schon so meine Probleme. Ist denn der Nachlass tatsächlich überschuldet, wurde was vorgetragen, wann man davon Kenntnis erlangt hat ...... ??

    Und dem Beitrag

    Grundsätzlich gilt, dass dieser unsagbar blöde Satz aus den Kommentaren "Die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung wird nur im Erbscheinsverfahren geprüft", eben so falsch ist.

    Natürlich muss man gerade im Hinblick auf ein gerichtliches Handeln im Sinne von § 1960 BGB auch ohne ESA prüfen, ob die Ausschlagungen/Anfechtungen wirksam erfolgten. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dann die Grundlage dafür, ob eine Nachlasspflegschaft (das gilt aber z.B. sogar auch für die Nachlassverwaltung, nämlich z.B. bei der Frage ob alle Erben den Antrag stellen) angeordnet werden muss, oder nicht.

    muss man sich natürlich auch anschließen.

    Zudem muss man die Wirksamkeit prüfen, bevor man sich entschließt, weitere mögliche Erben über den Anfall der Erbschaft zu informieren (dem dann ja für weitere Ausschlagungen auch Kosten entstehen, die u.U. gar nicht notwendig sind, wenn die Mitteilung des Gerichts unzutreffend war) -- also in der Tat nicht nur im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens, was immer und immer wieder so erwähnt wird.

  • Bei einem Antrag auf Einrichtung einer Nachlasspflegschaft prüfe ich auch die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärungen. Immerhin muss ich ja prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen (Erben unbekannt).

    Die Erklärung der Tochter auch als Ausschlagung nach dem Vater auszulegen führt meiner Ansicht nach zu weit. Allein die Aussage "mein Vater ist 2011 vorverstorben" reicht nicht um als Ausschlagung gedeutet zu werden. In dem Zusammenhang dient dieser Satz lediglich dazu die erbrechtlichen Verhältnisse darzustellen.
    Hier würde ich also keine Nachlasspflegschaft einrichten.

    Bezüglich der Ausschlagung nach der Mutter ist die Sache nicht ganz so eindeutig. Man kann sicher auch eine Ausschlagung als Anfechtung der Annahme deuten. Den genauen Wortlaut braucht es hierfür nicht. Trotzdem fehlt es hier an einem Anfechtungsgrund, so dass ich wohl auch hier die Ausschlagung nicht als wirksam ansehen würde und den Antrag auf NL-Pflegschaft zurückweisen würde. Diesen Beschluss dann der Tochter zustellen und gucken, ob ein Rechtsmittel kommt.

  • Zur Klarstellung möchte ich noch sagen, dass die gesetzlichen Erben der zweiten Ordnung von meinem Urlaubsvertreter vom Anfall der Erbschaft unterrichtet worden sind, der den Sachverhalt wohl nicht weiter geprüft hat.
    Ich tendiere auch aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen dazu, die Anträge auf Einrichtung der Nachlasspflegschaft zurückzuweisen.
    Bisher hatte ich die Tochter allerdings noch nicht an dem Pflegschaftsverfahren beteiligt.
    Sollte ich sie vor der Zurückweisung des Antrags auf Einrichtung der Nachlasspflegschaft noch anhören?

  • Kann mal ihr schon mitteilen, dass man beabsichtigt, eine beantragte NL-Pflegeschaft zurückzuweisen, da man davon ausgeht, dass die vorgelegte Erbausschlagungserklärung unwirksam ist (mit Begründung). Schließlich muss sie dann damit rechnen, dass der Gläubiger an sie herantritt.

  • Ich prüfe ebenso die Ausschlagungserklärungen und Anfechtungserklärungen. Das spielt sowohl eine Rolle bei der Weiterbenachrichtigung als auch bei der eventuellen Einrichtung einer Nachlasspflegschaft. Alles andere wäre absoluter Nonsens.

    (Im Übrigen halte ich auch die Gläubigerbeantwortung, welche lediglich allgemein gefasst sind (alle bekannt gewordenen Erben... blabla... es liegen Erbausschlagungen vor...blabla... keine Wirksamkeitsprüfung...) für schwachsinnig.)

    Daher prüfe ich stets und ständig mehr, als wir müssen... Ist aber sinnvoller, als Schwanz der sich bei der Wischiwaschiversion hinterherzieht. ;)

  • Bei Gläubigeranfragen sollte man sich da schon etwas zurückhalten mit genauen Aussagen zur Wirksamkeit, die können ja notfalls Akteneinsicht nehmen.
    Aber hinsichtlich der Entscheidung zu Nachlasspflegschaft oder weiter zu benachrichtigender Erben ist das allein unser Brot.

  • Nur zum Verständnis: Bei Gläubigeranfragen schreibe ich ebenso "könnte DER und DER Erbe geworden sein... eine Wirksamkeitsprüfung findet nicht statt...." und verweise auf die Akteneinsicht... Also schon Wischiwaschi gemischt mit Hinweisen.

    Mich interessiert zwar, warum mein "Vorschreiber" sagt, man sollte sich da zurückhalten, aber...bleiben wir beim ursprünglichen Thema... und das waren nicht die Gläubiger ;)

  • Ich habe Erbausschlagungen aller bekannten Erben, eine davon ist offensichtlich verspätet.
    Eine Erbin lebt im Ausland und die Anschrift ist nicht ermittelbar.
    Das Betreuungsgericht teilt mit, dass Vergütungsbeschlüsse zugestellt werden müssen und beantragt Einrichtung einer Nachlasspflegschaft, da dorthin lediglich mitgeteilt wurde, dass Erbausschlagungen hinsichtlich der dem Nachlassgericht bekannt gewordenen Erben vorliegen und die Anschrift einer Erbin nicht ermittelbar ist und die Ausschlagungsfrist für diese daher noch nicht begonnen hat.
    Außerdem stehen noch Rechnungen des Pflegeheims aus.

    Ich habe also einen Erben, dessen Anschrift bekannt ist, der zu spät ausgeschlagen hat und eine Erbin, die im Ausland lebt und deren Anschrift nicht ermittelbar ist, diese hat folglich nicht ausgeschlagen.

    Wie ist hier zu verfahren?

  • Da die Erben nicht unbekannt sind, sondern die bekannte (Allein-)Erbin nur nicht erreichbar ist, kommt keine Nachlasspflegschaft, sondern allenfalls eine Abwesenheitspflegschaft in Betracht.

    Mir ist allerdings nicht ganz klar, weshalb der Aufenthalt der Erbin unbekannt ist, wenn eine (verspätete) Ausschlagungserklärung von ihr vorliegt.


  • Ich habe also einen Erben, dessen Anschrift bekannt ist, der zu spät ausgeschlagen hat und eine Erbin, die im Ausland lebt und deren Anschrift nicht ermittelbar ist, diese hat folglich nicht ausgeschlagen.

    Die Sachlage ist etwas anders Cromwell.

    Man könnte hier evtl. eine NLP anordnen lt. § 1960 und § 1961 BGB .
    Gem. § 1960 I S. 2 BGB: "Das Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat."
    Gem. § 1961 BGB könnte wegen der offenen Forderungen auch dafür sprechen.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Nein, aber der Betreuer und das Pflegeheim.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • § 1890 BGB und wegen seiner Schlussvergütung.

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • § 1890 BGB und wegen seiner Schlussvergütung.

    :daumenrau So ist es TL.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Cromwell: es gibt einen Erben, der ausgeschlagen hat (verspätet) und eine Erbin im Ausland, die nicht informiert werden kann, da die Anschrift unbekannt ist...

    d.h. ich könnte eine nlp anordnen, obwohl die Ausschlagung des bekannten Erben unwirksam ist, weil ich bei einer anderen Erbin nicht weiß, ob angenommen wird oder nicht?

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