Ist während der vorl. Betreuung ein Zwangsgeldbeschluss zulässig?

  • Hi,

    ich soll gerade eine Akte von einem anderen Gericht übernehmen und komme über deren Arbeitsweise aus dem Staunen nicht heraus.
    Zum Sachverhalt: Am 17.03.14 bestellt der Richter den Bruder des Betroffenen in Eiltzuständigkeit als vorl. Betreuer für Gesundheit, Aufenthalt und Rechts-Antrags-und Behördenangelegenheiten. Vorl. Betreuung läuft am 17.09.2014 ab.
    Anstatt die Akte sofort an unser Gericht abzugeben, wird die dortige Rechtspflegerin tätig. Sie schreibt den vorl. Betreuer an, übersendet einen Betreuerausweis und bitte darum die "Anlage zur Feststellung" zurückzusenden, damit das Gericht weiß, ob der Betroffene an den Gerichtskosten zu beteiligen ist. Der vorl. Betreuer reagiert nicht. Er wird 1x erinnert, dann erhält er die Zwangsgeldandrohung, als er wieder nicht reagiert erfolgt am 27.05.2014 der Zwangsgeldbeschluss mit Kostenauffoorderung (100€ Zwangsgeld, 23,50€Kosten). 3 Wochen nach der Zu wird sofort der Gerichtsvollzieher beauftragt (19.06.), das Geld beizutreiben oder die VAK abzunehmen. Am 23.06. wird eine grüne Zahlungsanzeige vorgelegt, dass das Zwangsgeld nebst Kosten (123€) am 09.06.2014 eingezahlt wurde. Der Gerichtsvollzieherauftrag wurde nicht zurückgenommen. Richter fragt bei Rpfl an, ob Abgabe trotz nicht erledigtem Zwangsgeldbeschluss erfolgen kann. Rpfl stimmt zu. Richter gibt an unser Gericht wegen fehlender Eiltzuständigkeit am 02.07.2014 ab, nun liegt die Akte bei mirseit heute (eingegangen am 10.07.).

    Meine Frage lautet nun: War der Zwangsgeldbeschluss rechtmäßig??

    In einem vorl. Betreuungsverfahren darf ich keine Kosten erheben, wenn das Verfahren nicht in eine endgültige Betreuung übergeht (dafür gibt es keine Anzeichen, Betroffener lag nach einem Unfall intubiert und beatmet im Krankenhaus; Genesung also nicht auszuschließen); mit einem Zwangsgeldbeschluss erzwinge ich eine notwendige und benötigte Angabe. Die Angabe, ob der Betreute vermögend oder mittellos ist, darf mich aber nicht interessieren. Natürlich kann ich diese Information erfragen, mache ich immer, aber ich würde nie soweit gehen, einen Zwangsgeldbeschluss zu erlassen. Das Ergebnis des Zwangsgeldbeschlusses wird nicht benötigt. Ich meine, dass der Zwangsgeldbeschluss aufzuheben, das Zwangsgeld zurückzuzahlen und die Kosten für den Beschluss Niederzuschlagen sind.

    Was meint Ihr? Gibt es dazu schon Rechtsprechnung???


    Danke schon mal und ein schönes Wochenende.

    Raps

  • Aus dem Bauch heraus: Der Beschluss ist rechtskräftig geworden, Du kannst ihn nicht aufheben, auch wenn Du anderer Meinung bist als die bisher zuständige Kollegin. Du dürftest den Beschluss aufheben oder nicht vollstrecken, sofern das ZG noch nicht gezahlt worden ist. Jetzt ist es gezahlt, damit ist der Beschluss erledigt.

    In vorläufigen Betreuungssachen wird hier übrigens auch des Öfteren auf die Verpflichtung verzichtet. Das holen wir dann bei der endgültigen Bestellung nach (erfahrungsgemäß ändern sich fast immer die Aufgabenkreise).

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Aber gibt es das Zwangsgeld (nicht die Kosten) nicht zurück, wenn er Dir jetzt einfach das Teil vorlegt?

    Frdl. Hinweis an den Betreuer: Reich an, dann gibts was zurück.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Grundsätzlich: nein. Ich weis, dass es dazu auch eine Gegenmeinung gibt, aber für mich ist es nicht nachvollziehbar gezahlte Zwangsgelder zurück zu zahlen, weil die Auflagen irgendwann erfüllt wurden. Dies würde dem Wesen des Zwangsgeldes zuwider laufen.

  • Grundsätzlich: nein. Ich weis, dass es dazu auch eine Gegenmeinung gibt, aber für mich ist es nicht nachvollziehbar gezahlte Zwangsgelder zurück zu zahlen, weil die Auflagen irgendwann erfüllt wurden. Dies würde dem Wesen des Zwangsgeldes zuwider laufen.

    Das Zwangsgeld musste unter FGG zurückgezahlt werden, wenn es seinen Zweck erfüllt hatte, FamFG hat dies geändert.

    Im Übrigen würde ich mich nicht groß um die Fehler beim anderen Gericht kümmern, verschwendet nur unnötig Zeit.

  • Bei uns wird der Betreuer zur Einreichung eines Vermögensverzeichnisses gemäß § 1802 BGB aufgefordert, falls er die Vermögenssorge innehat.
    Denn § 1802 BGB dient der gerichtlichen Aufsichtspflicht bzgl. der Vermögenssorge.
    Wenn ein Betreuer keine Vermögenssorge hat, wird er gebeten, ein Vermögensverzeichnis zu erstellen zur Klärung der Frage, ob Vermögen vorhanden ist
    oder nicht. Gleichzeitig ergeht der Hinweis, dass wenn er keine Unterlagen von dem Betroffenen erhält, wir den Betroffenen direkt anschreiben.
    Aus dem GNotKG ergibt sich keine Pflicht des Betreuers zur Einreichung eines Vermögensverzeichnisses. § 95 GNotKG spricht von der Mitwirkungspflicht
    der Beteiligten, bei fehlender Mitwirkung ist aber eine Schätzung des Wertes vorzunehmen.
    Ein Zwangsgeldbeschluss ist m.E. aus diesen Gründen im geschilderten Fall nicht zulässig.
    Grundsätzlich halte ich aber Zwangsgeldbeschlüsse und Kostenerhebung in vorläufigen Betreuungssachen für zulässig, da nur KV Nr. 16110,16111 GNotKG
    erst nach Entscheidung über Ende der vorl. Betreuung bzw. Anordnung einer dauerhaften Betreuung erhoben werden dürften( bei Feststellung eines Kosten-schuldners),
    die Gebühr für das Zwangsgeldverfahren KV 17006 GNotKG eine ähnliche Einschränkung nicht enthält.

  • zu *1#:

    Frage generell:

    Wie kann ich als Gericht im Betreuungsverfahren (auch ein Verfahren das bisher mit einer vorläufigen Betreuerbestellung geendet hat ist ein Betreuungsverfahren) den vorläufigen Betreuer zu einem Handeln oder zu einem Unterlassen anhalten, wenn nicht mittels Zwangsgeld?

    Hat ein vorläufiger Betreuer "Narrenfreiheit", wenn ich ihm kein Zwangsgeld auferlegen könnte?

    Selbst wenn ich den vorläufigen Betreuer entlassen würde, wie könnte ich -vor Anordnung einer entgültigen Betreuung- den dann ehemaligen Betreuer anhalten, seine Verpflichtungen einzuhalten?

    Ich denke deshalb: Zwangsgelder gehen immer, auch im Verfahren zur Bestellung eines vorläufigen Betreuers.

    Gezahlte Zwangsgelder würde ich nicht zurückzahlen. Nicht freiwillig gezahlte Zwangsgelder sollten vollstreckt werden.

    Aber: Hat der vorläufige Betreuer bzw. der Betreuer seine Pflichten erfüllt, müssen nicht bezahlte Zwangsgelder aufgehoben werden. Die Gerichtskosten, die für die Anordnung des Zwangsgeldes entstanden sind, bleiben aber bestehen und müssen ggf. auch vollstreckt werden.

  • Zunächst: Wieder was dazugelernt, vielen Dank.

    Weiterhin spricht der § 35 FamFG im ersten Absatz von der Durchsetzung einer Verpflichtung. Ich finde in diesem Zusammenhang schon die Frage erlaubt, ob eine Anordnung des Gerichts notwendig und/oder rechtmäßig ist.

    Vefahrenstechnisch notwendig leuchtet mir bei den genannten Aufgabenkreisen nicht ein. Auch nicht hinsichtlich der Kosten. Nicht zum Zeitpunkt der Anordnung.
    Natürlich haben wir als Rechtspfleger gern alles so früh wie möglich in der Akte, aber hier dürfen nicht Gründe der Schreibtischökonomie über Sinn & Zweck von Gesetzen gestellt werden.

    Zum Thema Rechtmäßigkeit würde ich ähnliche Richtung gehen.
    Problem aber, wobei wir wieder bei uschi wären, das Ding ist rechtskräftig und somit nicht mehr wegzubekommen.

    Ich bleibe wegen meinen Ausführungen (und denen von Slesi) dabei: Reicht der Betreuer das ein, gäbe es bei mir das Zwangsgeld zurück.

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  • "Vorbemerkung 3.1:
    (1) Auslagen, die durch eine für begründet befundene Beschwerde entstanden sind, werden nicht erhoben, soweit das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist; dies gilt jedoch nicht, soweit das Beschwerdegericht die Kosten dem Gegner des Beschwerdeführers auferlegt hat.
    (2) In Betreuungssachen werden von dem Betroffenen Auslagen nur unter den in Vorbemerkung 1.1 Abs. 1 genannten Voraussetzungen erhoben. Satz 1 gilt nicht für die Auslagen 31015."

    Man könnte also argumentieren, dass man die Vermögensverhältnisse zur Erhebung von Verfahrenspflegerkosten kennen müsste.

  • Kleine Wette, Slesi, gefällig?

    Ich behaupte, die Verfahrenspflegerabrechnung wäre in diesem Falle noch nicht mal in der Akte gewesen, als das Zwangsgeld angedroht wurde. :grin:

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  • Felgentreu!

    Ich wette nur, wenn ich mir eines Gewinnes ganz sicher bin( wenn ich mir ganz sicher bin, wette ich sogar ein halbes Schwein).
    In diesem Fall sehe ich dich als klaren Gewinner.

    Der Zwangsgeldbeschluss ist in jedem Fall zu Unrecht ergangen.
    Wenn noch keine Verfahrenspflegervergütung entstanden ist, dürfte man, wenn man genau ist, auch erst bei Festsetzung der Vergütung
    die Frage "mittellos oder vermögend" klären dürfen.

    Ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 48 Abs. 2 FamFG ist auch nicht möglich.

    Wäre dies ein Fall für die Berufshaftpflichtversicherung?

  • Wurde das Land schon in Regress genommen?
    Nimmt das Land schon Regress beim Rechtspfleger?

    ich denke, die Berufshaftpflichtversicherung sichert nur Ansprüche Dritter gegen den Rechtspfleger. Und der 'Geschädigte' hat keinen Anspruch gegen den Rechtspfleger.

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