Prozesskostenvorschuss prüfen

  • Hallo,

    ich habe hier einen Fall zur Prüfung der Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH vorliegen.
    Dabei ist der Kläger minderjährig und verfügt über kein Einkommen (außer Kindergeld), weshalb zu prüfen ist, ob durch die Eltern ein Prozesskostenvorschuss zu leisten ist.

    Die Eltern sind geschieden.
    Der Vater bezieht für sich und seine Freundin SGBII-Leistungen. (also kein Prozesskostenvorschuss möglich)

    Die Mutter wohnt mit dem minderjährigen Kläger und zwei weiteren Kindern zusammen.
    Eins der Kinder Kinder hat Einkommen aus einem Praktikum.

    Meine Frage ist nun, inwieweit muss ich das Einkommen der Kinder bei der Mutter berücksichtigen? Darf das überhaupt berücksichtigt werden? Und wie verhält es sich mit dem Kindergeld? Dürfte doch Einkommen der Kinder sein, aber der Mutter zuzurechnen, wenn ihr für die Kinder noch der Freibetrag zusteht (Naturalunterhalt).

    Ziehe ich die Ausgaben, die die Mutter für die Kinder tätigt und nachweist auch ab?

    Ich bin mir noch etwas unsicher, ob ich nur die reinen Einkommensverhältnisse der Mutter betrachten muss, bzw. die Kinder, die dort wohnen mit einbeziehen muss.:confused::confused::confused:

  • Du gehst nach § 115 ZPO vor: Du guckst, wie hoch das Einkommen der Kinder ist. Ist es höher als der Freibetrag, berücksichtigst du bei der Mutter keinen Freibetrag, ist es geringer als der Freibetrag, ziehst du den Verdienst vom Freibetrag ab und berücksichtigst bei der Mutter nur die Differenz.

    Eine weitere Berücksichtigung erfolgt nicht.

    Man kann jedoch über eine anteilsmäßige Belastung der Miete zwischen Mutter/Kind nachdenken, kommt auf deine örtliche Rechtsprechung an.

  • Nach der Entscheidung des BGH vom 4.8.2004, FamRZ 2004, 1633, schulden die Eltern als Sonderbedarf ihren minderjährigen Kindern auch Prozesskostenvorschuss, der ggf. in Raten zu leisten ist (fortgesetzt in einer Entscheidung des BGH vom 23.5.2005, XII ZB 13/05, für volljährige in Ausbildung befindliche Kinder). Wie hoch diese Raten sind, ist nach § 115 ZPO zu ermitteln. Vorzuprüfen ist aber in jedem Fall, dass der notwendige Selbstbehalt des Elternteils gegenüber dem Kind gewahrt bleibt. Gegenüber minderjährigen Kindern beträgt der notw
    endige Selbstbehalt derzeit 1000,00 €, wenn der Unterhaltsschuldner erwerbstätig ist, ansonsten ca. 800,00 €. Hinsichtlich der genauen Beträge sollte man in die Unterhaltsleitlinien des jeweiligen OLG schauen.
    Im Übrigen trifft die Prozesskostenvorschusspflicht nicht nur den barunterhaltspflichtigen Elternteil, sondern auch den betreuenden, OLG Dresden, 6.2.2002, 22 WF 750/01.

    Die Prüfung erfolgt also in 2 Stufen:
    1. Unterhaltsrechtlich, ob überhaupt der notwendige Selbstbehalt bei dem Einkommen gewahrt bleibt (hier kommt es in erster Linie auf das Nettoeinkommen an, ob Erwerbstätigkeit vorliegt oder nicht - hier muss man sich leider etwas tiefgründiger mit den Unterhaltsleitlinien befassen, denn der notwendige Selbstbehalt kann sich z.B. auch durch veränderte Wohnkosten gegenüber den in den Leitlinien angenommenen sowie durch notwendige Fahrtkosten zur Arbeit verändern)
    2. Wird der notwendige Selbstbehalt nicht beeinträchtigt, ist fiktiv nach § 115 ZPO vorzugehen, so als ob der Elternteil selbst Partei wäre - und die für ihn ermittelten Raten sind dann zu Lasten des Kindes anzuordnene, da dieses gegenüber seinem Elternteil in dieser Höhe einen Anspruch auf PK-Vorschuss hat.

    Anmerkung: Nach den U-Leitlinie des OLG Dresden beispielsweise unter Ziff. 1- 3 aufgeführt, was alles als Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zählt. Dazu gehört z.B. nicht das Kindergeld. Auch hier gelten die o.g. notwendigen Selbstbehalte 800/1000 €, wobei in diesen Beträgen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 360,00 € enthalten sind. Man sieht an diesen Zahlen aber, dass sich materiell-rechtlich der Selbstbehalt in etwa mit den Grenzen für zahlungsfreie Prozesskostenhilfe deckt, denn bei einem Erwerbstätigen käme man nach § 115 ZPO mit den dort genannten Freibeträgen und veranschlagten Wohnkosten in Höhe von 360 € auch auf 1018 €, also etwa den Selbstbehalt von 1000 €.
    Insoweit wird man sich das wohl vereinfachen können und ggf. gleich mit § 115 ZPO mal beginnen können, zumal uns dies viel vertrauter ist.

  • Mich würde eure Meinung interessieren, welche Rolle im Rahmen des Prozessostenvorschusses für Kinder das Vermögen der Eltern spielt.

    Konkret soll PKH für eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme wegen Unterhaltsforderungen gegen den Kindesvater bewilligt werden. Das Kind als Gläubiger erfüllt die wirtschaftlichen Voraussetzungen. Die Mutter selbst würde aktuell keine PKH bewilligt erhalten. Zwar ist sie derzeit arbeitslos und bezieht ALG I, verfügt jedoch über Sparvermögen von ca. 30.000,- €.

    Ist sie damit verpflichtet, dieses Vermögen für die Finanzierung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme ihres Kindes einzusetzen? :gruebel: Letztlich geht es nur um Gerichtsvollzieherkosten, da das Jugendamt als Beistand den Antrag stellt. Meiner Ansicht nach dürfte bei dieser Konstellation PKH für das Kind ausgeschlossen sein.

  • Kind hat als Vermögenswert "Anspruch gegen die Mutter" (Unterhaltszahlung, Sonderbedarf). Mutter ist eindeutig leistungsfähig. Anspruch ist durchsetzbar.

    Daher stimme ich dir zu: Keine PKH für das Kind.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Also bei uns gibt's PKV nur in höchst persönlichen Angelegenheiten. Das würde ich hier verneinen und den PKV daher nicht bejahen.

    Käme man zu dem Ergebnis, dass hier Raum für den PKV ist, würde ich sagen, die Mutter ist leistungsfähig und daher keine PKH.

  • Also bei uns gibt's PKV nur in höchst persönlichen Angelegenheiten. Das würde ich hier verneinen und den PKV daher nicht bejahen.


    Woraus leitest du die Differenzierung ab? Und was könnten im Zusammenhang mit dem PKV die von dir genannten "höchstpersönlichen Angelegenheiten" beinhalten? :gruebel:

    Kann mir da gerade nichts darunter vorstellen.

  • Allgemein ist natürlich die Frage, wo man die Vermögensgrenze für die Eltern (oder den vertretenden Elternteil) zieht.

    Reicht es da schon aus, wenn diese/r aufgrund Vermögens von größer als 5.000,- € (z. B. 6.000,- €) als Partei keine PKH bekäme/n oder muss da schon mehr (Vermögen) da sein? :gruebel:

  • Also bei uns gibt's PKV nur in höchst persönlichen Angelegenheiten. Das würde ich hier verneinen und den PKV daher nicht bejahen.


    Woraus leitest du die Differenzierung ab? Und was könnten im Zusammenhang mit dem PKV die von dir genannten "höchstpersönlichen Angelegenheiten" beinhalten? :gruebel:

    Kann mir da gerade nichts darunter vorstellen.

    Störti und ich sitzen in der Fachgerichtsbarkeit. Unsere PKH-Beschwerdekammer hat dazu entsprechende Entscheidungen getroffen. Sie stützt sich aber auch auf Rechtsprechung der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie Literatur, z.B.:

    OLG München v. 23.10.1992 - 26 WF 605/91 - juris,
    OLG Celle, 4 W 15/15 - juris
    OLG Düsseldorf FamRZ 1992,1332
    K. Kroll-Ludwigs in: Erman BGB, Kommentar, § 1360a BGB Rdn. 35 (?),
    BGH FamRZ 2005,883

    Höchstpersönliche Angelegenheiten sind z.B. Sachen, die man "nur selbst" geltend machen und nicht abtreten kann, d.h.:
    - Ich habe eine Kündigung erhalten --> der Rechtsstreit betrifft mich selbst, niemand kann eine Klärung ohne meine Beteiligung herbeiführen --> höchstpersönliche Angelegenheit, PKV-Anspruch ist zu prüfen.
    - Mein Lohn wurde nicht gezahlt --> meinen Lohnanspruch kann ich abtreten. Eine Klärung des rechtlichen Problems ist ohne meine Beteiligung für den Gläubiger möglich --> nicht höchstpersönlich, kein PKV-Anspruch

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Das stimmt so nicht und wurde auch nicht vertreten. Die Frage ist allein, ob es eine persönliche Angelegenheit darstellt, also eine Bezug zur ehelichen Lebensgemeinschaft der eng genug ist. Ob das Recht abtretbar ist, ist schnurz, vgl. BAG, 3 AZB 61/04. Dieser Bezug ist auch bei Lohnklagen gegeben, vgl. LAG RP, 6 Ta 263/11 (str.)

    Beim Kindesunterhalt ist der enge Bezug auf Grund Elterneigenschaft, Unterhaltspflicht und Verwaltung des KU durch den betreuenden Elternteil, d.h. pers. Angelegenheit (+).

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Allgemein ist natürlich die Frage, wo man die Vermögensgrenze für die Eltern (oder den vertretenden Elternteil) zieht.

    Reicht es da schon aus, wenn diese/r aufgrund Vermögens von größer als 5.000,- € (z. B. 6.000,- €) als Partei keine PKH bekäme/n oder muss da schon mehr (Vermögen) da sein? :gruebel:

    Grundsätzlich ja. ;)
    § 115 ZPO besagt ja, dass Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt wird, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei (lies für den Vorschuss: der/die Vorschusspflichtige) vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

    Wenn die voraussichtlichen Prozesskosten in deinem Beispiel 2.000,00 € betragen, wären sie über das einzusetzende Vermögen des Vorschusspflichtigen immer noch nicht ganz abgedeckt. Man kann in deinem Fall also PKH mit einer Einmalzahlungsanordnung in Höhe von 1.000,00 € bewilligen.
    Betragen sie 1.000,00 €, wäre der PKH-Antrag mit Rücksicht auf den Vorschussanspruch abzulehnen. Entweder durch den Richter oder, wenn eine Übertragung nach § 20 Abs. 2 RpflG stattgefunden hat, durch den Rechtspfleger.

    Es gibt wohl einen Meinungsstreit dazu, wie es mit dem PKV-Anspruch aussieht, wenn d. Vorschusspflichtige Raten-PKH bekäme, aber das führt vielleicht ein bisschen weit.

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Die Frage ist allein, ob es eine persönliche Angelegenheit darstellt, also eine Bezug zur ehelichen Lebensgemeinschaft der eng genug ist. Ob das Recht abtretbar ist, ist schnurz, vgl. BAG, 3 AZB 61/04. Dieser Bezug ist auch bei Lohnklagen gegeben, vgl. LAG RP, 6 Ta 263/11 (str.).

    Danke, die Entscheidungen gucke ich mir mal an!

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

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