Erben der Erben am Erbscheinsverfahren beteiligen?

  • Guten Morgen, ich habe hier einenNachlassfall vor mir liegen, den ich nach 2 Jahren nun gern zum Abschlussbringen möchte.

    Die Erblasserin ist 1975 kinderlos verstorben. Sie hatnoch 9 Geschwister, welche 1975 teilweise schon vorverstorben waren, dieübrigen Geschwister sind inzwischen alle nachverstorben.


    und nun konkret:

    Der Bruder B der Erblasserin ist vorverstorben. Erhinterlässt 8 Kinder. Diese 8 Kinder sind inzwischen alle nachverstorben. DieErben dieser 8 Kinder sind bekannt.
    Eines von diesen 8 Kindern (Nichte der Erblasserin) istallerdings aufgrund Testament beerbt worden von ihren 7 Freunden. Von ihren 7Freunden sind inzwischen auch 5 verstorben. Sind die Erben der nachverstorbenenFreunde ebenfalls zu ermitteln und am Erbscheinsverfahren zu beteiligen? Odersagt man dann auch einfach, dass hier Schluss ist, schließlich ist der Aufwandnicht unerheblich und in Anbetracht der entfallenden Erbquote auf die Nichteder Erblasserin von 1/40 und damit pro Freund 1/280 (1/40 :7 Freunde) vernachlässigbar?

    Der Wert desNachlasses beträgt 1.000 Euro!

    Auf dem Erbschein stehen dann natürlich nur dienachverstorbenen Geschwister der Erblasserin, bzw. die Abkömmlinge dervorverstorbenen Geschwister, das ist mir klar.
    (In meinem Fall stehen auf dem Erbschein nur Tote)

    Aber wie weit würdet ihr die Erben der Erben am Erbscheinsverfahrenbeteiligen?

    Grüße Döner

  • Ich würde keine weiteren Recherchen machen und nur diejenigen der Erbeserben anhören, die mir bekannt sind.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich höre auch die Erbeserben an. Es geht nicht um den Wert des Nachlasses. Auch wenn dieser gering erscheint, ist dennoch das formelle Recht zu beachten. Also sollte auf jeden Fall die Anhörung der Erbeserben erfolgen. Klar ist es - gerade bei Altfällen - so, dass Kosten und Nutzen oftmals in keinem Verhältnis zu stehen scheinen. Aber kann man einen Unterschied machen zwischen einem hohen Nachlass und einem scheinbar geringen.

    Daher: Ich höre immer alle Erbeserben an!

  • Und dennoch gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch hier.

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  • TL: Und für den zählt das Verhältnis? Der Arbeitsaufwand im Gericht? Woher erlangen die Erbeserben Kenntnis? Sicherlich ist eine eV abgegeben worden. Aber haben die Erbeserben tatsächlich Kenntnis davon, was beantragt wurde?

    Ich bin sonst sehr praxisorientiert. Aber in solchen Fällen sehe ich es schon so, dass uns nicht der angegebene geringe Wert und damit für uns das "Abtun wegen Geringwertigkeit" abschrecken sollte...

  • Ich sage nicht, dass man die Erbeserben nie anhören soll. Ich sage nur, dass es doch irgendwie eine (einfache) Lösung geben muss, wenn die Erbeserben nicht ermittelbar sind oder deren Erbenstellung nicht belegbar ist.

    Zu deiner Frage: Das Verhältnis zählt für die Erben, die einen Erbschein beantragt haben und die angeben und versichern, dass die darin aufgeführten nachverstorbenen Miterben die Erbschaft angenommen haben. Wenn nun seit dem ursprünglichen Erbfall schon Jahre vergangen sind und einige Erbeserben "unermittelbar" sind, dann würde deine Rechtsauffassung bedueten, dass so kein Erbschein erteilt werden kann.

    Natürlich kann man sich auf diesen Standpunkt stellen. Und man kann die Antragsteller darauf verweisen, dass dann eben ein Abwesenheitspfleger für den Erbeserben unbekannten Aufenthalts oder ein Pfleger für unbekannte Beteiligte zu bestellen wäre. Ist der bestellt, wird er angehört und kann dann streng genommen nichts sagen, denn er weiß ja nicht, ob die von ihm Vertretenen die Erbschaft angenommen haben, oder ggf. noch die Möglichkeit zur Ausschlagung hätten. Er nimmt also die Post des Nachlassgerichts entgegen und wartet ab, bis der Erbschein erteilt ist....aber immerhin hatte das NLG jemanden, den es anhören konnte.

    Schönes Feigenblatt....

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  • Fakt ist, dass meist bei solch alten Nachlasssachen ein Grundstück der Auslöser ist. Und Tote werden eh ins Grundbuch nicht eingetragen. Daher sind doch wieder die Erbeserben mit ins Boot zu holen. Dann kann man die Leute auch gleich darauf hinweisen im Rahmen der Anhörung. ;)

  • OK, da geht der Punkt an dich, denn mit einem Erbschein und unbekannten Erbeserben läßt sich der Nachlass nicht auseinandersetzen und dann kommt doch wieder wohl ein Pfleger ins Spiel.

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  • Auch wenn TL (aus für den erwähnten Einzelfall verständlichen Gründen) aufgegeben hat, möchte ich die Debatte nochmal aufgreifen:

    Nach dem Gesetzeswortlaut des § 345 Abs. 1 FamFG können als Beteiligte hinzugezogen werden die in den Ziffern 1. bis 5 benannten Personengruppen. Die Hinzuziehung steht somit im Ermessen des Gerichts, das pflichtgemäß auszuüben ist. Der Gesetzgeber hat sich insoweit auf "Gründe der Verfahrensökonomie" berufen.

    In der Kommentierung zu § 345 FamFG (Keidel, Kommentierung zum FamFG, 17. Auflage, Rn. 7) wird ausgeführt, wann die Hinzuziehung weiterer Beteiligter geboten sein kann; so zum Beispiel wegen der im öffentlichen Interesse bestehenden Richtigkeitsgewähr des Erbscheins und aus Gründen der Rechtsfürsorge sowie zum Zweck der Sachverhaltsermittlung. Wenn also ein Erbschein zu erteilen ist, der nur nachverstorbene Personen als Erben ausweist und Grundbesitz oder Vermögen in beträchtlicher Höhe hinterlassen wurde, ist die Hinzuziehung (notfalls durch Bestellung eines entsprechenden Pflegers) geboten.

    Anders verhält es sich in einfach gelagerten Erbscheinsverfahren (gesetzliche Erbfolge, alle gesetzlichen Erben leben noch; eindeutiges notarielles Testament etc.). In diesen Fällen ist die Hinzuziehung weiterer Beteiligter nicht zwingend.

    In der Kommentierung findet sich auch ein kleiner Exkurs über das Verhältnis zu Art. 103 Abs. 1 GG (bzw. für die Verfahren vor dem Rechtspfleger zu Art. 20 Abs. 3, 2 Abs. 1 GG) . Ich muss gestehen, dass diese Artikel mich dazu verleitet haben, soweit möglich immer allen gesetzlichen und testamentarischen Erben die Gelegenheit einer Beteiligung zu geben (durch Übersendung des Erbscheinsantrages in Kopie und Hinweis auf die Möglichkeit, einen Antrag auf Hinzuziehung als Beteiligter zu stellen).

    Zurück zum Ausgang: Wenn kein Grundbesitz und kein nennenswertes Vermögen hinterlassen wird, alle Erben nachverstorben und die Erbeserben unbekannt sind, unterlasse ich aus verfahrensökonomischen Gründen die Beteiligung, also gehe vor wie TL. Alles andere wäre meiner Meinung nach nicht mehr die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens.

    Beste Grüße und eine gute Nacht.


  • :daumenrau Dem schließe ich mich vollumfänglich an.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • *hervorkram*

    Da ein Grundstücksteil vorhanden ist, sind also alle Erbeserben (unabhäng vom Wert des Nachlassverfahrens) am Verfahren zu beteiligen, also vorab anzuhören.

    Frage 1: Reicht die Benennung der Erbeserben oder ist ein Erbschein vorzulegen?

    Frage 2: Was ist, wenn für nachverstorbene Erbeserben die Erben unbekannt sind?

    Irgendwie denke ich, dass man bezüglich Frage 2 dies so hinnehmen kann, denn schließlich stellt der nachverstorbene Erbeserbe einen gesonderten Nachlassfall dar. Was meint ihr?

    Grüße der Döner

  • Zu 1: was, wenn kein Erbschein. Erteilt wurde und auch kein Testament vorhanden ist?

    zu 2: Verfahrenspfleger bzw. Pfleger für unbekannte Beteiligte?

  • Hat der nachverstorbene Erbe die Erbschaft angenommen, ist doch alles ok. Dass er angenommen hat, wurde dir doch wohl vom Erbscheinsantragsteller durch EV versichert.

    Durch die reine Nichtbeteiligung eines Beteiligten am Erbscheinsverfahren ist keine Auswirkung auf den Erbschein gegeben.

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