Krankenschein viel zu spät bei Urlaub

  • Folgendes Problem. Eine Beschäftigte hatte im April Urlaub. Am Sonntag vor Urlaubsantritt war sie beim Arzt (Bereitschaftsarzt) und warf in den Briefkasten den Krankenschein ein. Der Krankenschein war durch den Arzt nicht unterschrieben. Wir wissen durch Zeugen, dass die Beschäftigte auf einer Reise war (per Schiff). Als die Beschäftigte aus dem Urlaub kam, erhielt sie die schriftliche Mitteilung, dass kein gültiger Krankenschein vorlag und die Urlaubstage als genommen gelten und die Verwaltung von der Reise weiß. Nach über 6 Wochen reichte die Beschäftigte nun nochmals einen Krankenschein mit ärztlicher Unterschrift ein. Ist das nicht viel zu spät? Wir denken, dass sie den Krankenschein bei Erhalt prüfen muss. Wie seht ihr das? Kennt ihr Rechtssprechung?

  • M.E. bewegt Ihr Euch auf ganz dünnem Eis.

    Erstens behaupte ich, daß es eine reine Formunwirksamkeit bei AU-Bescheinigungen nicht gibt. Wenn ihr also selbst davon ausgeht, daß der Arzt die Unterschrift nur vergessen hat, dürfte das Problem mit Vorlage der unterschriebenen Bescheinigung aus der Welt sein.
    Zweitens bescheinigt der Arzt auch lediglich die Arbeitsunfähigkeit seines Patienten. Die Schiffsreise würde danach also nur zum Problem werden, wenn die Dame dabei gearbeitet hätte.
    (Im übrigen: Wie wäre es, wenn die Reise die Genesung dagegen sogar befördert hätte?)

    Decken sich Krankschreibungs- und Urlaubszeitraum?

  • Krankschreibungs- und Urlaubszeitraum decken sich zu 100%. Ich denke dass man nicht zwei Monate später erst einen gültigen Krankenschein vorlegen kann. Ohne ärztliche Unterschrift ist er nunmal nicht formgültig. Mangels Erreichbarkeit der Mitarbeiterin konnten wir auch nicht eher auf den Formmangel hinweisen.

  • ... und sie konnte ihn nicht eher beheben. Ich achte da ehrlich gesagt auch nicht drauf (bis jetzt jedenfalls), ob der Schein unterschrieben ist. Schein lag umgehend vor, Formmangel ist jetzt behoben, ich sehe kein Problem.
    Außerdem: Wäre die Dame zwischenzeitlich nicht auf Reisen sondern im Krankenhaus gewesen, wäre die Lage nicht anders und in der Konstellation hättest Du sicher nicht gefragt. Warum also die Reise als "Urlaub auf Schein" werten?

  • Ich zitiere mal von der Internetseite einer Krankenkasse:

    "Zur Sicherheit sollten Sie sich die Reise allerdings nicht nur von Ihrem Arzt und Ihrer Krankenkasse genehmigen lassen, sondern auch mit Ihrem Arbeitgeber sprechen. Fehlt dessen Zustimmung, riskieren Sie mit einer Urlaubsreise während der Krankheit ihren Arbeitsplatz!"

    Wenn der Verdacht besteht, dass "Urlaub auf Schein" für sechs Wochen gemacht wurde, dann muss dem nachgegangen werden. Das ist man schon den Mitarbeitern schuldig, die einen kompletten zusätzlichen Jahresurlausbanspruch vertreten müssen.

    Leider gibt der Sachverhalt hier zuwenig her.

  • Wenn du sagst, eine AU-Bescheinigung ohne Unterschrift sei formell nicht in Ordnung: ist das mehr Bauchgefühl (würde ich sogar erstmal teilen) oder kannst du es an irgendeiner Vorschrift festmachen? Letzteres gelingt jedenfalls mir bislang nicht.

    Was die Reise angeht: Die Mitarbeiterin war (nur) arbeitsunfähig. Aber wie Bang-Johansen schon sagte: Kann man denn ausschließen, dass die Reise der Genesung diente? (Vielleicht war es ja eine psychische Erkrankung wegen Mobbings durch die Nachbarn...) Und falls nicht, wer muss das beweisen?

    Die ganze Sache wirkt auf den ersten Blick nicht in Ordnung, auf den zweiten scheint sie es aber doch zu sein.

  • "Zur Sicherheit sollten Sie sich die Reise allerdings nicht nur von Ihrem Arzt und Ihrer Krankenkasse genehmigen lassen, sondern auch mit Ihrem Arbeitgeber sprechen. Fehlt dessen Zustimmung, riskieren Sie mit einer Urlaubsreise während der Krankheit ihren Arbeitsplatz!"

    Diese Ansicht findet man sicher auch in fast jedem Frage-Antwort-Forum zu der Thematik. Aber welchen Kündigungsgrund soll es denn genau geben?

  • Bin kein Experte im Arbeitsrecht - aber wenn der Arbeitgeber der Auffassung ist, dass "Urlaub auf Schein" gemacht wurde, dann ist das für mich der Küngigungsgrund. Man könnte das wohl auch als gestörtes Vertrauensverhältnis bezeichnen, was eine weitere Zusammenarbeit nicht zumutbar macht.

    Hier käme es dann auf den konkreten Sachverhalt an, z. B. wurde der Urlaub zuvor abgelehnt (aus dienstlichen Gründen).

    Wie gesagt, da bräuchte man mehr Sachverhalt.

  • Bin kein Experte im Arbeitsrecht - aber wenn der Arbeitgeber der Auffassung ist, dass "Urlaub auf Schein" gemacht wurde, dann ist das für mich der Küngigungsgrund.

    Bin ich ja auch nicht. Aber ich denke mir, eine Kündigung kann ja eigentlich nur erfolgen wenn der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt. Das muss der Arbeitgeber dann nachweisen. Und möglicherweise könnte das hier schwierig werden.

  • Ich denke auch , dass man ganz grundsätzlich "Urlaub auf Schein" sogar machen darf. Voraussetzung ist lediglich das man arbeitsunfähig ist und das muss ein Arzt bescheinigen was er ja sogar auch gemacht hat.
    Wenn du krank geschrieben bist darfst du nur alles das nicht machen was deiner Genesung zuwider läuft.
    Und den Hinweis der Krankenkasse ist in meinen Augen einfach dahingehend zu verstehen das man es dann einfacher ist, wenn man das vorher abgesprochen hat als sich im Nachhinein rumzustreiten ob dieser Urlaub nun der Genesung hinderlich war. Und bei einer Schiffsreise was soll da krank machen? .

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Das Attest besagt ja eine Arbeitsunfähigkeit keine Reiseunfähigkeit. Solltet ihr Zweifel an dem Attest haben, wäre der Amtsarzt zu bemühen. Aber ob der jetzt noch feststellen kann, dass in den Wochen tatsächlich eine Arbeitsfähigkeit vorlag, halte ich für zweifelhaft.
    Mit dem nicht unterzeichneten Attest habe ich keine Bauchschmerzen. Das Entgeltfortzahlungsgesetz kennt keine Formvorschriften hinsichtlich der AU. Die Kollegin hat ihre Erkrankung rechtzeitig angezeigt, die Dauer war bekannt und es lag - nach dem Ausgangsfall - keine bescheinigte Reiseunfähigkeit vor. Klar hat es ein Geschmäckle, während der Arbeitsunfähigkeit zu verreisen, aber da werdet ihr schwer gegen ankommen.

    Die Benutzung der Forensuche ist gebührenfrei und verursacht keine körperlichen Schmerzen!

    Zum Zeitpunkt des Postens war ich all meiner 5 Sinne (Stumpfsinn, Schwachsinn, Wahnsinn, Irrsinn und Unsinn) mächtig.

  • Wenn ausreichende Indizien für eine Vortäuschung von Dienst-/Arbeitsunfähigkeit vorliegen, dann muss es konsequenterweise dienst- oder arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.

    Liegen diese nicht vor, dann würde ich nicht über Umwege und "Förmelei" versuchen, eine andere Art der Sanktion herbeizuführen.

  • Wenn ausreichende Indizien für eine Vortäuschung von Dienst-/Arbeitsunfähigkeit vorliegen, dann muss es konsequenterweise dienst- oder arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.


    War sie nun arbeitsunfähig oder nicht? Tipp: sie ist nicht deshalb nicht arbeitsunfähig, weil der Krankenschein zunächst nicht unterschrieben war.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Sicherlich muss man bei Arbeitsunfähigkeit nicht daheim im dunkeln Kämmerlein ausharren - aber die Urlaubsreise während des AU-Zeitraumes halte ich nicht für ganz so normal, wie das hier teilweise dargestellt wird, sondern für eine Ausnahme. Ich halte die Beschäftigte deswegen für darlegungspflichtig.
    Nach dem Zeitverlauf wäre wohl eine fristlose Kündigung verspätet aber eine Abmahnung könnte jetzt das Mittel der Wahl sein. Und wenn dagegen geklagt wird, weiß man danach besser Bescheid:teufel:.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Der Urlaub war genehmigt und es handelt sich um eine Angestellte nach TVL. Das ein Krankenschein unterschrieben sein muss, habe ich auf der Internetseite der Landesärztekammer Thüringen gefunden. Meines Erachtens nach ist das auch logisch, sonst könnte sich jeder einen "bauen".

  • Zur Klarstellung. Von wann bis wann war der Urlaub/Schiffsreise und von wann bis wann die Krankschreibung?
    Deckt sich der Zeitraum oder war sie darüber hinaus krank geschrieben?

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • ..., sonst könnte sich jeder einen "bauen".

    Genau das hat die Dame hier aber zweifelsfrei nicht getan, es hat lediglich der ausstellende Arzt seine Unterschrift vergessen. Über das Stadium der nicht unterschriebenen Bescheinigung sind wir aber bereits hinaus, denn nunmehr liegt die Bescheinigung unterschrieben vor.

  • Ich halte die Beschäftigte deswegen für darlegungspflichtig.

    Warum ? Erst mal muss doch der Arbeitgeber nachweisen/belegen/begründen, wieso eine Reise trotz AU nicht hätte durchgeführt werden dürfen.
    Es gibt eine ausreichende Zahl von Krankheiten mit denen ich reisen kann; vom verstauchtem Handgelenk bis was weiß ich.
    Hat der Arbeitgeber Zweifel muss er die Betroffene halt amtsärztlich (oder was auch immer da für ein Arzt vorgeschrieben ist) untersuchen lassen bzw. den Krankheitsverlauf begutachten lassen.
    Erst dann kann man doch arbeitsrechtliche oder dienstrechtliche Konsequenzen folgen lassen.

    Bezüglich der Formvorschriften für eine AU habe ich auf den Krankenkassenseiten bisher nur gefunden, dass die Unterschrift für das Verhältnis Vertragsarzt und Kasse zwingend notwendig ist.

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