Versuchter Betrug ?

  • Auch wenn man das als Rechtsanwalt einer Angestellten überantwortet, sollte doch bei der Kontrolle von Buchhaltung sowie Kontoauszügen/Online-Banking irgendwann auffallen, dass die Zahlungseingänge nicht kongruent zum Aktenbestand sind (wenn ich viele BerH-Mandate habe, gibt es viele Gutschriften um € 100,00 aus der Landeskasse).

    Nun, wenn er denn kontrolliert, fällt es möglicherweise auf. Wenn er nur schaut, wie hoch der Kontostand ist, wird es schwierig. Wenn es viele Akten sind und der Anwalt blind unterschreibt, eher nicht. Und wenn sich die Angestellte noch viel Mühe bei den Kontoauszügen gibt...

    edit: falsches Wort ausgetauscht

  • Mal vom Strafverfahren abgesehen. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind in großem Umfang zu Unrecht Beratungshilfevergütungen aus der Staatskasse ausgezahlt worden. Sollte nicht auch die Bezirksrevisorin/der Bezirksrevisor informiert werden, damit sie/er Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzungen einlegen kann, und dann die zu Unrecht vereinnahmten Gelder gem. § 1 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrO zurück geholt werden können ?

  • Wenn ich das richtig verstanden habe, läuft dass alles im Betrugsverfahren. Erst wenn feststeht, wie hoch der Schaden wirklich ist, wird das zu unrecht ausgezahlte Geld im Wege des Strafverfahrens zurückgeholt. Wie das dann läuft weiß ich nicht. Aber ich lass mich gerne eines Besseren belehren.

  • Das dürfte so möglicherweise nicht ganz klappen:

    a) Die Angestellte wird im Zweifel viel von dem Geld verbraucht haben, so dass bei ihr nicht mehr alles zu holen ist; man wird es möglicherweise mit Vermögensabschöpfung versuchen, aber der Einwand der leeren Kasse ist nicht unerheblich.
    b) Streng genommen wurde die BerH an die Anwältin bezahlt. Wenn die Angestellte es dann vom Konto der Anwältin abverfügt hat, wäre damit die Anwältin die Geschädigte entsprechender Untreuehandlungen.

    Und damit wäre es
    c) wohl wirklich kein schlechter Gedanke, sich mit dem Bezirksrevisor mal zusammen zu setzen, damit Papa Staat sich das Geld von der Anwältin wiederholt. Wobei ich mit den eigentlichen Rückforderungen noch ein wenig warten würde, bis eine Mitwirkung der Anwältin im Strafverfahren nicht mehr zwingend erforderlich ist. Deren Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Aufklärung dürfte nämlich spürbar sinken, wenn sie merkt, dass jede aufgeklärte Tat zum Rückforderungszugriff in ihren eigenen Geldbeutel führt.

    Anders wäre es natürlich, wenn die Angestellte die Zahlungen der Staatskasse gleich auf ihr eigenes Konto geleitet hätte.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • neuer Fall:
    Habe hier einen RA, der regelmässig Altanträge aus 2012 noch einreicht. Nun gut , Tätigkeitsnachweis aus Juni 2012 liegt auch bei. Seltsam nur, dass das alte Antragsformular vom Antragsteller mit aktuellem Datum unterschrieben ist/ war, dann schön Tipp-Ex rüber und Datum mal schnell zurückdatiert.

    Kann man wohl nichts machen, auch wenn das mächtig stinkt. Oder ?

  • neuer Fall:
    Habe hier einen RA, der regelmässig Altanträge aus 2012 noch einreicht. Nun gut , Tätigkeitsnachweis aus Juni 2012 liegt auch bei. Seltsam nur, dass das alte Antragsformular vom Antragsteller mit aktuellem Datum unterschrieben ist/ war, dann schön Tipp-Ex rüber und Datum mal schnell zurückdatiert.

    Kann man wohl nichts machen, auch wenn das mächtig stinkt. Oder ?

    Die nachträgliche Korrektur des Datums ist natürlich schon komisch. Ich hätte da erstmal Bedenken, ob denn tatsächlich ein originäres Beratungshilfemandat entstanden ist. Schließlich denkt man sich, wenn man einen BerH-Antrag unterschreibt und datiert, nicht "Och, nehm ich mal ganz willkürlich den 3.9.2015".
    Auch nach bisheriger Rechtsprechung ist zur Glaubhaftmachung der Frage, ob sich der Antragsteller "wegen Beratungshilfe" an den RA gewandt hat, der Zeitpunkt der Antragsunterschrift ein nicht unerheblicher Hinweis.
    Hier liegt ja die Vermutung nahe, dass der Antrag erst vor kurzem unterschrieben und zurückdatiert wurde (was nicht zulässig wäre). Damit ist der nahe zeitliche Zusammenhang, den ich auch seinerzeit bereits gefordert habe (und den das BVerfG - aus dem Kopf grob zitiert - auch als verfassungsgemäß vertretbar empfunden hat), nicht mehr gegeben. Es wurde nicht glaubhaft gemacht, dass ein originäres BerH-Mandat entstanden ist.

    Ich würde bei der Konstellation - nach vorheriger Anhörung - den Antrag zurückweisen. Eine offensichtliche Rückdatierung (das ist wirklich sehr plump....) grenzt schon fast an Urkundenfälschung (aber da dürfen die Strafrechtsexperten ihren Senf zu geben)...

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Die schriftliche Lüge ist keine Urkundenfälschung. Eine solche liegt nur vor, wenn derjenige, der aus Austeller der Urkunde erscheint, eine solche nie errichtet hat. Sei es, weil jemand anders seine Identität annimmt oder eine von ihm errichtete Urkunde (ohne seine - mutmaßliche - Zustimmung) später ändert.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Die schriftliche Lüge ist keine Urkundenfälschung. Eine solche liegt nur vor, wenn derjenige, der aus Austeller der Urkunde erscheint, eine solche nie errichtet hat. Sei es, weil jemand anders seine Identität annimmt oder eine von ihm errichtete Urkunde (ohne seine - mutmaßliche - Zustimmung) später ändert.

    Das heißt also, eine Falschangabe wäre höchstens ein Betrugsversuch (wenn überhaupt), aber die gezielte Änderung einer Erklärung - hier: der Datumsangabe - durch einen Dritten wäre möglicherweise eine Urkundenfälschung?

    Vielen Dank auf jeden Fall für die Aufklärung :)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Das heißt also, eine Falschangabe wäre höchstens ein Betrugsversuch (wenn überhaupt), aber die gezielte Änderung einer Erklärung - hier: der Datumsangabe - durch einen Dritten wäre möglicherweise eine Urkundenfälschung?

    Genau so ist es!

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Da ich heute schon wieder auch bei einem weiteren Anwalt das beschriebene Tipp-Ex Problem habe, habe ich nun die Handakte zur Überprüfung im Hinblick auf die 4-Wochenfrist (§6 Abs. 2 BerHG) angefordert. (natürlich ohne das Problem jetzt schon konkret ggü. RA zu erwähnen, Akteneinsicht nur damit begründet , dass ich allgemein die Handakte zur Überprüfung der Voraussetzungen benötige)

    Sollte die Handakte nicht zur Einsichtnahme herausgegeben werden, beabsichtige ich den Antrag zurückzuweisen.

    Seid Ihr der Meinung , dass das Gericht einen Anspruch auf Akteneinsicht beim RA hat ?

  • Nein. Woraus soll sich der Anspruch ergeben? :gruebel:

    § 4 Abs. 4 BerHG scheint mir recht weitreichend zu sein, ein Akteneinsichtsrecht beim RA kann ich daraus allerdings nicht entnehmen.

    Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Anordnung der Vorlage der Handakte "als Urkunde" darunter zu fassen wäre.
    Ich habe mich noch nicht näher damit befasst, deshalb mal ins Unreine gedacht: das Gericht ordnet aus § 4 Abs. 4 BerHG die Vorlage der Handakte an. Verpflichtet aus dieser Anordnung dürfte der ASt selbst sein, nicht der RA. Um dieser Anordnung nachzukommen, müsste der ASt einen Anspruch auf Herausgabe der Handakte gegenüber dem RA haben. Und ob das der Fall ist, weiß ich nicht.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • So, mal wieder ein aktueller Stand.

    Die Akte ist wieder im Haus eingetroffen mit der Anklageschrift.

    Betrug in 220 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung in mindestens 5 Fällen sowie in Tateinheit mit Erpressung.

    Waren so ca. 50.000 € die sie mit einem Anderkonto vorbeigelotst hat :)

  • Oha, das ist ja echt nicht ohne. Inwiefern Erpressung?

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Ja was denn? ich dachte, die Chefin/RA'in hatte damit nichts zu tun oder? :oops:

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

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